BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16400 21. Wahlperiode 08.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Thilo Kleibauer (CDU) vom 28.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Neue Umsatzsteuerpflicht für die öffentliche Hand – Erfolgt die Umsetzung in Hamburg dezentral oder einheitlich koordiniert? Mit der Neuregelung des § 2b Umsatzsteuergesetz wird die Umsatzsteuerpflicht auf viele Institutionen und Aktivitäten der öffentlichen Hand ausgeweitet . Die Gesetzesänderung ist bereits am 1. Januar 2017 in Kraft getreten und enthält Übergangsfristen bis Ende 2020. Am 29. Januar 2019 hat die rot-grüne Koalition im Haushaltsausschuss gegen die Stimmen aller anderen Fraktionen einen FDP-Antrag abgelehnt, der insbesondere eine systematische Untersuchung und Bewertung des Umfangs der neuen Umsatzsteuerpflicht für die Freie und Hansestadt Hamburg vorsah. In der Ausschussberatung führten die Senatsvertreter bezüglich dieser Änderung des Umsatzsteuergesetzes unter anderem aus, „die Verantwortung liege bei den einzelnen Unternehmen. Diese gingen mit dem Thema in der dezentralen Steuerung richtig um. …. Es bestehe nicht die Notwendigkeit, eine flächendeckende Abfrage durchzuführen. Es sei entschieden worden, die Frage, wie sie mit der Gesetzesänderung umgingen, in die Verantwortung der Einrichtungen zu geben“ (so der Ausschussbericht in Drs. 21/16062). Kurz nach der Beratung im Ausschuss hat die Finanzbehörde jedoch Stellenausschreibungen für die Leitung sowie die Stellvertretende Leitung des Projektes „§ 2b Umsatzsteuergesetz“ veröffentlicht. Abweichend von der im Ausschuss dargestellten Version der dezentralen Verantwortung soll das Projekt offenbar für die Umsetzung und Koordination einheitlicher Verfahren und Vorgaben sorgen. Ich frage den Senat: Die Neuregelung des § 2b Umsatzsteuergesetz (UStG) ist seit dem 1. Januar 2016 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Von der Möglichkeit, für einen Übergangszeitraum bis längstens 31. Dezember 2020 bei der bisherigen Rechtslage zu verbleiben, hat die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) als umsatzsteuerliche Unternehmerin mit Schreiben vom 3. November 2016 an das zuständige Finanzamt Gebrauch gemacht. Insofern sind auch Landesbetriebe und Sondervermögen inbegriffen . Am 23. Dezember 2016 wurde durch den Amtsleiter (Amt für Haushalt und Aufgabenplanung ) der Finanzbehörde zum 1. Januar 2017 ein Projekt, das die FHH auf die Neuregelung der Umsatzbesteuerung vorbereiten soll, eingesetzt. Zunächst wurden für den Bereich der Finanzbehörde künftig unter Berücksichtigung von § 2b UStG Drucksache 21/16400 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 umsatzsteuerrelevante Sachverhalte erhoben. Nach dieser Pilotierungsphase sollen in allen Behörden, Ämtern, Landesbetrieben und Sondervermögen die künftig umsatzsteuerrelevanten Sachverhalte erhoben und durch das Projekt zur Feststellung einer etwaigen Umsatzsteuerpflicht geclustert und bewertet werden. Dies soll die Einheitlichkeit des Vorgehens und der rechtlichen Bewertung gewährleisten. Daher hat am 8. August 2018 die Finanzstaatsrätin die Fortführung des Projekts bis Ende 2021 verfügt . Die Neuregelung betrifft sämtliche juristische Personen des öffentlichen Rechts und insofern auch Tochterorganisationen der FHH in öffentlich-rechtlicher Rechtsform. Diese werden in eigener Zuständigkeit tätig. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wann wurde das Projekt „§ 2b Umsatzsteuergesetz“ durch wen für welchen Zeitraum eingesetzt? 2. Was sind die genauen Ziele des Projektes? Siehe Vorbemerkung. 3. Welche Projektorganisation ist im Einzelnen vorgesehen? Gibt es eine Lenkungsgruppe? Wenn ja, wie setzt sie sich zusammen? Wenn nein, warum nicht? Aufgrund der eindeutigen Zielsetzung ist keine Lenkungsgruppe vorgesehen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele Stellen mit jeweils welcher Wertigkeit wurden oder werden für das Projekt jeweils wann neu geschaffen? Wie viele Stellen und wie viele VZÄ mit jeweils welcher Wertigkeit sollen für das Projekt insgesamt besetzt werden? Insgesamt sollen 6,5 Stellen (eine A 15, eine A 14, eine A 13, 0,5 A 12, eine E 12, zwei A 11) im Umfang von 6,05 VZÄ besetzt und als Projektstellen eingerichtet werden . Davon sind derzeit 1,0 A 13, 1,0 E 12 und 1,1 A 11 besetzt. 5. Wie hoch sind die erwarteten Gesamtprojektkosten und wie setzen sie sich im Einzelnen zusammen? Aus welchen Mitteln sollen die Kosten des Projektes finanziert werden? Für das Projekt ergeben sich Personalkosten mit einem Jahreswert von rund 600 000 Euro und Sachkosten (gemäß Arbeitsplatzpauschalen) mit einen Jahreswert von rund 50 000 Euro. Die Kosten werden aus den Kostenermächtigungen des Einzelplans 9.1 (Finanzbehörde) finanziert. 6. Inwiefern strebt der Senat die Erarbeitung einheitlicher Verfahren und Vorgaben zur Umsetzung § 2b UStG für die Verwaltung sowie den Konzernkreis der Freien und Hansestadt Hamburg an? Steht das nicht in einem Widerspruch zu der im Haushaltsausschuss dargestellten dezentralen Verantwortung bei diesem Thema? 7. In welcher Form sind die einzelnen Fachbehörden an dem Projekt und der Erarbeitung einheitlicher Verfahren und Vorgaben beteiligt? Die Erarbeitung einheitlicher Verfahren und Vorgaben zur Umsetzung § 2b UStG für die FHH als umsatzsteuerrechtliche Unternehmerin (Kernverwaltung einschließlich Landesbetrieben und Sondervermögen) auf Grundlage der dezentralen Sachverhaltserhebung ist Aufgabe des Projekts. Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts außerhalb der FHH im obigen Sinne müssen als eigenständige Unternehmer ihrer Umsatzsteuerpflicht und damit auch der Vorbereitung auf die Anwendung der Neuregelung selbstständig nachkommen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Wann und in welcher Form haben sich welche Fachbehörden, Landesbetriebe oder selbständigen Tochterorganisation der Freien und Hanse- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16400 3 stadt Hamburg bereits bei der Finanzbehörde nach einheitlichen Vorgaben , fachlicher Unterstützung oder Schulungsangeboten erkundigt? Vor der Erhebung umsatzsteuerrelevanter Sachverhalte durch die Behörden, Ämter, Landesbetriebe und Sondervermögen finden mit diesen Auftakt- und Informationsgespräche statt, die das Projekt durchführt. In diesem Rahmen werden Fragen zu einheitlichen Vorgaben, fachlicher Unterstützung und Schulungsangeboten beantwortet. Eine Auswertung des E-Mail-Verkehrs des Funktionspostfachs, der Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie ihrer Vorgesetzten ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Eine Dokumentation von mündlichen Erkundigungen findet nicht statt. Hinsichtlich selbständigen Tochterorganisation in öffentlich-rechtlicher Rechtsform siehe Antwort zu 6. und 7. 