BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15812 21. Wahlperiode 22.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Kreuzmann und Richard Seelmaecker (CDU) vom 15.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Der Marienthaler THC steht vor dem Aus – Wie konnte es zu der brenzligen Situation und zu der Kündigung durch das Bezirksamt Hamburg- Mitte kommen? Der im Jahr 1900 gegründete Marienthaler Tennis und Hockey Club e.V. (MTHC) ist mit seinen 800 Mitgliedern, 14 Tennisplätzen und drei Hockeyfeldern eine in Marienthal und Horn nicht wegzudenkende Institution. Nach 119 Jahren droht dem Verein nun aber das Aus. Im Dezember 2018 wurde vonseiten der Stadt urplötzlich ausgerechnet der Pachtvertrag für jenes 30 000 m2 umfassende Gelände gekündigt, auf dem sich die Hockeyplätze befinden. Grund für die Kündigung ist die Nutzung der Fläche als Lager für den Erdaushub im Rahmen eines Projektes der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN). Ein Wegfall der Hockeyplätze käme dem Ende des MTHC gleich. Aufgedeckt wurde dieser skandalöse Vorgang erst durch das unermüdliche Engagement von Akteuren des Vereins, eine gegen die Kündigung des Pachtvertrags gestartete Onlinepetition1 sowie begleitende Presseberichterstattung .2 Weder im Senat beziehungsweise in den zuständigen Behörden, im Bezirksamt Hamburg-Mitte noch bei der HOCHBAHN scheinen vorher irgendwelche Alarmglocken hinsichtlich der brisanten Situation für den MTHC geläutet zu haben. Sportpolitisch ist dies umso unverständlicher, als dass mit der parteiübergreifend getragenen Dekadenstrategie „HAMBURGmachtSPORT“ aus dem Jahr 2012 (Drs. 20/2948) unter anderem folgendes Bekenntnis abgegeben wurde: „Eine rechtliche Absicherung des Sportflächenbestands wird erarbeitet, um Sport- und Bewegungsflächen im Bestand zu sichern, den Wegfall von Flächen quartiersbezogen zu kompensieren und deren Neubau im Rahmen von Wohnungsbau qualitativ und quantitativ zu garantieren.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Das zuständige Bezirksamt und die Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) haben bereits am 03.11.2017 dem Marienthaler Tennis und Hockey Club e.V. (MTHC) die Planung für die Verlängerung der U4 auf die Horner Geest vorgestellt und den Flä- 1 https://weact.campact.de/petitions/rettet-den-mthc, letzter Zugriff: 15.01.2019. 2 https://www.abendblatt.de/hamburg/article216192549/Sportstadt-Hamburg-die-Problemeder -Clubs.html, letzter Zugriff: 15.01.2019. Drucksache 21/15812 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 chenbedarf erläutert. Dabei wurde der Verein auch über die Auswirkungen der Bautätigkeit auf den Vereinsbetrieb informiert. In der von der Bürgerschaft im vergangenen Sommer beschlossenen Drucksache „Stadtraum Horner Geest – Zukunftsbild 2030“ (Drs. 21/13680) heißt es zum Thema Wohnungsbau unter anderem: „Das Potenzial kann zum größten Teil durch eine städtebauliche Weiterentwicklung der Wohnungsbestände aus den 1950er bis 1960er Jahren sowie ergänzend durch den Neubau auf Sportflächen östlich der Horner Rennbahn aktiviert werden.“ Das Vereinsgelände des MTHC unterteilt sich in eine nördliche und südliche Teilfläche (siehe Anlage). Mit Mietvertrag vom 23./29.05.1954 und mit Nachschrift vom 21.03.1961 wurde dem MTHC die Nutzung der Gesamtfläche „Bei den Tennisplätzen“ (nördliche und südliche Teilfläche) gestattet. Der Mietvertrag war befristet bis zum 30.09.1984. Für die nördliche Teilfläche wurde am 06.02.1980 ein neuer Überlassungsvertrag geschlossen, der den ursprünglichen Mietvertrag ersetzte. Hinsichtlich der südlichen Teilfläche sollte der ursprüngliche Mietvertrag jedoch weiterhin Bestand haben. Nach Ablauf der Befristung am 30.09.1984 wurde dem MTHC mit Schreiben vom 15.04.1985 weiterhin die kostenfreie Nutzung der südlichen Teilfläche gestattet. Auf der nördlichen Teilfläche befinden sich das Vereinshaus, elf Ascheplätze, drei Bambini-Plätze, zwei Hallenplätze in der MTHC-Halle, fünf Hallenplätze in der HTV- Halle (Tennis), die Hockeyhalle und der Kleinfeldhockeyplatz. Auf der südlichen Fläche befinden sich ein Kunstrasenplatz und eine reine Naturrasenfläche. Für die geplante Verlängerung der U4 im Bereich der Horner Geest stellt der zuständige Bezirk temporär mehrere Flächen als Baustelleneinrichtung zur Verfügung. Hiervon ist eine circa 12 000 m² große, vereinsseitig genutzte Naturrasenfläche (circa die Hälfte der südlichen Teilfläche des MTHC) betroffen, die für die Umsetzung der Baumaßnahmen im Bereich der Horner Rennbahn von zentraler