BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16401 21. Wahlperiode 08.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 28.02.19 und Antwort des Senats Betr.: Terrorhelfer al-Motassadeq – Mit 7 000 Euro Bargeld in die Freiheit? Medienberichten zufolge soll der am 15. Oktober 2018 aus der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel entlassene und in Begleitung von SEK-Beamten mit einem Hubschrauber direkt zum Flughafen zur Abschiebung gebrachte 9/11- Terrorhelfer al-Motassadeq 7 000 Euro in bar erhalten haben. Das Geld stamme von seinem Häftlingskonto. Die Auszahlung des durch Taschengeld oder Arbeit während der Zeit der Inhaftierung Ersparten ist bei Freilassungen grundsätzlich üblich und rechtmäßig. Im Falle von Motassadeq sieht das anders aus; hier liege ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vor, habe die Staatsanwaltschaft Hamburg dem „SPIEGEL“ bestätigt. „Hintergrund ist, dass der Marokkaner wegen seiner Mitgliedschaft in der Terrorgruppe al-Qaida auf fast allen Terrorlisten weltweit steht, durch die alle Finanzmittel der Terroristen eingefroren und jegliche Zahlungen an sie verboten wurden“, so „DER SPIEGEL“ und „Die Bild“-Zeitung. Die Bundesbank habe bereits acht Tage nach der Abschiebung den Verstoß gegen § 18 des Außenwirtschaftsgesetzes angezeigt, woraufhin die Staatsanwaltschaft Hamburg am 23. November 2018 ein formelles Ermittlungsverfahren eingeleitet habe und nun recherchiere, wer für die rechtswidrige Auszahlung an Motassadeq verantwortlich sei. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Aufgrund einer Anzeige der Deutschen Bundesbank vom 23. Oktober 2018 wurden bei der Staatsanwaltschaft Hamburg Ermittlungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) aufgenommen. Hintergrund der Anzeige ist die Auszahlung des vorhandenen Guthabens vom Gefangenenkonto des Verurteilten M. in Höhe von 7 194,43 Euro am 15. Oktober 2018 im Zusammenhang mit seiner Abschiebung nach Marokko. M. wird in der Liste der Personen , Gruppen und Organisationen in Anhang I der EG-VO Nummer 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 geführt und unterliegt somit sanktionsrechtlichen Beschränkungen . Gegenstand der Ermittlungen ist die Frage, ob ein strafrechtlich relevantes Verhalten der an verschiedenen Stellen an der Auszahlung und Weitergabe des Kontoguthabens beteiligten Personen vorgelegen hat. Dabei ist auch aufzuklären, durch wen und in welcher Höhe gegebenenfalls Gelder an den Verurteilten M. gelangt sind. Die JVA Fuhlsbüttel erhielt am 20. Dezember 2018 Kenntnis von den strafrechtlichen Ermittlungen, worüber sie im Weiteren die Aufsichtsbehörde informierte. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ist am 28. Februar 2019 auf Grundlage der Zentralstellen-Errichtungsanordnung zuständigkeitshalber von der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg übernommen worden. Drucksache 21/16401 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wurde Mounir al-Motassadeq oder einem seiner Vertreter im Rahmen seiner Entlassung aus der JVA Fuhlsbüttel beziehungsweise Abschiebung am 15. Oktober 2018 ein Briefumschlag mit 7 000 Euro Bargeld übergeben? a. Falls ja, wann wurde ihm dieser Umschlag konkret von wem übergeben ? b. Falls ja, wann wurde der Betrag von wem vom Häftlingskonto abgebucht und in bar im Briefumschlag hinterlegt? c. Falls ja, handelte es sich um einen üblichen Briefumschlag und wie war dieser durch wen gekennzeichnet? d. Falls nein, wer erhielt das Geld und wo ist es verblieben? Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen betrifft die Beantwortung der Fragen den Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Um den Untersuchungszweck nicht zu gefährden, können weitere Angaben derzeit nicht gemacht werden. 2. Wie läuft die Auszahlung des Überbrückungsgeldes bei der Entlassung eines Gefangenen üblicherweise ab? Das von Gefangenen angesparte Überbrückungsgeld wird ihnen bei der Entlassung grundsätzlich in bar ausgezahlt (§ 47 HmbStVollzG). 