BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15641 21. Wahlperiode 11.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 04.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Silvestereinsätze in Hamburg – Angriff auf Sicherheitskräfte Mit ihrem beherzten Einsatz sind Hamburgs Sicherheitskräfte in der Silvesternacht gegen Gefahren aller Art vorgegangen. An den Brennpunkten am Jungfernstieg, an den Landungsbrücken und auf dem Kiez (Hans-Albers- Platz und Große Freiheit) war die Polizei stark präsent, um friedlich Feiernde vor Übergriffen zu schützen. Auch die Feuerwehr war mit mehr als 1 000 Einsätzen quasi im Dauereinsatz. Und trotz ihres Einsatzes für die Allgemeinheit wurden Mitglieder der Feuerwehr selbst das Ziel von Aggression, als sie am Barmbeker Markt einem auf dem Boden liegenden, stark blutenden Menschen helfen wollten. Eine Gruppe um den Verletzten stehender Personen warf Gegenstände, möglicherweise Böller und Steine, auf die Retter und bepöbelte sie. Erst als die über Funk zu Hilfe gerufene Polizei mit Maschinenpistolen anrückte, konnte die Feuerwehr Hilfe leisten. Aber auch die Polizei selbst wurde am Jungfernstieg mit Feuerwerksraketen attackiert. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Von wie vielen Besuchern in der Silvesternacht geht die zuständige Behörde a. am Jungfernstieg, b. an den Landungsbrücken, c. auf dem Kiez insgesamt und an der Großen Freiheit aus? Die Polizei schätzt die Anzahl der Besucher wie nachfolgend aufgeführt: Örtlichkeit Anzahl Besucher Jungfernstieg ca. 10 000 Landungsbrücken ca. 10 000 Vergnügungsviertel St. Pauli (Kiez) gesamt (einschließlich Große Freiheit) ca. 50 000 Große Freiheit ca. 6 500 2. Wie viele Polizeibeamte waren jeweils an diesen Orten eingesetzt? Örtlichkeit Eingesetzte Polizeibeamte Jungfernstieg 104 Landungsbrücken 85 Vergnügungsviertel St. Pauli (Kiez) gesamt (einschließlich Große Freiheit) 128 Drucksache 21/15641 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bei den aufgeführten Zahlen handelt es sich um die planmäßig eingesetzten Einsatzkräfte in den jeweiligen Einsatzbereichen der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) Silvester. Kräfte der Allgemeinen Aufbauorganisation (AAO) sind nicht berücksichtigt. Zu Beginn des Einsatzes wurden zeitweilig Kräfte aus dem Bereich St. Pauli in den Bereich Binnenalster verlegt. Als sich die Lage im Bereich Binnenalster beruhigt hatte, wurden von dort Kräfte in den Bereich St. Pauli verlegt. Daten zur Anzahl eingesetzter Polizeibeamter in der Großen Freiheit wurden nicht gesondert statistisch erfasst. Die S-Bahnhöfe Jungfernstieg, Landungsbrücken und Reeperbahn wurden darüber hinaus mit verstärkten Kräften durch die Bundespolizei Hamburg überwacht. 3. Wie beurteilt die Polizei die Lage an diesen Orten in der Silvesternacht jeweils? Bitte pro Ort darstellen. Siehe Pressemitteilung der Polizei 190101-1. vom 1. Januar 2019 unter https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/4155249. a. Welche polizeilichen Maßnahmen wurden jeweils ergriffen? Jungfernstieg In diesem Bereich waren aufwachsend starke Polizeikräfte (uniformiert und zivil) eingesetzt , die niedrigschwellig Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung einleiteten. Zudem wurden auf Anordnung des Polizeiführers Maßnahmen zur Videoüberwachung durchgeführt. Im Umfeld erfolgten anlassbezogene Verkehrsmaßnahmen . Zusätzlich fand eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und der Feuerwehr statt. Landungsbrücken In diesem Bereich waren aufwachsend starke Polizeikräfte (uniformiert und zivil) eingesetzt , die niedrigschwellig Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung einleiteten. Zudem erfolgten auf Anordnung des Polizeiführers Maßnahmen zur Videoüberwachung . Durch Bereithalten von sogenannten Hamburger Gittern an der Fußgängerbrücke des S-Bahnhofes Landungsbrücken sowie auf den Pontons an den Landungsbrücken wurden anlassbezogen Besucherströme reguliert. Erforderliche Verkehrsmaßnahmen wurden eingeleitet. Zusätzlich fand eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und