BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15776 21. Wahlperiode 22.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 14.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Abschiebungen nach Afghanistan (XVII) Trotz der katastrophalen Sicherheitslage wurden am 04.12.2018 vom Flughafen Frankfurt und am 07.01.2019 vom Flughafen München Geflüchtete mit einer Chartermaschine nach Afghanistan abgeschoben. Nach Presseinformationen sollen am 04.10.2018 14 Personen und am 07.01.2019 36 Personen abgeschoben worden seien. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) hatte jüngst in seinem Bericht von Anfang September die erhebliche Gefährdungslage in Afghanistan dargelegt. Trotzdem führt auch Hamburg nach wie vor Abschiebungen nach Afghanistan durch. Insgesamt haben bereits 20 Sammelabschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan stattgefunden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Personen hatte die zuständige Behörde für die jeweilige Sammelabschiebung vorgesehen? Bitte aufschlüsseln nach den jeweiligen Terminen. Für die Maßnahme am 4. Dezember 2018 war eine Person vorgesehen, für die Maßnahme am 7. Januar 2019 keine. 2. In wie vielen Fällen wurde die Abschiebung verhindert a. aufgrund einer Eingabe, b. aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, c. aus anderen Gründen (bitte darlegen)? Bitte aufschlüsseln nach dem jeweiligen Termin der Abschiebung. In keinem Fall. 3. Nach welchen Kriterien hat die Ausländerbehörde die Personen ausgewählt , die abgeschoben werden sollten beziehungsweise abgeschoben wurden? Bitte detailliert und nach dem jeweiligen Termin aufgeschlüsselt darstellen. Siehe Drs. 21/10786. 4. Bitte machen Sie zu den abgeschobenen Personen die folgenden Angaben , aufgeschlüsselt nach Personen und dem jeweiligen Datum der Abschiebung: a. Geschlecht, Die Person ist männlich. b. Alter, Drucksache 21/15776 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Person ist 26 Jahre alt. c. Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Abschiebung, Die Person hielt sich seit sechs Jahren in Deutschland auf. d. Zeiträume, für die der Personen ein Aufenthaltstitel erteilt war und einschlägige Vorschrift des Aufenthaltsgesetz, Die Person war nie im Besitz eines Aufenthaltstitels. e. Datum eines etwaigen Asylantrages und Daten etwaiger Folgeanträge . Ein Asylantrag wurde am 8. Februar 2012 gestellt. f. War im Zeitpunkt der Abschiebung über einen Folgeantrag noch nicht bestandskräftig entschieden? Nein. g. rechtskräftige Verurteilungen der jeweiligen Person zu Straftaten (mit Angabe der einschlägigen Strafvorschrift, der Art der Strafe, des Tatzeitpunktes und des Strafmaßes). Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige Ermittlungsverfahren mitzuteilen, die durch einen Freispruch oder eine Einstellung beendet worden sind. Dasselbe gilt für Ermittlungsverfahren, die zu einem Abschluss geführt haben, der entweder nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen ist. h. Wurde die Person aus der Strafhaft heraus abgeschoben? Ja. i. Wurde zur Sicherung der Abschiebung Sicherungshaft/Abschiebungshaft beziehungsweise Ausreisegewahrsam angeordnet? Nein. j. Wurde ein etwaiger Antrag auf richterliche Anordnung von Sicherungshaft beziehungsweise Ausreisegewahrsam vor Festnahme der Person gestellt? Nein. k. Waren der Ausländerbehörde im Zeitpunkt der Abschiebung aktuelle Erkrankungen bekannt? Bitte auch Erkrankungen angeben, die nicht zu einer Flugreiseuntauglichkeit geführt haben. Nein. l. Gehört die Person einer ethnischen oder religiösen Minderheit an, die in Afghanistan bedroht, geächtet, diskriminiert beziehungsweise verfolgt werden? Bitte detailliert darstellen nach religiösen und ethnischen Minderheiten beziehungsweise Minderheiten sexuellen Orientierung . Der zuständigen Behörde liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. m. Wie viele der tatsächlich abgeschobenen beziehungsweise zur Abschiebung vorgesehenen, aber nicht abgeschobenen Personen sind Mitglieder einer Familie, die aus mehreren Schutzsuchenden besteht? Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass sich Familienmitglieder in Deutschland aufhalten . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15776 3 5. Bitte machen Sie zu dem Personenkreis der für die Flüge ursprünglich vorgesehen, aber dann nicht abgeschobenen Personen die Angaben wie in 4. a. bis m., aufgeschlüsselt nach Personen. Sofern aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine Angaben gemacht werden können, bitte anonymisiert oder in Personenzahlen darstellen. Entfällt. 6. Wie viele Afghaninnen und Afghanen sind seit September 2018 jeweils freiwillig nach Afghanistan ausgereist? Wie viele davon sind Kinder? Seit September 2018 sind nach Kenntnis der zuständigen Behörde zwei erwachsene Personen freiwillig nach Afghanistan ausgereist. 7. Wie viele Plätze werden Hamburg bei der nächsten Sammelabschiebung „zur Verfügung gestellt“ beziehungsweise will der Senat in Anspruch nehmen? a. Für wann ist dieser terminiert? Die Planungen sind diesbezüglich noch nicht abgeschlossen. 8. Wie viele Straftäterinnen und Straftäter mit afghanischer Staatsangehörigkeit befinden sich derzeit in hamburgischen Haftanstalten? a. Wie hoch ist die jeweilige Reststrafe? Es befinden sich zum Stichtag 15. Januar 2019 40 afghanische Staatsangehörige in Strafhaft und 23 afghanische Staatsangehörige in Untersuchungshaft. Die Angaben zu den jeweiligen Reststrafen sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Lfd. Nr. Reststrafe 1 3 Monate 27 Tage 2 1 Jahr 5 Monate 13 Tage 3 8 Monate 26 Tage 4 11 Monate 6 Tage 5 1 Jahr 1 Monat 3 Tage 6 1 Monat 21 Tage 7 2 Monate 15 Tage 8 2 Jahre 8 Monate 23 Tage 9 6 Monate 1 Tag 10 1 Jahr 1 Monat 8 Tage 11 28 Tage 12 28 Tage 13 Lebenslänglich 14 1 Jahr 6 Monate 4 Tage 15 8 Jahre 16 Tage 16 3 Jahre 11 Monate 26 Tage 17 1 Monat 16 Tage 18 6 Jahre 1 Monat 24 Tage 19 1 Jahr 3 Monate 24 Tage 20 2 Jahre 5 Monate 14 Tage 21 7 Jahre 1 Monat 29 Tage 22 5 Jahre 2 Monate 5 Tage 23 4 Jahre 5 Monate 6 Tage 24 6 Jahre 3 Monate 20 Tage 25 Lebenslänglich 26 Lebenslänglich 27 2 Jahre 8 Monate 8 Tage 28 3 Jahre 2 Monate 1 Tag 29 3 Jahre 11 Monate 7 Tage 30 6 Jahre 1 Monat 28 Tage 31 3 Monate 18 Tage 32 2 Jahre 2 Monate 12 Tage Drucksache 21/15776 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Lfd. Nr. Reststrafe 33 1 Jahr 1 Monat 2 Tage 34 11 Monate 30 Tage 35 1 Jahr 2 Monate 29 Tage 36 1 Jahr 6 Monate 27 Tage 37 2 Jahre 4 Monate 8 Tage 38 3 Jahre 11 Monate 7 Tage 39 2 Monate 3 Tage 40 1 Jahr 1 Monat 11 Tage b. Sollen beziehungsweise ab wann können sie abgeschoben werden? Siehe Drs. 21/10786. 9. Nach Medienberichten wurde einem der abgeschobenen Menschen die Einreise nach Afghanistan verwehrt und er wurde nach Deutschland zurückgeflogen. Als Gründe für die verweigerte Einreise wurden angegeben , dass die afghanischen Behörden an der Staatsangehörigkeit gezweifelt hätten und zudem medizinische Gründe gegen die Einreise gesprochen hätten. Nach Angaben des afghanischen Flüchtlingsministeriums , leide der Mann „an einer psychischen Erkrankung und sei im Einklang mit einem entsprechenden Abkommen beider Staaten zurückgebracht worden.“1 Durch deutsche Behörden war ihm zuvor die Abschiebetauglichkeit bescheinigt worden. Auch aus Hamburg wurden in der Vergangenheit Menschen mit psychischen Erkrankungen nach Afghanistan abgeschoben, denen eine Reisefähigkeit bescheinigt worden war. Nimmt der Senat diesen Vorfall zum Anlass, die derzeitige Praxis der medizinischen Untersuchung auf Abschiebetauglichkeit und deren Maßstäbe zu überprüfen? Nein, siehe im Übrigen Drs. 21/13787. 1 https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/identitaet-nicht-anerkannt-abschiebung-nachafghanistan -scheitert-15981956.html.