BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16150 21. Wahlperiode 19.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 11.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Abfrage von Informationen zum Sicherheitspersonal in Hamburger Flüchtlingsunterkünften – Februar 2019 In den Flüchtlingsunterkünften Hamburgs treffen Menschen aufeinander, die sich in Hinblick auf ihre Ethnie, Sprache und Religion fundamental voneinander unterscheiden. Da Konflikte unter diesen Bedingungen zu erwarten sind, ist gut ausgebildetes Sicherheitspersonal unabdingbar. Wie man weiß, kommt es auch in Hamburger Erst- und Folgeunterbringungen regelmäßig zu gewaltsamen Konflikten, die nicht selten infolge von religiösem Hass entstehen . Da die überwiegende Mehrheit der Asylsuchenden aus Muslimen besteht, richtet sich die Gewalt häufig gegen Christen sowie Angehörige anderer Konfessionen. Dabei handelt es sich um eine Erscheinung, die bundesweit bekannt ist und immer wieder für Aufsehen gesorgt hat. Obwohl mittlerweile unterschiedliche Studien vorliegen1, die das Phänomen der religiös motivierten Gewalt näher untersuchen, streitet der Senat dessen Existenz für Hamburg vehement ab.2 Die erwähnten Untersuchungen zeigen das Problem auf, dem zufolge religiös motivierte Gewalt oftmals gar nicht als solche erkannt wird. Dazu konstatiert das Innenministerium des Landes Brandenburg: „Es fällt auf, dass in den Befragungen religiös und kulturell bedingte Konflikte als mögliche Ursache der gewalttätigen Vorkommnisse selten direkt benannt wurden. Dennoch führen fast alle Befragten die genannten bzw. beobachteten Auseinandersetzungen auf Unverständnis in Bezug auf die Lebensweise der anderen Gruppen und wenig gegenseitige Rücksichtnahme zurück. Immer wieder wurde Hass zwischen unterschiedlichen Nationalitäten oder Religionen als letztliche Ursache benannt.“3 Eine von Open Doors in Auftrag gegebene Studie zu religiös motivierter Gewalt in deutschen Flüchtlingsunterkünften konnte zeigen , dass christliche Flüchtlinge in 49 Prozent der fixierten Fälle zusätzlich auch von Mitarbeitern diskriminiert oder verfolgt wurden; in Berlin belief sich dieser Anteil gar auf 69 Prozent.4 1 Hierzu siehe: Gewalt in den Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende im Land Brandenburg . Situationsanalyse. Herausgegeben vom Fachberatungsdienst Zuwanderung, Integration und Toleranz im Land Brandenburg (Im Folgenden Situationsanalyse 2015); Mangelnder Schutz religiöser Minderheiten in Deutschland. Religiös motivierte Übergriffe auf 743 christliche Flüchtlinge in deutschen Asylunterkünften. Eine Erhebung von Open Doors Deutschland (im Folgenden Open Doors). 2 Confer Drs. 21/3166, 21/3293. Seite. 2. 3 Confer Situationsanalyse. Seite 16. 4 Siehe Open Doors. Seite 12. Drucksache 21/16150 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dieser Befund lässt den Schluss zu, dass sich eingesetztes Sicherheitspersonal offensichtlich an der Diskriminierung nicht muslimischer Bewohner beteiligt. Tatsächlich ist auch für Hamburg ein solcher Fall verbürgt. So wurde im November 2013 der für die Erstaufnahmeeinrichtung Schnackenburgallee zuständigen Sicherheitsfirma die Zusammenarbeit aufgekündigt, nachdem bekannt geworden war, dass deren Personal christliche Asylsuchende im täglichen Umgang gegenüber Muslimen benachteiligt hatte.5 Obwohl bislang keine Daten über die Herkunft des eingesetzten Wachpersonals , sondern nur über die Voraussetzungen für deren Diensttauglichkeit vorliegen , kann man erkennen, dass ein Teil von ihm offenbar selbst aus muslimischen Kulturkontexten stammt. So erwartet etwa die Johanniter-Unfall- Hilfe e.V. (JUH), dass immer auch Sicherheitskräfte mit arabischen Sprachkenntnissen beziehungsweise in Dari/Farsi verfügbar sind.6 Erklärungen des Senats zufolge muss das eingesetzte Personal grundsätzlich dazu in der Lage sein, „mit den Betreuten des Auftraggebers sowie Besuchern sprachlich differenziert zu kommunizieren.“7 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele der in Drs. 21/4686 genannten Sicherheitsdienste werden gegenwärtig von f & w fördern und wohnen AöR in Hamburger Erst- und Folgeunterkünften eingesetzt? Siehe Drs. 21/16101. 2. Da der Senat jede einzelne Person, die als Wachmann zum Einsatz kommt, anhand eines erweiterten Führungszeugnisses vor Dienstantritt prüfen lässt, möchte der Fragesteller wissen, ob der Senat auch Angaben zum ethnischen Hintergrund dieser Leute machen kann. Wie hoch ist demnach der prozentuelle Anteil von Wachleuten, die aus muslimischen Kulturkontexten stammen? 3. Kann der Senat sagen, wie viele der in Hamburger Erst- und Folgeunterbringungen eingesetzten Wachleute nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen? 4. Werden mittlerweile Daten zum Besitz der doppelten Staatsangehörigkeit erhoben? Diese Daten werden nicht erhoben. Siehe auch Drs. 21/8234. 5. Wie hoch beläuft sich der prozentuelle Anteil von Personen am Wachpersonal , die Kenntnisse der folgenden Sprachen nachweisen können? a) Arabisch b) Farsi/Darsi c) Paschtu d) Afrikanische Sprachen e) Russisch f) Englisch g) Französisch Siehe Drs. 21/14082. 6. Wie wird die Fremdsprachenkompetenz des eingesetzten Personals gegenwärtig ermittelt? 5 Confer Drs. 21/4216. Seite 4. 6 Confer Drs. 21/4686. Seite 2. 7 Confer Drs. 21/3278. Seite 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16150 3 7. In wie vielen Fällen haben Anwärter den sprachlichen Anforderungen nicht genügt? 8. Nach Aussage des Senats werden neben nativen Sprechern auch Fremdsprachler eingesetzt. Wie hoch belaufen sich die Anteile beider Gruppen gegenwärtig? Siehe Drs. 21/8234. Darüber hinaus werden die Daten nicht erhoben. 9. Wie ist die ethnische Struktur der in Hamburg untergebrachten Asylsuchenden zum 1. Februar 2019 beschaffen? Falls diese Daten nicht systematisch erhoben werden, bitte angeben, was für Informationen überhaupt vorliegen. Siehe Drs. 21/8234, 21/10533 und 21/14082. Darüber hinaus werden in vorgesehenen Fachverfahren Daten zu Staatsangehörigkeit, Alter, Geschlecht und Familienstand erhoben.