BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16412 21. Wahlperiode 08.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Rath (CDU) vom 01.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Straßensozialarbeit für Obdachlose − Hat der Senat das Angebot wirklich ausgeweitet? (III) Offenbar ist die Frage, wie viele Sozialarbeiter für Obdachlose und besonders benachteiligte neuzugewanderte Unionsbürger Ende 2018 auf Hamburgs Straßen unterwegs waren und wie viele es nach dem Jahreswechsel und Änderungen bei der finanziellen Förderung noch sind, brisant. Die Drs. 21/16193, 21/16242 und 21/16285 lassen zwar in ihrer Gesamtheit Rückschlüsse zu, trotzdem ist eine klare Aussage des Senats wichtig. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Bereich der Unterstützung von obdach- und wohnungslosen Menschen verfügt Hamburg bereits seit Langem über landes- und trägerfinanzierte soziale Beratungsstellen , die Straßensozialarbeit leisten. Dieser Bereich ist in 2019 gegenüber 2018 deutlich ausgeweitet worden. Die über den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen in Deutschland (EHAP) in der ersten und zweiten Förderrunde geförderten Projekte (2016 – 2018, 2019 –2020) ermöglichen eine Ergänzung und Ausweitung dieser Hilfestruktur . Im Übrigen siehe Drs. 21/16193, 21/16242 und 21/16285. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage der Angaben der geförderten Träger wie folgt: 1. Wie viele Sozialarbeiter (VZÄ) für Obdachlose, Wohnungslose und besonders benachteiligte neuzugewanderte Unionsbürger waren Ende 2018 für jeweils welchen Träger und finanziert aus jeweils welcher Quelle und vor allem insgesamt in Hamburg unterwegs? 2. Wie viele Sozialarbeiter (VZÄ) für Obdachlose, Wohnungslose und besonders benachteiligte neuzugewanderte Unionsbürger sind aktuell für jeweils welchen Träger und finanziert aus jeweils welcher Quelle und vor allem insgesamt in Hamburg unterwegs und wie vielen sollen es nach Beendigung momentaner Vakanzen insgesamt laut Plan im Jahr 2019 werden? 3. Wie hat sich laut Senat die Gesamtzahl der Sozialarbeiter (VZÄ) für Obdachlose, Wohnungslose und besonders benachteiligte neuzugewanderte Unionsbürger vom Jahr 2018 auf das Jahr 2019 verändert und warum? Tabelle 1: Anzahl der Staßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeiter in der Hilfe für die Zielgruppe der Obdach- und Wohnungslosen Drucksache 21/16412 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Projekte Träger Bezirk Stadtteil Finanzierung / Mittel VZÄ Straßensozi - alarbeiterin / Straßensozi - alarbeiter 2018 VZÄ Straßensozialar - beiterin/ Straßensozialarbeiter 2019 Soziale Beratungsstelle Hamburg -Mitte Sozialdienst katholischer Frauen /Herz As Hamburg gGmbH Hamburg- Mitte alle Stadtteile im Bezirk BASFI 0,5 0,5 Straßensozialarbeit in der City Diakonisches Werk Hamburg (DW) Hamburg- Mitte alle Stadtteile im Bezirk BASFI DW 2 2 CITY mobil Caritasverband für das Erzbistum Hamburg e.V. Hamburg- Mitte alle Stadtteile im Bezirk Caritas 0,6 0,6 Soziale Beratungsstelle Altona Ambulante Hilfe Hamburg e.V. Altona alle Stadtteile im Bezirk BASFI 0,5 0,5 Soziale Beratungsstelle Eimsbüttel Hamburger Fürsorgeverein Eimsbüttel alle Stadtteile im Bezirk BASFI 0,5 0,5 Soziale Beratungsstelle Hamburg -Nord Verein für Soziale Hilfe e.V. Hamburg- Nord alle Stadtteile im Bezirk BASFI 0,5 0,5 Soziale Beratungsstelle Wandsbek Jugendhilfe e.V. Wandsbek alle Stadtteile im Bezirk BASFI 1 1 