BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16265 21. Wahlperiode 26.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 18.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Erfolgsmodell fifty/fifty – Was spricht für den Senat dagegen? Seit mehr als 20 Jahren gilt an Hamburgs Schulen: Schulen, die Heizung, Wasser und Energie sparen oder Müll vermeiden, bekommen die Hälfte der eingesparten Kosten zur schuleigenen Verfügung erstattet. Wer mehr spart, erhält auch mehr Geld. Noch 2016 beschloss die Hamburgische Bürgerschaft , das System fifty/fifty zu erhalten und weiterzuentwickeln. Für die Gestaltung der Weiterentwicklung wurde ein Gutachten an das ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu) vergeben. Irritierend ist nun, dass der rot-grüne Senat fifty/fifty plötzlich durch ein anderes System ersetzen will, nachdem die Prämie zum Beispiel auch Schulen erhalten sollen, deren Verbräuche im Vergleich zum Vorjahr gleich geblieben oder sogar geringfügig angestiegen sind. Mit Anreiz hat dies nichts zu tun, dabei ist das bisherige fifty/fifty ein Erfolgsmodell: Seit 2013 (fifty/fifty- Abrechnungsjahr 2012) haben sich die fifty/fifty-Einsparquoten positiv entwickelt : von 13,4 Prozent 2012 stetig ansteigend auf 16,1 Prozent 2016. Auch die Kosten-Nutzen-Rechnung fällt positiv aus: In Bezug auf den personellen beziehungsweise finanziellen Aufwand von fifty/fifty beziffert der Senat für den Arbeitsbereich fifty/fifty durchschnittlich 3,5 Stellen, besetzt mit vier Beschäftigten der Behörde für Schule und Berufsbildung. In einem Flugblatt der Behörde von 2013 heißt es bezogen auf die Jahre 1994 – 2011 zur Kosten -Nutzen-Rechnung: „Durch diese Einsparungen konnten die Betriebskosten der Schulen (inkl. Wasser und Abfall) um über 45 Mio. Euro reduziert werden. Und gekostet hat das Ganze, weil die eigentliche Leistung ja von den Schulen selbst erbracht wird, nur etwa 3,5 Mio. Euro für die Verwaltungsarbeit .“ Aus diesen Angaben ergibt sich ein Verhältnis von personellem /finanziellem Aufwand zu erzielten Einsparungen (einfach formuliert: Kosten /Nutzen) von 1 zu 12,8. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Nutzerverhalten, das mit dem Anreizsystem fifty/fifty prämiert wird, ist ein Baustein für Energieeinsparungen an den Hamburger Schulen. Der ganzheitliche Ansatz des Energiemanagements von SBH | Schulbau Hamburg und GMH | Gebäudemanagement Hamburg GmbH geht jedoch weit darüber hinaus. Ziel ist es, die Energieverbräuche an den Schulen zu senken und dadurch einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Das Maßnahmenbündel umfasst neben fifty/fifty ein Energiecontrolling , hohe energetische Standards für Bau und Betrieb der Schulen, den verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energien und Blockheizkraftwerken, Betriebsoptimierungen von technischen Anlagen, energetische Beratungen sowie regelmäßige Hausmeisterinnen - und Hausmeisterschulungen. Auf Grundlage des aktuellen Sanierungsfahrplans sollen bis 2027 sämtliche Schulgebäude auf einen guten Gesamtzustand Drucksache 21/16265 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gebracht werden. Hinzu kommen Zu- und Neubauten auf hohem energetischem Niveau. Auf jedem Neubau wird zudem ein Gründach errichtet. Die Bürgerschaft hat mit Drs. 21/4061 den Senat aufgefordert, angesichts veränderter Rahmenbedingungen im Schulbau das Anreizsystem fifty/fifty organisatorisch und inhaltlich weiterzuentwickeln und ein ausgewiesenes Umweltinstitut mit der Konzeptentwicklung zu beauftragen. Diesem Ersuchen ist der Senat nachgekommen und hat das ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu) mit der Aufgabe betraut. Über das Ergebnis hat der Senat der Bürgerschaft als Anlage zur Drs. 21/13332 berichtet. Das Gutachten wurde am 22. November 2018 im Schulausschuss ausführlich erläutert und diskutiert. Es berücksichtigt die geänderten Rahmenbedingungen im Hamburger Schulbau mit der Einführung des Mieter-Vermieter-Modells, Schwächen und Ungerechtigkeiten im bestehenden System sowie die Entwicklungen in anderen deutschen Kommunen. Aufgrund umfassender Erfahrung mit der Einführung, Weiterentwicklung , Beratung und Betreuung verschiedener Anreizsysteme zum Energiesparen hat sich das ifeu dafür ausgesprochen, aufwändige und fehleranfällige nutzerbedingte Verbrauchsberechnungen möglichst zu vermeiden und den Schwerpunkt auf die Prämierung pädagogischer Maßnahmen zu legen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Seit 2013 (fifty/fifty-Abrechnungsjahr 2012) arbeitet fifty/fifty im Rahmen des Vermieter/Mieter-Modells und die Einspar- beziehungsweise Prämienberechnungen werden von Schulbau Hamburg (SBH) durchgeführt. Stimmt