BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15602 21. Wahlperiode 08.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 02.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Baustellenmonitoring für Hamburg – Stand Januar 2019 Mobilität ist für Hamburg als Herz einer Metropolregion mit über 5 Millionen Einwohnern und Hafenstandort von Weltrang ein entscheidender Standortfaktor . Die Straßen in unserer Stadt sind die Lebensadern für öffentliches Miteinander und wirtschaftliches Wohlergehen. Eine intakte Straßeninfrastruktur ist eine Grundvoraussetzung für moderne Mobilität und eine wirksame Maßnahme gegen die „Staustadt Hamburg“. Straßenbaustellen kommen daher zwar vielerorts „Operationen am offenen Herzen“ gleich, sind aber zugleich ein notwendiges Übel, um zukünftige Verkehrsinfarkte zu vermeiden . Neben den zuständigen Stellen in den Bezirken oder dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) sind es oft auch Versorgungsunternehmen , die Baustellen auf Straßen und öffentlichen Plätzen einrichten müssen, um Infrastruktur zu pflegen, sanieren, erneuern oder auszubauen. Zwar zeigen die Hamburgerinnen und Hamburger sowie die Hamburger Wirtschaft grundsätzlich großes Verständnis für die Notwendigkeit der in Hamburg eingerichteten Baustellen, allerdings schwindet dieser Grundkonsens seit geraumer Zeit erheblich. Anfang August 2018 hat beispielsweise der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH) im „Hamburger Abendblatt“ eindringlich auf jene Probleme für den Hafen- und Logistikstandort Hamburg hingewiesen, die sich durch die ungenügend koordinierten Baustellen und den sich dadurch massiv verschlechternden Verkehrsfluss ergeben.1 Diese Verschlechterung lässt sich auch in Zahlen ausdrücken . Laut der im Januar vom ADAC veröffentlichten „Staubilanz 2017“ hat sich alleine die Situation auf Hamburgs Autobahnen erneut dramatisch verschlechtert. So ist die Gesamtstaulänge von 27 807 Kilometern im Jahr 2016 um rund 14 Prozent auf 31 630 Kilometer angewachsen. Gegenüber 2015 (24 243 Kilometer) ist es sogar ein Anstieg um 30 Prozent. Analog dazu stieg auch die Gesamtstaudauer von 9 382 Staustunden (2015) über 10 672 Staustunden (2016) auf 11 768 Staustunden im vergangenen Jahr (+25 Prozent gegenüber 2015). Hamburg trägt damit den unrühmlichen Titel „Deutscher Staumeister“. Weil eine Drosselung der Bautätigkeit keine gangbare Option darstellt, hat die CDU Ende August 2018 mit Drs. 21/14170 einen „Aktionsplan zur Linderung der Last durch Straßenbaustellen in Hamburg“ vorgelegt und den Senat darin aufgefordert, zu prüfen, durch welche personellen und administrativen Änderungen sowie zu welchen eventuellen Mehrkosten die in dem Aktionsplan gebündelten Maßnahmen in Hamburg umgesetzt werden können. Im 1 https://www.abendblatt.de/hamburg/article215027951/Der-Hamburger-Hafen-ist-in-keinerguten -Position.html , letzter Zugriff: 20.12.2018. Drucksache 21/15602 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 „Hamburger Abendblatt“ vom 27. August 2018 wurde die Pressesprecherin der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) diesbezüglich unter anderem mit den Worten zitiert, dass man sich „nicht erklären (kann), wie die Antragsteller darauf kommen, dass die einzeln formulierten Punkte nicht längst Alltag sind“. Nachprüfbare Zahlen zu der These, dass die von der CDU mit Drs. 21/14170 vorgeschlagenen Maßnahmen allesamt längst „Alltag “ seien, wurden allerdings weder von der Pressestelle der BWVI noch von irgendeiner anderen städtischen Stelle oder Vertretern der beiden Regierungsfraktionen vorgelegt. Dies ließ auch die