BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16256 21. Wahlperiode 22.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 15.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Imame in Hamburger Moscheen – Noch immer ein Dunkelfeld? Als zweitgrößte Stadt Deutschlands beherbergt Hamburg seit Jahrzehnten eine stetig wachsende islamische Gemeinde. Der BASFI zufolge hat diese im Jahr 2013 bereits 130 000 Mitglieder gezählt, was gegenwärtig einem Anteil von 8 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht.1 Darüber hinaus gehören die Imam-Ali-Moschee und dessen Träger, das Islamische Zentrum Hamburg , zu den ältesten islamischen Einrichtungen Deutschlands. Obwohl sich die Muslime der Hansestadt auf eine Vielzahl unterschiedlicher konfessioneller Gruppen verteilen, ist ihnen allen das Beten in Moscheen gemein. Bei den mittlerweile 2 600 Moscheen, die es gegenwärtig in Deutschland gibt, handelt es sich mehrheitlich um Einrichtungen mit peripherer Lage wie Hinterhöfe, Fabrikgelände oder ehemalige Ladenlokale, die über keine Minarette verfügen . Erst seit den 1990er-Jahren ist eine Entwicklung zu beobachten, der zufolge Muslime verstärkt Wert darauf legen, ihre Religion sichtbar zu leben, weshalb sie immer öfter den Bau von repräsentativen Moscheen fordern. Diese Tatsache belegt, dass Menschen muslimischen Glaubens Deutschland zunehmend als neue Heimat verstehen. Dabei handelt es sich um eine Tendenz , von der auch Hamburg nicht ausgenommen ist. Da der Senat den Muslimen bei derartigen Anliegen sehr entgegenkommt2 und den Islam im Rahmen eines Staatsvertrages als elementaren Bestandteil des religiösen Lebens in Hamburg gewürdigt hat, ist nicht nachvollziehbar, warum er offenbar kein Interesse an Gegenleistungen hat. Denn bislang hat sich der Senat lediglich darauf beschränkt, von den islamischen Trägerverbänden ein Bekenntnis zum Prinzip von „Offenheit und Transparenz“ zu fordern ,3 das – wie er selbst sagt – aber nur als „akzeptanzfördernde Maßnahme für ein gedeihliches Miteinander der muslimischen und nicht muslimischen Bevölkerung“ ohne jedwede Verbindlichkeiten gedacht ist.4 Für großes Unverständnis sorgt zudem, dass der Senat bislang nicht einmal elementare Informationen abfragt. So hat er nach eigener Aussage keine Kenntnis davon, welche Personen in Hamburger Moscheen als Imame wirken und inwiefern diese eine geeignete Ausbildung dafür mitbringen.5 Auch hat er eingeräumt, die Anzahl der in Hamburg betriebenen Moscheen nicht immer genau zu kennen und sieht zudem keinen Grund dafür, die Imame auf ihre Eignung hin zu prüfen, da darin eine „Verletzung der Religionsfreiheit“ beste- 1 Confer BASFI 2013. 2 So hat der Senat bislang etwa die Genehmigung zum Bau einer Großmoschee in Wilhelmsburg für 1 000 Gläubige genehmigt. 3 Confer Drs. 21/2578. 4 Confer ibidem. 5 Confer Drs. 21/1987. Drucksache 21/16256 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 he.6 Damit nicht genug, müssen Hamburger Imame nach gegenwärtiger Rechtslage noch nicht einmal einen Nachweis über ihre Deutschkenntnisse erbringen7 – eine Voraussetzung, die mittlerweile für alle anderen Ausländer, die zum Leben nach Deutschland kommen, obligatorisch ist und von der man längst weiß, dass Integration ohne sie niemals gelingen kann. Gleichwohl nimmt man es als gegeben hin, dass die Moscheegemeinden ihr Personal im Ausland rekrutieren, mit der Folge, dass die Messen in den meisten Moscheen nicht auf Deutsch, sondern in den jeweiligen Landessprachen gefeiert werden. Man kann konstatieren, dass sich die Ausgestaltung des muslimischen Lebens innerhalb der Moscheegemeinden