BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15738 21. Wahlperiode 18.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 10.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Ausbildung zum Imam – Wie ist die Situation in Hamburg? Nach dem Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und den Verbänden wie dem DITIB und der SCHURA fördert die Freie und Hansestadt Hamburg eine Ausbildungsstätte für islamische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Hamburg. Im Schwerpunkt soll dabei auf die Gewinnung von in Deutschland ausgebildeten schulischen Lehrkräften gezielt werden. Bereits im Jahr 2009 habe die Islamkonferenz beschlossen, dass die Moscheen „in erster Linie in Deutschland aufgewachsene und ausgebildete Menschen“ als Imame einstellen sollen. In der Praxis würde dieses Ziel verfehlt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die deutsche Rechtsordnung kennt weder eine Genehmigungs- noch eine Anzeigepflicht für Religionsgesellschaften, Gotteshäuser oder Geistliche. Daher verfügt die zuständige Behörde auch über keine statistischen Daten zu Herkunftsländern, Ausbildung oder Beschäftigungsverhältnissen von Imamen oder zur Finanzierung ihrer Tätigkeit. Es liegen jedoch allgemeine Erkenntnisse darüber vor, dass ein erheblicher Anteil der Imame im Ausland ausgebildet wurde. Dies gilt auch für die Imame im Verband DITIB, dessen Imame als türkische Staatsbedienstete vom türkischen Staat entlohnt werden. Der Vorsitzende von DITIB-Nord hat den Wunsch nach mehr in Deutschland ausgebildeten Imamen geäußert (vergleiche https://www.zeit.de/2017/11/ditib-hamburgspitzel -vorwuerfe-sedat-simsek/komplettansicht). Der Senat begrüßt auch aus integrationspolitischen Erwägungen entsprechende Initiativen, die darauf abzielen, mehr Imame in Deutschland auszubilden. Allerdings ist die Ausbildung von Geistlichen keine staatliche Aufgabe, sondern ist von den Religionsgemeinschaften in eigener Verantwortung durchzuführen. So ist beispielsweise in der evangelisch-lutherischen Kirche ein Vikariat vorgesehen, die katholische Kirche betreibt Priesterseminare. Insofern ist ein Theologiestudium an einer Universität nicht mit der Ausbildung zu einem Geistlichen gleichzusetzen. Religionsgemeinschaften entscheiden selbst, welche Anforderungen sie an die Ausbildung ihrer Geistlichen stellen und ob beispielsweise ein abgeschlossenes Studium der Theologie Voraussetzung für die Einstellung als Geistlicher ist. An der Universität Hamburg werden derzeit ein Bachelorstudiengang „Islamische Religion als Unterrichtsfach im Bachelor-Lehramtsstudium der Primar- und Sekundarstufe I“ sowie ein darauf aufbauender Masterstudiengang angeboten. Ebenso besteht ein „Graduiertenkolleg Islamische Theologie“. Eine statistische Auswertung über den weiteren beruflichen Werdegang der Absolventen liegt nicht vor. Auch ist ein Vollzeitstudium „Islamische Theolo- Drucksache 21/15738 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gie“ an der Universität Hamburg nicht eingerichtet. Möglichkeiten hierfür bestehen insbesondere an den vom Bund geförderten Schwerpunktzentren an der Universität Münster, der Universität Erlangen-Nürnberg, der Universität Frankfurt, der Universität Tübingen und der Universität Osnabrück. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Imame sind bisher am Standort Hamburg ausgebildet worden? a. Wie viele der Imame sind über ein Theologiestudium an einer Universität oder einer anderen Hamburger Einrichtung vorgebildet? b. Aus welchem Herkunftsland kommen diese Imame? c. Welche zuständige Stelle überprüft die Lehrinhalte? d. Wie erfolgt gegebenenfalls eine Zusammenarbeit mit den Vertragspartnern des Staatsvertrages von 2012 und anderer Einrichtungen? 2. Wie viele der in Deutschland ausgebildeten Imame sind tatsächlich in einer Moschee in Hamburg oder in einer anderen Moschee in Deutschland tätig (bitte insbesondere angeben, wie viele der Imame direkt eine Vorbildung aus einer Hamburger Einrichtung erhalten haben)? 