Ablehnung von Drs. 21/14170 durch die Abgeordneten von SPD und GRÜNEN in der Bürgerschaftssitzung vom 26. September 2018 in einem besonders schlechten Licht erscheinen. Gleiches galt für die Ende Oktober von der SPD hektisch angekündigte Einsetzung von je einem Baustellenkoordinator pro Bezirk. Denn in der Antwort auf die CDU-Anfrage aus Drs. 21/14713 verweigerte der Senat schlichtweg die Antwort auf die Frage, warum jeder Bezirk pauschal einen Baustellenkoordinator erhalten soll, obwohl dieser beispielsweise im Bezirk Wandsbek mit 944,8 Kilometern Fahrbahnlänge ein deutlich größeres Straßennetz zu koordinieren hätte als jener im Bezirk Harburg mit „nur“ 399,4 Kilometern Fahrbahnlänge . Es kam daher nicht von ungefähr, dass eine Große Anfrage der CDU (Drs. 21/14500) Ende Oktober die für Rot-Grün nicht mehr zu leugnenden Defizite beim städtischen Baustellenmanagement endgültig aufdeckte. Entgegen der falschen Tatsachenbehauptung der Pressestelle der BWVI wurde zu jenem Zeitpunkt nämlich nur an rund 1 Prozent der Straßenverkehrsbaustellen in Hamburg im Mehrschichtbetrieb gearbeitet. An 99 Prozent fiel hingegen nach einer Schicht der Hammer. Bonus-Malus-Regelungen als Anreiz zum pünktlichen Abschluss der Bautätigkeit wurden in Hamburg überhaupt nicht angewandt . Als genauso falsch hat sich auch die Behauptung führender Vertreter von SPD und GRÜNEN erwiesen, wonach die in den Vormonaten beklagten Probleme mit Baustellen im Straßennetz vor allem daher rührten, dass deren Zahl angeblich stark zugenommen habe. 2017 gab es 1 243 Baustellen in Hamburg, 2012 und 2013 waren es mit 1 333 beziehungsweise 1 337 deutlich mehr. Allerdings verbreiten Vertreter von SPD und GRÜNEN auch jetzt immer noch die Behauptung, dass alleine die Versäumnisse der CDU-geführten Senate des vergangenen Jahrzehnts Schuld am gegenwärtigen Sanierungsstau und dem Baustellenchaos in Hamburg seien. Auf Basis der CDU-Anfrage aus Drs. 21/14904 erwies sich auch diese Behauptung als falsch. Demnach gab es im Jahr 2007 1 315 Arbeits- beziehungsweise Baustellen auf Hamburgs Straßen und damit mehr als 2017 (= 1.243). Auch in den Jahren 2016 (= 1 108) und 2015 (= 1 245) gab es jeweils weniger Straßenbaustellen als zehn Jahre zuvor (2006: 1 180; 2005: 1 239). Zumal die Zahl der Straßenbaustellen in Hamburg spätestens mit der CDU-Alleinregierung deutlich gestiegen war und zwischen 2004 bis 2009 mit durchschnittlich 1 235 pro Jahr trotz wirtschaftlich deutlich schwierigerer Zeiten auf dem Niveau der SPD-Regierungszeit seit 2011 mit 1 250 Baustellen pro Jahr (bis einschließlich 2017) lag. Trotzdem war es prinzipiell ein erster, zaghafter Fortschritt, dass die Fraktionen von SPD und GRÜNEN Mitte November in Drs. 21/14968 vorher abgewiesene Kritikpunkte der CDU aufnahmen und den eigenen Senat aufforderten , diese umzusetzen. Ein zweiter Schritt in die richtige Richtung war der in der Landespressekonferenz vom 18. Dezember 2018 vom Präses und vom Staatsrat für Verkehr der BWVI vorgestellte und 24 Punkte umfassende Maßnahmenkatalog zur „Stärkung der Baustellenkoordinierung“. Alles in allem gilt es, im Jahr der Bezirksversammlungswahlen und im Jahr vor der nächsten Bürgerschaftswahl regelmäßig zu hinterfragen, welche Veränderungen beim Baustellenmanagement es in Hamburg wirklich gibt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15602 3 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Ziel des Senats ist es, die Verkehrsinfrastruktur in Hamburg zu erhalten und ihren Zustand kontinuierlich zu verbessern. Das gilt insbesondere für den Fußgängerverkehr , öffentlichen Nahverkehr, Fahrradverkehr