BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15726 21. Wahlperiode 18.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 10.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Straftäter flieht aus Hamburger Psychiatrie Der NDR berichtete in seinen Nachrichten am 04.01.2019 davon, dass in Schnelsen ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei am Donnerstagabend einen Mann überwältigt habe.1 Der 50-jährige Gefangene war vorher aus der Psychiatrie des Albertinen-Krankenhauses geflohen. Der psychisch kranke Mann hatte offenbar ein Fenster eingeschlagen und war so aus der geschlossenen Abteilung der Klinik geflüchtet. Nur wenige Hundert Meter entfernt brach er in einer kleinen Wohnstraße in ein Einfamilienhaus ein. Dann verschanzte er sich in dem leerstehenden Gebäude. Er konnte später von der Polizei überwältigt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Informationen des Albertinen-Krankenhauses wie folgt: 1. Nach § 4 des HmbMVollzG ist für Gefangene mit psychischer Erkrankung im Rahmen des Maßregelvollzuges eine hierfür bestimmte psychiatrische Abteilung der Asklepios Klinik Nord/Ochsenzoll vorgesehen. Es sind auch Beleihungen mit anderen geeigneten Einrichtungen möglich. Ist eine Beleihung gegenüber dem Albertinen-Krankenhaus für die Behandlung von psychisch erkrankten Gefangenen erfolgt? 2. Wenn ja, mit welchem Inhalt? Die Freie und Hansestadt Hamburg hat das Albertinen-Krankenhaus nicht mit den für die Durchführung von Unterbringungen nach § 61 Nummern 1 und 2 StGB (Maßregelvollzug ) erforderlichen hoheitlichen Befugnissen gemäß § 4 Absatz 1 HmbMVollzG beliehen. Vielmehr hat die Freie und Hansestadt Hamburg dem Albertinen-Krankenhaus gemäß § 13a HmbPsychKG mit Beleihungsvertrag vom 06.10.2014 die hoheitliche Aufgabe übertragen, vom zuständigen Gericht angeordnete öffentlich-rechtliche Unterbringungen nach §§ 8 folgende HmbPsychKG und die sofortige Unterbringung nach § 12 HmbPsychKG im eigenen Namen für die Freie und Hansestadt Hamburg zu vollziehen . Zweck der Unterbringung ist die ärztliche Behandlung der psychischen Krankheit, die zur Unterbringung der betreffenden Person geführt hat (vergleiche § 16 HmbPsychKG). Bei der hier in Rede stehenden Unterbringung handelt es sich um eine sofortige Unterbringung nach § 12 HmbPsychKG. Personen in öffentlich-rechtlicher Unterbrin- 1 https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/50-Jaehriger-fluechtet-aus-Psychiatrie,sek244.html. Drucksache 21/15726 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gung nach dem HmbPsychKG sind keine Gefangenen, die auf Grundlage des Strafprozessrechts zur Sicherung des Strafverfahrens untergebracht wurden oder nach strafrechtlicher Verurteilung eine Strafhaft oder eine Freiheitsstrafe verbüßen. Es handelt sich also nicht um einen Straftäter, der aus seiner Straf- oder Untersuchungshaft geflohen ist. 3. Wie war die konkrete psychiatrische Abteilung des Albertinen-Krankenhauses zum Zeitpunkt des Ausbruches des Gefangenen besetzt? Die in Rede stehende geschlossene Station war zum Zeitpunkt des Vorkommnisses (gegen 19.00 Uhr) mit drei examinierten Pflegekräften im Spätdienst besetzt. Ärztlich war der diensthabende Arzt vor Ort. Zusätzlich war regelhaft ein Mitarbeiter einer beauftragten Security Firma auf der Station. Nachdem der Patient verhaltensauffällig wurde, kamen umgehend vier mittels Alarmierungssystem informierte Mitarbeiter benachbarter Stationen hinzu. Parallel wurde per Notruf die Polizei alarmiert, die binnen weniger Minuten vor Ort war. Dennoch gelang es dem Patienten, sich zu verbarrikadieren und mit einem metallischen Möbelteil das Sicherheitsglas zu zerstören und zu entkommen. 