BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15520 21. Wahlperiode 18.12.18 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 12.12.18 und Antwort des Senats Betr.: (Amts-)Vormünder in Hamburg – Wie oft besuchen sie ihre Mündel? Gemäß § 1779 Absatz 2 BGB soll ein Familiengericht bei einer zu bestimmenden Vormundschaft „eine Person auswählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist.“ Wenn aber keine geeignete Person aus dem persönlichen Umfeld des Mündels gefunden werden kann, übernimmt oftmals das Jugendamt dessen Vormundschaft. In Hamburg wird diese Aufgabe von den Jugendämtern der Bezirke und im Fall der unbegleitet minderjährigen Flüchtlinge von der Behörde für Arbeit, Soziales , Familie und Integration (BASFI) wahrgenommen (Drs. 21/12759). Dabei soll sich der Vormund in regelmäßigen Abständen ein genaues Bild von den persönlichen Lebensumständen des Mündels verschaffen. Diese Pflicht wird in § 1793 Absatz 1a Satz 2 BGB dahin gehend konkretisiert, dass der Vormund sein Mündel in der Regel einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen soll, es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Ein Großteil der von den Jugendämtern wahrgenommenen gesetzlichen Vertretungen Minderjähriger erfolgt im Rahmen einer sogenannten Ergänzungspflegschaft. Bei dieser werden (lediglich) Teilbereiche der gesetzlichen Vertretung auf das Jugendamt übertragen. Dies geschieht vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß § 1666a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach darf in das Sorgerecht der Eltern nur im unbedingt erforderlichen Umfang eingegriffen werden. Für die Pflegschaften gelten die Bestimmungen des Vormundschaftsrechts entsprechend. Daher wird für die Beantwortung der Anfrage davon ausgegangen, dass auch Angaben zu den von den Jugendämtern geführten Amtspflegschaften gemacht werden sollen. Für die Angaben zu den Besuchen des Vormunds oder Pflegers bei seinem Mündel wird darauf hingewiesen, dass das Amtsvormundschaften führende Referat der BASFI für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie für delinquente Minderjährige oder solche, die in die Delinquenz abzurutschen drohen, zuständig ist. Im Fall der minderjährigen Flüchtlinge handelt es sich dabei ausnahmslos um Vormundschaften mit einer umfassenden Vertretung in der Personen- und Vermögenssorge. Hier ist regelhaft eine sehr hohe Kontaktfrequenz erforderlich. Darüber hinaus beurteilt der Vormund oder Pfleger in jedem Einzelfall nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, welche Kontaktfrequenz erforderlich und fachlich geboten ist, und unterliegt dabei – wie auch insgesamt in seiner Tätigkeit – der Aufsicht des Familiengerichts. Der Senat hat 2011 den Bezirken insgesamt zusätzliche 50 VZÄ zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Verfügung gestellt und damit sichergestellt, dass die 2012 im Sozialgesetzbuch VIII – Kinder- und Jugendhilfe – neu eingeführte Fallzahlbegren- Drucksache 21/15520 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 zung auf maximal 50 Vormundschaften und Pflegschaften für einen in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter eingehalten wird. Vor dem Hintergrund der neuen gesetzlichen Regelungen wurde 2013 eine Fachanweisung erlassen und 2018 fortgeschrieben , siehe hierzu: www.hamburg.de/contentblob/3887168/8f3df3bdc615c852f15fd0b8e3f183b1/data/ fachanweisung-vormundschaft-und-pflegschaft.pdf. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Amtsvormundschaften werden aktuell in Hamburg von den Bezirken und der BASFI insgesamt und jeweils betreut? Die Zahl der aktuell von den Bezirken und der zuständigen Behörde geführten Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle: Dienststelle Anzahl der Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften Bezirk Hamburg-Mitte 481 Bezirk Altona 266 Bezirk Eimsbüttel 232 Bezirk Hamburg-Nord 190 Bezirk Wandsbek 378 Bezirk Bergedorf 169 Bezirk Harburg 233 Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI), Referat FS 44 253 Gesamt 2.202 2. Wie viele Besuche der einzelnen Mündel haben minimal, maximal und durchschnittlich im Jahr 2017 und 2018 stattgefunden? Bitte