BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15910 21. Wahlperiode 29.01.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein und Carl-Edgar Jarchow (FDP) vom 21.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Gemeinsame Ermittlungs- und Rückführungsgruppe ausländischer Straftäter (GERAS) – Nachfragen Die eingerichtete Gemeinsame Ermittlungs- und Rückführungsgruppe ausländischer Straftäter (GERAS) setzt sich zusammen aus 2,7 VZÄ des Landeskriminalamtes (LKA) 165 (Ausländerdelikte) und zwei Mitarbeitern (2,00 VZÄ) der Abteilung für Ausländerangelegenheiten des Einwohner-Zentralamts . Im Blickpunkt von GERAS stehen Straftäter, die aufgrund der von ihnen begangenen Straftaten verurteilt wurden oder eine Verurteilung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten haben. Zusätzliches Kriterium ist, dass durch die Rückführung weitere Straftaten vermieden werden können. Seit der Einrichtung der GERAS im Jahr 2016 wurden 314 Fälle bearbeitet, davon wurden 101 Fälle abgeschlossen, in 98 Fällen ist die Aufenthaltsbeendigung erfolgt und 79 Personen wurden abgeschoben. Die Antworten des Senats in der Drs. 21/15748 geben Anlass zu weiteren Fragen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wer entscheidet, ob die GERAS einen Fall übernimmt? Nach welchen Kriterien wird entschieden, ob die GERAS einen Fall zugewiesen bekommt? Ist das Strafmaß oder der Deliktstyp der begangenen Straftat relevant für die Bearbeitungszuständigkeit der GERAS? Bitte näher ausführen . Die Polizei und die Ausländerabteilung des Einwohner-Zentralamtes entscheiden nach definierten Auswahlkriterien in gemeinsamen Fallkonferenzen nach der Identifizierung einer Person über die Fallübernahme durch die gemeinsame Ermittlungs- und Rückführungsgruppe ausländischer Straftäter (GERAS). Zu den Kriterien gehören die Schwere und die Anzahl begangener Straftaten, bisherige Verurteilungen und die Aussicht auf Aufnahme der Person durch den Herkunftsstaat. 2. In 2016 wurden 39 Fälle bearbeitet, neun abgeschlossen und neun Aufenthaltsbeendigungen bewirkt. Wie viele der verbleibenden 30 Fälle konnten in 2017 oder später abgeschlossen werden und endeten mit einer Aufenthaltsbeendigung? In 14 der durch die GERAS im Jahr 2016 in Bearbeitung genommenen Fällen konnten im Jahr 2017 und in zwei weiteren im Jahr 2018 Aufenthaltsbeendigungen durch Rückführungen erreicht werden. a. Wo halten sich die Personen aktuell auf, deren Fälle nicht abgeschlossen sind? Valide Daten im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wird die Wohnanschrift der Personen bei der GERAS nicht erfasst und nur Drucksache 21/15910 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 jeweils anlassbezogen anhand einer Einwohnermeldedatenabfrage ermittelt. Im Übrigen müssen Personen auch ohne Angabe eines Aufenthaltsortes aus dem polizeilichen oder ausländerbehördlichen Gewahrsam entlassen werden, wenn die Voraussetzungen für den Gewahrsam nicht mehr gegeben sind. b. Welche konkreten Gründe liegen für den Nichtabschluss der Fälle vor? Bitte tabellarisch darstellen. c. Wie viele dieser Fälle werden voraussichtlich nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung führen? Warum nicht? Wegen welcher Straftat und mit welchem Strafmaß wurden diese Täter verurteilt? Wie viele dieser Täter sind wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beziehungsweise gegen das Leben beziehungsweise gegen die körperliche Unversehrtheit verurteilt worden? Daten im Sinne der Fragestellung werden bei der GERAS nicht statistisch auswertbar erfasst. Für die Beantwortung wäre eine Durchsicht aller Hand- und Ermittlungsakten zu den von der GERAS bearbeiteten Fällen erforderlich. Die Auswertung von über 300 Akten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Grundsätzlich ist hier, wie in