BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16316 21. Wahlperiode 26.02.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 20.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Situation in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung Seit dem 01.10.2018 werden Geflüchtete, die bereits in einem anderen EU- Staat registriert wurden oder in einem anderen EU-Staat als Schutzberechtigte /r anerkannt wurden (sogenannte Dublin- oder Dublin-Plus-Fälle), sowie Menschen aus vermeintlich „sicheren“ Herkunftsländern nicht mehr auf dezentrale Erstaufnahmeeinrichtungen umverteilt, sondern verbleiben für bis zu einem halben Jahr in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA). Die Unterbringungssituation der Betroffenen ist desolat: Sie sind in einer Halle in Kompartiments untergebracht, die nach oben offen sind und zentral beleuchtet sind. Sie schützen damit weder vor Lärm noch gewährleisten sie die Privatsphäre der Betroffenen. Die Angebotsstruktur richtet sich lediglich auf die Beförderung einer „freiwilligen“ Ausreise oder die Vorbereitung auf ihre Abschiebung. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Personen befinden sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der ZEA? Im Ankunftszentrum (Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung) sind mit Stand 21. Februar 2019 356 Personen untergebracht. a. Wie viele von ihnen gehören davon zu dem Personenkreis, der bis zu einem halben Jahr in der ZEA verbleiben soll (sogenannte Dublin -Fälle und Personen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern “)? 209 Personen. b. Wie viele der unter 1.a. genannten Personen sind in einem anderen EU-Staat bereits registriert worden? 160 Personen sind bereits in einem anderen EU-Staat registriert. c. Wie viele der unter 1.a. genannten Personen sind in einem anderen EU-Staat bereits als Schutzberechtigte anerkannt? 15 Personen sind bereits in einem anderen EU-Staat als schutzberechtigt anerkannt. d. Wie viele der unter 1.a. genannten Personen kommen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern? 49 Personen kommen aus sicheren Herkunftsländern. e. Wie viele der unter 1.a. genannten Personen sind minderjährig? Bitte das Alter angeben. 29 Personen sind minderjährig, davon: Drucksache 21/16316 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Alter Anzahl < 1 Jahr 3 1 Jahr 5 2 Jahre 6 3 Jahre 7 4 Jahre 4 5 Jahre 4 f. Wie viele der unter 1.a. genannten Personen sind weiblich? 68 der insgesamt 209 Personen sind weiblich. g. Wie viele der unter 1.a. genannten Personen sind weiblich und „alleinreisend“? Bei 27 der 209 Personen handelt es sich um allein reisende Frauen. h. Wie viele der unter 1.a. genannten Personen besitzen die türkische Staatsbürgerschaft? Vier Personen haben angegeben, türkische Staatsangehörige zu sein. i. Bei wie vielen der unter 1.a. genannten Personen ist bereits eine Asylentscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ergangen? 89 Personen haben bereits einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhalten. 2. Wie viele Personen, die zu den „Dublin-Fällen“ gehören oder aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“ kommen, sind seit dem 01.10.2018 aus der ZEA (gegebenenfalls mit zwischenzeitlicher Inhaftierung im Ausreisegewahrsam/Abschiebehaft) abgeschoben worden? Sieben Personen wurden seit dem 01.Oktober 2018 abgeschoben. 3. Wie viele Personen, die zu den „Dublin-Fällen“ gehören oder aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern“ kommen, wurden seit dem 01.10.2018 aus welchen Gründen und nach welchen Zeiträumen auf andere (Erstaufnahme-)Einrichtungen in Hamburg umverteilt? Es wurden insgesamt 48 Personen aus dem Ankunftszentrum in andere Erstaufnahmeeinrichtungen verlegt. Die Verlegung fand aus medizinischen, rechtlichen, familiären und sonstigen Gründen statt. Eine statistische Erfassung der Verlegungszeiträume erfolgt nicht. Die Ermittlung kann nur durch den händischen Abgleich mehrerer Fachverfahren erfolgen. Dies ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Nach Auskunft des Senates in Drs. 21/14927 werden Familien mit schulpflichtigen Kindern weiterhin umverteilt, auch wenn es sich um „Dublin-Fälle“ oder Personen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern “ handelt. In welche Einrichtung(en) wird diese Personengruppe umverteilt? Die Personen wurden in folgende Einrichtungen verlegt: Harburger Poststraße, Sportallee , Wohnaußenstelle Nostorf/Horst. Sofern ein besonderer Schutzbedarf festgestellt wird, erfolgt auch eine Verlegung in folgende Einrichtungen: Kaltenkirchener Platz, Oskar-Schlemmer-Straße, Richard-Remè-Haus. a. Wie viele Personen, die zu der in Frage 4. genannten Personengruppe gehören, wurden seit dem 01.10.2018 umverteilt? Eine statistische Erfassung der verlegten Personen findet nicht statt. b. Wie viele von den in Frage 4.a. genannten Personen waren Kinder im schulpflichtigen Alter? Bitte nach Altersgruppen differenzieren. Siehe Antwort zu Frage 4. a. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16316 3 5. Wie wird mit Personen verfahren, die zu den sogenannten Dublin-Fällen gehören oder aus einem vermeintlich „sicheren Herkunftsland“ kommen, sofern sie gegen eine bereits ergangene Asylentscheidung durch das BAMF Rechtsmittel einlegen und nicht zu erwarten ist, dass innerhalb von sechs Monaten seit dem Beginn ihres Aufenthalts in der ZEA eine rechtskräftige Entscheidung ergehen wird? In den sogenannten Dublin-Fällen kann innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides Klage erhoben werden. Allerdings hat die Klage gegen die Abschiebungsanordnung keine aufschiebende Wirkung. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Absatz 5 Verwaltungsgerichtsordnung kann ebenfalls innerhalb einer Woche gestellt werden. Gleiches gilt, wenn ein Antrag nach § 29a Asylgesetz (AsylG) als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird. Die Ausländerbehörde wartet grundsätzlich die Vollziehbarkeitsmitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ab. Im Fall der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, wird die Person gemäß § 50 Absatz 1 Nummer 2 AsylG aus der Aufnahmeeinrichtung verlegt. 6. Welche Vorschriften sind in der Hausordnung, die für den Bereich gilt, in der die „Dublin-Fälle“ und die Personen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländern “ untergebracht sind, verankert? Bitte im Wortlaut angeben. Die Hausordnung regelt die Rechte und Pflichten der Bewohnerinnen und Bewohner von Halle 1 und 2 der zentralen Erstaufnahme sowie die Beziehungen zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern und Bediensteten der Einrichtung. Im Einzelnen wird • das Nutzungsverhältnis beschrieben (das heißt die Begründung des Nutzungsverhältnisses durch § 47 AsylG, kein Rechtsanspruch auf die Unterbringung mit einem bestimmten Unterkunftsstandard, Belegung der Zimmer mit zwei Personen gleichen Geschlechts möglich), • Beginn und Ende der Nutzung (zum Beispiel Abmeldung bei dreitägiger Abwesenheit , Ende bei Auszug durch Verlegung in eine andere Unterkunft und so weiter), • Benutzung der Einrichtungen und der gemeinsamen Anlagen (Ausgabe eines Hausausweises mit Lichtbild, Regelungen zur Verpflegung der Bewohner, Umgang mit Postsendungen, Reinigungspflichten, Müllbeseitigung, Pflicht zur Instandhaltung der überlassenen Ausstattungsgegenstände, Umgang mit Gemeinschaftseinrichtungen ), • Haftung (keine Haftung für verloren gegangene Gegenstände, Aufbewahrungsfristen für hinterlassenes Eigentum, Haftung der Bewohner für verursachte Schäden), • Verkehrs- Betriebs- und Feuersicherheit (Fluchtwege freihalten, Erlaubnis zur Nutzung bestimmter Elektrokleingeräte, Verbot zur Nutzung bestimmter Elektrogroßgeräte , Kochverbot, Rauchen und so weiter), • Regeln zur persönlichen Sicherheit und Sozialverträglichkeit (Achtung der Persönlichkeit aller Menschen, Verbot von Alkohol, Waffen und Drogen, gegenseitige Rücksichtnahme, Besuchsregelung, Taschenkontrollen durch den Sicherheitsdienst ) und die Ausübung des Hausrechts. 7. Nach Auskunft des Senates in Drs. 21/14927 sollen verschiedene Angebote umgesetzt werden, waren aber zum Zeitpunkt der Anfrage noch nicht installiert. Welche Angebote zu vorbereitenden Maßnahmen, Freizeitgestaltung und Beschäftigung, zur Unterstützung des sozialen Zusammenlebens, zur Beschäftigung von Kindern, Sprachkursen, Sozialberatung et cetera sind gegenwärtig tatsächlich vorhanden? Sofern einzelne Angebote tage- oder stundenweise angeboten werden, bitte den Umfang angeben. Vorhandene Angebote: für Kinder und Jugendliche: Drucksache 21/16316 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 - offene Kinderbetreuung durch Honorarkraft (dreimal wöchentlich insgesamt sechs Stunden, vormittags), - offene Kinderbetreuung durch Ehrenamtliche (sechsmal wöchentlich insgesamt zwölf Stunden, nachmittags), - Kreativangebot für Kinder durch Honorarkraft (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden, vormittags), - Fußball für Kinder und Jugendliche durch Ehrenamtliche (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden, nachmittags), - Basteln für Kinder und Jugendliche durch Ehrenamtliche (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden, vormittags), - Musizieren mit Kindern durch Honorarkraft (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden, nachmittags), für Erwachsene: - Stabilisierungssprechstunde durch Honorarkräfte (zweimal wöchentlich insgesamt acht Stunden), - Kreativangebot für Jugendliche und Erwachsene durch Honorarkraft (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden, nachmittags), - Tee-Mobil durch Ehrenamtliche (einmal wöchentlich insgesamt 1,5 Stunden, abends), geplante Angebote (Start im März): für Kinder und Jugendliche: - offene Kinderbetreuung durch pädagogische Fachkraft (fünfmal wöchentlich insgesamt 15 Stunden, vormittags), - Mutter-Kind-Turnen durch Ehrenamtliche (einmal wöchentlich insgesamt drei Stunden, nachmittags), - Singen mit Kindern/Musiktherapie durch Ehrenamtliche (zweimal wöchentlich insgesamt vier Stunden, nachmittags), - Fußball mit Kindern und Jugendlichen durch Honorarkraft (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden, nachmittags), weitere geplante Angebote (in Ausschreibung): für Kinder und Jugendliche: - Spielmobilbesuch durch Honorarkräfte (insgesamt acht Stunden), für Erwachsene: - Basissprachkurse (zweimal wöchentlich insgesamt vier Stunden/Sprache), - Computer-Grundlagen (zweimal wöchentlich insgesamt vier Stunden), - Alphabetisierung (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden), - Länder-Info-Reihe (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden/Land), - Laufgruppe (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden), - Gymnastik für Frauen (einmal wöchentlich insgesamt eine Stunde), - Schneidern und Handarbeit (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden), - Musizieren mit Erwachsenen (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden), - Atementspannung (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden), - Community Resilience Model (insgesamt zwei Stunden), - Elterngruppe (einmal wöchentlich insgesamt zwei Stunden).