BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15503 21. Wahlperiode 18.12.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 10.12.18 und Antwort des Senats Betr.: Rente für Aussiedler – Wie viele benötigen Grundsicherung? Aussiedler waren bis Mitte der Neunzigerjahre den Bundesbürgern in Bezug auf ihre Rentenhöhe gleichgestellt. Im Jahr 1996 erfolgte eine gesetzliche Neuregelung bei den sogenannten Fremdrenten. Zum einen musste seinerzeit das niedrigere Lohnniveau in den östlichen Bundesländern mit Blick auf die Altersversorgung der Bevölkerung aufgefangen werden. Zum anderen siedelten sich zwischen 1990 und 2000 mehr als 2 Millionen deutschstämmige Menschen aus den Staaten der zerfallenen Sowjetunion in der Bundesrepublik an.1 Die Folgen der Rentennovelle treffen heute vor allem die Spätaussiedler hart. Unabhängig von ihrer Erwerbsbiografie erhalten sie daraus nur noch maximal 25 Entgeltpunkte für ihre Fremdrente angerechnet. Das entspricht aktuell einer monatlichen Bruttoaltersrente von maximal 800 Euro. Bei Ehepaaren sind dies maximal 40 Entgeltpunkte. Das sind höchstens 1 281 Euro. Letztere werden aber nach dem Tod des Partners wieder auf 25 Punkte gedeckelt. Je nach Dauer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland können mehr Punkte hinzukommen.2 Dadurch drohten vor allem denjenigen, die lange in ihren Herkunftsstaaten gearbeitet haben und in Deutschland nur auf eine überschaubare Zahl an Beitragsjahren kämen, Renten weit unter dem bundesdeutschen Durchschnitt oder sogar unterhalb der Armutsgrenze, beklagt die Niedersächsische Landesbeauftragte für Heimatvertriebene, Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler , Editha Westmann .3 Nach Auskunft der Rentenversicherung sind bundesweit 780 000 Rentner von diesen Kürzungen betroffen. Wer nach 1996 in Rente gegangen ist, dem wird nur noch 60 Prozent der im Herkunftsland erbrachten Arbeitsleistung anerkannt. Ursprünglich hatte es stets geheißen, dass Aussiedler und Spätaussiedler bei der Rente so behandelt werden sollten, als hätten sie immer schon in die deutsche Rentenkasse eingezahlt. Im Koalitionsvertrag steht, man wolle prüfen, ob ein Ausgleich für die Aussiedler und Spätaussiedler durch eine Fondslösung möglich ist. Doch das Sozialministerium in Berlin 1 https://www.mwk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/spaetaussiedlerbei -der-rentenhoehe-gerechter-behandeln-168378.html. 2 http://daz.asia/blog/hoehere-renten-fuer-spaetaussiedler/. 3 https://www.mwk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/spaetaussiedlerbei -der-rentenhoehe-gerechter-behandeln-168378.html. Drucksache 21/15503 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 teilte kürzlich mit, dass es zu der im Koalitionsvertrag genannten Prüfung für Spätaussiedler noch keine Festlegungen gebe.4 In Hamburg mussten durchschnittlich von Januar bis September 2018 30 627 Frauen und Männer ihr Ruhegeld mit staatlicher Grundsicherung aufstocken. Das bedeutet eine Steigerung um 30 Prozent innerhalb von fünf Jahren, so der Senat in seiner Antwort auf Anfrage der AfD.5 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Angaben des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein und den hier zur Verfügung stehen Daten aus dem Mikrozensus. Beim Mikrozensus handelt es sich um eine Stichprobenerhebung mit einer geringen zugrunde liegenden Fallzahl (Ein-Prozent- Stichprobe). Die im Rahmen der Auswertung ermittelten Merkmale der Ein-Prozent- Stichprobe werden auf die Gesamtheit hochgerechnet und können mit Zufallsfehlern behaftet sein. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen zudem teilweise auf Grundlage von Auskünften der Deutschen Rentenversicherung Nord (DRV Nord) wie folgt: 1) Wie viele Aussiedler und Spätaussiedler leben aktuell in Hamburg und wie viele davon beziehen Rente? Bitte nach Herkunftsland aufschlüsseln . 2016 wurde im Jahresdurschnitt in Hamburg eine Bevölkerung von 1,794 Millionen berechnet, darunter circa 60 000 (Spät-)Aussiedlerinnen und Aussiedler. Davon hatten circa 10 000 Personen als überwiegenden Lebensunterhalt Rente/Pension angegeben . Das heißt, es kann auch noch andere Einkünfte gegeben haben beziehungsweise muss es sich nicht ausschließlich um Altersrente handeln. Darüber hinaus siehe Vorbemerkung. Daten für das Jahr 2017 liegen aufgrund von Revisionsdifferenzen im Statistischen Bundesamt in absehbarer Zeit nicht vor. 2) Wie viele in Rente befindliche Aussiedler und Spätaussiedler erhalten seit 2015 zu ihrer Rente Grundsicherungsleistungen? Jahr Grundsicherung ambulant Grundsicherung stationär gesamt 2015 752 32 784 2016 738 28 766 2017 729 32 761 2018 (Jan – Nov) 759 30 789 Quelle: BASFI, Datawarehouse, Geschäftsstatistik Im Übrigen ist die Angabe „Aussiedler“ oder „Spätaussiedler“ keine Pflichtangabe im Fachverfahren. Es kann insofern nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Personen , die zwar der Gruppe zugeordnet werden könnten, nicht erfasst sind. Für eine vollständige Auswertung wäre ein Abgleich von rund 40 000 einzelnen Datensätzen pro abgefragtem Jahr erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3) Wie hoch ist der Anteil der „aufstockenden“ Aussiedler-/Spätaussiedler- Rentner seit 2015 im Verhältnis zu sämtlichen Rentnern der Hansestadt ? 4 https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/spaetaussiedler-hoffen-aufrentenausgleich ,R7ITD1f. 5 Bürgerschaftsdrs. 21/14925. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15503 3 Jahr Grundsicherung für Aussiedler/Spätaussiedler Rentnerinnen und Rentner in Hamburg* Anteil Rentnerinnen und Rentner mit Grundsicherungsbezug , die auch Aussiedler und Spätaussiedler sind 2015 784 438.598 0,1788 % 2016 766 435.246 0,176 % 2017 761 421.513 0,1805 % Quelle: BASFI, Datawarehouse; Statistik der DRV Nord * Siehe Drs. 21/14925. 4) Wie hoch ist die Summe der Grundsicherungsleistungen, die Hamburg Aussiedlern und Spätaussiedlern in Rente seit 2015 jährlich zahlt? Und wie hoch ist diese im Verhältnis zu den übrigen „aufstockenden“ Rentnern der Freien und Hansestadt Hamburg? Eine gesonderte statistische Auswertung der Ausgaben für diese Personengruppe ist verfahrenstechnisch nicht möglich. Hierfür wäre ein Abgleich von rund 40 000 einzelnen Datensätzen pro abgefragtem Jahr erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Zu den Durchschnittsausgaben je Rentner in der Grundsicherung siehe Drs. 21/14925. 5) Wie viele Aussiedler und Spätaussiedler werden in den kommenden fünf Jahren in Rente erwartet, wie viele davon voraussichtlich mit Grundleistungsbezug ? Hierzu liegen dem Senat und der DRV Nord keine entsprechenden Daten vor.