Soziale Beratungsstelle Bergedorf /Billstedt Integrationshilfen e.V. Bergedorf/ Hamburg- Mitte alle Stadtteile im Bezirk Bergedorf sowie Stadtteil Billstedt im Bezirk Hamburg- Mitte BASFI 0,79 0,79 Soziale Beratungsstelle Harburg / Wilhelmsburg Diakonisches Werk Hamburg / Heilsarmee Harburg/ HH-Mitte alle Stadtteile im Bezirk Harburg sowie Stadtteil Wilhelmsburg im Bezirk Hamburg- Mitte BASFI 0,5 0,5 plata Stadtmission hamburg (hoffnungsorte ) Überregional BASFI - 2 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16412 3 Projekte Träger Bezirk Stadtteil Finanzierung / Mittel VZÄ Straßensozi - alarbeiterin / Straßensozi - alarbeiter 2018 VZÄ Straßensozialar - beiterin/ Straßensozialarbeiter 2019 Visite Sozial Kooperationsverbund - BASFI, Caritas , f&w- Überregional EHAP Bund KOFI BASFI 4,0 Derzeit: 3,0** Gesamt 6,89 12,89 Tabelle 2: Anzahl der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in der lokalen Beratung /aufsuchenden Arbeit für die Zielgruppe der neu zugewanderten Unionsbürgerinnen und -bürger Projekte Träger Bezirk Stadtteil Finanzierung / Mittel VZÄ Sozialarbeite - rin/Sozial arbeiter 2018 VZÄ Sozialarbeiterin / Sozialarbeiter 2019 step.in - Beratung mobil BASFI in Kooperation mit verikom ,Verbund für interkulturelle Kommunikation und Bildung e.V. Überregional Insgesamt Hamburg vorrangig Hamburg- Mitte, Billstedt EHAP Bund KOFI BASFI 1,5* BASFI in Kooperation mit Interkulturelle Begegnungsstätte e.V. Insgesamt Hamburg vorrangig Hamburg- Mitte, St. Pauli EHAP Bund KOFI BASFI 2,23* BASFI in Kooperation BI Bildung und Integration Hamburg Süd gGmbH Insgesamt Hamburg vorrangig Hamburg- Mitte (Wilhelms - burg= und Harburg EHAP Bund KOFI BASFI 2,13* Noch offen; Träger hat im Februar formlos Antrag auf landesfinanzierte Förderung gestellt ABB-Service- Team GM Jugendhilfe GmbH Überregional Insgesamt Hamburg vorrangig Altona und Hamburg- Mitte EHAP Bund KOFI BA Altona 2,75 BULROM – Information und Orientierung für marginalisierte Migrantinnen und Migranten aus Bulgarien und Rumänien, BGV in Kooperation mit dem Diakonischen Werk Hamburg EHAP Bund KOFI BA Altona 2,5 - Drucksache 21/16412 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Projekte Träger Bezirk Stadtteil Finanzierung / Mittel VZÄ Sozialarbeite - rin/Sozial arbeiter 2018 VZÄ Sozialarbeiterin / Sozialarbeiter 2019 Information für marginalisierte Menschen in der Sexarbeit (IMeS) BGV in Kooperation mit dem Diakonischen Werk Hamburg EHAP Bund KOFI BA Altona - 3,75 Derzeit: 0,75** Social Bridge Hamburg – Orientierung für EU- ZUgewanderte Diakonisches Werk in Kooperation mit der BASFI Überregional 2,75 Gesamt*** 11,11 6,5 Quelle: Angaben der Träger * Für das Projeht „step in – Beratung mobil“ waren zum 01.04.2018 6,75 VZÄ eingesetzt – siehe Drs. 21/16285. ** Verfahrensbedingt bestehen derzeit Vakanzen. *** In der Summe der Veränderungen aus Tabelle 1 und 2 bedeutet dies eine Verstärkung der Sozialarbeit/aufsuchenden Arbeit um 1,39 Vollzeitäquivalente. Entscheidungen über die Fortsetzung von Projekten, die über den EHAP finanziert werden, trifft der Bund. