BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15628 21. Wahlperiode 11.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Jörg Hamann (CDU) vom 03.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Transparenz für Mieterhöhungen von Pachtland Ende des Jahres 2018 sind zahlreiche Aufforderungen zur Mieterhöhungen für Pachtland, von der für die Stadt als externer Bestandsverwalter tätigen Gladigau Immobilien GmbH, ergangen. Die angesetzten Erhöhungen sind vielfach massiv und stehen in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung. Begründet werden die Steigerungen damit, dass der bisherige Mietzins weit unter dem örtlichen Bodenwert liege und dass seit Jahren keine Anpassung erfolgt sei. Tatsächlich ist in den letzten sieben Jahren (in den vorliegenden Fällen) der Bodenwert aber nur um 20 Cent pro m² gestiegen. Für die Mietzinsneuberechnung wird der Verbraucherpreisindex (alt und neu) herangezogen . Allerdings ergibt die Neuberechnung ebenfalls keine signifikante Differenz , die eine Erhöhung um zum Teil 600 Prozent erklärt. Die Steigerung ergibt sich erst durch die Multiplikation mit den durch den Gutachterausschuss der Freien und Hansestadt Hamburg festgelegten Faktoren. In den oben genannten Fällen wird der Faktor 4 für Grünland angegeben, mit dem Hinweis, dass rechnerisch auch der Faktor 8 herangezogen werden könnte. In einem Fall bedeutet dies beispielsweise konkret, dass die alte Miete von 141,64 Euro – gestaffelt bis zum Jahr 2025 – auf 868,38 Euro ansteigt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat muss sich gemäß § 7 Landeshaushaltsordnung an den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit halten. Der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) ist nach dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet, Vermögensgegenstände nur zu ihrem vollen Wert zu überlassen . Hierzu gehört auch die Vermietung von Grundstücken. Seit Gründung des LIG wurde sukzessive die Werthaltigkeit der Immobilien überprüft. In der Folge wurden im Rahmen der Ausschreibung von Dienstleistungen im Bestandsmanagement Differenzen zwischen den ortsüblichen Mieten und bisher gezahlten Mieten festgestellt. Insbesondere bei Verträgen für Grün-, Garten- und Freizeitflächen beträgt der ortsübliche Mietzins auf Grundlage der aktuellen Berechnungsdaten teilweise mehr als 500 Prozent des bisher gezahlten Mietzinses. Die mit der Verwaltung der Immobilien beauftragten Dienstleister erhielten daher 2016 den Auftrag, in angemessenen und verträglichen Schritten mit einem Erhöhungszyklus von drei Jahren die Mieten an das ortsübliche Mietniveau anzupassen. Die vorliegende Staffelerhöhung wurde gewählt, da sie eine moderate und aus Sicht der Freien und Hansestadt Hamburg verträgliche Vorgehensweise darstellt. Die Mieterhöhungen sind dabei so angelegt, dass sich die Mieten über die Staffelungen dem ortsüblichen Mietzins mittelfristig annähern. Die Erhöhungen pro Vertrag entsprechen durchschnittlich rund 90 Euro (2019) beziehungsweise rund 110 Euro (2022) im Jahr. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/15628 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Aus welchen und wie vielen Vertretern/-innen setzt sich der unabhängige Gutachterausschuss der Freien und Hansestadt Hamburg zusammen? Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte setzt sich derzeit aus 44 ehrenamtlichen Mitgliedern, vier Vertreterinnen und Vertretern des Finanzamtes und drei hauptamtlichen , beim Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung tätigen (stellvertretenden ) Vorsitzenden zusammen. Die Mitglieder, die über Bodenrichtwerte und Untersuchungen zum Immobilienmarkt auf Vorschlag der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses beschließen, kommen aus dem Immobilien-, Bau- und landwirtschaftlichen Bereich. Vertreten sind zum Beispiel Sachverständige für Immobilienwertermittlung , Architektinnen und Architekten, Juristinnen und Juristen, Mathematikerinnen und Mathematiker oder Projektentwicklerinnen und -entwickler. 2. Wie werden die Mitglieder vorgeschlagen und bestimmt und in welchen Abständen erfolgt die Einsetzung des Kollegialgremiums? Die Mitglieder werden vom Senat nach vorheriger Beteiligung der Deputation der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen alle fünf Jahre bestellt. Sie werden aus verschiedenen Bereichen der Immobilienwirtschaft, den Bezirksversammlungen und von Fachverbänden vorgeschlagen. 3. Wie definieren sich die für die Berechnung des Mietzinses genannten Faktoren im Einzelnen? (Bitte nach einzelnen Faktoren und Bedeutung ausführen). Zur Berechnung des Mietzinses werden in der Regel die aktuellen Bodenwerte herangezogen . Zur Umrechnung von Bodenrichtwerten verwendet der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Hamburg Umrechnungskoeffizienten. Für Grün-, Garten- und Freizeitflächen ist nach den Empfehlungen des Gutachterausschusses zur Berechnung des Bodenwertes grundsätzlich der jeweilige Richtwert für Erwerbsgartenanbauflächen mit dem Multiplikator acht zugrunde zu legen. Für die Mietzinsberechnungen wurde hiervon abweichend der Bodenwert nur mit dem Multiplikationsfaktor vier berechnet. Die Jahresmiete ist aufgrund des Bodenwertes, der Flächengröße und einem Liegenschaftszins in Höhe von 3 Prozent ermittelt worden. 4. Wann wurden die oben genannten Faktoren eingesetzt und als Multiplikator zur Berechnungsgrundlage für den Mietzins herangezogen? Grundlage der heutigen Berechnung der Bodenrichtwerte ist der Immobilienmarktbericht Hamburg 2017 des Gutachterausschuss für Grundstückswerte. Der Gutachterausschuss verwendet seit dem 31. Dezember 2015 Umrechnungskoeffizienten für bestimmte Nicht-Bauland-Nutzungen, die zeitlichen Änderungen unterlagen. Eine vollständige Dokumentation ist unter https://www.hamburg.de/bsw/grundstueckswerte/ nofl/8024830/d-ida-erlaeuterungen veröffentlicht. 5. Wie stellen sich die Entscheidungsfindungs- und Abstimmungsprozesse im Allgemeinen und hinsichtlich der vorgenannten Faktoren im Besonderen dar? Die Umrechnungskoeffizienten werden von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses durch statistische Untersuchungen von registrierten Kauffällen ermittelt, im Gutachterausschuss beraten und beschlossen. Auf die Anwendung der Bodenrichtwerte und Umrechnungskoeffizienten bei der Bemessung von Mieten durch den LIG hat der Gutachterausschuss keinen Einfluss. 6. Warum wurden in den vergangenen Jahren keine oder nur marginale Mieterhöhungen vorgenommen und wie erklären sich die nun angesetzten massiven Steigerungen? Siehe Vorbemerkung. 7. Wie viele Pachtverträge wurden im Jahr 2017 und 2018 überprüft und in wie vielen Fällen wurde eine „Anpassung“ respektive Mieterhöhung vorgenommen ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15628 3 Im Jahr 2017 wurden insgesamt für fünf Verträge Mietzinserhöhungen durchgeführt. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 3 285 bestehende Mietverträge überprüft und 1 675 Mieterhöhungen zum 1. Januar 2019 vorgenommen. 8. Wie viele Pachtverträge stehen für das Jahr 2019 zur Überprüfung an? Im Jahr 2019 werden keine Überprüfungen stattfinden.