BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16312 21. Wahlperiode 26.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 19.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Die Last durch Straßenbaustellen lindern, die Staustadt bekämpfen – Wie ist es in Hamburg um den Einsatz der geschlossenen Bauweise ohne lästige Aufgrabungen bestellt? Mobilität ist für Hamburg als Herz einer Metropolregion mit über 5 Millionen Einwohnern und Hafenstandort von Weltrang ein entscheidender Standortfaktor . Die Straßen in unserer Stadt sind die Lebensadern für öffentliches Miteinander und wirtschaftliches Wohlergehen. Eine intakte Straßeninfrastruktur ist eine Grundvoraussetzung für moderne Mobilität und eine wirksame Maßnahme gegen die „Staustadt Hamburg“. Straßenbaustellen kommen daher zwar vielerorts „Operationen am offenen Herzen“ gleich, sind aber zugleich ein notwendiges Übel, um zukünftige Verkehrsinfarkte zu vermeiden . Neben den zuständigen Stellen in den Bezirken oder dem Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) sind es oft auch Versorgungsunternehmen , die Bau- beziehungsweise Arbeitsstellen auf Straßen und öffentlichen Plätzen einrichten müssen, um Infrastruktur zu pflegen, zu sanieren , zu erneuern oder auszubauen. Nur circa 30 Prozent der Bau- beziehungsweise Arbeitsstellen im Hamburger Straßennetz beruhen nach Expertenschätzungen allerdings auf Maßnahmen des eigentlichen Straßenbaus. Für schätzungsweise 70 Prozent der Behinderungen auf den Hamburger Straßen sind hingegen Arbeiten an und in den unterhalb der Fahrbahn verlaufenden Versorgungsleitungen für Gas, Wasser, Strom und Telekommunikation verantwortlich. Eine Möglichkeit, bei der Verlegung von Leitungen mit kleinen Querschnitten Behinderungen auf den Straßen durch Aufgrabungen zu vermeiden, ist, diese Straßen grabenlos zu unterqueren. Hierfür stehen technisch sowohl das Verfahren mit ungesteuerten Erdraketen als auch das gesteuerte Bohrspülverfahren zur Verfügung. Bei diesen Verfahren wird nur eine Start- und Zielgrube am Rand der Straße ausgehoben, die Straße selbst bleibt unangetastet. Es liegt auf der Hand, dass durch den konsequenten Einsatz dieser bereits seit 30 bis 40 Jahren existierenden Techniken die Zahl der offenen Straßenbaustellen deutlich verringert und damit der Verkehrsfluss erheblich verbessert werden kann. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das relevante Regelwerk im Rahmen des Genehmigungsprozesses ist die „Fachanweisung über Aufgrabungen öffentlicher Wege vom 01.08.2017“. Verfasserin des Regelwerkes ist die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI). Die Einsatzmöglichkeiten der benannten Bauverfahren regelt die Fachanweisung. Danach kann die ungesteuerte Erdrakete nur für Distanzen bis zu 7 Metern und Drucksache 21/16312 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 rechtwinklig zur Straße eingesetzt werden. Der Einsatz in Einmündungsbereichen ist grundsätzlich untersagt. Entsprechende Anträge werden seitens der Bezirksämter im Ausnahmefall genehmigt, zum Beispiel wenn zeitnah eine Grundinstandsetzung der Straße erfolgt. Häufig müssen die Anträge mit Verweis auf mögliche Schäden an vorhandener Infrastruktur (Leitungen und Straßenkörper) abgelehnt werden. Das Verfahren ist nur punktuell einsetzbar. Das Spülbohrverfahren kann insbesondere zur Leitungslegung parallel zur Fahrbahn unter Baumreihen eingesetzt werden. Dabei ist eine größere Tiefenlage der Leitung vorgegeben, die im Störfall zu größeren Eingriffen in den Straßenkörper führt. Wirtschaftlich kann das Verfahren im Trinkwasser-Leitungsbau nur für Polyethylen(PE)- Leitungen eingesetzt werden. Da PE-Leitungen nur in altlastenfreien Böden eingesetzt werden können, kann das Verfahren im innerstädtischen Bereich nicht flächendeckend angewendet werden. Das Spülbohrverfahren ist bei Sielbaumaßnahmen aus wirtschaftlichen und technischen Gründen kaum einsetzbar. Die dafür notwendigen Baustellenflächen stehen meist nicht zur Verfügung. Daher kommt in der Regel der unterirdische Vortrieb als grabenloses Verfahren im Sielbau zum Einsatz. Für den Bau von Trinkwasser- beziehungsweise Abwasserleitungen bringen die Bauverfahren ungesteuerte Erdrakete und Spülbohrverfahren keine Verbesserung der Baustellensituation. Grundsätzlich werden Stromleitungen immer dann in geschlossener Bauweise durchgeführt , wenn es technisch und genehmigungsseitig möglich ist. Bei Gasleitungen wird die geschlossene Bauweise für Straßenquerungen bevorzugt angewendet. Genehmigungen werden seitens der Bezirksämter nur im Ausnahmefall, mit dem Verweis auf mögliche Schäden an vorhandener Infrastruktur, erteilt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR, HAMBURG WASSER, Gasnetz Hamburg GmbH, Stromnetz Hamburg GmbH, Dataport AöR und Hamburg Verkehrsanlagen GmbH wie folgt: 1. Für wie viele Arbeits- beziehungsweise Baustellen in Hamburg, bei denen Erdbauarbeiten unterhalb von Fahrbahnen durchgeführt werden (müssen), wurde 2018 eine geschlossene Bauweise mit grabenlosen Straßenquerungen a) im Verfahren mit Erdraketen, b) im Bohrspülverfahren beantragt? Bitte für Hamburg gesamt angeben sowie nach Bezirken aufschlüsseln . 2. Für wie viele Arbeits- beziehungsweise Baustellen in Hamburg, bei denen Erdbauarbeiten unterhalb von Fahrbahnen durchgeführt werden (müssen), wurde 2018 eine geschlossene Bauweise mit grabenlosen Straßenquerungen a) im Verfahren mit Erdraketen, b) im Bohrspülverfahren genehmigt? Bitte für Hamburg gesamt angeben sowie nach Bezirken aufschlüsseln. 3. Für wie viele Arbeits- beziehungsweise Baustellen in Hamburg, bei denen Erdbauarbeiten unterhalb von Fahrbahnen durchgeführt werden (müssen), wurde 2018 eine geschlossene Bauweise mit grabenlosen Straßenquerungen a) im Verfahren mit Erdraketen, b) im Bohrspülverfahren Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16312 3 nicht genehmigt? Welche Ablehnungsgründe lagen in welcher Häufigkeit diesen Fällen zugrunde? Bitte für Hamburg gesamt angeben sowie nach Bezirken aufschlüsseln. Die zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst. Sie können in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden, da mehrere Tausend Vorgänge durchgesehen werden müssten. 4. Auf Basis welcher Regelwerke werden in Hamburg Genehmigungsverfahren für Erdbauarbeiten im Straßenbau durchgeführt? Von wann stammen jeweils die aktuellen Fassungen dieser Regelwerke und in welchen Punkten wurden diese Regelwerke seit 2011 jeweils verändert? Siehe Vorbemerkung.