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. In der EHAP-Förderperiode 2016 – 2018 wurde das Projekt „BULROM − Information und Orientierung für marginalisierte Migrantinnen und Migranten aus Bulgarien und Rumänien“ für Personen, die in der Sexarbeit tätig sind, gefördert. Statt BULROM wird nun von denselben Trägern das Projekt „Information für marginalisierte Menschen in der Sexarbeit (IMeS)“ für im Grunde dieselbe Zielgruppe gefördert. Worin unterscheiden sich die beiden Projekte? Die Arbeit in der Prostitution hat sich durch Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes in ihren Rahmenbedingungen geändert. Erreicht werden sollen mit dem IMeS- Projekt vor allem Menschen, die verdeckt in der Prostitution tätig, sozial ausgegrenzt und armutsgefährdet sind und keinen effektiven Zugang zu Unterstützungsangeboten haben. Gegenüber dem BULROM-Projekt steht daher die strukturierte Recherche hinsichtlich dieser Zielgruppe im Vordergrund. Neu ist außerdem die niedrigschwellige muttersprachliche Kontaktaufnahme per Internet und Telefon. 5. In der EHAP-Förderperiode 2016 – 2018 wurde das Projekt „Perspektiven in Europa schaffen“ gefördert. Statt diesem wird nun von fast denselben Trägern das Projekt „Social Bridge Hamburg – Orientierung für EU-Zugewanderte“ für im Grunde dieselbe Zielgruppe gefördert. Worin unterscheiden sich die beiden Projekte? Siehe Drs. 21/16242. 6. Das ABB-Service-Team und „step-in – beratung mobil“, beides Beratungsstellen für „besonders benachteiligte neuzugewanderte Unionsbürgern /-innen“, sind beide aus der EHAP-Förderung gefallen. Welche vergleichbaren Anschlussprojekte gibt es? Die Zielgruppe der neu zugewanderten Unionsbürgerinnen und -bürger wird teilweise auch durch die neuen EHAP- und weitere Projekte außerhalb der EHAP-Förderung erreicht, wie unter anderem über das durch den Europäischen Sozialfonds geförderte Projekt „Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit“. Sie kann zudem auf die Angebote des Regelsystems zurückgreifen sowie auf dieses ergänzende Beratungs- und Hilfe- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16412 5 systeme, wie insbesondere die Migrationsberatung des Bundes beziehungsweise die landeseigene Migrationsberatung der Integrationszentren. Für die in der Fragestellung genannten EHAP-Projekte sind zurzeit keine vergleichbaren Anschlussprojekte vorgesehen. Darüber hinaus siehe Antwort zu 1. bis 3. 7. Das Projekt „Visite sozial – Mobile Beratung auf der Straße“ der BASFI beziehungsweise f & w fördern und wohnen AöR in Kooperation mit Caritasverband ist neu hinzugekommen. a) „Der konzeptionelle Schwerpunkt liegt hierbei auf der Verknüpfung dieser niedrigschwelligen mobilen Sozialberatung vor Ort mit einem ebenfalls niedrigschwelligen und mobilen gesundheitlichen Versorgungsangebot “, heißt es in Drs. 21/16193. Fahren die Straßensozialarbeiter also durchgehend mit dem Mobil mit? Wenn ja, wie ist das organisatorisch möglich, da das Mobil wochentags immer nur zwei bis vier Stunden im Einsatz ist? Wie passt das mit vier VZÄ für das Projekt zusammen? Wie sollen zudem vier Mitarbeiter in Vollzeit zudem zusätzlich in das Mobil passen? Die Begleitung des Krankenmobils erfolgt in einem regelmäßigen täglichen Wechsel der Straßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeiter. Die Kontakte der obachlosen und wohnungslosen Menschen verteilen sich unterschiedlich auf die Begleitpersonen , die an jeweils festen Tagen im Krankenmobil anzutreffen sind. So kann eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Soweit kein Einsatz auf dem Krankenmobil vorgesehen ist, sollen die Straßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeiter auf den Straßen im gesamten Hamburger Stadtgebiet eingesetzt werden. b) Es heißt, das Projekt sei in der Erprobungsphase. Musste bei Beantragung