BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15977 21. Wahlperiode 05.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 28.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Welche Folgen hat der geplante Flughafenausbau? (3) Die Flughafen Hamburg GmbH (FHG) plant, den Verkehrsflughafen „Helmut Schmidt“ in den kommenden Jahren wesentlich zu erweitern und hierfür insgesamt circa 500 Millionen Euro zu investieren. Insbesondere soll die Anzahl an Flugsteigen (Gates) von derzeit 34 auf 56 Steigen. Pro bestehendem Flugsteig werden derzeit circa 500 000 Passagiere pro Jahr abgefertigt. Bei einer Steigerung der Anzahl an Flugsteigen um 22 Stück ist daher mit bis zu circa 11 Millionen zusätzlichen Passagieren pro Jahr zu rechnen. Die FHG selbst rechnet mit insgesamt 26 Millionen Passagieren pro Jahr im Jahr 2035. Dies entspräche einer Steigerung der Passagierzahl gegenüber 2018 von circa 9 Millionen Passagieren. Mehr Passagiere bedeuten – trotz einer angenommen Steigerung der Passagierzahl pro Flug – mehr Flugbewegungen . Da mehr Flugbewegungen auch mehr Fluglärm verursachen und somit die Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner immer mehr zunimmt, muss der Fluglärmschutz bei allen Planungen immer oberste Priorität haben. Aufgrund der in Teilen unvollständigen bis irreführenden Antworten des Senats in den Drs. 21/15534 sowie 21/15603 ergeben sich weitere Nachfragen . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde und die Flughafen Hamburg GmbH (FHG) arbeiten kontinuierlich daran, die Fluglärmbelastung nachhaltig zu senken. Dies geschieht durch eine Vielzahl an Maßnahmen und Initiativen (vergleiche Drs. 21/10688, 21/13168, 21/14477). Gleichzeitig ist der Hamburger Flughafen der größte internationale Verkehrsflughafen Norddeutschlands. Es ist seine Aufgabe, die Erreichbarkeit der Region sicherzustellen , indem er sich mittel- bis langfristig auf der Grundlage von Verkehrsprognosen auf Veränderungen der Rahmenbedingungen einstellt. Wie bereits in Drs. 21/15534 dargestellt , wird der Flughafen durch die genannten Baumaßnahmen nicht wesentlich erweitert. Für eine den Flughafen betreffende fachliche und zahlenbasierte Planungsgrundlage , siehe Drs. 21/15534 und 21/15603. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der FHG wie folgt: 1. Laut Drs. 21/15603 rechnet die BWVI und die FHG mit einem jährlichen Wachstum des Passagieraufkommens von durchschnittlich 2,25 Prozent und einem jährlichen Anstieg der Flugbewegungen von durchschnittlich 0,5 – 1,0 Prozent. Ausgehend von 17,2 Millionen Passagieren bei insgesamt 156 600 Starts und Landungen im Jahr 2018 ist eine Hochrechnung der Passagierzahl, Flugbewegungsanzahl sowie der durchschnittli- Drucksache 21/15977 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 chen Anzahl an Passagieren pro Flug möglich. Warum antwortet der Senat dennoch, dass diesbezüglich keine belastbaren Prognosen vorliegen ? Während die Auslastung im Jahr 2006 bei durchschnittlich circa 80 Passagieren pro Flug lag, betrug der Wert im Jahr 2018 durchschnittlich 123 Passagiere pro Flug. Diese Entkopplung von Passagiermenge und Flugbewegungen lässt sich auf eine steigende Effizienz moderner Fluggeräte zurückführen. Es wird davon ausgegangen, dass sich dieser Trend fortsetzt. Über die in der Drs. 21/15603 genannten Werte hinaus liegen jedoch keine belastbaren Prognosen vor. 2. Der seitens der FHG angestrebte Flughafenausbau wurde laut Senatsantwort (Drs. 21/15534) mehrfach in der Fluglärmschutzkommission (FLSK) vorgestellt und dort zur Kenntnis genommen. Aus den Protokollanlagen der jeweiligen Sitzungen ist zu entnehmen, dass das Thema „Passagierwachstum“ durch die FHG jedoch nicht vorgetragen wurde. Sieht der Senat diese unvollständige Unterrichtung der FLSK als hinreichend an? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. 3. Aus der Drs. 21/15603 ist zu entnehmen, dass der Anteil der – zumindest beim Start – etwas weniger lauten, modernen Flugzeuge der Airbus Neo-, BoeingMax- sowie Bombardier-C-Baureihe sich am „Helmut- Schmidt-Airport“ in den vergangenen drei Jahren kaum gesteigert hat (2016: 1,0 Prozent, 2017: 0,9 Prozent, 2018: 1,2 Prozent). Ungefragt fügt der Senat eine Liste bestellter Airbus A320neo ausgewählter Fluggesellschaften bei. a. Was sind die Gründe, dass der Anteil dieser modernen Flugzeugtypen am „Helmut-Schmidt-Airport“ nicht nennenswert zunimmt? b. Mit welchem Anteil dieser modernen Flugzeugtypen rechnet der Senat in den kommenden drei Jahren? c. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, den Anteil dieser modernen Flugzeugtypen zu erhöhen? d. Wie viele der in der Senatsliste aufgeführten Airbus A320neo der aufgeführten Fluggesellschaften werden zukünftig regelmäßig am „Helmut-Schmidt-Airport“ starten und landen? Die zuständige Behörde und die FHG setzen über die Gestaltung der Entgeltordnung maßgebliche Anreize für den Einsatz der benannten Flugzeugtypen (vergleiche Drs. 21/10688, 21/15603). Es ist davon auszugehen, dass der Anteil dieser und vergleichbarer Fluggeräte auch am Flughafen Hamburg deutlich steigen wird. Da die Entscheidung über den Einsatz des Fluggerätes den Airlines obliegt, liegen der zuständigen Behörde und der FHG keine belastbaren Prognosen vor. 4. Seit 2016 stellt der „Helmut-Schmidt-Airport“ einen vollkoordinierten Flughafen (Level 3) dar. Aus der Drs. 21/15603 ist zu entnehmen, dass der BWVI – trotz Anfrage – keine Statistik über den Koordinationseckwert -Auslastungsgrad durch den Flughafenkoordinator zur Verfügung gestellt wurde. a. Was unternimmt der Senat, um dennoch an die Statistik über den jeweiligen Koordinationseckwert-Auslastungsgrad für die einzelnen Flugplansaisons seit 2016 zu gelangen? b. Besteht über eine fachliche Einbindung der FHG die Möglichkeit, die in der Drs. 21/15603 anfragten Daten selbst zu erstellen? c. Bis wann wird der Senat in der Lage sein – unabhängig von der Auskunftsquelle –, die Fragen zum Koordinationseckwert- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15977 3 Auslastungsgrad für die einzelnen Flugplansaisons seit 2016 zu beantworten? Die Festlegung beziehungsweise Überwachung des Koordinationseckwerts obliegt dem Verantwortungsbereich des Flughafenkoordinators der Bundesrepublik Deutschland und somit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als Aufsichtsbehörde . Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) und die FHG sind nicht zuständig. 5. Wie viele gewerbliche Flugbewegungen hat es am „Helmut-Schmidt- Airport“ im Jahr 2018 gegeben? Im Jahr 2018 gab es 140 989 gewerbliche Flugbewegungen. 6. Wie viele Flugbewegungen hat es am „Helmut-Schmidt-Airport“ im Jahr 2018 insgesamt gegeben? Im Jahr 2018 gab es 156 574 Flugbewegungen insgesamt. 7. Wie verteilen sich die gesamten Flugbewegungen auf die einzelnen Lärmklassen (absolut und relativ)? Lärmklassen Flugbewegungen % Leichtflugzeuge 8 226 5,3% 1 12 423 7,9% 2 7 857 5,0% 3 42 159 26,9% 4 83 642 53,4% 5 2 137 1,4% 6 22 0,0% 7 108 0,1% Flugbewegungen 156 574 8. Wie groß ist der durchschnittliche Fluglärmteppich (62 dB(A) Dauerschallisophone in Quadratmeter) eines Einzelfluges im Jahr 2018? Die Lärmkontur wird nach einheitlichen, gesetzlichen Vorgaben für die sechs verkehrsreichsten Monate ermittelt. Im Jahr 2018 umfasste die Lärmkontur eine Fläche von 13,95 km2. Lärmkonturen eines Einzelfluges werden nicht berechnet. 