BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16143 21. Wahlperiode 19.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 11.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Zentralstelle Staatsschutz in der Generalstaatsanwaltschaft Die Hansestadt Hamburg will sich in Zukunft verstärkt der Bekämpfung von islamischem Terrorismus widmen. Zu diesem Zweck hat vor Kurzem die „Zentralstelle Staatsschutz“ ihre Arbeit aufgenommen. Die Gründung der Institution verschafft den vier involvierten Staatsanwälten die Möglichkeit, sich künftig ausschließlich mit entsprechenden Fällen zu beschäftigen. Entscheidend ist, dass von nun an immer ein Staatsanwalt für sämtliche Verfahren ein und derselben Person zuständig sein wird. Generalanwalt Jörg Fröhlich zufolge sollen gegenwärtig zahlreiche Personen als islamistische Gefährder bekannt sein, denen man schwere staatsgefährdende Straftaten zutraut. Darüber hinaus wird die Zentralstelle Staatsschutz Fälle von der Generalbundesanwaltschaft übernehmen, die nach eingehender Überprüfung als minderschwer eingestuft worden sind. Dabei handelt es sich etwa um den Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung wie dem IS oder einer verbotenen Organisation wie der PKK. Die Abgabe hängender Verfahren an die Zentralstelle Staatsschutz steht auch in Zusammenhang mit einer akuten Überbelastung der Generalbundesanwaltschaft, deren Fallzahl zwischen 2015 und 2017 um 93 Prozent gestiegen sei. Der Fokus der Zentralstelle Staatsschutz liegt auf der Finanzierung terroristischer Anschläge und der Werbung für Terrororganisationen. Darüber hinaus will man auch nach Hamburg zurückkehrende Veteranen des Krieges in Syrien im Auge behalten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bedingt durch den starken Anstieg von Ermittlungsverfahren mit terroristischem Hintergrund bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg in den vergangenen Jahren wurden durch Beschluss der Bürgerschaft vom 16. Mai 2018 unter anderem Mittel zur Schaffung neuer Staatsschutzstellen bei der Generalstaatsanwaltschaft bereitgestellt (Drs. 21/12324), und zwar 1,0 Stelle Leitende Oberstaatsanwältin/Leitender Oberstaatsanwalt R 3, 4,0 Stellen Oberstaatsanwältin/Oberstaatsanwalt R 2, 0,5 Stelle Justizamtfrau, Justizamtmann A 11 und 2,0 Stellen Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer E 6. Zum Geschäftsjahr 2019 wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft eine weitere Abteilung (Abteilung IV – Zentralstelle Staatsschutz) eingerichtet. Die Zentralstelle nahm ihre Tätigkeit zum 1. Januar 2019 auf Grundlage der Errichtungsanordnung des Generalstaatsanwalts vom 14. Dezember 2018 auf. Alle Stellen der Zentralstelle sind derzeit voll besetzt, lediglich eine der beiden Stellen E 6 (Servicebereich) wird von einer Arbeitnehmerin mit einem Arbeitszeitanteil von circa 75 Prozent wahrgenommen. Drucksache 21/16143 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bei den vier Dezernenten (R 2) sowie dem Abteilungsleiter (R 3) handelt es sich durchweg um Staatsanwälte mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der Wirtschaftskriminalität sowie von Staatsschutzdelikten . Zu den Aufgaben der Zentralstelle gehört die Bearbeitung der vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) nach § 142a Absatz 2 bis 4 GVG an die Generalstaatsanwaltschaft abgegebenen Verfahren sowie die Bearbeitung aller sonstigen nicht in die Zuständigkeit des GBA fallenden Verfahren mit terroristischem Hintergrund . Darüber hinaus ist die Zentralstelle zuständig für Verfahren gegen Personen, die vom LKA Hamburg als sogenannte Gefährder oder relevante Personen eingestuft werden und für Prüfvorgänge mit Terrorismusbezug. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viel Personal arbeitet gegenwärtig in der Zentralstelle Staatsschutz mit? 2. Wer sind die involvierten Staatsanwälte? 3. Wie viele beziehungsweise welche Stellen sind gegenwärtig belegt? Siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele Gefährder sind gegenwärtig in Hamburg bekannt? Siehe Drs. 21/15521. 5. Wie viele Fälle von islamistischen Gefährdern werden gegenwärtig von der Zentralstelle Staatsschutz betreut? 6. In wie vielen Fällen geht es dabei um Kriminalitätsphänomene aus einem der folgenden Bereiche? a) Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung b) Finanzierung subversiv-staatsgefährdender Bestrebungen c) Werbung für illegale Organisationen d) Radikalisierung von Muslimen Derzeit führt die Zentralstelle Prüfvorgänge betreffend elf Personen, die vom Landeskriminalamt Hamburg als Gefährder eingestuft worden sind. Den Beobachtungsvorgängen liegen jeweils Erkenntnisse aus unterschiedlichen und in einander übergehenden Phänomenen mit terroristischen Bezügen zugrunde, sodass eine Differenzierung im Sinne der Fragestellung nicht möglich ist. 7. In wie vielen der zurzeit geführten Staatsschutzverfahren verfügen die Angeklagten nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft? 8. In wie vielen Fällen handelt es sich bei den Angeklagten um Deutsche beziehungsweise Deutsche mit zweiter Staatsangehörigkeit? Bitte jeweils auch die zweite Staatsbürgerschaft nennen. Derzeit sind fünf Beschuldigte durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg angeklagt und noch nicht rechtskräftig verurteilt. Einer der Angeklagten besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. 9. In wie vielen Fällen bekennen sich die Angeklagten zu einer der folgenden Religionen? a) Judentum b) Christentum c) Islam d) Buddhismus e) Hinduismus Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16143 3 Das Bekenntnis zu einer Religion wird im Vorgangserfassungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Generalstaatsanwaltschaft nicht erfasst und ergibt sich im Übrigen auch nicht in allen Fällen aus den Ermittlungen. Die Beiziehung und händische Auswertung der fünf oben genannten Ermittlungs- und Strafakten der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg ist innerhalb der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Es handelt sich um umfangreiche Verfahren mit bis zu 170 Aktenbänden oder Stehordnern, von denen jede Seite auf einen diesbezüglichen Hinweis geprüft werden müsste. 10. In wie vielen Fällen werden den Angeklagten Verbindungen zum IS vorgeworfen ? In einem Fall. 11. In wie viele Fällen geht es um andere illegale Organisationen? Bitte bei der Beantwortung auch deren Namen nennen. In vier Fällen. Laut Anklagevorwürfen stehen in je einem Fall Verbindungen zur DHKP/C, zur PKK, zur FDLR sowie zu den Taliban in Rede. 12. Wie lange wurde die Schaffung der Zentralstelle Staatsschutz geplant? Siehe Vorbemerkung. 13. Ist für die Zukunft eine etwaige Erweiterung vorgesehen? Falls ja, wie soll diese aussehen? Nein.