BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16235 21. Wahlperiode 22.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten André Trepoll und Ralf Niedmers (CDU) vom 14.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Hat sich der rot-grüne Senat mit der Bebauung des Kleinen Grasbrooks verkalkuliert? (II) Auf der Fläche des Kleinen Grasbrooks plant der rot-grüne Senat eine Bebauung mit 3 000 Wohnungen für 6 000 Menschen sowie Gewerbebauten mit bis zu 16 000 Arbeitsplätzen. Der restliche Bereich soll laut „Letter of Intent“, der im August 2017 zwischen der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) sowie dem Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) und dem Industrieverband Hamburg (IVH) unterzeichnet wurde, für die Hafennutzung vorbehalten werden. Ein wesentliches Ziel des Projekts soll die Bereitstellung attraktiver Flächen für Großbetriebe darstellen. Seit Unterzeichnung des „Letter of Intent“ mehren sich Stimmen unter anderem aus der Hafenwirtschaft, die Verstöße des rot-grünen Senats gegenüber dieser Vereinbarung sehen. Dies gilt insbesondere für den Nutzungskonflikt zwischen Wohnungen, Gewerbe und Hafenbetrieben, die der Störfallverordnung unterliegen, und den daraus folgenden vorgeschriebenen Sicherheitsabständen . Anders als vereinbart, scheinen betroffene Betriebe zunehmend in ihrer Entwicklung und Planungssicherheit beeinträchtigt. Auch wenn die geschlossene Absichtserklärung keine rechtsverbindliche Wirkung hat, sollte der rotgrüne Senat sein Wort halten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Aus der bisherigen Bearbeitung der verschiedenen Themenfelder zur Entwicklung des neuen Stadtteils Grasbrook ergeben sich keine Anhaltspunkte für Einschränkungen in Bezug auf das im September 2017 vorgestellte Grundkonzept des Stadtteils Grasbrook oder Hinweise, dass das Konzept des Stadtteils Grasbrook nicht mit den bekannten geplanten Entwicklungsmöglichkeiten des Hafengebietes auf dem Kleinen Grasbrook im Einklang steht. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der HafenCity Hamburg GmbH (HCH) und der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Was sind die zentralen Erkenntnisse des öffentlichen Workshopverfahrens zur Bebauung des Kleinen Grasbrooks und wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese? Die öffentlichen Workshopverfahren zur Bürgerbeteiligung laufen derzeit noch und sind nicht abgeschlossen. Erst nach Abschluss folgt eine Auswertung und Bewertung. 2. In der Sitzung des Haushaltsausschusses der Bürgerschaft am 11 Januar 2018 hatten die Senatsvertreter eine umfangreiche Bestandsaufnahme als Grundlage und Voraussetzung für die weiteren Entwicklungsschritte und für eine Kommunikations- und Beteiligungsstruktur ange- Drucksache 21/16235 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 kündigt (vergleiche Drs. 21/12373). Im November 2018 war die Untersuchung bereits abgeschlossen, während sich die entsprechenden Ergebnisse noch in der Prüfung befanden (vergleiche Drs. 21/14810). Was hat die Auswertung zu folgenden Punkten im Einzelnen ergeben: a) Lärm- und weitere Umgebungseinwirkungen, b) Ökologie (unter anderem Uferkanten und Gewässer), c) Infrastruktur (unter anderem eisenbahnrechtliche Bestandssituation ), d) Baugrund, Altlasten und Kampfmittel, e) Flächen- und Gebäudevermessungen, f) Grundstücksrechte und Planungsrecht, g) finanzielle Fragen und Entwicklungsträgerschaft? Die Bestandsaufnahmen wurden abgeschlossen und sind weiter in Prüfung. Die je Themenfeld zusammengefassten Ergebnisse sind zwischen der HCH, den zuständigen Behörden und Gutachtern im Januar 2019 erörtert worden. Es werden noch verbliebene offene Sachfragen geklärt, die von den Teilnehmern als hilfreich für die Auslobung des städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbs erachtet werden und in diesen eingepflegt werden sollen. Die Untersuchungsergebnisse der Bestandsaufnahme werden nach endgültigem Abschluss der Prüfungen in ein Gesamtdokument eingearbeitet, sodass diese dann wie vorgesehen in das Transparenzregister eingestellt werden. 3. Wurden im Zuge der Bestandsaufnahme weitere Bereiche untersucht? Wenn ja, welche und mit welchen Ergebnissen? Es wurden Übergangsbereiche zur Veddel untersucht, um Möglichkeiten der Verknüpfung zur Veddel vorprüfen zu können. Besonders die Wechselwirkungen mit den Bereichen westlich der Straße am Moldauhafen, südlich des Norderelbeufers, westlich der Veddeler Brückenstraße und nördlich der Straße Passierzettel (Quartier Veddel Nord) wurden betrachtet. Dieses sind wiederum Vorarbeiten für das städtebaulichfreiraumplanerische Verfahren. Auch für die verkehrliche Betrachtung ist es notwendig , einen größeren Betrachtungsraum zu wählen. Die Ergebnisse werden ebenfalls im Rahmen der abschließenden Auswertung der Bestandsaufnahme in einem Gesamtdokument dargestellt und im Transparenzregister veröffentlicht. 4. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die aus Fragen 2. und 3. genannten Ergebnisse und welche Maßnahmen werden daraus abgeleitet? Entfällt. 