9. Wie viele Flugbewegungen (insgesamt) hat es 2018 zwischen 22 Uhr und 23 Uhr, 23 Uhr und 24 Uhr sowie zwischen 0 Uhr und 6 Uhr gegeben ? Uhrzeit Bewegungen insgesamt 22-23 Uhr 7 353 23-24 Uhr 1 206 0-6 Uhr 101 10. Wie viele Flugbewegungen (gewerblich und insgesamt) hat es in den einzelnen Monaten des Jahres 2018 gegeben? Insgesamt (inkl. Militär) Gewerblich Kalendermonate Bewegungen Bewegungen Januar 10 709 9 914 Februar 10 344 9 467 März 12 180 11 070 April 12 998 11 616 Mai 14 393 12 665 Juni 13 957 12 181 Juli 14 678 12 956 August 14 367 12 761 September 14 434 12 946 Oktober 14 580 13 199 Drucksache 21/15977 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Insgesamt (inkl. Militär) Gewerblich Kalendermonate Bewegungen Bewegungen November 12 536 11 517 Dezember 11 398 10 697 Summe 156 574 140 989 11. In wie vielen Nächten im Jahr 2018 hat es Starts oder Landungen nach 23 Uhr gegeben? 12. Mit welcher Anzahl an Starts und Landungen nach 23 Uhr rechnet der Senat für das Jahr 2019? Zwischen 23 und 24 Uhr sind Starts und Landungen erlaubt, wenn eine nachweisbare Verspätung vorliegt. Diese sogenannte Verspätungsregelung ist Teil der genehmigten Betriebszeiten des Flughafens. Im Jahr 2018 wurde in 308 Nächten in mindestens einem Fall Gebrauch von der sogenannten Verspätungsregelung gemacht. Für das Jahr 2019 kann keine Prognose erstellt werden, weil Verspätungen von vielen unplanbaren Ereignissen und externen Faktoren, die nicht im Einflussbereich der FHG liegen , abhängen. Allerdings haben die zuständige Behörde und die FHG im Rahmen ihrer Möglichkeiten zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Anzahl der Verspätungen nach 23 Uhr zu reduzieren. Im Rahmen des Luftverkehrsgipfels, der am 5. Oktober 2018 auf Einladung des Ersten Bürgermeisters und des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur in Hamburg stattfand, verständigten sich die Beteiligten von Bund, Ländern, Flugsicherungsorganisationen und Luftfahrtbranche auf einen 24 Einzelpunkte umfassenden Aufgabenkatalog. Das erklärte Ziel von allen Beteiligten ist es, die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit des Luftverkehrs zu stärken. Im Jahr 2019 wird ein weiteres Gipfeltreffen stattfinden, um die Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen zu evaluieren. Bereits Anfang des Jahres 2018 gründete die FHG darüber hinaus eine „Taskforce Verspätungen“. Durch kontinuierliche Gespräche mit den verschiedenen Fluggesellschaften (bis Ende 2018 allein über 70 Gespräche) konnte neben einzelnen Vorverlegungen von Ankunftszeiten auch die Anzahl der späten Bewegungen vermindert und die Bereitschaft, zeitnah die Verspätungsgründe an den Flughafen und an die Fluglärmschutzbeauftragte zu liefern, gravierend gesteigert werden. Da nicht alle am Flughafen Hamburg verkehrenden Fluggesellschaften Teil der Pünktlichkeitsoffensive sind, wurden die Gespräche auf sämtliche Fluggesellschaften ausgeweitet. Durch die Vorverlegung von Flugzeiten im Sommerflugplan 2018 konnten bereits in der zweiten Hälfte des Sommerflugplans 2018 Verspätungen reduziert werden. Zum Winterflugplan 2018/2019 wurden dadurch 16 Prozent weniger Flüge zwischen 22 und 23 Uhr koordiniert (im Vergleich zum Winterflugplan 2017/2018). Für weitere durchgeführte, eingeleitete und in Prüfung befindliche Maßnahmen siehe im Übrigen Drs. 21/10688 und 21/14477.