BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16424 21. Wahlperiode 12.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Thilo Kleibauer (CDU) vom 04.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Tarifabschluss im öffentlichen Dienst – Sind wesentliche Annahmen des rot-grünen Haushaltsplans für 2019/2020 bereits nach wenigen Monaten Makulatur? Im Finanzbericht zum rot-grünen Haushaltsplan 2019/2020 werden Tarif- und Besoldungssteigerungen oberhalb von 1,5 Prozent explizit als ein wesentliches Haushaltsrisiko angeführt. So heißt es dort: „Im Rahmen der vorgelegten Planung für die Jahre ab 2019 ist wie in früheren Jahren eine Vorsorge für eine mittlere jährliche Tarif- und Besoldungssteigerung von 1,5 % getroffen worden. Sollten die Tarifabschlüsse für die Tarifgemeinschaft der Länder und die Besoldungsanpassungen für Beamtinnen und Beamte über diese Rate hinausgehen, so sind ggf. erforderliche zusätzliche Kostenermächtigungen durch Einsparungen und Umschichtungen innerhalb der jeweiligen Einzelpläne zu kompensieren.“ Demnach sind die Mehrkosten aus Tarifsteigerungen oberhalb von 1,5 Prozent durch die jeweiligen Einzelpläne zu finanzieren. Der Ansatz „Zentrale Reservemittel Personal“ im Einzelplan 9.2 ist gemäß der Erläuterungen im Haushaltsplan ausdrücklich nicht für den Ausgleich von Tarifabschlüssen vorgesehen. Das nun erzielte Ergebnis der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder sieht zum 1.01.2019 sowie zum 1.01.2020 jeweils Entgelterhöhungen in einem Gesamtvolumen von 3,2 Prozent vor (so die Mitteilung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder). Damit liegt der Tarifabschluss, der auch für die Beamten- und Versorgungsempfänger übernommen werden soll, deutlich über der vom Senat eingeplanten Steigerung von 1,5 Prozent. Bereits im Rahmen der Haushaltsberatungen war erkennbar, dass die Annahme einer Tarifsteigerung von 1,5 Prozent im derzeitigen Umfeld zu niedrig ist. Dennoch hielt der Senat an seiner Einschätzung fest, „dass die Masse der Behörden in der Lage sei, wie bereits in der Vergangenheit, die Mittel beispielsweise aus Ermächtigungsüberträgen zu tragen“ (siehe Drs. 21/15000). Allerdings wiesen zuletzt mehrere Behörden in der Berichterstattung zum Haushaltsverlauf nach dem 3. Quartal (Drs. 21/15014) deutlich auf Risiken durch die Personalkostenentwicklung hin. Ich frage den Senat: Der Senat ist bei seinem Beschluss über den Haushaltsplan-Entwurf 2019/2020 unverändert davon ausgegangen, dass im Haushaltsvollzug auftretende Mehrbedarfe der Behörden grundsätzlich im Rahmen der Bewirtschaftung aufgefangen werden. Dies bezieht sich auch auf Mehrbedarfe, die sich aus aktuellen Tarif- und Besol- Drucksache 21/16424 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 dungsanpassungen ergeben. In früheren Haushaltsplänen zentral veranschlagte Verstärkungsmittel wurden vor diesem Hintergrund – bereits beginnend mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 – in die Ausgaberahmen der Behörden einbezogen. Bei der Veranschlagung der Personalkosten haben die Behörden für die Effekte von Tarif- und Besoldungserhöhungen eine jährliche Steigerung von 1,5 Prozent bereits berücksichtigt . Die Überlegungen, in welcher Weise sich der Tarifabschluss konkret auf den Haushalt auswirken wird, sind noch nicht abgeschlossen. Der Senat beabsichtigt, der Bürgerschaft – wie in den Vorjahren – den Tarifabschluss für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder vom 2. März auf die Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter der Stadt zu übertragen. Deren Besoldung sowie die Versorgung der Pensionäre soll unter Berücksichtigung der beamtenrechtlichen Besonderheiten entsprechend angepasst werden. Derzeit wird der erforderliche Gesetzentwurf vom Personalamt erarbeitet. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche voraussichtlichen Mehrkosten ergeben sich durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst (direkt sowie indirekt durch eine Übernahme für die Beamten) für den Gesamthaushalt sowie die Einzelpläne in den Jahren 2019 und 2020? 2. Wie unterteilen sich diese Mehrkosten in Aufwendungen für Entgelte, Aufwendungen für Bezüge sowie Aufwendungen für Versorgungsleistungen und Zuführungen zu Pensionsrückstellungen? 