der Senat der Bewertung zu, dass sich fifty/fifty unter diesen 2013 geänderten Rahmenbedingungen (Vermieter/Mieter-Modell) positiv entwickelt hat? a) Wenn nein: Warum sieht der Senat im kontinuierlichen Anstieg der Einsparquoten seit 2012 keine positive Entwicklung? b) Wenn ja: Hält der Senat trotz dieser positiven Entwicklung von fifty /fifty weiterhin eine „Anpassung“ von fifty/fifty für erforderlich? Nein. Die genannten „Einsparquoten“ beziehen sich auf die bisherige fifty/fifty-Berechnungsmethode , die nur die Minderverbräuche der Schulen berücksichtigt. Diese sind überwiegend baulich bedingt. Die nutzerbedingten Mehrverbräuche sind in diesen Werten nicht enthalten. Damit werden die Erfolge von fifty/fifty überzeichnet. Um ein realitätsnäheres Bild zu erhalten, müssten Mehr- und Minderverbräuche saldiert betrachtet werden. Die Entwicklung der tatsächlichen Einsparungen lässt sich aus der Grafik „ausgezahlte fifty/fifty-Prämie“ ablesen, da die Prämien direkt mit den errechneten Einsparungen korrelieren. Seit 2010 sind die Prämien und somit auch die errechneten Einsparungen deutlich gesunken. Zur grundsätzlichen Problematik, nutzerbedingte Energieeinsparungen exakt zu berechnen und von baulichen Faktoren abzugrenzen, und den dadurch über die Jahre zunehmenden Fehlern und Ungerechtigkeiten bei der fifty/fifty-Prämienberechnung siehe ausführlich Drs. 21/13332 und 21/13721 sowie die Ausführungen im Schulausschuss am 22. November 2018 (Ausschussprotokoll 21/35). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16265 3 2. Als zentrale Begründung für die Reform beziehungsweise Weiterentwicklung von fifty/fifty wird vom Senat angeführt, dass das bisherige Verfahren der Prämienberechnung zu aufwändig sei. Hält der Senat einen jährlich einmaligen Zeitaufwand der Schulen für das Ausfüllen eines Fragebogens von drei bis vier Stunden im Rahmen eines Klimaschutzprojektes für zu aufwändig? Wenn ja: Welchen zeitlichen Aufwand pro Jahr und Schule hält der Senat in einem Klimaschutzprojekt für das einmalige Ausfüllen eines Fragebogens für angemessen? Die entscheidenden Gründe für die geplante Weiterentwicklung von fifty/fifty sind die geänderten Rahmenbedingungen im Hamburger Schulbau mit der Einführung des Mieter-Vermieter-Modells, Schwächen und Ungerechtigkeiten im bestehenden System sowie die Entwicklungen in anderen deutschen Kommunen. Dabei soll die Gelegenheit genutzt werden, das Abrechnungsverfahren zu vereinfachen und zu automatisieren . Für das Ausfüllen des Fragebogens werden die Schulen zukünftig voraussichtlich eine halbe Stunde aufwenden. Aufseiten von SBH/GMH führt die Vereinfachung des Berechnungsverfahrens dazu, dass der Aufwand sinken wird. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/13332 und 21/13721. 3. Sind die im Vorspann gemachten Angaben zu Kosten und Nutzen richtig ? Hat fifty/fifty insgesamt in etwa das Zwölffache seiner Kosten erwirtschaftet ? a) Wenn nein: Wie ist das korrekte Verhältnis von finanziellem Aufwand zu erzielten Einsparungen bei fifty/fifty in den Jahren 1994 – 2011? Bitte erläutern. b) Wenn ja: Warum ist nach Auffassung des Senats ein Verfahren, welches in etwa einen zwölffachen finanziellen Ertrag im Vergleich zu den Kosten erwirtschaftet, zu aufwändig? Die im Vorspann gemachten Angaben ergeben sich aus der bisherigen fifty/fifty- Berechnungsmethodik mit den in der Antwort zu 1. beschriebenen Schwachstellen. Zu den Gründen für die Weiterentwicklung von fifty/fifty siehe Vorbemerkung, Antwort zu Frage 2. sowie Drs. 21/13332 und 21/13721. 4. Welchen Wortlaut hatte der Auftrag an den Gutachter? Zielstellung der Beauftragung war die Weiterentwicklung des fifty/fifty-Programms. Ein Anreizsystem zum Umwelt- und Ressourcenschutz an den Schulen sollte hierbei erhalten bleiben. Dabei war ein einfaches, transparentes, ganzheitliches und zukunftsfähiges System, das gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitet und eingeführt wird, zu entwickeln. Das Grundprinzip der Belohnung von Einsparungen im Energie-, Wasser - und Abfallbereich und die Verminderung von Kohlendioxid-Emissionen war beizubehalten . Darüber hinaus sollten das Leistungsprinzip und die Verteilungsgerechtigkeit gestärkt werden. Pädagogische Bemühungen sollten berücksichtigt und eine stärkere „Verzahnung“ von Technik und Pädagogik erreicht werden. Der finanzielle Rahmen sollte dabei beibehalten werden. Die Leistungsbestandteile des Auftrags umfassten Grundlagenarbeit, die Erstellung eines Gutachtens, Umsetzung und gegebenenfalls Evaluation. 5. Welche Kosten hat das Gutachten verursacht? Die Gesamtkosten belaufen sich laut Vertrag auf 116 630 Euro. Bisher wurden 50 290 Euro abgerechnet.