BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15725 21. Wahlperiode 18.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Harald Feineis und Peter Lorkowski (AfD) vom 10.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Lemonaid zu süß! Der Behörde stößt das sauer auf Dienst nach Vorschrift leistete das Fachamt für Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt des Bezirksamtes Mitte, als es die Firma Lemonaid kürzlich schriftlich anmahnte, dass deren Limo gar keine Limo sei.1 Denn den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke des Bundesernährungsministeriums 2 gemäß dürfen nur jene Getränke als Limonade bezeichnet werden, die einen Gesamtzuckergehalt von mindestens 7 Gewichtsprozent aufweisen . „Lemonaid Limmette“ hat nur 6! Folgerichtig fordert das Bezirksamt eine Rezepturanpassung von mindestens 1 Prozent mehr Zucker. Andernfalls dürfe Lemonaid nicht mehr Lemonaid heißen, denn das bedeute Limonade und Lemonaid sei ja gar keine Limonade. Eine andere Möglichkeit, diesem Dilemma zu entkommen läge darin, sich in „Erfrischungsgetränk“ umzubenennen .3 „Lemonaid Beverages“ wurde vor zehn Jahren von ein paar „Hamburger Jungs“ als Limonadenfirma gegründet, der Zuckergehalt von 6 Prozent ist seitdem unverändert und auf jeder Flasche ausgezeichnet. Die anderen Geschmacksrichtungen des Bio-Labels weisen vereinzelt einen noch geringeren Zuckergehalt auf. Bislang fiel das niemandem auf oder es wollte nicht gesehen werden. Die Getränke seien Bio und Fairtrade, von jeder verkauften Flasche würden 5 Cent an einen sozialen Zweck gespendet, heißt es aus Firmenkreisen. Mehr als 3 Millionen Euro seien für Sozialprojekte in den Anbauregionen gesammelt worden.4 Auf eine Bezeichnung wie „Erfrischungsgetränk“ auszuweichen sei eine Marketingkatastrophe und mit erheblichen Kosten verbunden, beispielsweise weil Lemonaid keine Etiketten verwende, sondern sämtliche Informationen direkt auf die Flasche drucke, so der Firmenchef im Interview mit dem „Stern“. Den Zuckergehalt erhöhen wolle man genauso wenig. Schließlich 1 https://www.stern.de/wirtschaft/news/lemonaid--behoerde-will-status-als-limonadeaberkennen -8522272.html. http://www.haz.de/Nachrichten/Panorama/Uebersicht/Zu-wenig-Zucker-Lemonaid-darf-nichtmehr -Limonade-heissen. https://www.sat1regional.de/zu-wenig-zucker-hamburger-lemonaid-soll-nicht-mehr-limoheissen -duerfen/. 2 https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ernaehrung/Lebensmittelbuch/ LeitsaetzeErfrischungsgetraenke.pdf?__blob=publicationFile. 3 https://www.bento.de/essen/lemonaid-darf-nicht-mehr-limonade-sein-weil-laut-behoerde-zuwenig -zucker-drin-ist-a-035bf3a7-ea54-459a-996c-796f6be1c424. 4 https://lemon-aid.de/faq/. Drucksache 21/15725 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 positioniere sich die Bio-Limo seit jeher als gesündere Alternative zur herkömmlichen Limonade. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Lebensmittelüberwachung ist in Hamburg Aufgabe der Verbraucherschutzämter der Bezirke. Durch risikoorientiert ausgerichtete Betriebskontrollen und stichprobenartige Probenahmen soll der gesundheitliche Verbraucherschutz sowie der Schutz vor Irreführung sichergestellt werden. Die Fachaufsicht liegt bei der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV). Die Untersuchung und Begutachtung der Proben erfolgt entsprechend der Arbeitsverteilung innerhalb der Norddeutschen Kooperation in den amtlichen Landeslaboratorien. Die Sachverständigen der Verbraucherschutzämter , der Landeslaboratorien und der BGV erarbeiten quartalsweise Probenpläne , damit eine zielorientierte Umsetzung von EU- und nationalen Überwachungsprogrammen sichergestellt ist, Doppelbeprobungen vermieden werden und effiziente Laborarbeit geleistet werden kann. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wodurch wurde die Behörde darauf aufmerksam, dass Lemonaid als Limonade 1 Prozent Zucker fehlt? Im Rahmen einer Probenahme mit darauf folgendem Gutachten des Landeslabors Schleswig-Holstein wurde das Bezirksamt Hamburg-Mitte darauf aufmerksam, dass Lemonaid 1 Prozent Zucker fehlt, um die entsprechende Vorgabe der Leitsätze für „Limonade“ zu erfüllen. 2. Wann wurde die Behörde aufmerksam und auf wessen/welche Initiative hin hat sie Lemonaid abgemahnt? Das Gutachten wurde am 5. September 2018 erstellt. Die Bearbeitung erfolgt durch das Bezirksamt Hamburg-Mitte, das für die im Bezirk ansässige Firma Lemonaid örtlich zuständig ist. Es erfolgte zu keiner Zeit eine Abmahnung, es wurde bisher lediglich eine Stellungnahme der Firma Lemonaid erbeten. 3. Wer hat die Laborprobe wann veranlasst und wo wurde diese durchgeführt ? Die Probenahme im Hamburger Einzelhandel erfolgte am 20. Juni 2018 im Rahmen des Hamburger Probenplanes durch einen Lebensmittelkontrolleur des Bezirksamtes Hamburg-Mitte. 4. Überprüft die Behörde zurzeit beziehungsweise zukünftig sämtliche „Hamburger“ Limonaden und Erfrischungsgetränke auf deren Zuckergehalt ? Wenn ja, mit welchem bisherigen Ergebnis und wie lange werden die Untersuchungen andauern? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung Die Probenplanung beinhaltet derzeit keine Schwerpunktsetzung zu den Zuckergehalten von gesüßten Getränken. 5. Welche sonstigen Lebensmittel überprüft die Behörde zurzeit beziehungsweise zukünftig auf deren Zuckergehalt? Lebensmittel werden dann auf ihren Zuckergehalt untersucht, wenn dies zur Beurteilung der Verkehrsfähigkeit erforderlich ist. 6. Der Name Lemonaid ist Programm, die Firma beschäftigt knapp 100 Mitarbeiter und erwirtschaftet mehrere Millionen Euro. Sollte sich das Produkt umbenennen müssen, würde das den Status quo gefährden, was gegebenenfalls zu massiven Umsatzeinbußen führen kann. Sieht die Behörde eine Möglichkeit, das Konzept dieser Marke nicht in Gefahr zu bringen, ohne darauf zu bestehen, dass es versüßt wird? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15725 3 7. Sieht die Behörde eine Möglichkeit, im Zuge der aktuellen Zuckerreduktionsstrategie der Bundesernährungsministerin, gesetzliche Änderungen zu erwirken, um der Limonade (neben dem „Erfrischungsgetränk“) per Definition einen weniger süßen Touch geben zu können? Die Hamburger Gesundheitssenatorin setzt sich auf Bundesebene für eine Überarbeitung der Leitsätze ein, damit diese nicht die Bemühungen um eine gesunde Ernährung der Bevölkerung konterkarieren. Das gilt auch hinsichtlich des Zuckergehaltes von Limonaden. Seitens des Bezirksamtes Hamburg-Mitte werden vorerst keine weiteren Schritte eingeleitet.