3. Welche Landesbetriebe, Hochschulen, öffentlichen Unternehmen und weitere Einrichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg sind von dem Tarifabschluss im Einzelnen betroffen? Welche Mehrkosten werden hier in den Jahren 2019 und 2020 jeweils erwartet? 4. Welche voraussichtlichen zusätzlichen Kosten ergeben sich durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst (direkt sowie indirekt durch eine Übernahme für die Beamten) für die Einzelpläne in den Jahren 2019 und 2020 gegenüber den im Haushaltsplan veranschlagten Personalkosten? 5. Welche zusätzlichen Kosten ergeben sich durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst (direkt sowie indirekt durch eine Übernahme für die Beamten) für die Landesbetriebe, Hochschulen, öffentlichen Unternehmen und weitere Einrichtungen in den Jahren 2019 und 2020 gegenüber den veranschlagten Personalkosten? Von dem Tarifabschluss betroffen sind, neben den Behörden und Ämtern, Hochschulen und Landesbetrieben, alle öffentlichen Unternehmen, die den TV-L anwenden. Die tatsächlichen Mehrkosten können nicht abstrakt schematisch ermittelt werden. Dies gilt insbesondere wegen tatsächlicher Entwicklungen des strukturellen Personalbestandes , der Vakanzen, der Altersstruktur und sonstiger besoldungs- und vergütungswirksamer Größen, die – sowohl aufgrund von gezielten Steuerungsimpulsen als auch aufgrund von ungeplanten Entwicklungen – die anfallenden Personalkosten laufend verändern können. 6. In jeweils welcher Höhe, an jeweils welcher Stelle und in welchem Umfang sind in den Einzelplänen sowie in den Wirtschaftsplänen der Landesbetriebe, Hochschulen und ähnlichen Einrichtungen in den Jahren 2019 und 2020 derzeit Reserven für Tarifsteigerungen oberhalb von 1,5 Prozent enthalten? 7. In welcher Höhe, an welcher Stelle und in welchem Umfang sind im Einzelplan 9.2 in den Jahren 2019 und 2020 derzeit zentrale Reserven für Tarifsteigerungen oberhalb von 1,5 Prozent enthalten? 8. Können die zusätzlichen Kosten durch den Tarifabschluss 2019 und 2020 in allen Einzelplänen durch Einsparungen und Umschichtungen innerhalb der jeweiligen Einzelpläne kompensiert werden? Wenn ja, durch welche Maßnahmen im Einzelnen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16424 3 Wenn nein, in welchen Fällen nicht und in welcher Höhe sollen hier jeweils die Kosten des Tarifabschlusses durch welche Maßnahmen kompensiert werden? 9. Wie sollen im Einzelnen die zusätzlichen Kosten durch den Tarifabschluss 2019 und 2020 bei Landesbetrieben, Hochschulen, öffentlichen Unternehmen und weiteren Einrichtungen kompensiert werden? Siehe Vorbemerkung 10. In jeweils welcher Höhe gab es nach dem derzeitigen Buchungsstand zum 31.12.2018 in den Einzelplänen noch nicht in Anspruch genommene Kostenermächtigungen für Personalkosten? Siehe Drs. 21/16230. Die einzelnen Abrechnungsarbeiten der Einzelpläne sind noch in der Entscheidungsfindung und nicht abgeschlossen. 11. Laut einer von der Finanzbehörde verbreiteten Stellungnahme des Finanzsenators liegen die Kosten des Tarifabschlusses für die gesamte Laufzeit von 33 Monaten bei rund 420 Millionen Euro. Gleichzeitig ist dort die Rede von einer eingeplanten Reserve im Doppelhaushalt 2019/2020 von 240 Millionen Euro. 11.1. Wie setzt sich der Betrag von rund 420 Millionen Euro im Einzelnen zusammen? Wie unterteilt er sich in die unterschiedlichen zahlungswirksamen und zahlungsunwirksamen Personalkostenarten ? 11.2. Welcher Personalbestand wurde zur Ermittlung der rund 420 Millionen für die einzelnen Fachbehörden und Haushaltsjahre angenommen ? 11.3. Sind in dem Betrag von 420 Millionen Euro auch die Mehrkosten von Landesbetrieben und Hochschulen enthalten? Wenn nein, warum nicht? 11.4 Wie wurde der genannte Betrag einer eingeplanten Reserve von 240 Millionen Euro im Einzelnen ermittelt? 11.5 Wie unterteilt sich der Betrag von 240 Millionen Euro auf die jeweiligen Einzelpläne und Haushaltsjahre? Die Darstellung der Werte von rund 420 Millionen Euro und rund 240 Millionen Euro bezieht sich auf einen überschlägig geschätzten Jahreswert nach Vollzug der letzte Anpassung der aktuellen tariflichen Einigung im Jahr 2021 unter Einbeziehung der fiktiven Wertgleichbehandlung auch der beamteten Beschäftigten für den Bereich der Kernverwaltung, Landesbetriebe und Hochschulen (Länderfinanzierung). Eine Detailaufgliederung dieses Betrages liegt nicht vor. Zu den Auswirkungen auf die Jahre 2019 und 2020 siehe Vorbemerkung.