BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16069 21. Wahlperiode 12.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 04.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Justiz – Wie sieht es mit der Bekämpfung der Alltagskriminalität bei Hamburgs Staatsanwaltschaft aus? (II) Trotz des erfreulichen und dringend notwendigen Personalzuwachses in der Hamburgischen Justiz hört man immer wieder, dass viele Ermittlungsverfahren endlos lange vor sich hin schmoren. Die Zahl der Neuzugänge in Ermittlungsverfahren, auch gegen namentlich bekannte Beschuldigte, stieg in den vergangenen Jahren deutlich an: Gab es im Jahr 2013 noch 144 350 Neuzugänge in Bekanntsachen (Drs. 21/1018), waren es 2017 bereits 151 508 (Drs. 21/14146). Aber nicht nur die Eingangszahlen steigen, sondern auch Umfang und Komplexität der Verfahrensbearbeitung nehmen seit Jahren erheblich zu, was die Belastung der Dezernenten, aber auch der Servicekräfte zusätzlich erhöht. Eine Vielzahl der Verfahren betrifft den Bereich der Alltagskriminalität und der Betrugsdelikte, die in den Hauptabteilungen II und III der Staatsanwaltschaft bearbeitet werden. Auch wenn es sich hierbei meist „nur“ um leichte oder mittlere Kriminalität handelt, ist es für die betroffenen Opfer und das Vertrauen in den Rechtsstaat unerlässlich, dass die Ermittlungsverfahren zügig vorangetrieben werden und nicht zu viele Verfahren wegen Überlastung der Staatsanwaltschaft mit Einstellungen enden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die personelle Verstärkung der Staatsanwaltschaften der Jahre 2015 bis 2018 wird mit dem Haushaltsplan 2019/2020 fortgesetzt. Die Hamburger Staatsanwaltschaften sind in den Jahren 2015 bis 2018 mit Vollzeitäquivalenten für 20 Dezernentinnen und Dezernenten und 17 Servicekräfte verstärkt worden. Mit dem beschlossenen Haushalt wird sich die Verstärkung bis Anfang 2020 auf insgesamt 52,5 VZÄ (davon 26 VZÄ für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie 22 VZÄ für den Servicebereich) erhöhen. Die Besetzungs- und Nachbesetzungsverfahren werden jeweils mit Nachdruck betrieben . Für den Servicebereich sind Qualifizierungsmaßnahmen für extern eingestelltes Personal eingerichtet worden. Der erste Qualifizierungskurs hat im Februar dieses Jahres begonnen. Zusätzlich erwartet die zuständige Behörde den Bericht der gemeinsamen Arbeitsgruppe zur Situation in der Hauptabteilung II. Trotz einer weiteren Eingangssteigerung konnten in der Hauptabteilung II mehr Verfahren erledigt werden als eingegangen sind. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/16069 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie hat sich die Zahl der Neuzugänge in Bekanntsachen (Js) sowie in Unbekanntsachen (UJs) im Jahre 2018 entwickelt? Anzahl der Neuzugänge bei der Staatsanwaltschaft Hamburg 2018 Bekanntsachen 157 807 Unbekanntsachen 150 823 2. Wie hat sich die Zahl der Erledigungen in Bekanntsachen sowie die durchschnittliche Dauer der Verfahren im Jahre 2018 entwickelt? Erledigungen von Bekanntsachen bei der Staatsanwaltschaft Hamburg 2018 Anzahl 157 020 durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 1,9 3. Wie hat sich die Anzahl der Verfahren entwickelt, die im Jahr 2018 jeweils folgendermaßen abgeschlossen wurden: a. Einstellung nach i. § 170 Absatz II StPO ii. § 153 StPO iii. § 153a StPO iv. § 154b StPO v. § 154f StPO vi. § 45 JGG vii. Sonstige Einstellungsgründe b. Anklageerhebung c. Strafbefehlsantrag d. Antragsschrift im beschleunigten Verfahren gemäß § 417 StPO e. Antragsschrift im vereinfachten Verfahren gemäß § 76 JGG f. Antragsschrift im Sicherungsverfahren gemäß § 413 fortfolgende stopp Erledigungen von Bekanntsachen bei der Staatsanwaltschaft Hamburg nach Art der Erledigung 2018 a. Einstellung nach i. § 170 Abs. II StPO 50 099 ii. § 153 StPO 17 960 iii. § 153 a StPO 6 609 iv. § 154 b StPO 153 v. § 154 f StPO 8 893 v. § 45 JGG 6 285 vi. Sonstige Einstellungsgründe1) 17 985 b. Anklageerhebung 11 448 c. Strafbefehlsantrag 12 535 