BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/15983 21. Wahlperiode 05.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 28.01.19 und Antwort des Senats Betr.: Potenzialausschöpfung in der Weiterbildung – Was tut der Senat? Hamburg bleibt bei der Wahrnehmung von Weiterbildungsangeboten spürbar hinter den zu erwartenden Möglichkeiten zurück. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung schöpft die Freie und Hansestadt Hamburg nur 80,8 Prozent ihres eigentlichen Potenzials bei der Weiterbildung aus.1 Die Studie betrachtet dabei die Sozial, Wirtschafts- und infrastrukturellen Voraussetzungen verschiedener Regionen in Deutschland und kommt auf Grundlage dieser Werte zu vergleichbaren Ergebnissen. Während zum Beispiel Baden- Württemberg eine Potenzialausschöpfung von 119,7 Prozent erreicht, rangiert der Wert für Hamburg deutlich unter den Erwartungen. Besonders beunruhigend ist, dass der Wert für die Freie und Hansestadt Hamburg einem Abwärtstrend folgt: Noch 2014 lag die Potenzialausschöpfung bei 107,3 Prozent .2 In einer sich durch die Digitalisierung rasant verändernden Arbeitswelt, ist Weiterbildung von besonders großer Bedeutung. Es muss daher oberste Priorität haben, dass die Freie und Hansestadt Hamburg ihr gesamtes Potenzial ausschöpft. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die berufliche Weiterbildung hat für den Hamburger Senat einen hohen Stellenwert. Im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik wird die Förderung der beruflichen Weiterbildung auf Grundlage des Sozialgesetzbuches (SGB) II und SGB III durch Vereinbarungen des Senats mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie mit der Agentur für Arbeit (Agentur) und Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) unterstützt . Darüber hinaus greift der Senat für die Förderung der beruflichen Weiterbildung auch auf Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie auf das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) zurück. Schließlich hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren die Rahmenbedingungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Rechtskreis des SGB II und SGB III weiter verbessert. Besonders relevant sind das Gesetz zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung (AWStG), in Kraft seit 1. August 2016, sowie das Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung (Qualifizierungschancengesetz), in Kraft seit 1. Januar 2019: 1 Vergleiche Deutscher Weiterbildungsatlas. Teilnahme und Angebot in Kreisen und kreisfreien Städten, Seite 4: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/ Deutscher_Weiterbildungsatlas_Staedte_Laender_2018.pdf. 2 Vergleiche ebenda, Seite 16. Drucksache 21/15983 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 • https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/arbeitslosenversicherungsschutzweiterbildungsstaerkungsgesetz .html. • https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/qualifizierungschancengesetz.html. Für Maßnahmen, die die betriebliche berufliche Weiterbildung betreffen – und dies ist mit Abstand der größte Teil –, sind Unternehmen und Beschäftigte vorrangig selbst verantwortlich. Die in der Vorbemerkung zitierte Potenzialausschöpfung der Hansestadt Hamburg von 80,8 Prozent bezieht sich auf die Hansestadt inklusive der dazugehörenden Landkreise. Der Wert für Hamburg-Stadt jedoch sinkt im betreffenden Zeitraum von 88,74 Prozent auf 86,4 Prozent, also lediglich um 2,34 Prozentpunkte, siehe: https://kreise.deutscher-weiterbildungsatlas.de/interaktive-karten/district/bericht/detail/ hamburg. Laut der zitierten Studie entspricht die „Weiterbildungsbeteiligung“ in Hamburg mit 12,1 Prozent und Rangplatz 8 im Ländervergleich dem bundesdeutschen Mittelwert von 12,2 Prozent. Die zitierte Veröffentlichung trifft Aussagen aufgrund von Methodik, Begriffsdefinitionen und Annahmen, die der zuständigen Behörde nicht zur Verfügung stehen und daher nicht nachvollziehbar sind. Insbesondere zur Methodik der sogenannten Potenzialausschöpfung und den dort aufgeführten Ländervergleichen kann daher keine eigene Bewertung und Stellungnahme vorgenommen werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Agentur und Jobcenter wie folgt: 1. Wie erklärt sich der Senat, den sinkenden Wert für die Freie und Hansestadt Hamburg bei der Potenzialausschöpfung in der Weiterbildung? 