anderen Rückführungsfällen , ein häufiger Grund, dass die Identität und/oder die Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen werden kann oder die Person untertaucht. Diese Probleme sind trotz der intensiven Arbeit von der GERAS nicht immer auflösbar. Hinsichtlich der Verurteilungen müssten die Ergebnisse der vorgenannten Auswertung einzeln durch das Vorgangs- und Verwaltungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft ausgewertet und anschließend die Mitteilungsfähigkeit gegebenenfalls vorhandener Eintragungen im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes geprüft werden. Auch dies ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. In 2017 wurden 156 Fälle bearbeitet, 55 abgeschlossen und 54 Aufenthaltsbeendigungen bewirkt. Wie viele der verbleibenden 101 Fälle konnten in 2018 abgeschlossen werden und endeten mit einer Aufenthaltsbeendigung ? In 21 im Jahr 2017 in Bearbeitung genommenen Fällen konnten im Jahr 2018 Aufenthaltsbeendigungen durch Rückführungen erreicht werden. Zu berücksichtigen ist, dass im Jahr 2017 durch die GERAS 156 Fälle in Bearbeitung genommen wurden. Bearbeitet wurden in diesem Zeitraum jedoch auch die nicht abgeschlossenen Fälle aus dem Jahr 2016, sodass mehr als die genannten 101 Fälle auch im Jahr 2017 nicht abgeschlossen werden konnten. a. Wo halten sich die Personen aktuell auf, deren Fälle nicht abgeschlossen sind? b. Welche konkreten Gründe liegen für den Nichtabschluss der Fälle vor? c. Wie viele dieser Fälle werden voraussichtlich nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung führen? Warum nicht? Wegen welcher Straftat und mit welchem Strafmaß wurden diese Täter verurteilt? Wie viele dieser Täter sind wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beziehungsweise gegen das Leben beziehungsweise gegen die körperliche Unversehrtheit verurteilt worden? Siehe Antworten zu 2. a. sowie 2. b. und c. 4. In 2018 wurden 119 Fälle bearbeitet, 37 abgeschlossen und 35 Aufenthaltsbeendigungen bewirkt. Wie viele der verbleibenden 82 Fälle können voraussichtlich in 2019 abgeschlossen werden? Prognosen lassen sich aufgrund der nicht vorhersehbaren tatsächlichen Hindernisse, die einem erfolgreichen Abschluss eines Falles entgegenstehen könnten, nicht treffen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15910 3 a. Wo halten sich die Personen aktuell auf, deren Fälle nicht abgeschlossen sind? b. Welche konkreten Gründe liegen für den Nichtabschluss der Fälle vor? c. Wie viele dieser Fälle werden voraussichtlich nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung führen? Warum nicht? Wegen welcher Straftat und mit welchem Strafmaß wurden diese Täter verurteilt? Wie viele dieser Täter sind wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beziehungsweise gegen das Leben beziehungsweise gegen die körperliche Unversehrtheit verurteilt worden? Siehe Antworten zu 2. a. sowie 2. b. und c. 5. Welche Maßnahmen sind aus Sicht des Senats dringend geboten, damit die GERAS in Hamburg die Aufenthaltsbeendigung von noch mehr ausländischen Straftätern bewirkt? Die Rückführung ausländischer Straftäter hat eine hohe Priorität. Sowohl die Ausländerbehörde als auch die GERAS nutzen bei der Rückführung ausländischer Straftäter die gesetzlichen, und in diesem Rahmen die tatsächlichen Möglichkeiten und entwickeln dabei die praktischen und taktischen Ansätze kontinuierlich anhand der Erkenntnisse fort. 6. In 98 Fällen, die GERAS abgeschlossen hat, ist eine Aufenthaltsbeendigung erfolgt, allerdings wurden davon nur 79 abgeschoben. Auf welche Weise erfolgte die Aufenthaltsbeendigung der übrigen 19 Personen? Von den übrigen 19 Personen sind acht nachgewiesen freiwillig ausgereist, bei drei weiteren liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass diese freiwillig das Land verlassen haben. In den restlichen Fällen sind die Ermittlungen zum abschließenden Verbleib der Personen noch nicht abgeschlossen beziehungsweise konnten in der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden oder es wurden Doppelerfassungen festgestellt. 