BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15833 21. Wahlperiode 22.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 16.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Hiobsbotschaften aus der HELIOS Mariahilf Klinik in Harburg – Wie ist es dort wirklich um die Geburtshilfe bestellt? Die HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg hat im Raum Süderelbe eine Monopolstellung in Sachen Geburtshilfe: Während Schwangere aus Harburg früher noch wählen konnten, wo sie entbinden, ob im Mariahilf oder in der jetzigen Asklepios Klinik Harburg, gibt es heute nur noch außerhalb des Bezirks Alternativen. Im vergangenen Jahr erfolgten dadurch in der HELIOS Mariahilf Klinik mehr als 2 000 Geburten. Doch laut Presseberichten brodelt es auf der Geburtshilfe-Station der HELIOS Mariahilf Klinik. Eine Chefärztin und mehrere Oberärzte haben demnach Ende 2018 schriftlich auf einen Schlag gekündigt und begründen den Schritt laut medialer Darstellung mit den „derzeit existierenden Rahmenbedingungen“, unter denen sie ihren Ansprüchen an die medizinische Versorgung, patientenfreundliche Organisationsstrukturen und den Umgang mit Mitarbeitern nicht mehr gerecht werden könnten.1 Die Rede ist von massiven Konflikten und hohem Druck auf die Mitarbeiter. Außerdem sei das Verhältnis zu den Babylotsen stark belastet, sie könnten ihre aufsuchende Tätigkeit in den Wöchnerinnen-Zimmern nicht mehr ausüben und seien darauf angewiesen, dass sie von unterstützungsbedürftigen Frauen selbst im Büro aufgesucht würden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg wie folgt: 1. Wie viel Personal ist auf der Geburtshilfe-Station sowie der Neugeborenen -Station der HELIOS Mariahilf Klinik angestellt? Bitte differenziert darstellen nach leitenden und nicht leitenden Ärzten, Hebammen, Entbindungspflegern , Stillberaterinnen, Kinderärzten, Anästhesisten et cetera und für die Jahre 2014 bis dato jährlich aufschlüsseln. Nach Angaben der HELIOS Mariahilf Klinik Hebammen Anzahl Vollkräfte (VK) Hebammen Anzahl Mitarbeiter/-innen/Köpfe 2016 15,3 28 2017 17,5 30 2018 18,2 33 Ende 2016 haben in der Gynäkologie/Geburtshilfe 21 Ärztinnen und Ärzte im Rahmen von 15,7 VK gearbeitet. Im Jahr 2017 stieg die Zahl auf 29 Ärztinnen und Ärzte und 1 https://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article216199341/Mariahilf-Aerzte-klagenueber -Umgang-mit-Mitarbeitern.html, letzter Zugriff: 16.01.2019. Drucksache 21/15833 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 entsprechende 21,8 VK, in Jahr 2018 hat das Krankenhaus die ärztlichen Stellen auf 22,8 VK und entsprechende 34 Ärztinnen und Ärzte erhöht. 2. Auf der Internetseite der HELIOS Mariahilf Klinik steht, dass die Klinik eine persönliche Betreuung „durch eine Hebamme für jede werdende Mutter unter der Geburt“ anstrebt. Wie hat sich das Pro-Kopf-Verhältnis Geburten-Hebammen-Ärzte seit 2014 entwickelt? Bitte jährlich bis dato darstellen und differenziert nach Tag- und Nachtschicht angeben. Das Krankenhaus hat dargelegt, dass dieses Ziel nicht nur angestrebt, sondern auch gewährleistet wird, da für jede Frau eine Hebamme pro Schicht verantwortlich ist. Alle komplikationslosen Geburten werden von einer Hebamme geleitet. Erst zur eigentlichen Geburt – also meist in den letzten drei Minuten einer Entbindung – kommt der Arzt/die Ärztin hinzu. Dies dient der Sicherstellung des in Deutschland verpflichtenden Vier-Augen-Prinzips. Ergänzend ermöglicht das Krankenhaus Beleghebammen, also freiberuflichen Hebammen , ihre Frauen im Kreißsaal in einer 1:1 Betreuung durch die Geburt zu begleiten . 