der Gelder nicht bereits ein Konzept vorgelegt werden? Wenn ja, wieso dann eine Erprobungsphase scheinbar noch ohne dahinter stehendem Konzept? Wenn nein, warum nicht? Bei der Beantragung von EHAP-Mitteln ist ein Konzept vorgelegt worden. Im Zuge des Projektstarts erfolgt zum einen die Einarbeitung der neu gewonnenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zum anderen die Feinabstimmung und Weiterentwicklung des Konzepts mit den beteiligten Kooperationspartnern auf Basis der ersten Praxiserfahrungen . c) Wegen der Kurzfristigkeit der Entscheidung habe man sich für f & w als Träger entschieden, so der Senat in Drs. 21/16193. Gleichzeitig betont der Senat im Vortext der Anfrage, dass er bereits vor der Obdachlosenbefragung im Frühjahr 2018 der Meinung gewesen sei, dass bestehende Angebote weiterentwickelt werden müssten. Warum liegt dann eine Kurzfristigkeit vor, wenn der Senat bereits seit Längerem von einer notwendigen Ausweitung überzeugt gewesen sein will? Die zuständige Behörde beobachtet kontinuierlich die bestehenden Hilfeangebote und die Bedarfslage. Im Zusammenhang mit den sich abzeichnenden Ergebnissen der Untersuchung von obdachlosen und wohnungslosen Menschen in Hamburg hat sich die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung des Angebotes an Straßensozialarbeit herausgestellt . Im Übrigen siehe Drs. 21/16193. d) Die eingesetzten Straßensozialarbeiter sprechen „Deutsch, Russisch , Litauisch, Englisch, Polnisch, Spanisch und Schwedisch“, so der Senat. Allen bisherigen Erkenntnissen zufolge stellen Personen aus Bulgarien und Rumänien zusammen die größte Gruppe der Obdachlosen. Warum spricht dann aber keiner der Straßensozialarbeiter deren Sprachen? Und inwiefern ist stattdessen Schwedisch bei der Obdachlosenbetreuung von Bedeutung? Drucksache 21/16412 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Mit den Sprachen Russisch, Polnisch und Litauisch kann bereits ein erheblicher Teil der nicht deutschen Obdachlosen erreicht werden (vergleiche Ratzka/Kämper 2018: 15; abrufbar unter: https://www.hamburg.de/contentblob/12065738/ 5702405ed386891a25cdf9d4001e546b/data/d-obdachlosenstudie-2018.pdf). Durch eine Neueinstellung in das Projekt Visite Sozial ist nun auch Türkisch vertreten, wodurch das Projekt auch hier auf der Straße lebende Angehörige der Minderheiten aus Rumänien und Bulgarien erreicht. Eine Stelle ist noch zu besetzen. Bei der Besetzung der Stelle werden fachliche und sprachliche Qualifikation ausschlaggebend sein. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter beherrschen im Rahmen ihrer geforderten Kompetenzen und Sprachenkenntnisse auch weitere Sprachen, dazu gehören unter anderem auch Bulgarisch und Rumänisch. Auch in anderen Projekten gibt es entsprechende Sprachkenntnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 8. In Drs. 21/16285 heißt es: „Für die zweite Förderrunde 2019/2020 erlaubt der EHAP auch die erneute Anstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Projekten der ersten Förderrunde. Diese Möglichkeit wird ausgeschöpft.“ Was heißt das konkret? Welche der Mitarbeiter wurden wohin in die zweite Förderrunde übernommen? Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus beendeten Projekten der ersten EHAP-Förderrunde haben sich nicht auf die Mitarbeit im Projekt „Visite Sozial“ beworben. Die bisher besetzten Stellen (0,75 VZÄ) im Projekt IMeS wurden von einer Mitarbeiterin des Projektes Bulrom übernommen.