7. Von den 79 Abschiebungen erfolgten 31 in sichere Herkunftsländer (Albanien , Kosovo, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Ghana) und 27 nach Marokko, Algerien und Tunesien. Wie unterscheidet sich die Fallbearbeitung bei Abschiebungen in sichere Herkunftsländer und in andere Staaten? 8. Welche Vorteile ergeben sich für die Sachbearbeitung, wenn Straftäter in sichere Herkunftsländer abgeschoben werden sollen? Bitte ausführlich beantworten (beispielsweise im Hinblick auf Bearbeitungszeit, Zusammenarbeit mit Bundesbehörden, Zusammenarbeit mit den Landesvertretungen ). Bei allen Rückführungsmaßnahmen müssen die jeweiligen zielstaatsbezogenen Voraussetzungen sowie individuellen Umstände des Einzelfalles der Vorbereitung und Durchsetzung des Vollzugs gleichermaßen beachtet werden. Grundsätzliche Unterschiede in der Fallbearbeitung ergeben sich somit nicht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge führt die Asylverfahren von Personen aus den sicheren Herkunftsstaaten in der Regel im beschleunigten Verfahren (§ 30a Asylgesetz (AsylG)) durch und lehnt diese in der Rechtsfolge gemäß § 29a AsylG überwiegend als offensichtlich unbegründet ab. Dies hat zur Folge, dass die Ausreisepflicht schneller hergestellt werden kann und damit bei Nichtausreise schneller mit den Vorbereitungen zur Beendigung des Aufenthaltes schneller als in anderen Fällen begonnen werden kann. Sofern zum Beispiel die Identität einschließlich der Staatsangehörigkeit im Asylverfahren nicht durch Dokumente belegt werden konnte, bleibt es auch in solchen Fällen notwendig, durch die Ausländerbehörde zunächst die Identität nachzuweisen und darauf folgend Passersatzpapiere zu beschaffen. Grundsätzliche Unterschiede in der Zusammenarbeit mit anderen Behörden oder Vertretungen ergeben sich hieraus nicht. 9. Aus welchen Herkunftsländern stammen die 314 Personen, abzüglich der 79 bereits abgeschobenen Personen? Drucksache 21/15910 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Siehe Antworten zu 2. a. sowie 2. b. und c. 10. Gibt es noch weitere „Ermittlungs-/Vollzugsgruppen“ die sich in Hamburg priorisiert mit Rückführungen befassen? Wenn ja, welche und mit welchem Schwerpunkt und welcher Bilanz? Wenn nein, warum nicht? Beim Landeskriminalamt (LKA) ist das LKA 26/Operative Maßnahmen (OM) für die Planung, Koordination und Durchführung von Rückführungsersuchen zuständig, die seitens der Ausländerabteilung des Einwohner-Zentralamtes an die Polizei gestellt werden, und fungiert somit als zentraler Ansprechpartner für derartige Vollstreckungshilfeersuchen . Das LKA 26/OM ist für den Schutz der eingesetzten Mitarbeiter der Ausländerbehörde sowie für notwendige Zugangssicherungen, Ingewahrsamnahmen und den Transport zur jeweiligen Bundespolizeidienststelle im gesamten Bundesgebiet zuständig. Im Jahre 2018 wurden vom LKA 26/OM insgesamt 689 Vollstreckungshilfeersuchen der Ausländerbehörde Hamburg bearbeitet, wobei die Anzahl der Rückführungen differierte. So gab es Einzelrückführungen, aber auch Sammelrückführungen mit bis zu 23 Personen in einem Vollstreckungshilfeersuchen. Sollten die Kapazitäten des LKA 26/OM nicht ausreichen, werden die Vollstreckungshilfeersuchen in den allgemeinen Polizeivollzug gesteuert und von dort vollstreckt. Darüber hinaus bestehen in Fällen, in denen eine Rückführung aus anderen Gründen prioritär ist, wie zum Beispiel bei Terrorverdächtigen, besondere Arbeitsstrukturen und Instrumente der Zusammenarbeit, die es ermöglichen, Rückführungen prioritär zu betreiben und zu forcieren.