BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16431 21. Wahlperiode 12.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Gamm (CDU) vom 04.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Hamburg schafft Wasserstoffbusse wieder ab. Der geplante Wechsel von Diesel- zu Brennstoffzellenbussen nach Jahren der Erprobung gestoppt. Mit welchen Bussen fahren die Hamburger tatsächlich in den nächsten Jahren? Die Hamburger Hochbahn hat in den Jahren 2011 und 2012 jeweils zwei Wasserstoffbusse und im Jahr 2014 zwei Gelenkbusse mit Batterie und Brennstoffzelle in Betrieb genommen (siehe Drs. 21/11912). Mit einer Schriftlichen Kleinen Anfrage wurde der Senat in der sechsten Kalenderwoche gebeten, für Aufklärung zu sorgen, wann der Senat und die HOCHBAHN entschieden haben, den im Jahr 2010 für das Jahr 2018 verkündeten Umstieg von Dieselbussen auf Wasserstoffbusse aufzugeben und stattdessen im großen Still weitere Dieselbusse zu beschaffen. Am 13. Februar berichtet nunmehr der NDR, dass der Senat das Pilotprojekt mit den Wasserstoffbussen bereits zum Jahresanfang beendet und die Prototypen abgeschafft hat. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) wie folgt: 1. Welche mit Wasserstoff betriebenen Busse befanden sich zum 1. Januar 2018 im Betrieb der HOCHBAHN? Vier Brennstoffzellenhybridbusse des Herstellers EvoBus und zwei Batterie- Gelenkbusse mit Brennstoffzelle als Range-Extender des Herstellers Solaris. 2. Welche mit Wasserstoff betriebenen Busse befanden sich zum 1. Januar 2019 im Betrieb der HOCHBAHN? 3. Welche mit Wasserstoff betriebenen Busse befinden sich gegenwärtig noch im Betrieb der HOCHBAHN? Zwei Batterie-Gelenkbusse mit Brennstoffzelle als Range-Extender des Herstellers Solaris. 4. Welche mit Wasserstoff betriebenen Busse wurden aus dem Betrieb der HOCHBAHN entfernt? Es wurden vier Brennstoffzellenhybridbusse des Herstellers EvoBus entfernt. Der Erprobungszeitraum endete bereits im Jahr 2016 planmäßig. Die Busse wurden jedoch noch zwei Jahre weiter betrieben. 5. Welcher weiteren Verwendung sind diese Busse zugeführt worden? Die Busse wurden verkauft. Drucksache 21/16431 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 6. Liegt dieser Verwendungsort im Bereich des HVV? Nein. 7. Liegt der Verwendungsort in der Bundesrepublik Deutschland? Der Verwendungsort ist nicht bekannt. 8. An wen wurden die Busse abgegeben? Omnibusbetrieb Winzenhöler GmbH & Co. KG. 9. Zu welchen Konditionen wurden die Busse jeweils abgegeben? Dies unterliegt dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. 10. Sind neben den im Bericht des NDR vom 13. Februar 2019 erwähnten vier Wasserstoffbussen auch die im Jahr 2014 integrierten Wasserstoff- Batterie-Gelenkbusse aus dem Betrieb der HOCHBAHN entfernt worden ? Wenn ja, was war der Grund, auch diese Busse aus dem Betreib zu nehmen? Wenn nein, warum werden diese Busse weiterbetrieben? Nein. Die Wasserstoff-Batterie-Gelenkbusse mit einer Brennstoffzelle als Range- Extender befinden sich noch in der betrieblichen Erprobungsphase. 11. Welche mit Wasserstoff betriebenen Busse sind seit dem 1. Januar 2019 noch im Bereich der HOCHBAHN im Betrieb? Siehe Antwort zu 2. und 3. 12. Welche Betriebskosten sind jeweils für die vier Wasserstoff-Busse und die zwei Wasserstoff-Gelenk-Busse während der bisherigen Betriebszeit angefallen? Bitte je Bus nach Jahren getrennt angeben. (Beträge in T €) 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Wartung+Instandhaltung 232 255 293 355 382 559 493 sonstige Kosten 58 54 60 43 25 27 35 Betriebsstoff 27 50 47 121 114 106 83 Summe 317 359 400 519 521 692 611 Darüber hinaus wurden diverse Instandhaltungsarbeiten auch durch den Hersteller durchgeführt. Eine weitere Differenzierung liegt nicht vor. 13. Welche Anschaffungskosten sind für die unter Frage 11. aufgeführten Busse jeweils angefallen? Die Anschaffungskosten betrugen circa 1,8 Millionen Euro je Bus. Da es sich um Kundenfelderprobungs - beziehungsweise Forschungs- und Demonstrationsfahrzeuge handelt, wurden circa 50 Prozent des Anschaffungspreises durch den Bund über die Projektlaufzeit gefördert. 