d. Antragsschrift im beschleunigten Verfahren gem. § 417 StPO 334 e. Antragsschrift im vereinfachten Verfahren gem. § 76 JGG 72 f. Antragsschrift im Sicherungsverfahren gem. § 413 ff. StPO 23 1) Sonstige Einstellungsgründe: - Einstellung mit Auflage nach § 37 Absatz 1 beziehungsweise § 38 Absatz 2 i.V.m. § 37 Absatz 1 BtMG - Einstellung nach § 153 b Absatz 1 StPO, da die Voraussetzungen für ein Absehen von Strafe vorliegen - Einstellung bei Auslandstat (§ 153 c StPO) - Einstellung bei Opfer einer Nötigung oder Erpressung (§ 154 c StPO) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16069 3 - Fristbestimmung zur oder Einstellung wegen Klärung einer Vorfrage (§ 154 d StPO) - Absehen von der Erhebung der öffentlichen Klage (§ 154 e StPO) - Einstellung bei unwesentlicher Nebenstraftat (§ 154 Absatz 1 StPO) - Einstellung nach § 31 a Absatz 1 BtMG - Einstellung wegen Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) - sonstige (vorläufige) Einstellung 4. Wie hat sich die Anzahl der Dezernentenstellen, differenziert nach Amtsund Staatsanwälten im Jahr 2018 entwickelt? Wie viele der Stellen waren jeweils besetzt? (Bitte jeweils zum Stichtag 1. Januar einschließlich 1. Januar 2019, 1. Juli und 1. Oktober in VZÄ angeben). Wie stellt sich die Situation laut interner Geschäftsverteilung (ohne Differenzierung nach Staats- und Amtsanwälten) jeweils in den Hauptabteilungen II und III dar? Stellen 2018 (01.10.2018) 2019 (01.01.2019) Stellen- Soll davon besetzt Stellen- Soll davon besetzt Staatsanwältinnen und Staatsanwälte 181,50 178,90 183,50 173,45 Amtsanwältinnen und Amtsanwälte 30,75 29,40 34,75 28,90 Gesamt 212,25 208,30 218,25 202,35 Die Besetzungs- und Nachbesetzungsverfahren werden jeweils mit Nachdruck betrieben . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Der Stellenplan wird für die Staatsanwaltschaft nicht nach Hauptabteilungen getrennt geführt. Die Zuordnung der Dezernentinnen und Dezernenten auf die Hauptabteilungen erfolgt durch die interne Geschäftsverteilung der Staatsanwaltschaft. In dieser werden Entlastungen, die zum Beispiel für die Einarbeitung gelten, berücksichtigt (siehe Antwort zu 7.). Die Anzahl der tatsächlich eingesetzten Stellen kann jeweils entsprechend höher sein. Laut interner Geschäftsverteilung sind folgende Arbeitskraftanteile (VZÄ abzüglich Entlastungen) in den beiden Hauptabteilungen im Einsatz gewesen. 2018 (01.10.2018) 2019 (01.01.2019) Soll Ist Soll Ist HA II 45,00 47,00 45,10 46,10 HA III 31,70 32,20 31,70 31,05 Im Übrigen siehe Drs. 21/14146. 5. Wie hat sich die durchschnittliche Anzahl der Neuzugänge pro Staatsund Amtsanwalt im Jahr 2018 entwickelt? Sofern möglich, bitte in Vollzeitstellen umrechnen. Die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Daten werden über die Personalverwendungsmeldung aus der bundeseinheitlichen Personalübersicht (PÜ) und nicht über den Stellenplan ermittelt. Neuzugänge je Staatsanwalt 2018 471,3 Neuzugänge je Amtsanwalt 2018 2 113,5 6. Wie viele Amtsanwaltsstellen sind aktuell mit Amtsanwälten aus der Rechtspflegerlaufbahn besetzt? Bitte Stellen-Soll und Besetzungsumfang in VZÄ angeben. Mit Stand 5. Februar 2019, sind in der Hauptabteilung II 19 Amtsanwältinnen und Amtsanwälte (17,3 VZÄ) mit einer Rechtspflegerausbildung tätig. Drucksache 21/16069 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 7. Wie viele neu eingestellte Amtsanwälte/Staatsanwälte wurden den Hauptabteilungen II und III im Jahre 2018 zugewiesen, wie viele befinden sich aktuell in der Gegenzeichnung? In der Hauptabteilung II wurden im Jahr 2018 drei neu eingestellte Staatsanwältinnen und ein Staatsanwalt sowie ein Amtsanwalt eingearbeitet. Zurzeit befinden sich dort eine Amtsanwältin und ein Staatsanwalt in der Gegenzeichnung. Der Hauptabteilung III wurden 2018 vier neu eingestellte Staatsanwältinnen und ein Staatsanwalt zugewiesen sowie zwei Staatsanwältinnen, die zuvor als Amtsanwältinnen in der Hauptabteilung II tätig gewesen waren. Zurzeit dauert noch eine Gegenzeichnung an.