BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15565 21. Wahlperiode 21.12.18 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 17.12.18 und Antwort des Senats Betr.: Digitalpakt erneut auf Eis – Verharrt Senator Rabe weiter in Schockstarre ? Seit längerer Zeit schwebt der Digitalpakt als Hoffnungsschimmer über Hamburgs Schulen, doch die Aussicht auf WLAN für die Schulen und Tablets für die Klassenzimmer ist nun kurz vor Weihnachten wieder einmal vom Wunschzettel gestrichen worden. Der Grund: Für einige Länder ist die notwendige Änderung des Grundgesetzes und die damit verbundene Eingriffsmöglichkeit des Bundes in die Kulturhoheit der einzelnen Länder nicht hinnehmbar ; andere Bundesländer, wie auch Hamburg, sehen das Hauptproblem darin, dass der Bund kurzfristig einen Paragrafen ergänzt hat mit der Ansage, die Länder müssten künftige Bildungsprogramme mit 50 Prozent kofinanzieren. In der Folge liegt der Digitalpakt erneut auf Eis, bis der angerufene Vermittlungsausschuss – so die Hoffnung – in den kommenden Monaten einen Kompromiss vorschlägt. Eine Umsetzung des Digitalpaktes im laufenden Schuljahr, geschweige denn zu Beginn des kommenden Schuljahres, ist also erneut infrage zu stellen. Es ist zu befürchten, dass Senator Rabe wie in den vergangenen Jahren in einen Schockzustand verfällt. Doch bei diesem Zukunftsthema darf Hamburg nicht auf andere warten, sondern muss das Heft des Handelns in die Hand nehmen und endlich Inhalte ausgestalten. Hierfür benötigt es neben der Infrastruktur vor allem auch entsprechende Inhalte. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die für Bildung zuständige Behörde erneuert und erweitert die IT-Verfahren des Schulmanagements und des Schulpersonalmanagements, um eine weitgehende Digitalisierung der Verwaltungsprozesse in den Schulen zu erreichen. Das Zugangsportal eduPort wurde im Sommer 2016 produktiv gesetzt und bis Sommer 2017 allen schulischen Beschäftigten der allgemeinbildenden Schulen zur Verfügung gestellt. Es bietet Funktionen für die Kommunikation und Kooperation und stellt den Zugriff unter anderem für die Schulmediathek Hamburg bereit. Im November 2017 wurde das neue Schulinformationssystem von der für Bildung zuständigen Behörde in Betrieb genommen. Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern Schuldaten auf einer Plattform transparent und nutzerfreundlich zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren hat die für Bildung zuständige Behörde am 13. September 2018 das digital.learning.lab Hamburg gemeinsam mit den Projektpartnern Technische Universität Hamburg und Joachim Herz Stiftung präsentiert (http://www.digitallearninglab.de). Mit dem digital.learning.lab stehen digitale Unterrichtsbausteine als freie Bildungsmedien , Open Educational Resources (OER), allen Hamburger Lehrkräften zur Verfü- Drucksache 21/15565 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gung. Damit sind Lehrkräfte in der Lage, digitale Medien didaktisch sinnvoll in ihrem Fachunterricht zu nutzen. Neben den Unterrichtsmaterialien werden Tools für den Unterricht mit digitalen Bildungsmedien vorgestellt. Beispielhaft können hier die Lernplattformen für den Mathematikunterricht „bettermarks“ und „kapiert.de“ genannt werden , die die für Bildung zuständige Behörde allen weiterführenden staatlichen Schulen für den Mathematikunterricht bereitstellt. Seit 2010 wird die technische IT-Infrastruktur der Hamburger Schulen kontinuierlich ausgebaut. Die technische IT-Infrastruktur in Hamburg ist bereits jetzt im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sehr gut und schafft damit gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Lehren und Lernen. Der Senat hat mit dem Anschluss aller staatlichen Hamburger Schulen an das Glasfasernetz der Stadt und der geschaffenen IT-Infrastruktur an den Schulen die Voraussetzung für einen zuverlässigen und verfügbaren