14. Welche Infrastrukturinvestitionen wurden für den Betrieb der unter Frage 11. genannten Busse aufgewandt? Bitte nach Jahren und Maßnahmen getrennt angeben. Kostenbeteiligung für den Betrieb der Wasserstofftankstelle Hafencity im Jahr 2017 in Höhe von 189 000 Euro und im Jahr 2018 in Höhe von 163 000 Euro. 15. Auf welchen Strecken waren die Busse jeweils für welche Zeiträume im Einsatz? Die Busse werden seit Ende des Jahres 2014 auf der Innovationslinie 109 eingesetzt. Weiterhin erfolgt ein Einsatz auf den Linien 176 und 276. 16. Wie haben sich während der Projektzeit der Busse die durchschnittlichen a) Betriebs- und Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16431 3 b) Wartungszeiten entwickelt? Wie haben diese sich im Vergleich zu Diesel-, Dieselelektrischen- und Elektrobussen entwickelt? Bitte für die einzelnen Betriebsjahre getrennt aufführen. Die im Jahr 2018 ausgemusterten vier Brennstoffzellenhybridbusse konnten mit einer Verfügbarkeit von höchstens rund 50 Prozent über die Projektlaufzeit nicht die Verfügbarkeit von Serienfahrzeugen erreichen, was sich insbesondere in langen Standzeiten für Instandhaltungsarbeiten widerspiegelte. Die Solaris Batterie-Gelenkbusse mit Brennstoffzelle als Range-Extender befinden sich derzeit immer noch in der Erprobungszeit und liegen mit ihrer Verfügbarkeit über den vier im Jahr 2018 ausgemusterten Brennstoffzellenhybridbussen. Die Verfügbarkeit wird im Erprobungszeitraum derzeit noch weiter optimiert. Die Verfügbarkeit von Dieselbussen liegt bei über 90 Prozent. Bei den dieselelektrischen Bussen verzeichnet die HOCHBAHN für Parallelhybridbusse eine Verfügbarkeit von circa 85 Prozent und für Plug-In-Busse eine Verfügbarkeit von circa 73 Prozent. Aufgrund ihrer erst kurzen Einsatzzeit kann für Batteriebusse keine belastbare Aussage zur Verfügbarkeit getroffen werden. 17. Wurden an den Bussen während des Pilotprojekts Veränderungen vorgenommen und was waren die Gründe dafür? Bitte den Zeitpunkt der Veränderungen mit angeben. Der Kundenfelderprobungs- beziehungsweise Forschungs- und Demonstrationsstatus der Busse machte es erforderlich, dass während des Projektzeitraums sowohl diverse Software- als auch Hardwareupdates kontinuierlich durchgeführt wurden. 18. Welche Erkenntnisse wurden aus dem Einsatz der Busse in den einzelnen Jahren jeweils gezogen? Ziel der Erprobung ist es, verschiedene Antriebsarten für emissionsfreie Busse dahin gehend zu bewerten, ob sie für einen Einsatz in Serie geeignet sind und welche weiteren Optimierungsschritte die Hersteller zum Erreichen dieses Zieles gegebenenfalls noch vornehmen müssen. Mit dem Einsatz der Busse konnten relevante Erkenntnisse zu technischen und betrieblichen Leistungsfähigkeiten wie etwa der Fahrzeugreichweiten , der technischen Verfügbarkeiten, Erkenntnisse zur Lebensdauer von Komponenten , den Gründen für Ausfallzeiten sowie den jeweiligen Energiebedarfen gewonnen werden. 19. Worin bestanden beziehungsweise bestehen nach Erkenntnis a) des Senats, b) der HOCHBAHN und c) weiterer Projektbeteiligter die Vorteile des Einsatzes der Busse? Abgesehen von den mit dem Prototypenstatus einhergehenden geringen Verfügbarkeiten der Busse hat sich gezeigt, dass Brennstoffzellenbusse (insbesondere der Range-Extender) im Rahmen der HOCHBAHN-Strategie ein strategisch sinnvoller Baustein für die vollständige Umstellung der Flotte auf emissionsfreie Antriebe sind. Dies gilt insbesondere in Bezug auf große Gefäßgrößen und große Reichweiten. 20. Worin bestanden beziehungsweise bestehen nach Erkenntnis a) des Senats, b) der HOCHBAHN und c) weiterer Projektbeteiligter die Nachteile des Einsatzes der Busse? Wesentliche Nachteile der vier ausgemusterten Brennstoffzellenhybridbusse sind ihre geringe Verfügbarkeit und der noch hohe technische Betreuungsaufwand. Dieser resultiert nicht zuletzt daraus, dass für Arbeiten an den innovativen Komponenten vielfach die Expertinnen und Experten des Herstellers herangezogen werden mussten und nicht alle erforderlichen Spezial- und Diagnosewerkzeuge verfügbar waren. Derzeit fehlt noch die Serienreife der getesteten und ausgemusterten Fahrzeuge. Drucksache 21/16431 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 21. Hat es in den Jahren des Projekts einen Austausch mit anderen Wasserstoffbus -Projekten