BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16114 21. Wahlperiode 15.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Carola Ensslen (DIE LINKE) vom 07.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Hamburg – (K)ein sicherer Hafen? (IX) – f & w fördern und wohnen AöR (f & w) – Skandalöse Unterbringungszustände in der Luruper Hauptstraße Wie nicht zuletzt durch die Berichterstattung in der „tageszeitung“ vom 28.01.2019 (http://www.taz.de/!5565502/) bekannt wurde, leben insbesondere geflüchtete Frauen und ihre Kinder in der Wohnunterkunft Luruper Hauptstraße 11 des Betreibers f & w unter menschenunwürdigen und gesundheitsgefährdenden Bedingungen. Schimmel in den Räumen, an Einrichtungsgegenständen und an der Kleidung, erkrankte Babys und Kleinkinder sowie nicht regulierbare Heizungen stellen unhaltbare Zustände dar, unter denen kein menschenwürdiges Leben vorstellbar ist. Aus internen Berichten wurde zudem bekannt, dass für eine Lösung der diversen Problemlagen bisher nicht alles Erforderliche getan wurde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Unterkunft Luruper Haupstraße wurde ursprünglich als Erstaufnahmeeinrichtung (EA) geplant. Durch die Umsteuerung dieser Unterkunft in eine öffentlich-rechtliche Unterbringung (örU) waren Baumaßnahmen im Sanitär- und Küchenbereich erforderlich , um die Unterkunft als örU nutzen zu können. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme im Mai 2016 standen dort für eine Unterbringung von Geflüchteten 912 Plätze zur Verfügung. Im weiteren Verlauf wurde die Kapazität zunächst auf 456 Plätze halbiert und zuletzt auf 378 Plätze reduziert. Im Übrigen siehe Drs. 21/3827 und Drs. 21/4461. Beim Neubezug von Unterkünften kann es anfänglich zu Problemen mit Feuchtigkeit kommen. Deshalb wird den Bewohnerinnen und Bewohner stets erläutert, wie durch Lüften und Heizen diesem Problem begegnet werden kann. Der Betreiber f & w fördern und wohnen AöR (f & w) setzt sich stets dafür ein, ein gesundheitlich und baulich unbedenkliches Wohnen zu ermöglichen. Zwei kürzlich von Schimmel befallene Zimmer wurden sofort geräumt, behandelt und sind inzwischen schimmelfrei. Aktuell gibt es einen Container mit einem undichten Dach. Der Container wird bis zur Beseitigung des Mangels nicht belegt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von f & w fördern und wohnen AöR (f & w) wie folgt: 1. Wie viele Container der Einrichtung Luruper Hauptstraße 11 sind aktuell (Stichtag 07.02.2019) Bestandteil der Gesamtproblematik, das heißt wie viele Container insgesamt erfüllen zurzeit nicht die für die Unterbringung von Wohnungslosen üblichen Standards, etwa aufgrund defekter Heizungen , Schimmelbefall oder Feuchtigkeit in den Räumen durch undichte Dächer? Drucksache 21/16114 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Wie viele der unter 1. genannten Container sind von Schimmel befallen? b. In wie vielen der unter 1. genannten Container lassen sich die Heizungen nicht oder nur teilweise stufenlos regulieren? c. In wie vielen der unter 1. genannten Container sind die Heizungen aktuell ganz defekt, sodass die Container nicht beheizt werden können ? d. In wie vielen der unter 1. genannten Container sind Dächer undicht beziehungsweise dringt Feuchtigkeit in die Container ein? 2. Wie viele Frauen leben in den unter 1. genannten Containern zurzeit insgesamt? a. Wie viele der unter 2. genannten Frauen haben dem Unterkunftsund Sozialmanagement (UKSM) eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt , die Auskunft darüber gibt, dass aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug in bessere Wohnverhältnisse indiziert ist? 3. Wie viele Babys und Kinder leben in den unter 1. genannten Containern zurzeit insgesamt? Bitte unter Angabe des genauen Alters anführen. a. Wie viele der unter 3. genannten Babys und Kinder in je welchem Alter sind dem UKSM bekannt, die gegenwärtig krank sind oder seit 01.10.2018 krank waren? b. Über welche genauen Symptome und Erkrankungen der unter 3. a. genannten Babys und Kinder haben Senat beziehungsweise zuständige Behörde Kenntnis? c. Wie viele der unter 3. genannten Babys und Kinder in je welchem Alter sind dem UKSM bekannt, deren (Kinder-)Ärzte bescheinigt haben, dass aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug in bessere Wohnverhältnisse indiziert ist? Siehe Vorbemerkung. 