2. Welchen langfristigen Plan verfolgt der Senat, um den Abwärtstrend der Potenzialausschöpfung in der Freien und Hansestadt Hamburg zu stoppen ? 3. Hat der Senat Kenntnis darüber, wie viele Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg regelmäßig an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen? Der Statistikservice der Bundesagentur für Arbeit bietet öffentlich zugängliche Auswertungen zu Teilnehmenden in ausgewählten Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik (SGB II, SGB III), siehe folgende Links: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/Aktuell/iiia5/amp-amp/amp- 02000-0-xlsx.xlsx. https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_31934/SiteGlobals/Forms/Rubrikensuche/Rub rikensuche_Form.html?view=processForm&resourceId=210368&input_=& pageLocale=de&topicId=1330130&year_month=aktuell&year_month.GROUP=1& search=Suchen. Die Belegungszahlen der Hamburger Volkshochschule (VHS), die in allen Bereichen der Erwachsenen- und Grundbildung aktiv ist, sind seit 2014 kontinuierlich angestiegen von 97 567 auf circa 107 000 Kursbelegungen in 2018 (die genaue Jahresauswertung 2018 liegt noch nicht vor). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Welche Maßnahmen hat der Senat in der Vergangenheit ergriffen, um die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen der Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg zu erhöhen? Ein Teil der Hamburger Weiterbildungsmaßnahmen werden über den ESF finanziert. Mit dem ESF werden insbesondere Personen gefördert, deren Integration in den Arbeitsmarkt schwieriger gelingt. Vom Hamburger ESF-Programm 2014 – 2020 profitieren vor allem Jugendliche am Übergang von der Schule in den Beruf, Arbeitsuchende , Langzeitarbeitslose, Frauen und Männer bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund, Flüchtlinge Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15983 3 sowie Menschen in multiplen Problemlagen. Die Teilnahme an einem Hamburger ESF-Projekt ist in der Regel kostenfrei. Weiterbildungen werden in allen Förderschwerpunkten angeboten. Das Hamburger ESF-Programm hat mit dem Schwerpunkt „Investitionen in Bildung, Ausbildung und Berufsbildung für Kompetenzen und lebenslanges Lernen“ einen Fokus auf Weiterbildungsmaßnahmen gelegt. Innerhalb dieses Förderschwerpunktes bietet insbesondere das ESF-Projekt „Hamburger Weiterbildungsbonus“ einen Anreiz zur Aufnahme einer Weiterbildung (http://www.esf-hamburg.de/projekte-neu/8547744/weiterbildungsbonus-foerderung- 2017/). Mit diesem Projekt werden Weiterbildungsmaßnahmen mit einem variablen Zuschuss für unterschiedliche Beschäftigtengruppen gefördert und Informationen zur individuell passenden Qualifizierung bereitgestellt, sofern der Arbeitgeber bestätigt, dass die Maßnahme für das berufliche Fortkommen förderlich ist. Bei Bedarf wird auch ein individuelles Qualifizierungscoaching angeboten. Vom „Hamburger Weiterbildungsbonus “ profitieren vor allem gering qualifizierte und ungelernte Beschäftigte sowie Beschäftigte mit aufstockenden Leistungen nach dem SGB II. In 2018 wurde der Hamburger Weiterbildungsbonus evaluiert (siehe http://www.esf-hamburg.de/ contentblob/10983614/2171cde48a75f540e04cb1ca840cf910/data/05-001- thematische-evaluation-der-foerderung-beruflicher-weiterbildung.pdf). Die zuständige Behörde fördert zur Bedarfsdeckung des Hamburger Fachkräftebedarfs die Hebung von Fachkräftepotentialen bei Zuwandernden. Um die Teilnahme an der Fortbildung für mehr Menschen mit ausländischen Berufsqualifikationen zu ermöglichen, hat die Freie und Hansestadt Hamburg seit 2010 ein Stipendienprogramm aufgelegt. Ziel ist, dass mehr Personen mit ausländischem Abschluss ihre fachlichen Qualifikationen adäquat einsetzen können und Hamburg somit sein Fachkräftepotential nutzt. Das Stipendienprogramm beinhaltet zwei