a) in Deutschland und b) im Ausland gegeben? Was waren die Erkenntnisse aus diesem Erfahrungsaustausch? Die HOCHBAHN ist in ein umfassendes Netzwerk eingebunden, in dem sich Experten von aktuell mehr als 30 Verkehrsunternehmen zu den laufenden Projekten von E- Bussen mit Brennstoffzellen regelmäßig austauschen. Als Mitglied des Koordinierungsteams der von den Bundesministerien für Umwelt (BMU) beziehungsweise Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) eingesetzten Facharbeitsgruppe für innovative Linienbusse, erhält die HOCHBAHN zudem aktuelle Erkenntnisse jeweils aus erster Hand. Im Wesentlichen wurden Erkenntnisse zur technischen Leistungsfähigkeit der Busse sowie zu den Anforderungen an die notwendige Tankinfrastruktur gewonnen. 22. Welche Lieferanten für mit Wasserstoff betriebene Busse sind dem Senat und der HOCHBAHN bekannt? Van Hool (Überlandbus, kein Stadtbus), Solaris (Entwicklung auf Kundenwunsch, noch keine Serienfertigung), EvoBus (Baukastenkonzept auf Basis der derzeitigen Batteriebusse ab dem Jahr 2022 als Range Extender verfügbar), Toyota (Rechtslenker ) und Hyundai. 23. Wie bewertet der Senat die von den Herstellern angebotenen Wasserstoffbusse unter Berücksichtigung der eigenen Erfahrungen aus dem jahrelangen Einsatz von Wasserstoff-Bussen im eigenen Fuhrpark? Siehe Antworten zu 18 und 19. a) bis c). 24. Mit wie vielen Lieferanten wurden über eine Lieferung neuer Wasserstoffbusse Verhandlungen geführt? Was waren die Ergebnisse dieser Verhandlungen? Derzeit laufen erste Sondierungsgespräche für die Beschaffung von zwei weiteren Batteriebussen mit Brennstoffzellen als Range Extender. Im Übrigen siehe Antwort zu 9. 25. Wann haben diese Verhandlungen stattgefunden? Konkrete Verhandlungen haben noch nicht stattgefunden. 26. Was hat der Senat unternommen, um den für das Jahr 2018 geplanten kompletten Umstieg von Dieselbussen zu Wasserstoffbussen (Brennstoffzellenbussen ) umzusetzen? Siehe Drs. 21/16148. 27. Was geschieht nach dem Ende des Betriebs der Wasserstoffbusse mit der zugehörigen Infrastruktur? Wie wird diese zukünftig genutzt? Die Wasserstofftankstelle in der HafenCity wird weiter von den im Einsatz befindlichen zwei E-Bussen mit Brennstoffzelle als Range-Extender sowie von diversen Brennstoffzellen -Pkws genutzt. 28. Im Bericht des NDR wird der Hochbahn-Sprecher dahin gehend zitiert, dass bei der Auswahl einer Technologie die Lagerung von Wasserstoff in Wohngebieten zu berücksichtigen sei. Welche behördlichen Auflagen gelten hier und welche Rolle haben diese in den Jahren des Pilotprojekts gespielt? Anlagen zur Lagerung von Wasserstoff sind unterhalb einer Lagermenge von 3 t allgemein zulässig. Überschreitet die Lagermenge diese Größe, handelt es sich um genehmigungsbedürftige Anlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Ab dieser Größe sind sie in Wohngebieten nach der Baunutzungsverordnung nur auf dem Befreiungsweg zulässig. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16431 5 Aus den Studien der HOCHBAHN hat sich gezeigt, dass für den Betrieb von reinen Brennstoffzellenhybridbussen (ausgemusterter Typ) sich tatsächlich auf einzelnen Betriebshöfen aufgrund der benötigten Lagermengen Beschränkungen ergeben. Mit dem Konzept des Batteriebusses mit Brennstoffzelle als Range-Extender und einer nur anteiligen Umstellung der Busflotte auf diese Form des Antriebs kann diese Anforderung aufgrund der sinkenden Lagerkapazitäten jedoch an allen Standorten erfüllt werden. 29. Welche Rolle spielen diese Auflagen für die Wasserstoffmobilität in Hamburg generell? Bei der Umsetzung von Mobilitätsprojekten mit Wasserstofftechnologie werden grundsätzlich Gesichtspunkte zu sicherheitstechnischen Fragestellungen berücksichtigt. Eine Behinderung von Mobilitätsprojekten mit Wasserstofftechnologie durch rechtliche Anforderungen ist nach derzeitigen Kenntnisstand nicht erkennbar. 30. Geht nach Ansicht des Senats von der Lagerung des Wasserstoffs unter heute realistischen Bedingungen eine Gefahr für die Bevölkerung aus und in welcher Form besteht diese? Durch einen genehmigungskonformen Betrieb einer Anlage zur Lagerung von Wasserstoff ist nach heutigem Stand keine Gefahr für die Bevölkerung zu erwarten.