5. Sollte die zuvor erwähnte Auswertung der Untersuchungsergebnisse noch immer nicht abgeschlossen sein: Warum nicht und wann ist mit einem Abschluss sowie der Vorstellung der zentralen Erkenntnisse zu rechnen? Die Ergebnisse werden bis zum Sommer 2019 in den Auslobungstext des städtebaulich -freiraumplanerischen Wettbewerbsverfahrens einbezogen. Der Text der Auslobungsunterlage soll öffentlich vorgestellt und in seiner endgültigen Fassung öffentlich gemacht werden. 6. Sollten auf dem Kleinen Grasbrook Altlasten und Kampfmittel festgestellt worden sein: In welchem Ausmaß und wie wirkt sich der Fund auf die bisherige Planung aus? Welche Änderungen und zusätzlichen Arbeitsschritte (zum Beispiel Grabungen) ergeben sich dadurch und mit welchen Auswirkungen rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde im Hinblick auf Projektdauer und Kostenentwicklung? Entsprechende Kampfmittelsondierungen wurden bisher nicht durchgeführt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16235 3 7. Welche Kenntnis hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde über die Vornutzungen, insbesondere während des zweiten Weltkriegs , der zuvor erwähnten Flächen? Bitte die einzelnen Nutzungen nach Jahren und seit Beginn der Dokumentation auflisten. Kenntnisse zur Vornutzung liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 8. Liegen dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde seit der letzten Abfrage erste Erkenntnisse darüber vor, mittels welcher Maßnahmen die Wahrung angemessener Sicherheitsabstände zwischen Störfallbetrieben und schutzwürdigen Nutzungen künftig eingehalten werden sollen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht und wann soll die Klärung solch essenzieller Fragen erfolgen? Nach heutigen planerischen und rechtlichen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass ein ausreichender räumlicher Abstand zwischen dem Standort für die Lagerung störfallrelevanter Stoffe und den geplanten drei Quartieren Hafentorquartier, Moldauhafenquartier und Freihafenelbquartier erreicht werden kann sodass es nicht zu einer Einschränkung der geplanten Nutzungen, weder der Gewerbe- noch der Wohnnutzung , kommt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Führt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde derzeit Gespräche mit ansässigen Betrieben hinsichtlich Mietvertragsverlängerungen , Flächenverlagerungen beziehungsweise Ausgleichsflächen oder finanzieller Entschädigungen? Wenn ja, in wie vielen Fällen? Es werden derzeit mit zwei Mietvertragspartnern der HPA Gespräche geführt. 10. Wie steht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde der Option gegenüber, die Nutzung von Gewerbeflächen auf dem Kleinen Grasbrook künftig mittels Erbbaurechtsverträgen zu ermöglichen? Es gelten die in den Drs. 21/8486 und 21/16049 dargelegten Leitlinien. Die Entscheidungsfindung hierzu ist noch nicht abgeschlossen. 11. Ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde die Bereitschaft über die Investition von 100 Millionen Euro seitens Edeka, deren Voraussetzung eine Vertragsverlängerung mit der HHLA-Tochter UNIKAI Lagerei- und Speditionsgesellschaft mbH, Hamburg ist, bekannt? Wenn ja, seit wann? Die Edeka AG & Co. KG hat mit einer Bauvoranfrage vom 27. November 2018 ihre Absicht bekannt gegeben, ihre Anlagen im Bereich des Kleinen Grasbrooks zu verlagern und zu erneuern. Das beabsichtigte Investitionsvolumen ist nicht bekannt. 12. Wie viele Quadratmeter Fläche soll nach derzeitigem Planungsstand für den Bau von etwa 3 000 Wohnungen bereitgestellt werden und hält der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diese Fläche, auch beim Weiterlaufen aller ansässigen Betriebe, für auskömmlich? In der vorläufigen Flächenschätzung wird von circa 8,5 ha Fläche für Wohnungsbau ausgegangen. Genauere Angaben zur Flächenverteilung können erst nach dem Abschluss des städtebaulich-freiraumplanerischen Verfahrens gemacht werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 13. Die HHLA-Tochter UNIKAI Lagerei- und Speditionsgesellschaft mbH, Hamburg soll seit Jahren auf eine Vertragsverlängerung des Pachtvertrags warten, der die Voraussetzung für eine Investition von Edeka in beachtlicher Höhe von 100 Millionen Euro darstellt. Sind die Verhandlungen über das Mietverhältnis mittlerweile vorangeschritten? Siehe Drs. 21/13104. Drucksache 21/16235 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 14. Welches Wirtschaftlichkeitskonzept liegt dem Großbauprojekt auf dem Kleinen Grasbrook zugrunde und auf welche Berechnungen beziehungsweise welche konkreten Berechnungsschlüssel geht unter anderem die seitens des Senats genannte Angabe von circa 16 000 neuen Arbeitsplätzen zurück? Bei der Schätzung von circa 16 000 Arbeitsplätzen werden gewerbliche Nutzungen für Büros konservativ mit einem Arbeitsplatz pro 30 m² Geschossfläche kalkuliert, öffentlichkeitsbezogene Nutzungen überwiegend in den Erdgeschossen mit einem Arbeitsplatz pro 50 m² Geschossfläche und sonstige gewerbliche Nutzungen (F+E, Verwaltung , Produktion) mit 100 m² Geschossfläche pro Arbeitsplatz. Diese Benchmarks ergeben sich aus marktüblichen Werten bei Neubauten in intensiv genutzten Stadtlagen .