9. Welche Vorarbeiten zum Projekt und zur Erarbeitung einheitlicher Verfahren und Vorgaben hat es bereits seit Anfang 2015 im Einzelnen durch die Finanzbehörde gegeben? Bereits 2015 bis zur Einsetzung des Projekts gab es einen Austausch mit anderen Kommunen zu Fragen der öffentlichen Hand als Steuerschuldnerin. Dabei wurde auch die Neuordnung der Umsatzbesteuerung durch § 2b UStG thematisiert, unter anderem die Frage der Option, den § 2b UStG erst ab dem 1. Januar 2021 anzuwenden. Zudem wurden die Beteiligungen der FHH in öffentlich-rechtlicher Rechtsform hinsichtlich des Gebrauchs der Option abgefragt. 10. Wann, in welcher Form und durch wen hat sich die Freie und Hansestadt Hamburg auf Bundesebene bislang an der Klärung offener Fragen und rechtlicher Unsicherheiten durch die Anwendung des § 2b UStG beteiligt ? Die Finanzbehörde beteiligt sich über das Projekt an einer Länder-Arbeitsgruppe zu § 2b UStG, die sich im September 2017 in Hamburg konstituiert hat und seitdem vier weitere Male getagt hat. Ebenso nimmt die Finanzbehörde regelmäßig an Tagungen des Beirates für Kommunale Wirtschafts- und Steuerberatung des Deutschen Städtetages teil. Zudem ist die Steuerverwaltung der Finanzbehörde seit Einsetzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand“ im Januar 2011 durch das Umsatzsteuerreferat vertreten. 11. Wann wurden durch jeweils welche Dienstelle oder welche selbständige Tochterorganisation der Freien und Hansestadt Hamburg bereits externe Beratungsaufträge in welchem Umfang im Zuge von Fragestellungen durch die Neuordnung der Umsatzbesteuerung durch § 2b UStG vergeben ? Welche weiteren externen Beratungsdienstleistungen sollen vergeben werden? Die Technische Universität Hamburg (TUHH) hat am 15. Januar 2019 zur künftigen Vertragsgestaltung in einem Einzelfall eine Steuerberatungsgesellschaft beauftragt. Der Auftrag mit einem Wert von unter 10 000 Euro ist noch nicht abgeschlossen. Die HPA plant, für das erste Halbjahr 2019 externe Beratung zu beauftragen. Die hsh portfoliomanagement AöR hat im September 2016 eine Ersteinschätzung eines Beraters im Umfang von circa 1 000 Euro in Anspruch genommen. Die Hamburger Friedhöfe AöR hat im September 2016 einen Beratungsauftrag für ein Nettohonorar von 2 235 Euro bezüglich der Auswirkungen der Neuordnung durch § 2b UStG erteilt; weitere Beauftragungen sind nicht geplant. Die Stadtreinigung Hamburg AöR hat im Juni 2018 einen Beratungsauftrag für ein Nettohonorar von 16 100 Euro für die Beurteilung steuerlicher Sachverhalte im Zuge der Neuordnung des § 2b UStG erteilt; weitere Beauftragungen sind nicht geplant. Im Übrigen wurden durch Dienststellen der FHH in Zusammenhang mit § 2b UStG keine externen Beratungsaufträge vergeben. Derzeit ist eine Vergabe von externen Beratungsaufträgen nicht geplant. 12. Inwiefern gibt es derzeit Überlegungen und Prüfungen, ob im Zuge der Anwendung des § 2b UStG auch Rechtsformwechsel öffentlicher Unternehmen oder organisatorische Änderungen in der Zuständigkeit und Drucksache 21/16400 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Durchführung einzelner kommunaler Dienstleistungen sinnvoll oder erforderlich sind? Derzeit gibt es keine derartigen Überlegungen. 13. Wurde bereits für alle Dienststellen und Landesbetriebe der Freien und Hansestadt Hamburg einheitlich entschieden und festgelegt, dass die Anwendung des § 2b UStG erst ab 2021 erfolgt? Ja, siehe Vorbemerkungen.