nach Bezirken und BASFI getrennt auflisten. Die minimale und maximale Anzahl von Besuchen der einzelnen Mündel wird statistisch nicht erfasst. Für eine Einzelauswertung müssten 2 202 Akten durchgesehen werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die durchschnittlichen Besuchszahlen für das Jahr 2017 und die bisher (Stichtag: 13.12.) in 2018 dokumentierten Besuche ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle . Die Zahlen beinhalten neben Besuchen des Vormunds in der üblichen Umgebung des Mündels weitere persönliche Kontakte, etwa im Rahmen von Hilfeplangesprächen oder bei der Begleitung zu Anhörungen bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge . Dienststelle Durchschnittliche Besuchszahlen 2017 Durchschnittliche Besuchszahlen 2018 (bis 13.12.)* Bezirk Hamburg-Mitte 6,6 5,5 Bezirk Altona 10,9 6,0 Bezirk Eimsbüttel 7,1 4,6 Bezirk Hamburg-Nord 6,7 4,3 Bezirk Wandsbek 6,8 5,0 Bezirk Bergedorf 4,2 3,5 Bezirk Harburg 4 3,3 BASFI, Referat FS 44 12 11 * Für 2018 ist die Dokumentation der Besuche noch nicht vollständig erfasst (vorläufige Auswertung ). 3. Wie werden die Besuche der einzelnen Mündel dokumentiert? Bitte nach Bezirken und BASFI getrennt auflisten. Die Besuche werden regelhaft im elektronischen Fachverfahren dokumentiert. Die Bezirke Hamburg-Mitte, Altona und Wandsbek vermerken die Besuche zusätzlich in parallel geführten Papierakten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15520 3 4. Wie viele neue Amtsvormundschaften wurden seit Jahresbeginn 2018 begründet? Bitte nach Bezirken und BASFI getrennt auflisten. Die Zahl der im Jahr 2018 bisher (Stichtag 13.12.2018) neu begründeten Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle: Dienststelle Anzahl der Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften Bezirk Hamburg-Mitte 86 Bezirk Altona 78 Bezirk Eimsbüttel 44 Bezirk Hamburg-Nord 67 Bezirk Wandsbek 123 Bezirk Bergedorf 62* Bezirk Harburg 70 BASFI, Referat FS 44 105 * Stichtag abweichend 30.11.2018 5. Wie viele Fälle betreuen die Amtsvormünder jeweils aktuell? Bitte jeweils nach Bezirken und BASFI getrennt auflisten. Die durchschnittliche aktuelle Fallbelastung pro VZÄ ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle: Dienststelle Anzahl der aktuell geführten Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften pro VZÄ Bezirk Hamburg-Mitte 26 Bezirk Altona 30 Bezirk Eimsbüttel 25 Bezirk Hamburg-Nord 21* Bezirk Wandsbek 27 Bezirk Bergedorf 30 Bezirk Harburg 19* BASFI, Referat FS 44 28 * In den Bezirken Hamburg-Nord und Harburg nehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben der Führung von Vormundschaften und Pflegschaften weitere Aufgaben – in der Beratung, als Beistand und als Urkundsperson – wahr. 6. Drs. 21/15064 ist zu entnehmen, dass in der BASFI im Oktober 2018 11,18 VZÄ im Bereich der Amtsvormundschaften überwiegend mit der Unterbringung beziehungsweise Versorgung oder Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern beschäftigt waren. a) Wie viele VZÄ sind jeweils in den Bezirken und der BASFI aktuell mit der Betreuung von Amtsvormundschaften betraut? b) Sind für das Jahr 2019 personelle Veränderungen geplant? Wenn ja, welche wo warum? Die Zahl der aktuell in den Bezirken und in der zuständigen Behörde vorhandenen VZÄ zur Führung von Vormundschaften und Pflegschaften ergibt sich aus nachfolgender Tabelle: Dienststelle Anzahl VZÄ Bezirk Hamburg-Mitte 18,25 Bezirk Altona 8,77 Bezirk Eimsbüttel 9,2 Bezirk Hamburg-Nord 8,96 Bezirk Wandsbek 14,01 Bezirk Bergedorf 5,64 Bezirk Harburg 12,29 BASFI, Referat FS 44 8,9 Drucksache 21/15520 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 In den Bezirken Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord werden sich fluktuationsbedingt personelle Veränderungen ergeben. Hier werden zwei Stellen (Hamburg-Mitte) beziehungsweise eine Stelle (Hamburg-Nord) nach Ausscheiden des derzeitigen Stelleninhabers nachbesetzt. Im Referat FS 44 der zuständigen Behörde werden zwei Stellen durch Mutterschutz und anschließende Elternzeit sowie durch Pensionierung vakant. Über eine Nachbesetzung wurde zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht entschieden.