3. Wie viele der theologischen Absolventen aus Hamburg sind nicht in einer Moschee als Imam, sondern in anderen Berufen tätig? a. Wie viele der Imame unterrichten Kinder und Jugendliche in welcher Einrichtung in Hamburg? b. Inwieweit tragen die in Hamburg ausgebildeten und theologisch vorgebildeten Imame zur Integration von ausländischen Personen bei? Siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele Imame in Hamburger Moscheen kommen aus dem Ausland beziehungsweise wie hoch ist der Anteil an Imamen in Hamburger Moscheen, die außerhalb Deutschlands ihre Ausbildung erhalten haben und auch aus dem Ausland kommen? a. Aus welchen Herkunftsländern kommen diese Imame und arbeiten in Hamburger Moscheen? b. Wie unterscheidet sich die Ausbildung der Imame, die zum Beispiel aus der Türkei oder dem Iran beziehungsweise aus anderen Ländern , nach Hamburg kommen? Bitte darstellen nach Land und Vermittlung islamischer Kenntnisse für das Berufsbild Imam. Die Imame von DITIB haben in der Regel religiöse Mittelschulen beziehungsweise religiöse Gymnasien in der Türkei absolviert. Seit etwa 2005 bemüht sich die Türkei, bevorzugt Imame zu entsenden, die auch ein Studium der Theologie an einer türkischen Hochschule abgeschlossen haben. Nach Eigenangaben von DITIB haben von den in Deutschland tätigen Imamen ihres Verbandes mittlerweile rund 70 Prozent ein vierjähriges Theologiestudium abgeschlossen (Stand: 2011). Die verbleibenden 30 Prozent wurden durch einen zweijährigen Aufbaustudiengang fortgebildet. 1 Prozent der Imame ist promoviert. Die Ausbildung der Imame aus anderen Ländern ist sehr heterogen, auswertbare Daten dazu liegen nicht vor. Ausgeübte Berufe werden im ausländerbehördlichen Fachverfahren nicht in auswertbarer Weise erfasst. Mit Stand 14. Januar 2019 sind 189 Personen im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz in Verbindung mit § 14 Absatz 1 Beschäftigungsverordnung. Diese Aufenthaltserlaubnis wird aus religiösen oder karitativen Zwecken erteilt und erfasst neben Tätigkeiten für eine Religionsgemeinschaft beispielsweise auch den Bundesfreiwilligendienst und das Freiwillige Soziale Jahr. Eine händische Auswertung der 189 Ausländerakten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15738 3 5. Hat die zuständige Stelle beziehungsweise Behörde Kenntnisse darüber, wie viele Moscheen des Verbandes DITIB und der SCHURA Imame aus dem Ausland beschäftigen und wie deren Bezahlung erfolgt? a. Wenn ja, welche Kenntnisse sind dies? b. Wie erfolgt eine Beobachtung dieser Imame durch den Verfassungsschutz beziehungsweise sonstige Überprüfungen und welche Erkenntnisse ergaben sich bisher? c. Gab beziehungsweise gibt es Anzeichen von Radikalisierung beziehungsweise Vorfälle, die rechtlich verfolgt werden? d. Wenn nein, warum nicht? 6. Hat die zuständige Stelle beziehungsweise Behörde Kenntnisse darüber, wie viele Moscheen anderer Verbände Imame aus dem Ausland beschäftigen und wie deren Bezahlung erfolgt? a. Wenn ja, welche Kenntnisse sind dies? b. Wie erfolgt eine Beobachtung dieser Imame durch den Verfassungsschutz beziehungsweise sonstige Überprüfungen und welche Erkenntnisse ergaben sich bisher? c. Gab beziehungsweise gibt es Anzeichen von Radikalisierung beziehungsweise Vorfälle, die rechtlich verfolgt werden? d. Wenn nein, warum nicht? Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg beobachtet keine Imame als solche. Darüber hinaus ist der Begriff „Imam“ im bundeseinheitlich geführten Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) kein feststehender Katalogwert. Für die Beantwortung der Fragestellungen wäre eine Durchsicht sämtlicher Hand- und Ermittlungsakten der Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt erforderlich. Die Auswertung mehrerer Tausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Auch im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaften Hamburg wird nicht erfasst, ob sich eine Straftat im Umfeld einer Moschee zugetragen hat oder von einem Imam begangen wurde. Die Beiziehung und händische Auswertung sämtlicher Ermittlungsakten – es handelt sich dabei jedenfalls um insgesamt mehr als 1 000 Ermittlungsakten je Aktenzeichenjahrgang aus dem Bereich der Generalstaatsanwaltschaft und der Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft – ist innerhalb der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Zu den sicherheitsgefährdenden und extremistischen Bestrebungen von Islamisten wird darüber hinaus auf den Verfassungsschutzbericht 2017 verwiesen (https://www.hamburg.de/contentblob/11448332/ ffb33a5af30a49a6547d5f5470477e85/data/vsb-2017-pressefassung.pdf). Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie die Antwort zu 4. bis 4. b.