BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1569 21. Wahlperiode 22.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 14.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Justiz – Wie ist die Situation bei den Rechtspflegern? Rechtspfleger sind Beamte des gehobenen Justizdienstes an Gerichten und Staatsanwaltschaften, die vielfältige Aufgaben wahrnehmen, die ihnen durch das Rechtspflegergesetz (RPflG) übertragen werden. Neben zahlreichen Tätigkeiten im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gehört beispielsweise auch die Kostenfestsetzung gemäß § 21 RPflG zu ihren Aufgaben: Nach Beendigung des Rechtsstreits erlässt der Rechtspfleger auf Antrag einer Partei einen – vollstreckungsfähigen – Kostenfestsetzungsbeschluss , mit dem festgesetzt wird, in welcher Höhe Erstattungspflicht besteht. Vonseiten der Rechtsanwaltschaft wird immer häufiger beklagt, dass die Bearbeitungsdauer von Kostenfestsetzungsanträgen, insbesondere bei den Amtsgerichten Hamburg-Mitte und Hamburg-Harburg, teilweise mehrere Monate in Anspruch nimmt. Dies ist für die Parteien des Rechtsstreits und ihre Vertreter auf Dauer nicht zumutbar. Je länger die Verfahrensdauer, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich die wirtschaftliche Lage des Schuldners verschlechtert. Der Kostenschuldner hat seinerseits Anspruch auf zügigen Abschluss des Verfahrens, denn die Kosten sind ab Antragstellung zu verzinsen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie hat sich die Anzahl der eingereichten Kostenfestsetzungsanträge an den einzelnen Amtsgerichten und am Landgericht seit dem Jahr 2010 entwickelt? Bitte pro Jahr und Gericht darstellen. 2. Wie hat sich die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Kostenfestsetzungsanträgen an den einzelnen Amtsgerichten und am Landgericht seit dem Jahr 2010 entwickelt? Bitte pro Jahr und Gericht darstellen. Kostenfestsetzungsanträge werden statistisch nicht erfasst. Zur Beantwortung der Fragen wäre die händische Auswertung von jährlich rund 17.000 landgerichtlichen und 40.000 amtsgerichtlichen Verfahrensakten allein für den Zivilbereich erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Wie hat sich die Stellenbesetzung der Rechtspfleger an den einzelnen Amtsgerichten und am Landgericht seit dem Jahr 2010 entwickelt? Wie vielen VZÄ entspricht dies? Bitte pro Jahr und Gericht darstellen. a. Wie viele Rechtspfleger sind seit dem Jahr 2010 jeweils an den einzelnen Amtsgerichten und am Landgericht für die Bearbeitung von Drucksache 21/1569 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Kostenfestsetzungsanträgen zuständig? Wie vielen VZÄ entspricht dies? Im Ist-Stellenplan werden sämtliche Planstellen der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt (vormals gehobener Dienst) gemeinsam geführt. Stelleninhaber können sowohl Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger als auch andere Beamtinnen und Beamte der Laufbahngruppe sein, die in Querschnittsaufgaben (zum Beispiel auch im IT-Bereich oder der Personalverwaltung) arbeiten. Die folgenden Tabellen zeigen die Entwicklung der Anzahl der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in VZÄ als Mittelwert der jeweiligen Jahre auf, die in Rechtssachen eingesetzt sind. Die Daten sind der Statistik über die Personalverwendung des Amtsgerichts und des Landgerichts entnommen. Die Angaben sind differenziert nach Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen je Gericht gesamt aufgeführt. Eine weitergehende Aufteilung auf das Aufgabengebiet „Kostenfestsetzung“ erfolgt nicht und ist nachträglich nicht möglich. Nach einer Einschätzung der Gerichte machen die Kostenfestsetzungsverfahren im Verfahrensbereich Zivilsachen einen Anteil von circa 65 bis 70 Prozent der Gesamtaufgabe aus, in den Familiensachen ist es ein Anteil von circa 5 Prozent und in den Strafsachen gehen die Gerichte von einem Anteil von maximal 15 Prozent aus. Amtsgericht Hamburg-Mitte Verwendung Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013* 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 66,65 63,9 66,48 58,12 59,36 56,23 Familiensachen 2,13 2,08 2,35 1,84 2,69 3 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 3,95 4,51 4,25 3,08 4,02 3,1 Straf- und Bußgeldsachen 1,23 1,1 1,7 1,7 1,7 1,7 Amtsgericht Altona Verwendung Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013* 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 14,06 14,17 