BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15515 21. Wahlperiode 18.12.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 11.12.18 und Antwort des Senats Betr.: Lobhudelei um die Aufstockung des „Mehr“ an auszubildenden Lehrern – Was steckt dahinter? Angesichts der Tatsache, dass Hamburg seit Jahren bei der Lehrereinstellung auf Kosten anderer Bundesländer lebt, ist das Vorhaben der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) begrüßenswert, jährlich künftig 810 Referendare statt bisher 570 ausbilden zu wollen. Dennoch wirft die Kommunikation der BSB hierzu Fragen auf und lässt an der Planungssicherheit zweifeln: Am 19. Oktober 2018 hatte die BSB in ihrem Newsletter berichtet, dass seit 2010 jährlich durchschnittlich 1 100 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt würden. „Wir gehen auch in Zukunft von hohen Einstellungszahlen aus“, wurde Senator Ties Rabe darin zitiert. Dies hätte zur Folge, dass auch dann noch immerhin knapp 300 Nachwuchslehrkräfte aus anderen Bundesländern eingestellt werden müssten. In einem dpa-Artikel vom 22. November 2018 geht die Schulbehörde nun plötzlich davon aus, dass künftig weniger Lehrkräfte pro Jahr eingestellt würden – nur zwischen 750 und 800 Lehrkräfte. Begründet wird dieser plötzliche Umschwung damit, dass „die sogenannte Pensionierungswelle in Hamburg bereits vorüber sei.“ Noch während sich der Senator für das „Mehr“ an Referendariatsausbildung feiern lässt, wird an Hamburger Schulen darüber nachgedacht, die Stundenkontingenttafeln sowie die Klassenfrequenzen als probates Mittel gegen den akuten Lehrermangels zu erhöhen. Nach Senator Rabe erhält jede Schule 104 Prozent (Krankheit, Fortbildung, et cetera) ihres Bedarfs – stimmt das nicht mehr? Dies wirft Fragen, die Zukunft des Lehrkräftebedarfes in Hamburg betreffend, auf. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die in der Vorbemerkung genannten Überlegungen können angesichts der bestehenden Rechts- und Beschlusslage nicht nachvollzogen werden. Die Zahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden wird gemäß § 8 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) für die einzelnen Bildungsgänge in Stundentafeln per Rechtsverordnung festgelegt. Auch die Größe einer Klasse ergibt sich aus § 87 Absatz 1 HmbSG. Seitens der für Bildung zuständigen Behörde ist derzeit weder eine Änderung des HmbSG noch eine Änderung der Stundentafelverordnung vorgesehen. Zu dem Recht auch von Lehrkräften, den Ort der Berufsausübung frei zu wählen, siehe Drs. 21/15029. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/15515 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Hinsichtlich des Bedarfs an Lehrkräften spielt die Entwicklung der Schülerschaft sowie die Pensionierungsquote bei Lehrkräften eine entscheidende Rolle. a) Welche Prognose für beide Parameter zeichnet die Behörde für die kommenden fünf Jahre? Bitte in realen Zahlen darstellen. b) Wie hoch ist der analog hierzu errechnete Lehrkräftebedarf an Hamburger Schulen jährlich? Die Berechnungen der Schülerlangfristprognose auf Basis der Schuljahreserhebung 2018/2019 sind noch nicht abgeschlossen. Der regelhafte Geschäftsprozess der für Bildung zuständigen Behörde sieht vor, dass die Ergebnisse der Prognose im Februar 2019 veröffentlicht werden. Insofern ist auch die Prognose der mit der Schülerzahlenentwicklung verbundenen pädagogischen Bedarfe noch nicht abgeschlossen. c) Wie viele Lehrkräfte wurden in den letzten fünf Schuljahren pensioniert ? Bitte je Schul- oder Kalenderjahr darstellen. Die Anzahl der pensionierten Lehrkräfte für die Jahre 2014 bis einschließlich 30. November 2018 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Kalenderjahr Personen 2014 589 2015 558 2016 534 2017 409 2018 361 Quelle: Daten der zuständigen Behörde d) Wie ist die aktuelle Altersstruktur der Lehrerschaft? Die Altersstruktur der Lehrkräfte an staatlichen Schulen in Hamburg mit Stand November 2018 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Altersklassen Anzahl Lehrkräfte 20 – 29 Jahre 1 217 30 – 39 Jahre 6 152 40 – 49 Jahre 5 342 50 – 59 Jahre 4 201 60 Jahre und älter 1 824 Quelle: Daten der zuständigen Behörde 2. Kann der errechnete Lehrkräftebedarf perspektivisch in den kommenden Jahren mit in Hamburg ausgebildeten Lehrkräften gedeckt werden? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, wie will die BSB diese Lücke schließen? Vor dem Hintergrund der weiterhin anhaltend hohen Attraktivität der Metropole Hamburg für Lehrkräfte aus anderen Bundesländern geht die für Bildung zuständige Behörde grundsätzlich davon aus, dass mit der geplanten Erhöhung der Ausbildungskapazitäten der Bedarf an Lehrkräften in den kommenden Jahren gedeckt werden kann. Die Planungen werden kontinuierlich überprüft und bei Bedarf an die neuen Gegebenheiten angepasst. Im Übrigen siehe Drs. 21/15029. 3. Wie viele Lehrkräfte wurden aus der Pensionierung rückrekrutiert und für wie lange? Aktuell werden insgesamt 134 bereits pensionierte Lehrkräfte mit unterschiedlichen Zeitanteilen (entspricht rund 36 Vollkräften) befristet weiterbeschäftigt. Davon enden 133 Beschäftigungsverhältnisse innerhalb des ersten Kalenderhalbjahres 2019. Ein Beschäftigungsverhältnis ist befristet bis September 2019. Stundenkontingenttafeln und Klassenfrequenz: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15515 3 4. An wie vielen Schulen werden seit wann die Stundenkontingenttafeln erhöht oder dieses in Erwägung gezogen? Bitte die Schulform und den Start der Maßnahmen angeben. 5. In welchem Bereich bewegt sich die Erhöhung und welche Gründe werden hierfür angegeben? Zuletzt wurde zum Schuljahresbeginn 2018/2019 die Zahl der in der Sekundarstufe I der Stadtteilschulen mindestens zu unterrichtenden Wochenstunden von 185 auf 189 angehoben. Mit den zusätzlichen Stunden wurden die Kernfächer Deutsch und Mathematik gestärkt und es wurde den Schülerinnen und Schülern mehr Zeit zum Üben, Wiederholen und Vertiefen zur Verfügung gestellt. Dank der zusätzlichen Unterrichtsstunden liegt Hamburg künftig in der Spitzengruppe der westdeutschen Bundesländer . Mit den zusätzlichen Stunden sollen die Schulen künftig in allen Klassenstufen 5 bis 10 jede Woche durchschnittlich 8,7 statt bisher 7,7 Deutsch- und Mathematikstunden erteilen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. An wie vielen Schulen werden seit wann die Klassenfrequenzen erhöht oder dieses in Erwägung gezogen? Bitte die Schulform und den Start der Maßnahmen angeben. 7. In welchem Bereich bewegt sich die Erhöhung und welche Gründe werden hierfür angegeben? Bitte nach KESS-Faktoren differenzieren. 8. Sind fehlerhafte Kapazitätsplanungen der Grund? Entfällt, siehe Vorbemerkung.