2016 kamen 115,82 Geburten auf eine Hebammen-VK. Im Jahr 2017 waren es 123,47 pro VK. Auf die gestiegene Belastung wurde 2018 durch Neueinstellungen reagiert: 2018 kamen 112,91 Geburten auf eine VK. 2016 kamen 113 Geburten auf eine Ärzte-VK. Im Jahr 2017 waren es 96,3 pro VK. 2018 kamen 90,1 Geburten auf eine VK. 3. Wie viele personelle Wechsel gab es in den vergangenen Jahren auf der geburtshilflichen und der Neugeborenen-Station der HELIOS Mariahilf Klinik? Bitte jährlich auflisten für die Jahre 2014 bis dato. Nach Angaben des Krankenhauses haben in 2017 fünf Hebammen das Krankenhaus verlassen, die insgesamt 1,6 VK innehatten. Im Jahr 2018 waren es drei Hebammen mit insgesamt 1,75 VK. Im Jahr 2017 haben keine Ärztinnen und Ärzte die Abteilung verlassen. 2018 waren es zwei, die gemeinsam 1,7 VK innehatten. Den Austritten stehen jeweils entsprechende Eintritte gegenüber. 4. Wie bewertet die zuständige Behörde die personellen Wechsel auf der geburtshilflichen und Neugeborenen-Station der HELIOS Mariahilf Klinik ? Sind sie im Vergleich zu anderen Hamburger Krankenhäusern außergewöhnlich? Wenn ja, inwiefern und welche Gründe sieht die zuständige Behörde hierfür? Aus Sicht der zuständigen Behörde sind derartige personelle Wechsel nicht ungewöhnlich . Die zuständige Behörde steht im engen Kontakt zur Geschäftsführung der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg. Die zuständige Behörde geht davon aus, dass die geburtshilfliche Versorgung im Süderelberaum auch weiterhin sichergestellt werden kann. 5. Sind die medizinische Versorgung auf der geburtshilflichen Station und die Beratung zum Beispiel in Bezug auf Stillen auf der Neugeborenen- Station der HELIOS Mariahilf Klinik angesichts der personellen Wechsel gefährdet? Das Krankenhaus hat dargelegt, dass die Versorgung nicht gefährdet sei. Die Geburtshilfe werde mit einem zum Teil neuen Ärzteteam fortgesetzt. 6. Zu wann ist mit einer Neubesetzung der vakanten Stellen auf der geburtshilflichen und der Neugeborenen-Station zu rechnen? Das Krankenhaus ist zuversichtlich, die frei werdenden Stellen kurzfristig und lückenlos neu zu besetzen. Durch die hohen Geburtenzahlen und die Gewichtung des Fachbereichs sei die Klinik ein attraktiver Standort für ärztliches Personal und Hebammen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15833 3 7. Wie stellt sich die Zusammenarbeit von Babylotsen und Angestellten der HELIOS Mariahilf Klinik in Harburg dar? Können Babylotsen ihre aufsuchende Tätigkeit auf der Neugeborenen-Station der HELIOS Mariahilf Klinik ausüben? Wenn nein, worin ist ihre ausübende Tätigkeit eingeschränkt und warum? Im Zuge von Umstrukturierungen in der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg gibt es Anpassungen und Umstellungen, zu denen es Gespräche des Bezirksamtes mit der Klinik gibt, um den aufsuchenden Charakter der Tätigkeit auch weiterhin sicherzustellen . Das Krankenhaus hat ausgeführt, dass es sich über eine enge und aktive Zusammenarbeit mit den Babylotsen freut. Die Arbeit der Babylotsen ist ein wichtiger Service für die Frauen auf der Geburtenstation und die Familien der Region. Das Krankenhaus habe die Babylotsen mit einem eigenen Büro auf der Geburtenstation willkommen geheißen und unterstütze diese beim Erstkontakt mit den Frauen. Nach der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung sollen die Frauen im besten Fall selbst auf die Babylotsen zugehen. Die Pflegekräfte unterstützen den Erstkontakt aber gern. Nach Abstimmung mit den Frauen sind dann natürlich auch Gespräche im Patientenzimmer möglich. Das Krankenhaus wünscht sich explizit eine enge Zusammenarbeit von Babylotsen und Pflegekräften. 8. Wie hat sich in den Jahren seit 2014 die Kaiserschnitt-Quote an der HELIOS Mariahilf Klinik entwickelt? Bitte jahresweise aufschlüsseln. HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg 2015 2016 2017 2018 Geburten 1 726 1 774 2 099 2 055 Kinder 1 752 1 808 2 130 2 087 Sectio 464 535 643 524 Rate Sectio/Kinder 26 % 30 % 30 % 25 % Das Krankenhaus hat dargelegt, dass es in den Jahren 2016 und 2017 einen Anstieg der Kaiserschnittrate von 26 Prozent auf 30 beziehungsweise 31 Prozent gab. Diese konnte durch chefärztliche Intervention im Jahr 2018 auf 25 Prozent gesenkt werden. Damit ist das Krankenhaus nun auf einem ähnlichen Level wie vor der Neuordnung der Geburtenversorgung.