4. In Bezug auf die Historie der Einrichtung Luruper Hauptstraße 11 von f & w ist unter anderem mit Verweis auf die Drs. 21/2682 und 21/3231 bekannt, dass ein sofortiger Bezug nach Anlieferung der Container unter anderem aufgrund von Mängeln bei der Erfüllung von Brandschutzstandards nicht möglich war. a. Wie lange standen die betroffenen Container damals insgesamt leer, bis sie bezogen werden konnten? b. Handelt es sich bei den damals betroffenen Containern um dieselben Container, die gegenwärtig aus oben genannten Gründen nicht den Standards entsprechen (defekte Heizungen, Schimmelbefall, undichte Dächer und so weiter)? Die Container an der Luruper Hauptstraße wurden im November 2015 durch den Vermieter aufgestellt. Im Verlauf der Installation wurde festgestellt, dass der bauliche Brandschutz für die geplante Bauform (dreigeschossig) nicht ausreichend war. Der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) hat daraufhin mit dem Vermieter und den Baudienststellen an einer Lösung gearbeitet. Nachdem am 15. Februar 2016 die Anforderungen an den Brandschutz final definiert worden waren, wurde der Vermieter aufgefordert, diesen Anforderungen nachzukommen. Eine Brandschutznachrüstung erfolgte bis Mitte April 2016. Im Verlauf der Ertüchtigung der Container wurde beschlossen, die Einrichtung nicht als EA, sondern als örU zu nutzen. Daher mussten weitere Umbauten beauftragt werden , die auch den Brandschutz tangierten. Am 23. Mai 2016 erfolgten die finale Abnahme und die Inbetriebnahme der Einrichtung. Der aktuell undichte Container gehörte zu denen, die nicht genutzt wurden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16114 3 5. Wann wurden die Probleme in Bezug auf mangelhafte Standards der unter 1. genannten Wohncontainer erstmalig an das UKSM herangetragen , von wem und von wie vielen Personen? a. Welche weiteren Beschwerden seit Bestehen der Unterkunft hat es schließlich von je welchen Akteuren/-innen in Bezug auf ungenügende Wohnstandards in den oben genannten Containern gegeben ? Bitte in zeitlicher Reihenfolge unter Nennung des jeweiligen Sachstandes darstellen. Seit Beginn beschwerten sich vereinzelt Bewohnerinnen und Bewohner – in der Regel mündlich – über die Größe der Räume und die hygienischen Zustände in Küchen und Bädern. Die Beschwerdevorgänge sind nicht einzeln dokumentiert und erfasst worden . Dies erfolgt in der Regel nur, wenn nicht unmittelbar Abhilfe geschaffen werden kann (zum Beispiel über Räumung des Zimmers, Beseitigung des Mangels). 6. Wurden bereits Maßnahmen eingeleitet, um die Unterbringungssituation für die betroffenen Menschen zu verbessern? a. Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind in welcher zeitlichen Reihenfolge unternommen worden? i. Waren diese Maßnahmen aus Sicht des UKSM hinreichend, um das Problem zu beheben? Bitte ausführlich erläutern. ii. Wurde den Bewohnern/-innen auch angeboten, in andere Wohncontainer oder gar andere Unterkünfte umzuziehen? a. Falls ja, von wie vielen Bewohnern/-innen wurde dieses Angebot angenommen, von wie vielen Bewohnern/-innen wurde es nicht angenommen und warum nicht? b. Falls nein, warum nicht? b. Wenn nein, warum wurden noch keine Maßnahmen ergriffen, um die Unterbringungssituation für die betroffenen Menschen zu verbessern ? c. Welche weiteren Maßnahmen sind in welcher zeitlichen Reihenfolge geplant, um die Probleme endgültig in den Griff zu bekommen? Siehe Vorbemerkung; die Belegung der Container konnte frühzeitig reduziert werden, da zu keinem Zeitpunkt eine vollständige Belegung realisiert wurde. Aktuell werden die Räume als Einzelzimmer vergeben. Diese Maßnahme korrespondiert auch mit dem Bürgervertrag. Im sogenannten Familienhaus erfolgt die Belegung mit durchschnittlich 1,5 Personen pro Raum. Der beschriebene Mangel eines undichten Daches wurde dem Vermieter kurzfristig zur Beseitigung aufgegeben. Soweit es hygienische Defizite gab, wurden diese den Reinigungsfirmen aufgegeben und die Behebung überwacht. Parallel wurden stets Gespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohnern geführt, um Defizite in diesem Bereich gar nicht erst entstehen zu lassen, siehe auch Vorbemerkung. Den betroffenen Familien wurde mehrfach der Umzug in andere Bereiche der Unterkunft angeboten. Dieses Angebot ist jedoch mit dem Hinweis auf die geringere Größe der Zimmer zunächst abgelehnt worden. Ein erneutes Umzugsangebot im Januar 2019 ist von drei Familien angenommen worden. Die ergriffenen Maßnahmen wie Reinigung, Gespräche, Beseitigung der Mängel waren geeignet, die Situation für die Bewohnerinnen und Bewohner in einer für Containerunterbringungen üblichen Form sicherzustellen. 7. Feuchtigkeit in Wohnräumen kann auch durch das Trocknen von Wäsche in den Räumen und unzureichende Lüftung entstehen. a. Haben Gespräche mit den Bewohnern/-innen stattgefunden, in denen sie über richtiges Lüften von Wohnräumen aufgeklärt wurden ? Drucksache 21/16114 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 i. Falls ja, in welcher Sprache wurden diese Gespräche geführt? ii. Falls nein, warum nicht? Es haben mehrfach Gespräche in Deutsch und Englisch stattgefunden. 8. Aus der Wohnunterkunft Luruper Hauptstraße 11 ist bekannt, dass die Waschräume nicht mit einer Ablagefläche oder Sitzgelegenheit für Babys und Kinder ausgestattet sind, sodass Babys auf dem kalten Containerboden abgelegt werden müssen. a. Stehen inzwischen Ablageflächen, zum Beispiel Bettchen oder Kommoden, für Babys und Kleinkinder im benötigten Umfang zur Verfügung? i. Wenn nein, warum nicht? Ablageflächen beziehungsweise Sitzmöglichkeiten für Kinder stehen den Bewohnerinnen und Bewohnern in den Zimmern zur Verfügung. Ein Ablegen der Kinder auf den Fußboden der Waschräume wurde bisher nicht vom Unterkunfts- und Sozialmanagement beobachtet.