BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16092 21. Wahlperiode 12.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 05.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Alternative Streckenführung für TEN-Korridor Seit mehreren Jahrzehnten ist der begrüßenswerte Ausbau der Gleise im Hamburger Nordosten zur Einrichtung einer weiteren S-Bahn-Linie in Planung . Diese als S4 beworbene S-Bahn-Linie wird seit einigen Jahren im Zusammenhang mit dem Ausbau eines Korridors der Transeuropäischen Netze (TEN) von Skandinavien zum Mittelmeer geplant und wird dem Personenverkehr und in starkem Maße auch dem Gütertransport dienen. Da die geplante Streckenführung durch dicht besiedeltes Wohngebiet führt, sind aufgrund der dazu notwendigen Baumaßnahmen starke Eingriffe in die Eigentumsverhältnisse zahlreicher Anlieger an der Strecke erforderlich. Nicht nur deswegen, sondern auch aufgrund der zukünftigen Bahnverkehre, die im Vergleich zu heute ein deutlich verstärktes Verkehrsaufkommen erwarten lassen, gibt es Bedenken der Bewohner zu dieser Streckenführung in Bezug auf den Güterverkehr. In dem Zuge hat sich eine BI gegründet und, basierend auf einem Gutachten, eine alternative Streckenführung erarbeitet, bei der der angesprochene TEN- Korridor, unabhängig von der S4-Strecke, im Wesentlichen entlang der A 1 gebaut wird und lediglich entlang der Elbe, auf bereits bestehenden Bahntrassen, in die Stadt und zum Hafen geleitet wird. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Der Senat geht davon aus, dass sich die Anfrage auf die „Argumentationsschrift für eine Eisenbahn-Neubaustrecke von Hamburg nach Lübeck entlang der A1“ der VIEREGG-RÖSSLER GmbH bezieht. Die Verfasserin vermeidet es selbst, von einem Gutachten zu sprechen. Das Vorhaben des Neubaus einer S-Bahn ist Gegenstand von laufenden beziehungsweise angekündigten Planfeststellungsverfahren. Die Verfahren werden vom Eisenbahnbundesamt geführt. Im Rahmen dieser Verfahren werden die Alternativen geprüft. Der Senat befürwortet den Bau einer S-Bahn auf teilweise eigenen Gleisen auf der Strecke Hamburg – Bad Oldesloe verkehrlich aus drei Gründen: 1. Entlastung des Hamburger Hauptbahnhofs durch Entfall der bisherigen Regionalzüge aus und nach Bad Oldesloe/Ahrensburg und Ersetzung dieser durch S- Bahnen, 2. Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) im Hamburger Osten und in Schleswig-Holstein, Drucksache 21/16092 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Schaffung von Kapazitäten für weitere Züge auf der Strecke nach Fertigstellung der festen Fehmarnbeltquerung. Maßgeblicher Gegenstand der Planung ist der Bau einer S-Bahn-Strecke (S4 Hamburg – Bad Oldesloe). Bei dem Projekt S4 (Ost) handelt es sich um ein Nahverkehrsprojekt , bei dem parallel zu den Fernbahngleisen der Strecke 1120 eine S-Bahn- Strecke gebaut werden soll. Im Zuge der Planung hat die DB Netz AG für das beantragte Vorhaben eine Alternativenprüfung durchgeführt. Diese gliedert sich in zwei Betrachtungsräume, siehe hierzu https://www.hamburg.de/bwvi/np-aktuelle-planfeststellungsverfahren/9023850/s4/. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der DB AG wie folgt: 1. Welche Alternativstrecken wurden in der bisherigen Planung, in Bezug auf den Ausbau der Güterbahnstrecke, zusätzlich zu der momentan favorisierten Streckenplanung in Betracht gezogen? Siehe Vorbemerkung. 2. Wie wurden diese Alternativstrecken bewertet und was waren die entscheidenden Gründe pro Alternativstrecke, weshalb diese nicht weiter verfolgt wird? 3. Gibt es gesetzliche Vorgaben, die eine Prüfung einer bestimmten Anzahl von Alternativstrecken bei Projekten dieser Art vorgeben und welche sind diese? Die Alternativenprüfung und -bewertung im Rahmen der Planfeststellung obliegt dem Eisenbahnbundesamt und ist noch nicht abgeschlossen. Gesetzliche Vorgaben, die eine Prüfung einer bestimmten Anzahl von Alternativstrecken vorschreiben, existieren nicht. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass großräumige Trassenvarianten dann nicht in die Abwägung einbezogen werden müssen, wenn sie sich im Hinblick auf das Planungsziel, wie es im Bedarfsplan zum Bundesschienenwegeausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist, schon deshalb nicht aufdrängen mussten, weil es sich dabei um andere Vorhaben gehandelt hätte (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 12. April 2005, Az. 9 VR 41.04, juris, Rn. 42). 4. Wie hoch ist das aktuelle durchschnittliche Verkehrsaufkommen an Güterzügen pro Tag? Nach Kenntnis der zuständigen Behörde verkehren derzeit rund 25 Güterzüge pro Tag auf der Strecke 1120 (Hamburg – Lübeck). 5. Mit welcher Steigerung hinsichtlich der Anzahl der Güterzüge pro Tag rechnet der Senat nach Fertigstellung der geplanten TEN-Strecke? Bitte pro Jahr für die folgenden zehn Jahre nach Fertigstellung angeben. Als Grundlage für die Planung der S4 (Ost) wurden im Planfeststellungsabschnitt 1 die Prognosezahlen des BMVI für das Jahr 2025 angesetzt. Danach wird prognostisch von circa 100 Güterzügen am Tag ausgegangen. 6. Aus wie vielen Wagons besteht aktuell der längste Güterzug auf dieser Strecke und welche Länge hat dieser Güterzug dann circa? Der längste Güterzug auf der Strecke 1120 ist derzeit standardmäßig 719 m lang. Eine Aussage zu der Waggonanzahl kann nicht getroffen werden, da die unterschiedlichen Waggontypen unterschiedlich lang sind. 7. Liegen dem Senat Erkenntnisse oder Aussagen von Betreibern oder anderen Beteiligten vor, dass nach dem Ausbau der TEN-Strecke auf Hamburger Stadtgebiet sich hinsichtlich maximaler Anzahl an Waggons eines Güterzuges beziehungsweise dessen Länge eine Steigerung ergeben wird? Wenn ja, von welcher zahlenmäßigen Steigerung wird dabei ausgegangen ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16092 3 Der zuständigen Behörde liegen keine Prognosen über die Entwicklung der Zuglängen vor. 8. Rechnet der Senat mit gerichtlichen Auseinandersetzungen in Bezug auf dieses Projekt? Wenn ja, inwieweit wurde das sowohl zeitlich wie auch finanziell, bitte unter Angaben der Zahlen, in der aktuellen Planung berücksichtigt? Die zuständige Behörde geht davon aus, dass die DB Netz AG als Vorhabenträgerin eine rechtmäßige Planung vorlegt und das Eisenbahn-Bundesamt rechtmäßige Planfeststellungsbeschlüsse erlässt. Ein Ausschluss von gerichtliche Auseinandersetzungen ist grundsätzlich nicht möglich. 9. Aus Sicht des Senats: Welche nicht zutreffenden Aussagen beziehungsweise Bewertungen trifft das von der BI in Auftrag gegebene Gutachten der VIEREGG-RÖSSLER GmbH, welches eine Alternative zu dem jetzigen Ausbau des TEN-Korridors vorschlägt? Siehe Vorbemerkung.