Bausteine : Stipendium zur Sicherung des Lebensunterhalts, Zuschüsse zu Kosten im Zusammenhang mit der Anerkennung. Für Geflüchtete mit Arbeitsmarktzugang bietet die zuständige Behörde zusammen mit den Partnern Agentur und Jobcenter seit 2015 mit dem W.I.R-Programm (work and integration for refugees) frühzeitige Beratung zum Arbeitsmarkt und Anerkennung mitgebrachter Berufsqualifikationen in Hamburg an und hat dies von Anfang an mit spezifischen Förderangeboten verzahnt. Angebote gibt es zum Beispiel im Bereich der landesfinanzierten Sprachförderung für Geflüchtete, für die der Bund keine Fördermaßnahmen vorsieht oder für die Durchführung oder Ergänzung von arbeitsmarktorientierten Maßnahmen, insbesondere im Bereich der frühzeitigen Feststellung und Anerkennung von beruflichen Kompetenzen. Dazu gehört zum Beispiel die beratende Begleitung für das Einmünden in Ausbildungen oder das Erreichen sonstiger anschlussfähiger Qualifizierungen für eine Tätigkeit im Fachkräftebereich (zum Beispiel Schweißerschein, Vorbereitung auf die Externenprüfung). Hierzu haben sich die genannten Partner des Fachkräftenetzwerkes zusammen mit der Handwerks- und Handelskammer sowie den Innungen auf gemeinsame Förderkettenansätze verständigt . Für Zuwandernde mit akademischen Abschlüssen bietet das Hamburg Welcome Center analog zum Programm W.I.R mit der Zentralen Anlaufstelle Anerkennung die Beratung zum Anerkennungsprozess und mit dem Projekt „your way“ die Unterstützung der Vermittlung in eine qualifikationsangemessene Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt an. Der Senat hält darüber hinaus mit dem „IQ Netzwerk Hamburg“ Qualifizierungsmaßnahmen im Kontext des Anerkennungsgesetzes bereit. Hamburg stehen von 2019 – 2022 insgesamt 1 110 Plätze in Qualifizierungsmaßnahmen bei verschiedenen Trägern des IQ Netzwerkes zur Verfügung. Es handelt sich um Qualifizierungsmaßnahmen in reglementierten Berufen: Anpassungsqualifizierungen oder Vorbereitung auf Kenntnis- und Eignungsprüfung, um Anpassungsqualifizierungen im Bereich der dualen Berufe (BBiG/HWO), Brückenmaßnahmen für Akademikerinnen und Akademiker in nicht reglementierten Berufen oder um die Vorbereitung auf die Externenprüfung bei negativem Ausgang beziehungsweise negativer Prognose des Anerkennungsverfahrens . Voraussetzung für die Teilnahme an einer IQ Qualifizierungsmaßnahme ist die Durchführung eines Verfahrens zur Anerkennung eines im Ausland erworbenen Abschlusses bei der entsprechend zuständigen Stelle. In Fällen einer teilweisen Drucksache 21/15983 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Gleichwertigkeit oder eines Bescheides mit Auflagen können Ratsuchende an den IQ- Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen, die zur vollen Anerkennung führen. Entsprechend dem gesetzlichen Auftrag der Agentur und von Jobcenter werden Kundinnen und Kunden durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert, sofern die Weiterbildung für eine nachhaltige Integration notwendig ist. Mit dem zum 1. August 2016 in Kraft getretenen Arbeitslosenversicherungsschutzund Weiterbildungsstärkungsgesetz (AWStG) wurde insbesondere für gering qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Langzeitarbeitslose und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Zugang zu beruflicher Weiterbildung verbessert. Um die Partizipation dieser Personengruppen an beruflicher Weiterbildung zu erhöhen , hat das AWStG nachfolgende Möglichkeiten eröffnet: Erwerb von Grundkompetenzen , wenn diese für eine anschließende Qualifizierung erforderlich sind; Stärkung von Motivation und Durchhaltevermögen durch Prämienzahlungen bei erfolgreicher Teilnahme an einer durch Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Zwischenprüfung und Abschlussprüfung; begleitende Hilfen im Rahmen betrieblicher Umschulung; weitere Flexibilisierung der Weiterbildungsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie erweiterte Möglichkeiten zur Vergabe von Maßnahmen. Zudem führen die Standorte von Jobcenter regelmäßig Informationsveranstaltungen für ihre Kundinnen und Kunden durch, in denen ihnen