Bedeutung ist. Die Fläche entspricht etwa einem Fünftel der vom Verein genutzten Gesamtfläche und umfasst lediglich Naturrasenflächen, aber keine Kunstrasenfelder. Im Vorfeld der ausgesprochenen Kündigung der südlichen Teilfläche hat das Bezirksamt mit dem MTHC mehrere Gespräche geführt und Ausweichflächen angeboten. Am 17.01.2019 fand ein weiteres Gespräch zwischen dem zuständigen Bezirksamt und dem MTHC statt, mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu ermöglichen. Die Parteien haben sich dabei darauf verständigt, dass dem MTHC temporäre Ersatzflächen für die Naturrasenfläche angeboten werden. Darüber hinaus wird die Kunstrasenfläche auf der südlichen Teilfläche dem MTHC weiter zur Verfügung gestellt. Nach derzeitiger Einschätzung ist durch die Kündigung der Fläche nicht mit negativen Auswirkungen auf den Spielbetrieb zu rechnen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (Hochbahn) wie folgt: 1. Welche Fläche in Quadratmeter umfasst das gesamte Gelände des MTHC an der Straße „Bei den Tennisplätzen“? Das gesamte Gelände des MTHC an der Straße „Bei den Tennisplätzen“ umfasst 57 000 m². 2. Welche Teilflächen für welche unterschiedlichen Nutzungen sind auf dem Gelände vorhanden? Siehe Vorbemerkung. 3. Welche Teilflächen sind jeweils seit wann an wen verpachtet? Siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15812 3 4. Welche davon wurden dem Sportverein gekündigt beziehungsweise welche Teilflächen werden als Lagerfläche für Erdaushub im Rahmen eines Projektes der HOCHBAHN gebraucht? Und wie groß sind diese Flächen genau? Siehe Vorbemerkung. 5. Um was für ein HOCHBAHN-Projekt handelt es sich genau? Die HOCHBAHN plant den Ausbau der bestehenden U-Bahn-Linie 4 (U4) auf die Horner Geest. 6. Welche Stellen im Senat beziehungsweise in den zuständigen Behörden und/oder im zuständigen Bezirksamt und/oder bei der HOCHBAHN waren seit wann mit der Findung von geeigneten Flächen zur Lagerung des Erdaushubs befasst? Das zuständige Bezirksamt ist seit Januar 2017 in der Frage nach geeigneten Flächen befasst. Seit September des Jahres 2017 sind weitere Behörden und öffentliche Unternehmen mit der Findung von geeigneten Flächen zur Lagerung des Erdaushubs befasst, im Einzelnen: Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Behörde für Umwelt und Energie sowie die HOCHBAHN. 7. Welche Stellen im Senat beziehungsweise in den zuständigen Behörden und/oder im zuständigen Bezirksamt und/oder bei der HOCHBAHN haben wann und aus welchen Gründen entschieden, dass die besagte, bisher vom MTHC genutzte Fläche zukünftig als Lager für den Erdaushub genutzt werden soll? Da nach langer Suche seitens des zuständigen Bezirksamtes und der BWVI/HOCH- BAHN keine andere geeignete Baustellenfläche ermittelt werden konnte, wurde am 21.12.2018 die Kündigung für die Nutzung der südlichen Teilfläche mit Wirkung zum 31.03.2019 durch das Bezirksamt Hamburg-Mitte ausgesprochen. 8. Welche weiteren Flächen wurden diesbezüglich hinsichtlich der Eignung als Lagerflächen geprüft, dann jedoch aus welchen konkreten Gründen verworfen? Es wurden alle Freiflächen im direkten Umfeld der Baustelle geprüft. Zudem wurden 17 Flächen in einem Umkreis von bis zu 2,5 km von der Baustelle geprüft. Keine der Flächen entsprach den erforderlichen Anforderungen bezogen auf die verkehrliche Erschließung, die Beeinträchtigung angrenzender Nutzung beziehungsweise den Anforderungen an den Biotop-/Arten- und Wasserschutz. 9. Wann genau und zu wann genau hat das Bezirksamt Hamburg-Mitte den Pachtvertrag für die anderweitig zu nutzende Fläche gekündigt? Siehe Antwort zu 7. 10. Wann, durch wen und auf welchem Wege wurden die Vereinsverantwortlichen über die Kündigung des Pachtvertrages erstmalig informiert? Das zuständige Bezirksamt hat den MTHC am 09.01.2018 erstmalig über eine mögliche Kündigung der fraglichen Teilfläche informiert. 11. Wie passt diese Flächenumnutzung mit dem Ziel 1 der Dekadenstrategie zusammen? Die temporäre Flächenumnutzung ist mit der Strategie „Hamburg macht Sport“ (https://www.hamburg.de/contentblob/5924192/7b238ce5fd6ba7fb4487a33aa05eec4d /data/2016-04-29-dl-dekadenstrategie.pdf.) vereinbar, weil die beteiligten Dienststellen um Ausweichlösungen bemüht sind. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. 12. Gibt es alternative Sportflächen, die der Verein zukünftig nutzen kann, wenn die besagten gepachteten Flächen wegfallen? Siehe Vorbemerkung. Bild: © FHH LGV Drucksache 21/15812 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 15812ska_Text_Farbe 15812ska_Anlage