BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15650 21. Wahlperiode 15.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dietrich Wersich (CDU) vom 07.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Wie steht es um die Schwankhalle auf dem Gelände der Holsten- Brauerei? Die Holsten-Brauerei verlässt 2019 ihren Traditionsstandort an der Holstenstraße in Hamburg-Altona und verlegt ihre Produktion in einen Neubau im Stadtteil Hausbruch. Anschließend will die Gerch Group im Joint Venture mit der SSN Group das Brauereiareal zu einem neuen Stadtteil entwickeln. Dabei bleibt wenig Historisches erhalten. Abgerissen werden soll unter anderem die Schwankhalle, eine kühne Eisenbetonkonstruktion, deren Bedeutung bisher möglicherweise nicht erkannt wurde. Dabei könnte man die Schwankhalle der Holsten-Brauerei auch unter rein ästhetischen Gesichtspunkten für erhaltenswert halten. Die um 9,30 Meter auskragenden Eisenbetonträger auf dem zentralen Hof hinter dem Verwaltungsgebäude beeindrucken jeden Betrachter. Berichten zufolge wurde die Halle von Fachleuten bauzeitlich bislang fälschlicherweise in die 1950er-Jahre eingeordnet. Tatsächlich stammt sie aus der Frühzeit des Eisenbetonbaus: von 1911. Nun soll die gegenüber vom Malz-Silo stehende Schwankhalle dagegen nach Angaben der SSN Group einem Neubau und einem Teil der Haupterschließungsstraße weichen . Vor dem städtebaulichen Realisierungswettbewerb hätten „zahlreiche Top-Architekten und Fachleute der Verwaltung die Halle gesehen“ – und offensichtlich für nicht erhaltenswert gehalten. Zumindest die für das Areal verantwortliche Stadtplanungsabteilung sowie das Denkmalschutzamt müssen sich fragen lassen, ob ihnen die bautechnische Bedeutung der Halle nicht bewusst war oder warum eine Denkmaleigenschaft – trotz des Ipsa- Lege-Prinzips – nicht geltend gemacht wurde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Wie die meisten historischen Bauten auf dem Holsten-Areal ist die Schwankhalle mit den angrenzenden Bauten derselben Zeitschicht wiederholt umgebaut worden. Aus der Bauzeit erhalten ist lediglich die Stahlbetonkonstruktion in ihren wesentlichen Teilen . In der heutigen überbauten Form zeigt der Bau eine Prägung, die leicht mit Nachkriegsarchitektur verwechselt werden kann. Belastbare Forschungen zum frühen Stahlbetonbau in Hamburg lagen zum Zeitpunkt der Beurteilung des Denkmalwerts der Schwankhalle nicht vor. Die Geschichte der Bautechnik im Hamburger Raum, insbesondere des Stahl- und Stahlbetonbaus, ist bisher nicht systematisch erforscht worden. Diese Forschungslücke wird voraussichtlich erst in diesem Jahr mit der Veröffentlichung des „Hamburger Ingenieurbauführers“ durch die Ingenieurkammer grundlegend geschlossen. Der baugeschichtliche Hintergrund der Schwankhalle ist erst im Zuge der Veröffentlichung eines Fachartikels 2018 bekannt geworden. Die Behörde für Kultur und Medien hat nach weiterer Untersuchung im August beziehungsweise Oktober 2018 das Drucksache 21/15650 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bezirksamt Altona, die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen und den Grundeigentümer über den geschichtlichen Wert der Schwankhalle informiert. Zum Zeitpunkt der Auslobung des städtebaulich-landschaftsplanerischen Wettbewerbs Anfang 2017 war die geschichtliche Bedeutung der Schwankhalle weder dem Auslober noch dem Bezirksamt Altona bekannt. Der Erhalt des Gebäudes war daher keine Vorgabe des Wettbewerbs und wurde im Entwurf des ersten Preisträgers dementsprechend nicht berücksichtigt. Die Behörde für Kultur und Medien hatte die Denkmalschutzwürdigkeit des Holsten-Geländes Ende 2013 auf Grundlage des damals vorhandenen Kenntnisstandes überprüft und den Behörden und Eigentümern bereits Anfang 2014 mitgeteilt, dass das Areal weder gesamt noch in Teilen als Denkmal bewertet wird. Diese Einschätzung wurde danach in alle weiteren Planungsprozesse für das Holsten-Areal eingebracht. Die Behörde für Kultur und Medien sieht sich aus rechtlichen Gründen derzeit an diese frühere Auskunft gebunden. Dennoch prüfen die Behörde für Kultur und Medien, das Bezirksamt Altona und die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen derzeit eine Erhaltungsperspektive der Schwankhalle im Rahmen der städtebaulichen Planung für das Areal. Die Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ist dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden die bauhistorische Bedeutung der Schwankhalle bekannt? Wenn ja, welcher Behörde und seit wann? Wenn nein, warum nicht? 2. Wie und an welcher Stelle kam es bisher zu der falschen Einordnung der Schwankhalle in die 1950er-Jahre? Wann wurde dieser Fehler bemerkt? Wurde dieser Fehler korrigiert? Wenn ja, wann und durch wen? Und welche Konsequenzen in der Bewertung der Schwankhalle aus denkmalrechtlicher und/oder historischer Sicht hatte das Bekanntwerden der falschen Datierung? 3. Inwieweit gibt es beim Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde Bestrebungen, die Schwankhalle auf dem Gelände der Holstenbrauerei unter Denkmalschutz zu stellen oder die Denkmalwürdigkeit zumindest zu prüfen? Wenn ja, inwieweit? Wenn nein, warum nicht? 4. Welche Auswirkungen hätte eine Unter-Schutz-Stellung der Schwankhalle auf die Vorhaben des momentanen Eigentümers? Siehe Vorbemerkung.