und motorisierten Individualverkehr sowie Güterverkehre auf der Straße. Die Maßnahmen dienen der Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit sowie der nachhaltigen Verbesserung des Lärmschutzes und der Erreichbarkeit des Wirtschafts- und Hafenstandortes im europäischen Fernstraßennetz. Zur Sicherung der Infrastruktur sind fortlaufend Prüf- und Baumaßnahmen erforderlich. Diese sind für die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sowie Bürgerinnen und Bürger spürbar. Ziel des Senats ist es, diese Einschränkungen soweit wie möglich zu minimieren, um die Belastungen so gering wie möglich zu halten. Die zuständigen Behörden unternehmen erhebliche Anstrengungen und wenden entsprechende Mittel auf, um den Zustand des Hamburger Straßennetzes zu verbessern und den Verkehr flüssig zu halten. Im Folgenden werden einzelne Aspekte erneut bewertet: Der Zustand der Hamburger Stadtstraßen wird anhand der Daten der Zustandserfassung und Bewertung (ZEB) deutlich. Diese werden seit dem Jahr 2003 messtechnisch erfasst und geben Auskunft über die Qualität der Oberflächenbeschaffenheit der Fahrbahnen. Die Durchschnittnoten waren dabei schlechter geworden, trotz kontinuierlicher Durchführung von Sanierungsmaßnahmen. Aus diesem Grund hat die zuständige Behörde daher im Jahr 2013 das Erhaltungsmanagement modernisiert und die hierfür notwendigen Schritte in der Drs. 20/10333 Erhaltungsmanagement für Hamburgs Straßen (EMS-HH) dargestellt. Die Fortentwicklung des Straßenzustandes wird alle zwei Jahre im Straßenzustandsbericht aufgeführt (siehe Drs. 21/5922 und 21/12968). Die ZEB aus dem Jahr 2016 hat gezeigt, dass sich der Zustand der Hauptverkehrsstraßen zum ersten Mal seit Jahren nicht mehr verschlechtert, sondern leicht verbessert hat. Die Zählung der Stabsstelle Verkehrsflussverbesserung ergibt rund 1 200 Maßnahmen pro Jahr. Gezählt werden einzelne Verkehrsführungsphasen in der Fahrbahn, da diese für die Koordinierung relevant sind. Darüber hinaus gibt es weitere Maßnahmen im nachgeordneten Straßennetz, die durch die Bezirksämter eigenständig in ROADS eingegeben werden. Bereits bei der Beantwortung der Drs. 21/14500 wurde darauf hingewiesen, dass die Anzahl der Arbeitsstellen keinen direkten Schluss über die verkehrlichen Auswirkungen aufzeigt. Im Rahmen der Beantwortung zur Drs. 21/14904 wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Zuordnung der Maßnahmen auf Straßen ab 2010 geändert wurde. Dies betrifft die Straßen im Hamburger Stadtgebiet mit übergeordneter Bedeutung (beispielsweise Sievekingdamm), die nicht als Hauptverkehrsstraßen eingeordnet waren. Aus der Tabelle ist zu entnehmen, dass die Anzahl der Arbeitsstellen im Jahr 2010 nach Entfernen des reduzierten Netzes aus der Betreuung der KOST zurückging. In den darauffolgenden Jahren ist die Anzahl der Arbeitsstellen wieder angestiegen. Dies bedeutet, dass bis heute eine ähnliche Anzahl an Arbeitsstellen auf deutlich weniger Straßenkilometern stattfinden. Die Zahl von 25 000 Maßnahmen entstammt einer älteren Hochrechnung aus der Drs. 21/13659. Dabei handelt es sich um alle Baumaßnahmen inklusive aller Tagesbaustellen im gesamten Hamburger Straßennetz pro Jahr, da alle Baulastträger angefragt wurden. Die Darstellungen erfolgten in verschiedenen Detaillierungsgraden. So hat allein die Stromnetz Hamburg GmbH rund 19 000 Maßnahmen gemeldet inklusive Hausanschluss-Arbeiten . Die Angaben sind insofern differenzierter zu bewerten. Baustellen bedeuten immer Einschränkungen im Verkehrsablauf. Baumaßnahmen werden daher aus Sicht der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer betrachtet und die verkehrliche Situation wird möglichst optimal gestaltet. Dazu gehört eine umfassende Baustellenkoordinierung . Es ist allerdings unvermeidbar, dass Eingriffe in den Verkehr trotz der Koordinierung zu Belastungen führen können. Die mit der Drs. 21/14968 beschlossenen Maßnahmen ergänzen die bisherigen Aktivitäten um ein weitergehendes Konzept für die Baustellenkoordinierung und -kooperation, wie mit der Drs. 21/15573 vorgelegt. Es werden keine Statistiken über die Vertragsgestaltung für Arbeitsstellen geführt. Eine manuelle Sichtung und Auswertung der Akten der verschiedenen Realisierungsträger beziehungsweise an vielen unterschiedlichen Standorten innerhalb der Bezirke Drucksache 21/15602 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 kann in der zur Beantwortung einer Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht durchgeführt werden. Mit Stand vom 3. Januar 2019 gibt es insgesamt 71 Arbeitsstellen, die alle im IT-System der KOST digital erfasst sind. Davon werden 13 Arbeitsstellen von privaten Realisierungsträgern durchgeführt, deren vertragliche Daten grundsätzlich nicht zur Verfügung stehen. Drei Arbeitsstellen werden in der „Betriebsform 2“ durchgeführt. Drei Arbeitsstellen werden im Zwei- und/oder Mehrschichtbetrieb durchgeführt. Seit dem 1. Oktober 2018 wurden insgesamt 306 Arbeitsstellen neu eingerichtet und 290 Arbeitsstellen aufgehoben beziehungsweise beendet. Im Dezember des Jahres 2018 wurden 56 Arbeitsstellen neu eingerichtet und 51 Arbeitsstellen aufgehoben beziehungsweise beendet. Seit dem 1. Oktober 2018 wurden 36 Verträge abgeschlossen, davon 15 im Dezember des Jahres 2018. Bei den abgeschlossenen Verträgen wurden seit Oktober in vier Fällen und im Dezember keine Bonus-Malus-Regelungen vereinbart. Die „Betriebsform 2“ wurde in sieben Fällen seit Oktober und in zwei Fällen im Dezember vereinbart. Bisher wurden die Daten zu Arbeiten im Zwei- oder Mehrschichtbetrieb und die „Betriebsform 2“ zusammen ausgewertet und dargestellt. Im Übrigen siehe Drs. 21/15176, 21/14500, 21/13659 und 21/14904, 21/12147. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA), HAMBURG WASSER, Stromnetz Hamburg GmbH, Gasnetz Hamburg GmbH und Dataport AöR wie folgt: 1. Wie viele Arbeitsstellen gibt es aktuell im Hamburger Straßennetz? Wie viele dieser Arbeitsstellen a) werden im Zwei- und/oder Mehrschichtbetrieb ausgeführt? b) in der sogenannten Betriebsform 2 (= Arbeiten an allen Werktagen unter Ausnutzung des Tageslichts) ausgeführt? c) sind digital erfasst? d) weisen eine Überschreitung der vertraglich vereinbarten Bauzeit um jeweils sowie insgesamt wie viele Wochen auf? 2. Wie viele Arbeitsstellen wurden im Dezember 2018 im Hamburger Straßennetz a) neu eingerichtet, b) aufhoben/beendet? 3. Wie viele Arbeitsstellen wurden seit dem 1. Oktober 2018 insgesamt im Hamburger Straßennetz a) neu eingerichtet, b) aufhoben/beendet? 4. Wie viele Verträge für Straßenbaumaßnahmen in Hamburg wurden im Dezember 2018 abgeschlossen? Bei wie vielen dieser Verträge wurde a) eine Bonus-Malus-Regelung, b) das Arbeiten im Zwei- und/oder Mehrschichtbetrieb, c) die sogenannte Betriebsform 2 vertraglich vereinbart? 5. Wie viele Verträge für Straßenbaumaßnahmen in Hamburg wurden seit dem 1. Oktober 2018 insgesamt abgeschlossen? Bei wie vielen dieser Verträge wurde a) eine Bonus-Malus-Regelung, b) das Arbeiten im Zwei- und/oder Mehrschichtbetrieb, c) die sogenannte Betriebsform 2 (= Arbeiten an allen Werktagen unter Ausnutzung des Tageslichts) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15602 5 vertraglich vereinbart? Siehe Vorbemerkung.