in Hamburg faktisch in einem Dunkelfeld abspielt, das einen staatlichen Einblick aus den genannten Gründen nahezu unmöglich macht – ein Zustand, der besonders in Hinblick auf die Flüchtlingskrise untragbar ist und umso wichtiger sein muss, als die Anzahl der Muslime in Hamburg stark angestiegen ist. Infolgedessen sind Einrichtungen wie die Al-Nour-Moschee in Horn (ehemals St. Georg), in der sich zum Freitagsgebet mittlerweile 2 500 Gläubige8 einfinden, mittlerweile darauf angewiesen, mehrere Gottesdienste abzuhalten. Dass der Senat sich nicht darum kümmert, auf wen diese Menschen bei einem Moscheebesuch treffen und daher auch nicht weiß, welchen Einflüssen sie dort ausgesetzt sind, ist nicht hinnehmbar; gerade auch deshalb, weil das Beispiel Anis Amris gezeigt hat, dass eine derart lasche Politik dafür verantwortlich gewesen ist, dass in Moscheen Islamisten ungestört ihre Ideologie verbreiten konnten. Vollends erkennbar wird die Dimension des Problems allerdings erst vor dem Hintergrund des 11. September 2001. Denn wie im Falle Amris hatten auch seine Protagonisten eine jahrelange Radikalisierung in Hamburger Moscheen durchlaufen, weil man zu keinem Zeitpunkt wusste, was für Personen dort predigten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Dass der Bau einer „Großmoschee“ in Wilhelmsburg genehmigt (siehe Fußnote 2 im Fragetext) worden sei, ist nicht zutreffend. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Moscheen werden zum 1. Februar 2019 in Hamburg betrieben (die Studie „Hamburg postmigrantisch“ nennt eine Anzahl von 50)?9 Bitte anhand der Trägerverbände (DITIB-Nord, SCHURA, Verband der islamischen Kulturzentren) aufschlüsseln. 2. Wie viele betriebene Moscheen stehen gegenwärtig außerhalb dieser Trägerverbände? 3. Welchen ethnisch-nationalen Communities (arabisch, türkisch, persisch et cetera) lassen sich die Moscheen im Einzelnen zuordnen? 4. Wie viele Imame sind momentan in Hamburger Moscheen beschäftigt? Bitte anhand der Trägerverbände sowie den übrigen Moscheegemeinden aufschlüsseln. 5. Aus welchen Herkunftsländern stammen diese Imame? Bitte einzeln aufschlüsseln. 6. In wie vielen Fällen erhalten die Imame ihr Gehalt aus dem Ausland? 7. Hat der Senat Kenntnis darüber, für wie lange Imame jeweils eine Stelle in den Moscheen versehen? 6 Confer ibidem. 7 Confer ibidem. 8 „Wo Hamburgs Muslime im Akkord beten“. „Hamburger Abendblatt“. 5. März 2016. 9 Confer „Hamburg postmigrantisch“. Seite 31. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16256 3 8. Auf welcher rechtlichen Grundlage werden Imame gegenwärtig in Hamburg eingestellt? a) Schließen die Moscheen dazu mit ihnen Verträge? b) Inwieweit nimmt der Senat darauf Einfluss? Gibt es womöglich Vorgaben ? 9. Wird der Senat im Vorfeld über die Einstellung von Imamen informiert? 10. Hat der Senat Kenntnisse darüber, ob Imame im Rahmen ihres Aufenthalts an mehreren Moscheen wirken und bekommt er mit, wenn diese ihren Arbeitsplatz wechseln? 11. Was für Voraussetzungen muss ein ausländischer Bürger gegenwärtig erfüllen, um in Hamburg als Imam arbeiten zu können? 12. Werden die Bewerber vor ihrer Einstellung in Rücksprache mit den Behörden ihrer Herkunftsländer polizeilich überprüft (so wie etwa auch die Mehrheit der deutschen Arbeitnehmer, von denen bei einer Einstellung gewöhnlich ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt wird)? Siehe Drs. 21/4559 und 21/15738. 13. Inwieweit haben sich die rechtlichen Bedingungen unter dem Eindruck der Erfahrungen der letzten Jahre verändert? Die rechtlichen Bedingungen haben sich insoweit in den letzten Jahren nicht verändert .