der Feuerwehr statt. Aufgrund zu großer Personenmengen im Bahnhofsbereich beziehungsweise auf den Bahnsteigen hielten einfahrende S-Bahnen temporär nicht im Bahnhof Landungsbrücken , sondern fuhren durch. Vergnügungsviertel St. Pauli (Kiez) gesamt (einschließlich Große Freiheit) In diesem Bereich waren aufwachsend starke Polizeikräfte (uniformiert und zivil) eingesetzt , die niedrigschwellig Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung einleiteten. Aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren sowie der aktuellen Lage wurde ein Schwerpunkt im Bereich der Großen Freiheit gesetzt. Auf Anordnung des Polizeiführers erfolgten Maßnahmen zur Videoüberwachung, unter anderem auch durch zwei zusätzlich installierte Videokameras im Bereich der Großen Freiheit. Im Bereich des Beatles-Platzes stand während des Einsatzes eine Bedarfsaußenstelle des PK 15 zur Verfügung (Sperrung der Nebenfahrbahn Reeperbahn in diesem Bereich), eine aufgestellte Lichtquelle (sogenannter Powermoon) gewährleistete zusätzliche Beleuchtung. Zwecks Regulierung der Besucherströme waren kurzfristige Sperrungen im Bereich der Großen Freiheit/Beatles-Platz erforderlich. Notwendige Verkehrsmaßnahmen wurden eingeleitet. Zusätzlich fand eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und der Feuerwehr statt. Darüber hinaus betrifft die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der aus grundsätzlichen Erwägungen keine Angaben gemacht werden. b. Wie viele Festnahmen gab es an den Orten jeweils wegen welcher Tatvorwürfe? Was ist über die Beschuldigten bekannt? Bitte unter Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15641 3 Angabe von Alter, Nationalität, Vorstrafen beziehungsweise polizeiliche Erkenntnissen und Aufenthaltsstatus darstellen. Durch Kräfte der BAO „Silvester“ wurden an den benannten Orten insgesamt zwanzig Personen gemäß § 127 Strafprozessordnung vorläufig festgenommen. Lfd. Nr. Tatort Delikt Alter Nationalität Aufenthaltsstatus 01 Binnenalster Verstoß Waffengesetz (WaffG), Körperverletzung 30 J. afghanisch Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 2 (GfK) AufenthG 02 Jungfernstieg Verstoß WaffG, Widerstand 24 J. palästinensisch Aufenthaltsgestattung 03 Lombardsbrücke Verstoß WaffG, Verstoß Betäubungsmittelgesetz (BtMG), Widerstand 22 J. deutsch entfällt 04 Jungfernstieg Verstoß WaffG 20 J. afghanisch Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 3 AufenthG 05 Reeperbahn Körperverletzung, Verstoß BtMG 40 J. deutsch entfällt 06 Spielbudenplatz Körperverletzung 18 J. deutsch entfällt 07 Spielbudenplatz Körperverletzung 18 J. deutsch entfällt 08 Spielbudenplatz Körperverletzung 19 J. deutsch entfällt 09 Spielbudenplatz Körperverletzung 17 J. deutsch entfällt 10 Spielbudenplatz Körperverletzung 36 J. iranisch Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 2 (GfK) AufenthG 11 Spielbudenplatz Körperverletzung 29 J. iranisch Aufenthaltserlaubnis gem.§ 25 Abs.2 (GfK) AufenthG 12 Spielbudenplatz Körperverletzung 61 J. iranisch Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 2 (GfK) AufenthG 13 Reeperbahn Körperverletzung 26 J. libysch Aufenthaltsgestattung gem. § 55 AsylG 14 Jungfernstieg Körperverletzung 28 J. afghanisch Aufenthaltsgestattung gem. § 55 AsylG 15 Große Freiheit Widerstand 24 J. afghanisch Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 3 AufenthG 16 Jungfernstieg Widerstand 18 J. syrisch Aufenthaltserlaubnis gem. §25 Abs. 2 (GfK) AufenthG 17 Jungfernstieg Widerstand 16 J. afghanisch Aufenthaltsgestattung 18 Jungfernstieg Widerstand 20 J. afghanisch Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 3 AufenthG 19 Reeperbahn Körperverletzung, sexuelle Belästigung 39 J. afghanisch Niederlassungserlaubnis gem. § 9 AufenthG 20 Reeperbahn Taschendiebstahl 22 J. algerisch Aufenthaltsgestattung Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, Ermittlungsverfahren mitzuteilen, die durch einen Freispruch oder eine Einstellung beendet worden sind. Dasselbe gilt für Ermittlungsverfahren, die zu einem Abschluss geführt haben, Drucksache 