BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16099 21. Wahlperiode 12.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 06.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Videoüberwachung am Hansaplatz Wie im November bekannt wurde, plant die Polizei Hamburg die Installation von Videokameras zur Überwachung des Hansaplatzes in St. Georg. Die Videoüberwachung öffentlicher Orte durch die Polizei ist umstritten, da sie eine hohe Eingriffsintensität aufweist und sämtliche Personen, die sich in dem videoüberwachten Bereich aufhalten, polizeilich registriert werden können . Dies stellt einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. In der kriminologischen Forschung wird zudem bezweifelt, dass die polizeiliche Videoüberwachung überhaupt ein geeignetes Mittel zur Reduzierung von Kriminalität ist. Auch Hamburg hat bereits Erfahrungen mit der Videoüberwachung gesammelt . Eine Videoüberwachung an der Reeperbahn wurde 2012 nach der Klage einer Anwohner/-in eingestellt. Seit 2016 ist zwar wieder eine Kamera an der Reeperbahn im Einsatz, allerdings nur mit einem kleinen überwachten Bereich und nur zu bestimmten Zeiten. Auch der Hansaplatz wurde bereits von 2007 bis 2009 durch Videokameras überwacht. Die Kameras wurden im Zuge von Umgestaltungsmaßnahmen abgebaut und nicht wieder in Betrieb genommen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Situation am Hansaplatz ist in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen, medialer Berichterstattungen und insbesondere auch von Anwohnerbeschwerden gewesen. Dabei stehen die Themen Prostitutionsausübung, Alkoholmissbrauch, Verwahrlosung und Kriminalitätsentwicklung im Vordergrund. In der laufenden Legislaturperiode hat der Senat hierzu unter anderem in den Drs. 21/526, 21/3335, 21/4208, 21/5410, 21/10452, 21/11279 und 21/12753 berichtet. Nach den Erkenntnissen der Polizei ist der Hansaplatz trotz intensiver Präsenzmaßnahmen der Polizei ein Kriminalitätsbrennpunkt insbesondere im Bereich der Straßenkriminalität . Die Fallzahlen in diesen Deliktsbereichen sind seit Jahren ansteigend, sodass dieser Trend steigender Fallzahlen die gesicherte Prognose zulässt, dass der Bereich Hansaplatz bei unveränderten Rahmenbedingungen trotz einer Vielzahl bereits getroffener Maßnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft ein Brennpunkt der Straßenkriminalität sein wird. Vor diesem Hintergrund plant die Polizei weitergehende Maßnahmen, dazu gehört auch die Maßnahme der Videoüberwachung , die auf Grundlage des § 8 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei zulässig ist. Die Planungen dazu sind noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Aus welchen Gründen, zu welchem Zweck und mit welchem Ziel werden die Videokameras am Hansaplatz installiert? Drucksache 21/16099 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Auf welche Rechtsgrundlage stützt sich die geplante Videoüberwachung am Hansaplatz und inwieweit sind die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage gegeben? 3. Wann und wo genau sollen die Videokameras auf dem Hansaplatz installiert werden? 4. Wie viele Kameras mit welchem Funktionsumfang (360°, Schwenkbarkeit , Zoomfunktion, Auflösung et cetera) sollen installiert werden? 5. Ist ein 24-Stunden-Betrieb geplant? Wenn nein, auf welche Zeiträume (zum Beispiel Wochenende) wird sich der Betrieb der Videokameras beschränken? Siehe Vorbemerkung. 6. Bereits von 2007 bis 2009 wurde der Hansaplatz videoüberwacht. Eigentlich sollte nach Ablauf von drei Jahren eine Wirksamkeitsanalyse der Videoüberwachung am Hansaplatz erstellt werden, die aber aufgrund des vorzeitigen Abbaus der Kameras nicht zustande kam. Allerdings wurde für die polizeiliche Videoüberwachung an der Reeperbahn 2010 eine Wirksamkeitsanalyse vorgelegt (Drs. 19/6679), die zu dem Ergebnis kommt, dass in der Gesamtbetrachtung die Videoüberwachung nicht zu einer Reduzierung der Kriminalität geführt hat. a. Was hat der damalige Einsatz der Videoüberwachung summa summarum gekostet? Bitte auch die Einzelposten gesondert aufschlüsseln . Kosten im Sinne der Fragestellung sind im erfragten Zeitraum alleine im Jahr 2007 entstanden. Die Kosten für Investitionen und Infrastrukturmaßnahmen für das Jahr 2007 sind der folgenden Tabelle dargestellt; aufgrund der zurückliegenden Zeit können Einzelposten nicht beziffert werden: Kosten Betrag in Euro Investitionen 322 000 Infrastrukturmaßnahmen* 148 000 Gesamt 470 000 * Die Kosten für Infrastrukturmaßnahmen beziehen sich auf die Standorte Hansaplatz und Heiligengeistfeld. Eine Differenzierung ist nicht möglich, da die Daten nicht gesondert erhoben wurden. b. Welche Erkenntnisse hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde zur Wirksamkeit einer Videoüberwachung am Hansaplatz ? Aufgrund des vorzeitigen Abbaus der Kameras hat die Polizei eine Wirksamkeitsanalyse der Videoüberwachung am Hansaplatz nicht durchgeführt. c. Aus welchen Gründen hält der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Videoüberwachung am Hansaplatz für ein geeignetes Mittel zur Reduzierung der Kriminalität? Siehe Vorbemerkung. 7. Plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde eine Wirksamkeitsanalyse zur Videoüberwachung am Hansaplatz? Wenn ja, in welchem Zeitraum, nach welchen Kriterien soll die Wirksamkeit beurteilt werden und durch wen soll die Analyse vorgenommen werden ? 8. Die Videoüberwachung an der Reeperbahn zwischen 2006 und 2012 wurde von einer juristischen Auseinandersetzung begleitet: Das OVG Hamburg hat damals angeordnet, dass weite Bereiche der videoüberwachten Orte (zum Beispiel Hauseingänge) „schwarzgeschaltet“ werden müssen, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16099 3 Anwohner/-innen zu schützen. Welche Maßnahmen in welchem Umfang wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde ergreifen, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Anwohner/-innen und Gewerbetreibenden am Hansaplatz zu schützen? 9. Wie viele Polizeikräfte werden damit beauftragt sein, die Bildübertragung zu sichten? 10. Welche Kosten (Materialkosten, zusätzliches Personal, Wartung et cetera ) werden durch die Videoüberwachung entstehen? 11. Inwieweit wurden bei der Entscheidung zur Einführung einer Videoüberwachung die Anwohner/-innen, Gewerbetreibenden und Stadtteilinitiativen einbezogen? 12. Welche Möglichkeiten bestehen für Anwohner/-innen, Gewerbetreibende und sonstige Anrainer/-innen am Hansaplatz, Widerspruch gegen die geplante Videoüberwachung einzulegen? Bitte auch die entsprechenden Adressen nennen, an die sich Bürger/-innen wenden können respektive müssen. Die gesetzlichen Vorschriften und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze werden im Rahmen einer Konzeptentwicklung umfänglich beachtet. Es gelten im Übrigen die allgemeinen Vorschriften zum Beschreiten des Rechtsweges bei polizeilichen Maßnahmen. Darüber hinaus siehe Vorbemerkung.