BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16445 21. Wahlperiode 12.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 05.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Fahrradfalle Fahrzeugtür (3) – Wie viele „dooring“-Unfälle gab es 2018, was hat der Senat dagegen getan und wie ist es um den „holländischen Griff“ in Hamburg bestellt? Die Zahl von Radverkehrsunfällen war in den vergangenen Jahren konstant hoch und ist 2018 noch einmal angestiegen. So ereigneten sich im vergangenen Jahr 3 393 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung auf und an Hamburgs Straßen (Drs. 21/16341). Hierbei kamen 2 525 Menschen zu Schaden. Davon wurden 2 308 Personen leicht verletzt, 215 schwer verletzt und zwei Personen getötet. Ein in diesem Zusammenhang viel diskutiertes, aber lange Zeit nicht mit validen Zahlen unterfüttertes Thema ist das sogenannte dooring.1 Dabei handelt es sich um Verkehrsunfälle, bei denen Fahrräder mit sich oftmals plötzlich öffnenden Türen von Kraftfahrzeugen (Kfz) kollidieren. Weil Radfahrern in solchen Situationen extrem wenig Zeit zum Bremsen oder gar Ausweichen bleibt, sind die Unfallfolgen in vielen Fällen erheblich. Insbesondere bei der Planung und Errichtung von Radverkehrsanlagen ist daher die sogenannte door zone in den Fokus gerückt.2 Bei der „door zone“ handelt es sich um jenen Nahbereich rund um ein Fahrzeug, in den eine geöffnete Fahrzeugtür reichen kann. Wobei logischerweise auch Pkws, Lkws und Krafträder (Krad) mit sich öffnenden beziehungsweise geöffneten Türen von geparkten Kraftfahrzeugen kollidieren können. Im Juni 2017 hatte eine CDU-Anfrage (Drs. 21/9402) erstmals Licht in das Dunkelfeld dieses Unfallbildes gebracht. Demnach wurden in den Jahren 2011 bis 2016 insgesamt 734 Verkehrsunfälle mit zusammen 667 verletzten Personen, darunter 50 Schwerverletzte, in Hamburg registriert, bei denen die Unfallursache „Fehler beim Ein- beziehungsweise Aussteigen oder Bebeziehungsweise Entladen“ lautete und bei denen die Hauptverursacher Kraftfahrzeugfahrer und weitere Beteiligte Radfahrer waren. Im Jahr 2017 kam es zu 146 Verkehrsunfällen mit 133 verletzten Personen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die nachstehenden Verkehrsunfalldaten sind durch eine Abfrage in der Datenbank Elektronische Unfalltypensteckkarte (EUSka) am 6. März 2019 ermittelt worden. Auswertbare Verkehrsunfalldaten liegen für den erfragten Zeitraum bis einschließlich 31. Dezember 2018 vor; diese Zahlen sind vorläufig. 1 https://en.wikipedia.org/wiki/Dooring. 2 https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/Der-Fahrradkrieg-Kampf-um-die- Strassen,sendung631726.html, siehe hier ab Minute 4:11. Drucksache 21/16445 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Zu den Auswertekriterien siehe Drs. 21/9402. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Radverkehrsunfälle, bei denen es zu einer Kollision mit einer Tür eines abgestellten beziehungsweise geparkten Kraftfahrzeugs gekommen ist, haben sich 2018 und im laufenden Jahr 2019 in Hamburg ereignet? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Jahr Anzahl Verkehrsunfälle 2018 147 2. Wie viele Menschen verunglückten bei den mit Frage 1. erfragten Unfällen ? Bitte jahresweise aufschlüsseln sowie die Verunglückten nach Leichtverletzten, Schwerverletzten und Getöteten aufschlüsseln. Die folgende Tabelle stellt die Anzahl der Verunglückten im Sinne der Fragestellung dar. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. Jahr Verunglückte gesamt Anzahl Schwerverletzte Anzahl Leichtverletzte 2018 133 5 128 3. Haben sich der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden seit dem Beantwortungszeitpunkt von Drs. 21/9402, also dem 20. Juni 2017, mit dem „dooring“-Problem und Maßnahmen zu dessen Behebung befasst? Wenn ja, wann, in welchem Gremium und mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht? Die Polizei führt regelmäßig präventive und repressive Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit insbesondere für Radfahrerinnen und Radfahrer durch. Auch das Forum Verkehrssicherheit hat das Thema im Arbeitskreis „Fahrrad“ diskutiert. Konkrete Ergebnisse stehen noch aus. Im Übrigen siehe Drs. 21/14017. 