Weiterbildungsangebote als Wege zu konkreten Arbeitsplätzen aufgezeigt werden. Mit Weiterbildung Hamburg Service und Beratung gGmbH (W.H.S.B., siehe (http://www.weiterbildung-hamburg.de/weiterbildungsberatung.php) stellt die Freie und Hansestadt Hamburg eine flächendeckende, kostenfreie, kompetente und trägerunabhängige Beratungsstelle für alle Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung. Es werden über persönliche Beratungszeiten, Telefonsprechstunden, Online-Services und Messebeteiligungen im Jahr mehr als 14 000 Anfragende erreicht. Weiterhin fördert die Freie und Hansestadt Hamburg die Informationsplattform WISY (www.hamburg.kursportal.info), das für größtmögliche Transparenz über die in Hamburg zur Verfügung stehenden Weiterbildungsangebote sorgt, sowie das Portal www.hamburg-aktiv.info, das insbesondere über Freizeitangebote, aber auch Weiterbildungsmaßnahmen informiert. Über die Förderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) erreicht die Freie und Hansestadt Hamburg 3.052 Teilnehmende an beruflicher Aufstiegsqualifizierung . Darüber hinaus wird mit der sog. Meisterprämie seit dem 1. Januar 2019 eine Übernahme von Weiterbildungskosten (www.hwk-hamburg.de/weiterbildung/ meisterpraemie) von der Freien und Hansestadt Hamburg gefördert. Mit dem Bildungsurlaubsgesetz (http://bildungsurlaub-hamburg.de/g160) hat Hamburg darüber hinaus eine gute Grundlage für die Weiterbildung von Beschäftigten geschaffen . 5. Welche Maßnahmen plant der Senat, um die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen der Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg zu erhöhen? Der Senat führt am 15. Februar 2019 im Rahmen des Hamburger Fachkräftenetzwerkes und in Kooperation mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern, der Bundesagentur für Arbeit und den für die berufliche Weiterbildung zuständigen Stellen in Hamburg und Weiterbildungsanbietern die Weiterbildungskonferenz „Zukunft der Weiterbildung in Hamburg“ durch. Die Konferenz soll dazu dienen, Entwicklungspotenziale in der Weiterbildung zu identifizieren. Dies soll allen beteiligten Akteuren im Bereich der Weiterbildung einen gemeinsamen Blick auf Handlungsbedarfe in der Weiterbildung ermöglichen, aus denen Impulse für ihre zukünftigen Maßnahmenplanungen entstehen können. Die Arbeitswelt vollzieht derzeit einen tiefgreifenden Wandel, angetrieben durch den technologischen Fortschritt. Die Bundesagentur für Arbeit bietet den betroffenen Menschen bei der Anpassung ihrer Qualifikationen dabei präventive Unterstützung an. Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/15983 5 lebensbegleitende Berufsberatung ist die Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf die steigenden Anforderungen aus der Digitalisierung und dem Wandel der Arbeitswelt. Die Agentur berät junge Menschen, Arbeitslose und Beschäftigte, die im Arbeitsleben besonders vom digitalen Wandel betroffen sind, und unterstützt sie bei der beruflichen Orientierung. Mit dem Qualifizierungschancengesetz wurde in diesem Kontext die Rolle der Bundesagentur für Arbeit bei der Weiterbildungs- und Qualifizierungsberatung gestärkt – siehe auch Antwort zu 7. und 8. Die Agentur leistet damit einen Beitrag zur Fachkräftesicherung und der Prävention von Arbeitslosigkeit. 6. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um insbesondere die Teilnahme von Geringqualifizierten an Weiterbildungsmaßnahmen zu erhöhen? Im Rahmen der Aufgaben der Agentur und des Jobcenters wird den Kundinnen und Kunden die Bedeutung einer beruflichen Weiterbildung für eine langfristige Integration in den Arbeitsmarkt vermittelt. Digitalisierung und demografischer Wandel beschleunigen die Veränderungen am Arbeitsmarkt und machen zunehmend qualifikatorische Anpassungen bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erforderlich. Mit dem neuen Qualifizierungschancengesetz wird die Weiterbildungsförderung für Beschäftigte, deren berufliche Tätigkeiten durch Technologien ersetzt werden können, die in sonstiger Weise vom Strukturwandel bedroht werden oder die eine Weiterbildung in einem Engpassberuf