13,37 17,37 17,49 13,78 Familiensachen 1,15 1,15 1,01 0,64 1 0,7 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 1,98 1,88 1,77 1,91 1,53 0,99 Straf- und Bußgeldsachen 0,51 0,56 0,67 0,62 0,55 0,36 * Die Verschiebung der VZÄ zwischen den Amtsgerichten Mitte und Altona ist durch die Änderung der Zuordnung der Mahnabteilung in der Steuerung begründet. Amtsgericht Barmbek Verwendung Rechtspflegerinnnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 20,98 20,91 20,48 18,31 19,06 19,95 Familiensachen 1,7 1,65 1,59 1,38 1,24 1,3 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 1,84 1,7 1,48 1,55 1,38 1,55 Straf- und Bußgeldsachen 0,75 0,6 0,5 0,45 0,4 0,4 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1569 3 Amtsgericht Bergedorf Verwendung Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 7,66 7,83 8,12 8,48 8 8,48 Familiensachen 0,83 0,65 0,7 0,6 0,55 0,7 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 0,73 0,85 0,65 0,6 0,48 0,55 Straf- und Bußgeldsachen 0,33 0,38 0,4 0,4 0,35 0,3 Amtsgericht Blankenese Verwendung Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 6,3 5,96 5,75 6,29 6,11 6,1 Familiensachen 0,4 0,45 0,37 0,41 0,4 0,37 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 0,48 0,41 0,39 0,37 0,36 0,36 Straf- und Bußgeldsachen 0,15 0,15 0,15 0,11 0,12 0,12 Amtsgericht Harburg Verwendung Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 15,68 15,71 14,09 15,11 14,44 16,08 Familiensachen 1,48 1,71 1,13 1,41 1,12 1,21 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 1,72 1,78 1,65 1,39 1,37 1,46 Straf- und Bußgeldsachen 0,88 0,85 0,73 0,51 0,32 0,65 Amtsgericht St. Georg Verwendung Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 16,52 16,67 16,57 15,93 16,76 16,2 Familiensachen 1,58 1,61 1,56 1,3 1,34 1,33 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 2,15 2,13 2,08 1,91 2,23 1,9 Straf- und Bußgeldsachen 0,73 0,83 0,95 0,8 0,73 0,9 Drucksache 21/1569 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Amtsgericht Wandsbek Verwendung Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 11,97 12,2 12,74 13,37 13,78 12,85 Familiensachen 1 1,15 1,09 0,88 1,11 0,95 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 1,05 1,2 1,28 1,4 1,31 1,1 Straf- und Bußgeldsachen 0,6 0,4 0,45 0,7 0,53 0,4 Landgericht Hamburg Verwendung Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Rechtssachen seit 2010 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1. Halbjahr Gesamt 14,25 14,93 15,68 15,61 14,28 13,98 Zivilsachen (ohne Vollstreckungs - und Mahnsachen ) 11,75 12,3 12,3 11,86 10,65 9,88 Straf- und Bußgeldsachen 2,5 2,63 3,38 3,75 3,63 4,1 b. Wie viele dieser Stellen waren seit dem Jahr 2010 jeweils wie lange und aus welchen Gründen unbesetzt? Wie vielen VZÄ entspricht dies? Bitte pro Jahr und Gericht darstellen. Die Entwicklung der freien Stellen wird nicht gesondert für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger erfasst, sondern nur gemeinsam für die Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt . Die Gründe für Vakanzen im Rechtspflegerbereich liegen im Rahmen normaler personalwirtschaftlicher Vorgänge. Das können laufende Stellenausschreibungsverfahren, aber auch zum Beispiel die Erwartung von Rückkehrerinnen und Rückkehrern aus der Beurlaubung oder auf die Übernahme nach der Ausbildung sein. Eine Historie über diese Vorgänge wird nicht geführt und kann auch nicht nachträglich erzeugt werden. 4. Wie hat sich die jährliche Fehlzeitenquote bei den Rechtspflegern an den einzelnen Amtsgerichten und am Landgericht seit dem Jahr 2010 entwickelt? Durch die Ablösung der alten Fehlzeitenerhebungssoftware sind keine Datenbestände aus den Jahren 2010 und früher vorhanden. Eine Beantwortung wäre nur im Wege einer händischen Auswertung sämtlicher Personalakten möglich. Das ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich . Die Fehlzeitenquoten ab dem Jahr 2011 können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Rechtspfleger am: 2011 2012 2013 2014 bis Juni 2015 Landgericht 2,7% 5,5% 4,8% 3,2% 8,3% Amtsgericht HamburgMitte 4,3% 4,2% 4,6% 5,3% 6,0% Amtsgericht Altona 3,1% 3,9% 6,7% 4,0% 7,1% Amtsgericht Barmbek 1,5% 5,6% 9,3% 3,7% 5,3% Amtsgericht Bergedorf 4,0% 3,7% 4,0% 7,3% 7,6% Amtsgericht Blankenese 3,9% 3,9% 4,0% 2,5% 3,9% Amtsgericht Harburg 4,7% 12,0% 10,0% 8,6% 5,7% Amtsgericht St. Georg 7,5% 5,2% 8,0% 3,6% 2,6% Amtsgericht Wandsbek 13,5% 1,6% 3,8% 3,5% 3,0%