4. Welche Qualifikationen werden in den Stellenplänen der Einrichtung für das Personal in der betroffenen Abteilung vorausgesetzt? Nach § 5 Beleihungsvertrag stellt der Träger nach Maßgabe der Verwaltungsvorschrift zu § 13a Absatz 1 Satz 2 HmbPsychKG sicher, dass im Albertinen-Krankenhaus das erforderliche therapeutische, pflegerische und sonstige Personal zur Wahrnehmung der ihm übertragenen hoheitlichen Aufgaben bereitsteht und dass die Durchführung dieser Aufgaben zu jeder Zeit, insbesondere auch während eines Streiks und sonstiger Arbeitskampfmaßnahmen, in gleichem Umfang wie im öffentlichen Dienst gewährleistet ist. Grundlage der Personalbemessung ist gemäß Ziffer 3.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 13a Absatz 1 Satz 2 HmbPsychKG die Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung – Psych-PV) vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2930), zuletzt geändert am 26. September 1994 (BGBl. I S. 2750). Empfehlungen, die der Gemeinsame Bundesausschusses auf Grundlage von § 137 Absatz 1c SGB V zur Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal beschlossen hat, sind zu beachten. Die Station ist gemäß den Vorgaben der PsychPV besetzt. Demnach wird zu jeder Zeit examiniertes Krankenpflegepersonal vorgehalten, außerdem Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter und Fachtherapeuten. Sämtliche Mitarbeiter sind außerdem speziell in deeskalierendem Verhalten und Maßnahmen geschult. 5. Wurden die Vorgaben der Stellenpläne der Einrichtung für die betroffene Abteilung eingehalten? Ja. 6. Welche Vorkehrungen sind in der betroffenen Abteilung gegen Flucht von Gefangenen getroffen worden? In der betroffenen Abteilung werden keine Gefangenen untergebracht, siehe auch Antwort zu 1. und 2. Im Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie des Albertinen-Krankenhauses werden auf der geschlossen Station KE unter anderem psychisch Kranke nach § 12 HmbPsychKG beziehungsweise § 1906 BGB behandelt. Deshalb bestehen in diesem Bereich umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen wie zum Beispiel: Der Zugang zur Station ist durch eine Schleuse gesichert. Die Fenster der Station KE sind gesondert gesichert (bruchsichere Spezialverglasung , verstärkte Rahmen et cetera). Zugangstüren und Fenster der Station können nur durch befugte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Station geöffnet werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15726 3 Der für die Patientinnen und Patienten der Station KE frei zugängliche Garten ist durch eine Mauer beziehungsweise einen Zaun (Höhe circa 3,8 m) geschützt. Außerhalb der Regelarbeitszeit (in der Zeit zwischen 18.00 und 24.00 Uhr) ist ein Sicherheitsdienst auf der Station präsent. Die Station hält drei Isolierzimmer mit sogenannten Fixierbetten vor. Das Mobiliar der Station ist in den besonders sensiblen Bereichen mit dem Boden verschraubt. Neben der technischen Ausstattung gehören zum Sicherheitskonzept umfangreiche einschlägige Qualifizierungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wie zum Beispiel Deeskalationstraining, Supervision, Umgang mit Notsituationen. 7. Werden die Sicherheitsvorkehrungen aufgrund des Vorfalles zukünftig angepasst? Die Sicherheitsvorkehrungen der Station KE des Albertinen-Krankenhauses werden auf regelmäßig stattfindenden Besprechungen sowie gegebenenfalls anlassbezogen überprüft. Hinsichtlich des aktuellen Vorfalls wurde beschlossen, in kritischen Bereichen Kunststoffmöbel einzusetzen. 8. Bestehen wegen des Ausbruches Zweifel an der Eignung der Einrichtung ? Nein.