anstreben, ausgebaut. Die berufliche Weiterbildungsförderung von arbeitslosen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird flexibilisiert; die Förderung von Erweiterungsqualifizierungen ist möglich. Bei Teilnahme von geringqualifizierten Beschäftigten an Weiterbildungen, die zu einem Berufsabschluss führen, können Lehrgangskosten in voller Höhe gefördert werden, außerdem ist eine Arbeitsentgeltzuschuss -Förderung bis zu 100 Prozent möglich. Zu den Fördervoraussetzungen siehe Anlage. Die VHS bietet ein breit aufgestelltes Angebot der allgemeinen Weiterbildung. Dazu gehören auch Alphabetisierungs- und Grundbildungskurse. Die VHS erweitert ihr Leistungsspektrum kontinuierlich durch drittmittelfinanzierte Projekte, die sich insbesondere an Geringqualifizierte und/oder Menschen mit Grundbildungsbedarf richten. Darüber hinaus bietet die VHS für Menschen ohne hinreichendes Einkommen zahlreiche Ermäßigungsmöglichkeiten (Schüler/Studierende/Auszubildende, Empfänger von Arbeitslosengeld I und II, Rentner et cetera). Unter anderem hat die VHS drittmittelfinanzierte Projekte in belasteten Sozialräumen akquiriert und durchgeführt, unter anderem Selbstlernzentren in Langenhorn und Hohenhorst, AM FLUSS in Billstedt und Osdorf/Lurup, ELBBRÜCKEN, insbesondere um Menschen mit Alphabetisierungsbedarf zu erreichen. 7. In welcher Weise unterstützt der Senat Hamburger Unternehmen dabei, Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten? 8. In welcher Weise unterstützt der Senat Hamburger Unternehmen dabei, Mitarbeiter für Weiterbildungsmaßnahmen zu motivieren? In der Vergangenheit hat die Agentur insbesondere mit dem Instrument „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen“ (WeGeb AU) ältere und gering qualifizierte Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gefördert. Zukünftig wird die Bedeutung der Weiterbildung weiter gestärkt. Mit dem neuen Qualifizierungschancengesetz werden die Möglichkeiten der Weiterbildungsförderung für beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erweitert. Künftig sollen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig von Qualifikation, Lebensalter und Betriebsgröße Zugang zur Weiterbildungsförderung erhalten, auch Beschäftigte im (aufstockenden) Leistungsbezug nach dem SGB II. Ein Teil der Weiterbildungskosten kann seit dem 1. Januar 2019 durch die Bundesagentur für Arbeit übernommen werden, vorausgesetzt es werden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die über eine Anpassungsfortbildung hinausgehen. Die Arbeitgeber erhalten Lohnkostenzuschüsse, wenn sie ihre Beschäftigten während der Weiterbildung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freistellen. Die Kostenbeteiligung der Arbeitgeber richtet sich nach der Betriebsgröße; größere Unternehmen müssen sich stärker beteiligen als KMU. Weiterbildungskosten für Beschäftigte in Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern können bis zu 100 Prozent gefördert werden. Drucksache 21/15983 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Bei KMU sind bis zu 50 Prozent Zuschuss möglich (siehe auch Anlage und Antwort zu 6.). Die Bundesagentur für Arbeit wird zudem ihre Weiterbildungs- und Qualifizierungsberatung in Umsetzung des Qualifizierungschancengesetzes verstärken. Davon profitieren nicht nur Arbeitslose und Arbeitsuchende. Auch Beschäftigte und Arbeitgeber können künftig auf ein erweitertes Beratungsangebot zurückgreifen. Das Jobcenter bietet Unternehmen die Finanzierung sogenannter bedarfsreaktiver Weiterbildungsmaßahmen an, um die höhere Nachfrage an Fachkräften zu berücksichtigen . Konkret bedeutet das, dass in Zusammenarbeit mit Unternehmen mit Fachkräftebedarf im Vorfeld der Einstellung von grundsätzlich geeigneten Kundinnen und Kunden mit qualifikatorischen Defiziten, die von den Unternehmen als Einstellungsvoraussetzung benötigte berufliche Weiterbildung durch Jobcenter finanziert wird. Im Rahmen des Eingliederungsprozesses werden sowohl Kundinnen und Kunden als auch Arbeitgeber durch Jobcenter informiert, dass im Falle der sozialversicherungspflichtigen Einstellung im