21/15641 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 der entweder nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen ist. Für die Beschuldigten liegt entweder kein Bundeszentralregisterauszug vor oder es ergeben sich keine mitteilungsfähigen Eintragungen. c. Wie viele Personenüberprüfungen wurden jeweils durchgeführt? Unter „Personenüberprüfungen“ werden alle Überprüfungen von Personen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung subsumiert. Örtlichkeit Anzahl überprüfte Personen Jungfernstieg 161 Landungsbrücken 52 Vergnügungsviertel St. Pauli (Kiez) gesamt (einschließlich Große Freiheit) 295 Daten zur Anzahl der Personenüberprüfungen in der Großen Freiheit wurden nicht gesondert statistisch erfasst. d. Wie viele Platzverweise wurden jeweils erteilt? Örtlichkeit Anzahl Platzverweise Jungfernstieg 122 Landungsbrücken 31 Vergnügungsviertel St. Pauli (Kiez) gesamt (einschließlich Große Freiheit) 63 Daten zur Anzahl der Platzverweise in der Großen Freiheit wurden nicht gesondert statistisch erfasst. e. Wie viele Aufenthaltsverbote wurden jeweils erteilt? Örtlichkeit Anzahl Aufenthaltsverbote Jungfernstieg 1 Landungsbrücken 4 Vergnügungsviertel St. Pauli (Kiez) gesamt (einschließlich Große Freiheit) 5 Daten zur Anzahl der Aufenthaltsverbote in der Großen Freiheit wurden nicht gesondert statistisch erfasst. 4. Wie viele Übergriffe sexueller Art wurden jeweils angezeigt? Bitte pro Ort darstellen. a. Wie stellen sich die Sachverhalte jeweils im Einzelnen dar, welche Maßnahmen wurden jeweils ergriffen und was ist über die Beschuldigten jeweils bekannt? Die Polizei erfasst Straftaten gemäß dem Straftatenkatalog der Richtlinien für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). In der PKS erfolgt die Erfassung der Straftaten unabhängig von der Tatzeit nach Abschluss aller (kriminal-)polizeilichen Ermittlungen bei Abgabe eines Vorganges an die Staatsanwaltschaft. Statistiken zu Anzeigeerstattungen werden bei der Polizei nicht regelhaft geführt. Im Rahmen der Besonderen Aufbauorganisation „Silvester“ wurde die Anzahl der gefertigten Anzeigen gesondert erfasst; siehe hierzu die unter Antwort zu 3. genannte Presseerklärung. Darüber hinaus wäre zur Beantwortung eine Durchsicht aller bei der Polizei seit dem 31. Dezember 2018, 18.00 Uhr erstatteten Anzeigen erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Akten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. b. Wie beurteilt die Polizei die in dieser Silvesternacht getroffenen Maßnahmen im Hinblick auf die Prävention vor Übergriffen sexueller Art? Welche konkreten Veränderungen hat es im Vergleich zum Vorjahr gegeben? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15641 5 Erfahrungen und Erkenntnisse vorangegangener Einsätze zum Jahreswechsel, aktuelle Lagebewertungen und Erkenntnisse im Einsatzverlauf wirkten sich auf die Einsatzkonzeption und das Vorgehen der Kräfte aus. Im Vorwege zur Silvesternacht erfolgte eine Kontaktaufnahme seitens der Beamten des Besonderen Fußstreifendienstes mit den örtlichen Clubbetreibern zwecks Sensibilisierung im Umgang mit dem Phänomen „sexualisierte Gewalt“. Gegenüber dem Vorjahr gab es keine signifikanten Veränderungen. Die eingeleiteten Maßnahmen werden als erforderlich, geeignet und verhältnismäßig beurteilt. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. a. 5. Wie viele Übergriffe auf Sicherheitskräfte wurden jeweils registriert? Bitte pro Ort darstellen. a. Wie stellen sich die Sachverhalte jeweils im Einzelnen dar, welche Maßnahmen wurden jeweils ergriffen und was ist über die Beschuldigten jeweils bekannt? Siehe Antwort zu 4. und 4. a. b. Wie beurteilt die Polizei die in dieser Silvesternacht getroffenen Maßnahmen im Hinblick auf die Prävention vor Übergriffen gegen Sicherheitskräfte? Welche konkreten Veränderungen hat es im Vergleich zum Vorjahr gegeben? Gegenüber dem Vorjahr gab es keine signifikanten Veränderungen. Die eingeleiteten Maßnahmen werden als erforderlich, geeignet und verhältnismäßig beurteilt. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. a.