BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15978 21. Wahlperiode 05.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 28.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Kostenentwicklung des Schutzes jüdischer Einrichtungen in Hamburg (IV) In der Antwort zu Drs. 21/143391 antwortet der Senat, dass die jüdische Gemeinde in Hamburg im Oktober 2016 um eine Beteiligung an den Kosten des gemeindlichen Wachschutzes gebeten hat, welche der Gemeinde seitens der zuständigen Behörde ab Oktober 2018 in Aussicht gestellt wurde. Diese und weitere Antworten in der erwähnten Drs. 21/14339 geben Anlass zur Nachfrage. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Beteiligt sich die zuständige Behörde an den Kosten des gemeindlichen Wachschutzes? a. Falls ja, wie hoch sind die Gesamtkosten und in welcher Höhe beteiligt sich die zuständige Behörde? b. Falls nein, wieso nicht. Ja. Die Freie und Hansestadt Hamburg gewährt der Jüdischen Gemeinde in Hamburg die folgenden Zuwendungen für die Tätigkeit des gemeindlichen Sicherheitsdienstes: Zeitraum Zuwendung 01.10.2018 bis 31.12.2018 23 000 Euro 01.01.2019 bis 31.12.2019 100 000 Euro Angaben über die Aufwendungen der Jüdischen Gemeinde würden Rückschlüsse über Umfang und Arbeitsweise des gemeindlichen Sicherheitsdienstes gestatten. Dies könnte die Effektivität des Sicherheitsdienstes und die Sicherheit der geschützten Einrichtungen beeinträchtigen, sodass der Senat von einer Beantwortung der Frage insoweit absieht. 2. Wurde für das laufende Jahr 2019 ein Zuwendungsantrag eingereicht? a. Falls ja, mit welcher Begründung wurde dieser abgelehnt oder diesem zugestimmt? Ja. Die Mittel wurden antragsgemäß bewilligt (siehe Antwort zu 1.). 3. Laut Senat wurde der Antrag zur Kostenübernahme im Oktober 2016 erbeten. Mit welcher Begründung wurde diese erst circa zwei Jahre später in Aussicht gestellt? 1 https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/63736/ kostenentwicklung_des_schutzes_juedischer_einrichtungen_in_hamburg_iii.pdf. Drucksache 21/15978 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Private Sicherheitsmaßnahmen, die über den vom Staat gewährleisteten Objektschutz hinausgehen, sind grundsätzlich auch privat zu finanzieren. Im vorliegenden Fall wurde nach Prüfung der besonderen Sachlage (vergleiche Drs. 21/14021) ausnahmsweise ein staatlicher Beitrag bewilligt. Im Übrigen wurde eine Kostenbeteiligung in Höhe von 100 000 Euro p.a. bereits im August 2017 in Aussicht gestellt, also weniger als ein Jahr nach der Anfrage der Gemeinde. 4. Wie viele Angriffe auf jüdische Einrichtungen in Hamburg gab es? Bitte für die Jahre 2014 bis 2018 die Aufklärungsquote nach Art und Motivation der Straftaten aufschlüsseln. Angriffe auf jüdische Einrichtungen werden nicht gesondert erfasst werden, siehe Drs. 21/13618. Auch im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg wird nicht erfasst, ob eine Tat im Umfeld einer jüdischen Einrichtung stattfand. Die Beiziehung und händische Auswertung sämtlicher Ermittlungsakten – es handelt sich dabei allein in den Verfahrensregistern 7101 Js und 7101 UJs im Aktenzeichenjahrgang 2018 um über 1 800 Verfahren – ist innerhalb der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Erfasst werden jedoch Fallzahlen zu antisemitischer Hasskriminalität. Zu den erfragten Daten der Jahre 2014 bis 2017 siehe Drs. 21/14021. Nachfolgend die aktualisierten Fallzahlen und Aufklärungsquote „Fallzahlen Hasskriminalität antisemitisch“ für das Jahr 2018: Jahr 2018* Fallzahlen „Hasskriminalität antisemitisch“ 78 Aufklärungsquote 16,67% * Stand: 29. Januar 2019 Die für das Jahr 2018 im Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) registrierten Arten von Straftaten sind in der folgenden Tabelle dargestellt: Jahr 2018* § 130 StGB Volksverhetzung 40 § 123 StGB Hausfriedensbruch - § 130a StGB Anleiten zu Straftaten 1 § 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 9 § 185 StGB Beleidigung 3 § 303 StGB Sachbeschädigung 23 § 303b StGB Computersabotage - § 304 StGB Gemeinschädliche Sachbeschädigung - § 189 StGB Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener - § 223 StGB Körperverletzung 1 § 126 StGB Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten - § 241 Bedrohung 1 § 242 StGB Diebstahl - § 