BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15540 21. Wahlperiode 21.12.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Oelschläger (AfD) vom 13.12.18 und Antwort des Senats Betr.: Nutria-Plage (II) Die ursprünglich aus Südamerika stammenden und nach Europa eingebürgerten Sumpfbiber entpuppen sich nachweislich zu einer Plage. Die „Bergedorfer Zeitung“ konstatiert in einem Bericht vom 11.12.2018: „… die Nutrias werden zu einem Problem, das Millionenschäden nach sich ziehen kann.“ Diese „potenten“ Nager, die dreimal im Jahr bis zu zehn Junge bekommen können, gefährden Deichanlagen und Uferböschungen, da sie Gänge und Luftröhren, Höhlen und Kessel in die Deiche und entlang der Flussufer und Feldränder graben. In Niedersachsen hat sich die Zahl allein der erlegten Nutrias in den letzten 17 Jahren verzwanzigfacht1; so wurden dort im Laufe dieses Jahres 24 320 Tiere erlegt. Der Leidensdruck und die Gefahr für die über 1 500 Kilometer Deich im Nachbarbundesland sind so groß, dass der Lüneburger Kreisjägermeister in der „Hannoverschen Allgemeinen“ mit den Worten zitiert wird: „Mittlerweile bejagen wir die Nutrias nicht mehr, sondern wir bekämpfen sie.“ Der Geschäftsführer des niedersächsischen Wasserverbandstags rechnet mit einer siebenstelligen Summe für Schäden durch Nutrias. Außerdem „beklagen Landwirte, dass Rinder und Pferde auf unterhöhlten Flächen einbrechen und sich verletzen können.“ Aus diesem Grund will man in Niedersachsen die Nutriabekämpfung professionalisieren und plant, bei der dortigen Landwirtschaftskammer drei Berufsjäger für die Koordinierung und das Monitoring der Nutriabejagung einzustellen. Nun machen invasive Arten mit einer derart rasant wachsenden Population bekanntermaßen nicht an der Landesgrenze halt. In der Elbmarsch sollen 2016 insgesamt 1 500 Nutrias gefangen worden sein, weil auch dort der Deichschutz in Gefahr geriet. Auf meine Schriftliche Kleine Anfrage vom 11.12.2017 (Drs. 21/11293) antwortete der Senat am 19.12.2017, es lägen weder Informationen zu Fängen von Nutrias noch von nachweislichen Schäden – sowohl an Elbdeichen als auch an Feldrändern – vor. Es wird im selben Schreiben lediglich auf das Hamburger Artenkataster verwiesen (Anmerkung : Das Hamburger Artenkataster war am 12.12.2018 mit Verweis auf eine Überarbeitung der Seite nicht einsehbar). Darüber hinaus stellt die Senatsantwort aus dem Dezember 2017 in Aussicht: „Die Managementmaßnahmen (…) werden derzeit durch die Länder gemäß § 40e Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) erarbeitet.“ 1 http://www.haz.de/Nachrichten/Der-Norden/Nutria-Plage-Land-Niedersachsen-will-Deiche-vor- Biberratte-schuetzen-und-stellt-drei-Jaeger-ein. Drucksache 21/15540 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der eingangs zitierte Artikel der „Bergedorfer Zeitung“2 berichtet auch von einer Konferenz, zu der die Loki Schmidt Stiftung gemeinsam mit der Umweltbehörde zu diesem Thema Vertreter von Naturschutz- und Wasserverbänden , Jäger, Land- und Forstwirte eingeladen hatte. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Liegen dem Senat für das Jahr 2018 Zahlen zu Fängen von Nutrias vor? Wenn ja, welche? Die Nutria unterliegt nicht dem Jagdrecht und ist somit nicht in den jährlich verbindlich zu liefernden Abschussmeldungen aufzuführen beziehungsweise nicht von den Jagdausübungsberechtigten zu dokumentieren. 