4. Auf wie vielen Straßenkilometern in Hamburg sind aktuell Radfahr- oder Schutzstreifen aufmarkiert? 5. Auf wie vielen Straßenkilometern wurden seit 2011 in Hamburg Radfahroder Schutzstreifen aufmarkiert? Bitte jahresweise inklusive des laufenden Jahres aufschlüsseln. Für die Längen der Straßenkilometer, auf denen Schutz- und Radfahrstreifen eingerichtet wurden, siehe nachstehende Tabelle: Jahr (Stand jeweils 31. Dezember) Jährliche Neuanlage (m) Kumulierter Bestand (m) 2011 1 940 22 540* 2012 4 370 26 910 2013 6 390 33 300 2014 11 060 44 360 2015 10 355 54 715 2016 12 960 67 675 2017 10 235 77 910 2018 8 430 86 340 2019 (Stand 6. März) 0 86 340 * Eine genaue Statistik zum Bestand an Schutz- und Radfahrstreifen vor dem Jahr 2011 besteht nicht. Der Wert ist daher als Schätzwert zu verstehen. 6. Gefragt nach dem sogenannten holländischem Griff, bei dem die jeweilige Fahrzeugtür mit der weiter entfernten Hand geöffnet wird, wodurch Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16445 3 die jeweilige Person den Oberkörper leicht dreht und automatisch einen Schulterblick macht, antwortete der Senat in Drs. 21/9564: „Der zuständigen Fachbehörde ist diese Methode bekannt. Bereits in dem Bündnis für den Radverkehr vom 23. Juni 2017 ist festgehalten, dass in Zusammenarbeit mit der Hamburger Fahrlehrerschaft bei der Ausbildung und Prüfung angehender Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer sowie der Fahrschülerinnen und Fahrschüler im Rahmen bestehender Spielräume Elemente zum Thema Sicherheit des Radverkehrs noch stärker in den Vordergrund gestellt werden.“ Inwiefern und durch welche konkreten Maßnahmen wurden seither, wie vom Senat versprochen, a) Elemente zum Thema Sicherheit des Radverkehrs im Allgemeinen, Die Polizei führte am 24. August 2018 eine Präventionsaktion auf dem Wandsbeker Marktplatz mit den Themenschwerpunkten „Geisterradler“, „Abbiegeunfälle“ und „toter Winkel“ durch. In diesem Rahmen wurden auch andere Gefahren des Straßenverkehrs thematisiert. Darüber hinaus war die Polizei mit Infoständen auf der „Logistik-Jobbörse“ sowie den Messen „oohh Freizeitwelten“ und „Rad und Reisemesse“ des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) präsent und unterstützt die ADFC-Kampagne „#FREIHALTEN“, bei der das Radwegparken und die in diesem Zusammenhang festzustellenden Gefahren thematisiert werden. Auch das Forum Verkehrssicherheit hat im Jahr 2018 mit verschiedenen Aktionen auf Abbiegeunfälle, Geisterradler, richtige Benutzung der Fahrradinfrastruktur, Falschparken auf Gehwegen und mangelhafte Beleuchtung aufmerksam gemacht. Ein weiteres Hauptaugenmerk lag auf der Vorbereitung der umfassenden Verkehrssicherheitskampagne „Hamburg gibt 8“, welche am 25.02.2019 gestartet wurde. Hauptziel hier ist die Verbesserung des Verkehrsklimas, wobei hier die Verkehrssicherheit von Radfahrenden besonders im Fokus steht. Im Übrigen siehe Drs. 21/14017. b) Elemente zum Thema Vermeidung von „dooring“-Unfällen, beispielsweise durch den „holländischen Griff“ im Speziellen, in den Vordergrund gestellt? Spezielle Präventivmaßnahmen im Sinne der Fragestellung werden von der Polizei nicht durchgeführt. Bei der Prüfung angehender Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer achten die Prüferinnen und Prüfer des Hamburger Fahrlehrerprüfungsausschusses sowohl in der fahrpraktischen Prüfung als auch in der Lehrprobe im fahrpraktischen Unterricht auf eine konsequente Anwendung des „Holländischen Griffs“. Die Technische Prüfstelle wurde ebenfalls gebeten, bei der praktischen Fahrerlaubnisprüfung auf die Anwendung des „Holländischen Griffs“ zu achten.