166 StGB Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen - § 168 Störung der Totenruhe - Gesamt 78 * Stand: 29. Januar 2019 Zur Beantwortung der Frage nach der Motivation werden die im KPMD-PMK zu den feststehenden Katalogwerten des Oberthemas „Hasskriminalität“ und dem Unterthema „antisemitisch“ zugeordneten Phänomenbereiche dargestellt; im Übrigen siehe Drs. 21/13537 und. 21/14021: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15978 3 antisemitische Straftaten 2018* gesamt 78 davon PMK-links- 2 davon PMK-rechts- 54 davon PMK-sonstige/nicht zuzuordnen- 1 davon PMAK entfällt davon PMK-ausländische Ideologie- 3 davon PMK-religiöse Ideologie- 18 * Stand: 29. Januar 2019 5. Für die Jahre 2014 bis 2018 wurden mehrere Straftaten nach § 223 StGB Körperverletzung angegeben. a. Wie haben sich diese Taten ereignet? b. Sind die Täter bekannt? c. Wenn ja, welchen aufenthaltsrechtlichen Status haben die jeweiligen Täter? In zwei der drei Verfahren ist der Täter bekannt und es handelt sich um jeweils einen deutschen Staatsangehörigen. In zwei Fällen gingen der Körperverletzung verbale Beleidigungen mit volksverhetzendem Inhalt voraus. In beiden Verfahren kam es begleitend beziehungsweise im Rahmen der sich daraus ergebenden Auseinandersetzung zu Körperverletzungen beziehungsweise zu einer versuchten Körperverletzung in Form von Schlägen. In dem dritten Verfahren kam es im Rahmen einer politischen Veranstaltung zu einer Rangelei, in deren Folge sich ein Opfer durch einen Sturz erheblich verletzte und ein weiteres Opfer durch Tritte verletzt wurde. 6. Bei den Straftaten nach § 303 StGB2 Sachbeschädigung „handelt es sich größtenteils um Farbschmierereien, bei denen ein antisemitischer Hintergrund nicht bewiesen, jedoch auch nicht ausgeschlossen werden konnte“. a. Wie gestalten sich die Schadensbilder? Bitte nach Art der Beschädigung , Ort und Höhe der Reparaturkosten aufschlüsseln. b. Wer übernahm eventuell angefallene Reparaturkosten? Die im Kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD- PMK) im Sinne der Fragestellung registrierten Taten sind in der folgenden Tabelle dargestellt; im Übrigen siehe Antwort zu 4.: Stadtteil Art der Beschädigung Eißendorf Antisemitische Schmiererei an Mehrfamilienhaus Hoheluft-Ost Schmiererei an Mahnmal und an Stolpersteinen Harvestehude Antisemitische Schmierereien an U-Bahn-Station Lokstedt Kratzspuren; eingeritzter Davidstern, an Wohnungstür Sinstorf Antisemitische Schmiererei an Wohnungstür Lokstedt Schmiererei und staatsfeindliche Parole an Treppenhaus Bergedorf Schmiererei/Graffiti auf Mahnmal zum Gedenken an die Zwangsarbeiter im dritten Reich Heimfeld Kratzer und Dellen an Auto, dazu gerufene antisemitische und fremdenfeindliche Worte Ohlsdorf Antisemitische und fremdenfeindliche Schmierereien auf Kunstwerk Bergedorf Schmierereien mit Edding an Zimmerwänden/Inventar einer Wohnunterkunft Barmbek-Süd Schmiererei an Hausfassade Barmbek Süd Schmiererei an Hausfassade Blankenese Antisemitische Schmierereien an S-Bahn-Unterführung Barmbek-Süd Schmiererei an Hausfassade 2 Ebenda. Drucksache 21/15978 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Stadtteil Art der Beschädigung Barmbek-Süd Schmiererei an Grundstücksmauer Barmbek-Süd Schmiererei an Bahndamm Winterhude Schmiererei auf Kunststoffplatte Barmbek-Süd Schmiererei an Hinweistafel Winterhude Schmierereien sowie arabischer Schriftzug an Eingangstür Barmbek-Süd Schmierereien auf Sitzbänken, Schild, Mauern Barmbek-Süd Schmiererei an Schaukasten Barmbek-Süd Schmiererei an Schaukasten Sülldorf Antisemitische Schmiererei an Mauer Harvestehude Schmiererei an Hausfassade Langenhorn Antisemitische Schmiererei mit Hitlerbezug an Säule Blankenese Antisemitische Schmierereien an S-Bahn-Unterführung Sasel Diverse Schmierereien, darunter in einem Park auf Gehwegen, Sitzbänken und Skaterplatz Barmbek-Süd Schmiererei, an Verteilerkasten Barmbek-Süd Schmiererei an Schaukasten Eppendorf Antisemitische Schmiererei an Fassade Barmbek-Süd Schmiererei an Stahltür Tonndorf Diverse Schmierereien an Hausfassade Erkenntnisse zur Höhe und Übernahme der Reinigungs- beziehungsweise Reparaturkosten werden statistisch nicht erfasst. Aus den beigezogenen und händisch ausgewerteten Akten ergeben sich dazu keine Erkenntnisse.