2. Hat der Senat für das Jahr 2018 Informationen zu nachweislichen Schäden durch Sumpfbiber an Deich- und Flusslandschaften oder Feldrändern auf Hamburgischem Staatsgebiet? Wenn ja, welche? Im Bezirk Bergedorf, in den Vier- und Marschlanden, ist die Nutria flächig mit einer deutlich sichtbaren Population vorhanden. Dabei sind auch Schäden sichtbar. So ist beispielsweise die Böschung eines Hauptzug-Grabens unterhöhlt. Bezüglich der Hauptdeichlinie liegen der zuständigen Fachbehörde jedoch keine Informationen über Schäden durch Nutria vor. Berichte über einzelne Nutria-Sichtungen können seitens der Deichaufsicht nicht bestätigt werden. 3. Hat der Senat Kenntnis von der Dimension der Nutria-Plage in Niedersachsen ? Wie schätzt der Senat die Gefahr ein, dass sich die Nutria- Plage von Niedersachsen auf Hamburgs Deich- und Uferlandschaft ausbreiten könnte? Korrespondieren die entsprechenden Behörden beider Länder zu diesem Thema? Der Senat hat Kenntnis über das Nutriavorkommen beziehungsweise die Bekämpfung der Nutria in Niedersachsen. Die Nutria-Population hat sich bereits von Niedersachsen aus nach Hamburg ausgebreitet. Zwischen den zuständigen Behörden der beiden Länder besteht diesbezüglich Kontakt . 4. Wer oder was war ausschlaggebend für die Einladung zur Konferenz, die die Loki Schmidt Stiftung und die Behörde für Umwelt und Energie einberufen haben? Im Rahmen des „Projekt Biber“, das die Loki Schmidt Stiftung in Kooperation mit der Behörde für Umwelt und Energie, Abteilung Naturschutz, seit einigen Jahren durchführt , wird regelmäßig Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Biber durchgeführt. Angesichts der Tatsache, dass verschiedene neue Tierarten in unseren Gewässern auftreten, diese leicht zu verwechseln sind, Schäden am Gewässer anrichten können und ganz unterschiedlichen Schutzkategorien unterliegen, war es aus Sicht des Projektes angezeigt , die Akteure in der Fläche einmal ausführlich zu informieren sowie ein Forum zu bieten, in dem auch Probleme und Sorgen mit diesen Arten mitgeteilt und ausgetauscht werden können. 5. Wer war federführend für die Einladungen zu der Konferenz und somit entscheidend, was die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises anbelangt ? 6. Wie setzte sich der Teilnehmerkreis im Einzelnen zusammen? Bitte alle vertretenen Behörden, Vereine, Verbände und Institutionen nebst Teilnehmerzahl angeben. 2 https://www.bergedorfer-zeitung.de/bergedorf/article215995017/Nutrias-werden-zur-Plage- Feuer-frei.html. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15540 3 Die Einladung erfolgte durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des „Projekt Biber“. Teilgenommen haben Vertreterinnen und Vertreter folgender Behörden, Vereine, Verbände und Institutionen: Teilnehmende Institution Anzahl Teilnehmerinnen / Teilnehmer Deichverband der Vier- und Marschlande 5 Personen Hauptentwässerungsverband der 3. Meile 3 Personen Be- und Entwässerungsverband Marsch- und Vierlande 5 Personen Be- und Entwässerungsverband Finkenwerder Süd 1 Person Gesellschaft für ökologische Planung 1 Person BUE 7 Personen Bezirksamt Harburg 2 Personen Bezirksamt Altona 3 Personen Bezirksamt Wandsbek 1 Person Bezirksamt Mitte 1 Person Bezirksamt Bergedorf 2 Personen NABU 3 Personen Biberrevierbetreuer Hamburg 4 Personen Loki-Schmidt Stiftung 5 Personen Hamburg Port Authority 2 Personen Darüber hinaus haben Privatpersonen aus der Landwirtschaft und der Jägerschaft daran teilgenommen. 