3. Welche Abteilungen welcher Behörden waren jeweils auf welche Weise und für welche Verantwortungsbereiche in die detaillierten Planungen der Entlassung und Abschiebung des Terrorhelfers involviert? Inwiefern und wann wurden die Leitungen der Innen- und Justizbehörde darüber informiert? Die Abteilung Grundsatz und Rechtsangelegenheiten des Amtes für Innere Verwaltung und Planung sowie die Abteilung für zentrale Ausländerangelegenheiten des Einwohner-Zentralamtes der Behörde für Inneres und Sport waren an den Planungen der Abschiebung des M. beteiligt. Im Rahmen der aufenthaltsrechtlichen Sachbearbeitung war die Abteilung für zentrale Ausländerangelegenheiten des Einwohner-Zentralamtes auch an der Durchführung der Rückführungsmaßnahme beteiligt. Hierzu zählten insbesondere die Erstellung und Übermittlung der Abschiebungsankündigung, die Einholung notwendiger Ausweisdokumente sowie die Einleitung und Koordinierung der konkreten Rückführungsmaßnahme unter Zuhilfenahme der im Rahmen der Vollstreckungshilfe tätig werdenden Landespolizei. Die Leitung der Behörde für Inneres und Sport wurde ab August 2018 über die bevorstehende Entlassung und Planung zur Abschiebung des M. sowie erneut im Rahmen der Beschaffung notwendiger Ausweispapiere circa eine Woche vor der Maßnahme über die Abschiebungsvorbereitungen und den Stand der aufenthaltsrechtlichen Sachbearbeitung informiert. Seitens der Justizbehörde waren die Abteilung Justizvollzug und die JVA Fuhlsbüttel im Rahmen von Besprechungen mit den oben genannten Beteiligten der Behörde für Inneres und Sport in die Planung und Vorbereitung der Ausantwortung an die Polizei zur Vollziehung der Abschiebung beteiligt, soweit vollzugliche Belange betroffen waren . Über die hiermit verbundenen konkreten Sicherheitsvorkehrungen sowie den Stand der Vorbereitung der Abschiebung erfolgten ab August 2018 im Rahmen von Besprechungsroutinen mündliche Berichte an die Leitung der Justizbehörde. 4. Welche Abteilung welcher Behörde war für die Prüfung der zu berücksichtigenden Besonderheiten, die sich aus der Mitgliedschaft des Entlassenen in der Terrorgruppe al-Quaida ergeben, und damit auch für die Prüfung der Vereinbarkeit der Auszahlung an al-Motassadeq mit dem Außenwirtschaftsgesetz zuständig? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16401 3 5. Wann wurde von wem festgestellt, dass al-Motassadeq bei seiner Abschiebung aus Deutschland einen Briefumschlag mit 7 000 Euro bei sich hatte? Was wurde daraufhin von wem veranlasst? 6. Gegen wie viele Mitarbeiter jeweils welcher Behörden/Dienststellen hat die Staatsanwaltschaft Hamburg formelle Ermittlungsverfahren eingeleitet ? Siehe Antwort zu 1. 7. Wie viele weitere Terroristen befinden sich derzeit in Hamburg in Haft, deren Vermögen ebenfalls eingefroren ist? 8. Wie hoch ist das den Behörden bekannte und eingefrorene Vermögen jeweils und was geschieht mit diesem? Keine. 9. Welche Behörden in Hamburg sind zuständig für die Einhaltung der EU- Verordnung Nummer 881/2002 des Rates vom 27.05.2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit den ISIL (Da'esh)- und Al-Qaida-Organisationen in Verbindung stehen, und wie erfolgt die Überwachung der Einhaltung im Einzelnen? Für die Einhaltung der EU-Verordnung Nummer 881/2002 des Rates vom 27.05.2002 sind grundsätzlich alle Behörden verantwortlich, die mit den in dieser Verordnung definierten Personen und Organisationen in einschlägiger Weise in Kontakt stehen. 10. Wurden wegen des Vorfalls Disziplinarverfahren eingeleitet und falls ja, wann, von wem und gegen wie viele Mitarbeiter welcher Behörden? Die disziplinarischen Vorermittlungen dauern an. Nach deren Abschluss wird über die Einleitung von Disziplinarverfahren entschieden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.