Rahmen einer Beschäftigungsförderung gemäß § 16 f SGB II (HAMO) oder § 16 i SGB II (Teilhabe am Arbeitsmarkt) unter bestimmten Voraussetzungen erforderliche Weiterbildungen gefördert werden können. Weitere Maßnahmen sind: • Hamburger Modell zur Beschäftigungsförderung im Rahmen der Freien Förderung, bei dem die Arbeitgeber einen Qualifizierungszuschuss für erforderliche Weiterbildungen und Qualifizierungen bis maximal 2 000 Euro beantragen können. • Teilhabe am Arbeitsmarkt: Gemäß § 16i Absatz 5 SGB II können Arbeitgeber seit dem 1. Januar 2019 einen Antrag auf Übernahme von erforderlichen Weiterbildungskosten stellen, wenn sie mit einer erwerbsfähigen leistungsberechtigen Person ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründet haben und Zuschüsse zum Arbeitsentgelt gemäß § 16 i SGB II erhalten. Die Weiterbildungskosten können je gefördertem Arbeitsverhältnis in Höhe von insgesamt bis zu 3 000 Euro übernommen werden. Es werden alle Arten von Qualifizierung (auch in Teilzeit) gefördert. • ESF-Programm: Das Hamburger ESF-Programm richtet sich an Personen, nicht Unternehmen. Jedoch profitieren auch Unternehmen mittelbar davon, wenn die Qualifizierung ihrer Beschäftigten finanziell unterstützt wird. Verschiedene Hamburger ESF-Projekte unterstützen Betriebsinhaber und Personalverantwortliche bei der Auswahl passender Qualifizierungsmaßnahmen . In dem vom Hamburger Senat geförderten Unternehmensnetzwerk „ddn – Demographie Netzwerk Hamburg“ tauschen sich Unternehmen unter anderem regelmäßig in einem Forum zu Best-Practice-Beispielen zur Förderung von Qualifizierung und des Wissenstransfers aus. Darüber hinaus greift die vom Hamburger Senat eingerichtete Anlaufstelle „Perspektive Arbeit und Gesundheit“ (PAG) bei Bedarf das Thema Weiterbildung im Kontakt mit Beschäftigten und Betrieben auf. Die Agentur für Arbeit Hamburg ist fester Kooperationspartner der PAG. Beschäftigten aus den Branchen Pflege, Handel, Gastgewerbe sowie Verkehr und Lagerei, die einen erhöhten Beratungsbedarf zur Orientierung am Arbeitsmarkt, (zum Beispiel berufliche Neuoder Umorientierung), zu beruflicher Weiterbildung oder zu Tendenzen von Berufswegen haben, werden durch die Beratungsstelle an die Agentur für Arbeit Hamburg verwiesen . Die Partner des Hamburger Fachkräftenetzwerks (Fachbehörden, Arbeitsverwaltung, Handelskammer Hamburg, Handwerkskammer Hamburg, DGB Hamburg, UVNord, Bezirke, Senatskanzlei) tauschen sich regelmäßig über Gesetzesänderungen und Fördermöglichkeiten für berufliche Weiterbildungen aus und kommunizieren diese Informationen in ihre Zuständigkeitsbereiche. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. W ei te rb ild un gs fö rd er un g Be sc hä fti gt er a b 01 .0 1. 20 19 W ei te rb ild un gs fö rd er un g B es ch äf tig te r a b 01 .0 1. 20 19 B ez ei ch nu ng G er in gq ua lif iz ie rt e B es ch äf tig te So ns tig e B es ch äf tig e R ec ht sg ru nd la ge § 81 A bs . 2 i. V .m . § 8 2 S G B II I § 82 S G B II I B er uf sa bs ch lu ss K ei n B er uf sa bs ch lu ss o de r k ei n ve rw er tba re r B er uf sa bs ch lu ss B er uf sa bs ch lu ss m us s in d er R eg el m in de st en s vi er J ah re z ur üc kl ie ge n M in de st da ue r en tfä llt m eh r a ls 1 60 U nt er ric ht ss tu nd en (§ 8 2 A bs . 1 N r. 4 S G B II I) La ge d er W ei te rb ild un g In ne rh al b (z .B . b et rie bl ic he E in ze lu m - sc hu lu ng ) o de r a uß er ha lb d es B et rie be s A uß er ha lb d es B et rie be s od er D ur ch fü hr un g du rc h zu ge la ss en en T rä ge r i m B et rie b M aß na hm ez ie l N ac ht rä gl ic he r E rw er b B er uf sa bs ch lu ss (U m sc hu lu ng , V or be re itu ng E xt er ne np rü fu ng , Te ilq ua lif iz ie ru ng ) S on st ig e W ei te rb ild un g (ü be r a rb ei ts pl at zb ez og en e ku rz fri st ig e A np as su ng sf or tb ild un ge n hi na us ge he nd u nd n ic ht im ü be rw ie ge nd en In te re ss e de s U nt er ne hm en s lie ge nd . 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Wahlperiode Drucksache 21/15983 7 Anlage 15983ska_Text 15983ska_Anlage Weiterbildungsförderung Beschäftigter ab 01.01.2019