7. In welcher Form sind die Beratungsinhalte und -ergebnisse für die Öffentlichkeit einsehbar? Die Veranstaltung diente als Informations- und Austauschforum. Die Inhalte dazu sind nicht veröffentlicht, das Tagungsprogramm kann bei der Loki- Schmidt-Stiftung oder der BUE abgefragt werden. 8. Dem Artikel der „Bergedorfer Zeitung“ nach will Hamburg „zunächst abwarten und die Population beobachten und dokumentieren.“ Ist daraus zu schließen – nachdem für die vergangenen Jahre keine belastbaren Zahlen zur Nutria-Population und etwaiger daraus resultierender Schäden vorliegen –, dass der Senat ein Nutria-Monitoring nunmehr für angezeigt hält? Wenn ja, a) wann beginnt das Monitoring und für welchen Zeitraum ist es vorgesehen ? b) welcher Zeit- und Personalaufwand und damit verbunden welches Budget ist dafür geplant? Es werden weiterhin alle Beobachtungen von Nutrias gesammelt und im Artenkataster zur Verfügung gestellt. Ein darüber hinausgehendes Monitoring ist derzeit nicht geplant. Die für das Jagdwesen zuständige Behörde hat jedoch bereits eine Auslegungshilfe zur Bejagung der Nutria veröffentlicht, in der eine Bejagung durch die Jagdausübungsberechtigten ausdrücklich zulässig und gewünscht ist. 9. Wurden darüber hinaus Vereinbarungen getroffen, zu deren Umsetzung sich die Konferenzteilnehmer verpflichtet haben? Wenn ja, welche? 10. Für welchen Zeitpunkt ist vorgesehen, die Umsetzung etwaiger Beratungsergebnisse zu evaluieren beziehungsweise eine Neubewertung der Situation hinsichtlich Nutrias vorzunehmen? Gibt es bereits Planungen oder einen Termin für eine weitere Konferenz zu diesem Thema? Drucksache 21/15540 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Ziel der Veranstaltung waren lediglich die Information und der Austausch der verschiedenen Akteure untereinander. Eine Neubewertung der Situation hinsichtlich Nutrias ist derzeit nicht explizit geplant. Sollten neue Erkenntnisse eine Neubewertung und gegebenenfalls daraus Maßnahmen erfordern, wird dies erfolgen. Weitere Planungen für Konferenzen zu dem Thema gibt es zurzeit nicht. 11. Wie ist der Bearbeitungs- beziehungsweise Sachstand der Managementmaßnahmen zu in Deutschland weit verbreiteten gebietsfremden Arten gemäß § 40e Bundesnaturschutzgesetz auf Landesebene? Die Managementmaßnahmenblätter zu den nach Artikel 19 der EU-VO Nummer 1143/2014 weit verbreiteten Arten der ersten Unionsliste (EU-DVO Nummer 2016/1141) sind abgestimmt und festgelegt. Diese können unter www.hamburg.de/ invasive-arten eingesehen werden. Die Managementmaßnahmenblätter zu den nach Artikel 19 der EU-VO Nummer 1143/2014 weit verbreiteten Arten der zweiten Unionsliste (EU-DVO Nummer 2017/1263) durchliefen gerade eine Öffentlichkeitsbeteiligung und befinden sich in der Bearbeitung durch den Bund-Länder-Arbeitskreis „Invasive Arten“. 12. Wurden in die Erarbeitung der Managementmaßnahmen die entsprechenden Behörden gemäß Bundesnaturschutzgesetz § 40e (2) eingebunden ? Inwieweit sind die Managementmaßnahmen auf die Nutria- Situation im Nachbarbundesland abgestimmt? Die Regelung nach § 40e Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz wurde eingehalten. Ein Einvernehmen der Behörden wurde hergestellt. Die Managementmaßnahmenblätter sind mit den Nachbarländern abgestimmt.