IT-Betrieb geschaffen. Jeder Klassenraum besitzt einen Netzwerkanschluss. Die nächste Entwicklungsstufe der Netzwerkinfrastruktur in den Schulen ist die flächendeckende Ausstattung der Schulen mit WLAN in jedem Unterrichtsraum. Diese Ausstattung soll den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, auf dem eigenen Smartphone oder Tablet im Unterricht mit Lernprogrammen aus dem Internet zu arbeiten. Der WLAN-Ausbau hat bereits begonnen: Jede allgemeinbildende Schule der Freien und Hansestadt Hamburg verfügt heute über mindestens einen WLAN-Accesspoint. Bei 35 Schulen ist der Ausbau des flächendeckenden und umfangreichen WLANs in jedem Unterrichtsraum bereits abgeschlossen oder in die Planung eines bereits laufende Um- oder Neubaus eingebunden . Rund dreiviertel aller Klassenräume an allgemeinbildenden Schulen haben ergänzend zur Tafel ein interaktives Whiteboard, mit dem die Lehrkräfte den Unterricht gestalten können. Zurzeit gibt es an den Hamburger Schulen bereits 5 605 interaktive Whiteboards : ein Anstieg von über 30 Prozent seit dem Jahr 2014. Spitzenreiter sind die Stadtteilschulen mit durchschnittlich 32,5 Geräten pro Schule, gefolgt von den Gymnasien (24,7), den Sonderschulen (15,5) und den Grundschulen (11,4). Hamburgs allgemeinbildende Schulen verfügen über rund 30 000 Endgeräte. 5,4 Schülerinnen und Schüler teilen sich ein Gerät. Der Mittelwert für alle Bundeslänger liegt bei rund 11,5 Schülerinnen und Schüler pro schuleigenem Computer. Damit besitzen die allgemeinbildenden staatlichen Schulen auch bei den Endgeräten bereits jetzt eine gute Grundlage, sich auf die Veränderungen der fortschreitenden Digitalisierung einzustellen. Diese Ausstattung bietet Qualität und gewährleistet Sicherheit und Skalierbarkeit, das heißt die Fähigkeit, sich zum einen auf veränderte Anforderungen einstellen zu können und zum anderen neue Standorte schnell einbinden zu können. Bei den berufsbildenden Schulen wird die Weiterentwicklung durch zahlreiche Neu-, Um- und Zubauten an den Schulen flankiert. Insgesamt investiert der Senat 720 Millionen Euro, um die berufsbildenden Schulen zukunftsfähig auszustatten. Alle Baumaßnahmen werden regelhaft zum Anlass für eine erweiterte und modernisierte IT- Ausstattung genommen; so werden grundsätzlich alle Unterrichtsräume mit Smartboards oder Active Panels ausgestattet und es wird eine umfassende Versorgung mit Netzwerkbuchsen und WLAN, bereits jetzt, realisiert und für darüber hinausgehende Ausbaustufen vorbereitet. Bereits 2016 wurde ein Ausstattungskonzept für aktive und passive Netzwerkkomponenten erstellt, das den Akteuren vor Ort Planungshilfe gibt und wesentliche Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Netzinfrastruktur ist. Das Hamburger Institut für Berufliche Bildung sichert eine umfangreiche und flexible Ausstattung mit IT-Infrastruktur für seine Schulstandorte und gewährleistet eine umfassende Beratung, unter anderem zur Umsetzung wirksamer Administrations- und Sicherheitskonzepte, siehe hierzu auch Drs. 21/11206 sowie Drs. 21/7633. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie geht der Senat mit der erneuten Verzögerung der Umsetzung des Digitalpaktes um? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15565 3 Der Senat arbeitet vertrauensvoll, konstruktiv und parteiübergreifend mit den anderen Bundesländern und dem Bund zusammen, um den „DigitalPakt Schule“ schnellstmöglich unter Wahrung der Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg in Kraft zu setzen. Der Senat führt die erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen durch, um den „DigitalPakt Schule“ nach Inkrafttreten schnellstmöglich umzusetzen. 2. Welche Handlungsfelder sind unabhängig von den Bundesgeldern in Hamburg voranzutreiben? Die Handlungsfelder der Digitalisierungsstrategie der für Bildung zuständigen Behörde orientieren sich an den Handlungsfeldern der Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ (https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/ PresseUndAktuelles/2017/Digitalstrategie_KMK_Weiterbildung.pdf). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Welche Maßnahmen zur Digitalisierung von Hamburgs Schulen hat der Senat in den vergangenen zwei Jahren eigeninitiativ ergriffen? Siehe Vorbemerkung und Drs. 21/15103, 21/14563 sowie 21/14579. 4. Welche Maßnahmen plant der Senat angesichts der erneuten Verzögerung des Digitalpakts für Hamburg, um die Digitalisierung an Hamburgs Schulen unabhängig voranzubringen? Wenn der Senat keine eigenständigen Maßnahmen zur flächendeckenden Digitalisierung an Hamburgs Schulen ergreift: Wie rechtfertigt er dies mit Blick auf die Weichenstellung der Hamburger Schulen für die Zukunft? Siehe Vorbemerkung. 5. Ein Handlungsfeld ist die Fortbildung der Lehrer, die einen nicht unerheblichen Zeitaufwand bedeutet, bis alle Lehrer diese absolviert haben. Sind die vorbereitenden Maßnahmen soweit gediehen, dass die Lehrerfortbildung begonnen werden kann? Wenn ja, wann beginnt die Fortbildungsreihe und bis wann kann diese abgeschlossen sein? Wenn nein, warum nicht? Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) verfolgt im Rahmen der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer im Vorbereitungsdienst und der Fortbildung der Lehrkräfte in allen Veranstaltungen die Ziele „medienkompetent handeln“ und „medienkompetent unterrichten“. Das LI baut seit mehreren Jahren die Fortbildungsangebote für alle Lehrkräfte zum Einsatz von digitalen Medien im Unterricht und in der Schule aus. Auch im kommenden Jahr werden die Beratungs- und Fortbildungsangebote in allen Bereichen, Fächern und Aufgabengebieten weiter ansteigen und, orientiert an den Bedarfen der Schulen und Hamburger Lehrkräfte, ausgebaut. Darüber hinaus werden 2019 umfangreiche Fortbildungsreihen für Lehrkräfte mit erweiterten Aufgaben (wie zum Beispiel den Fachleitungen) und Beratungen für Funktionsträger (wie zum Beispiel den Schulleitungen ) zur Schul- und Unterrichtsentwicklung mit digitalen Medien angeboten, sodass diese Zielgruppen bis Ende 2019 für ihre Aufgaben qualifiziert sind. Ergänzend zu diesen Angeboten bereitet das LI auch digitale Fortbildungsformate, wie Webinare und blended learning Angebote, vor. 6. Zur Verhandlung und Umsetzung des Digitalpaktes: Würde der Senat eine Verfassungsänderung mittragen, damit der Digitalpakt realisiert werden kann? Wenn nein, warum nicht? Welche Alternativen sieht der Senat gegebenenfalls ? 7. Sollte der Paragraf Bestand haben, dass die Länder bei künftigen Bildungsprogrammen eine Kofinanzierung von 50 Prozent leisten müssten: Würde der Senat dieses mittragen? Auf welche Summe schätzt der Drucksache 21/15565 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Senat die erforderlichen Kofinanzierungsmittel? Sind entsprechende Mittel im Haushalt verankert? Wenn ja, wo konkret und in welcher Höhe? Wenn nein, wie geht der Senat mit der erforderlichen Kofinanzierung um? Siehe Antwort zu 1. Das Ergebnis der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss ist abzuwarten. 8. Sollte der Digitalpakt endgültig – zum Beispiel nach dem zu erwartenden Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses – beschlossen werden, wie viele Monate später wird der Digitalpakt in Hamburg nach Planung des Senats in die Umsetzung gehen können, wann wird die Umsetzung in Hamburg final abgeschlossen sein? Die für Bildung zuständige Behörde hat die notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen getroffen, sodass nach Inkrafttreten des „DigitalPakts Schule“ sofort mit dessen Umsetzung begonnen werden kann. 9. Sollte sich der Digitalpakt auch im kommenden Jahr weiter verzögern: Wie geht der Senat damit angesichts der erforderlichen Digitalisierung der Hamburger Schulen um? Siehe Antwort zu 1 und Vorbemerkung.