BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16450 21. Wahlperiode 12.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 06.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Vorfall bei dem Spiel zwischen Dynamo Dresden und dem HSV am 10.02.2019 Am 10.02.2019 hat der Fußballverein Dynamo Dresden gegen den Hamburger Sportverein im Volksparkstadion gespielt. Das Spiel wurde von der Polizei als ein Spiel mit hohem Eskalationspotenzial eingeschätzt. Diese Einschätzung führte dazu, dass die An- und Abreise der Fußballfans intensiv polizeilich begleitet wurde. Laut dem Einsatzbericht der Polizei Hamburg vom 11.02.2019 war die Abreise der Fans friedlich und störungsfrei.1 Wie die „Schwarz-Gelbe Hilfe e.V.“ nun in einer Pressemitteilung öffentlich machte, habe es bei der Abreise der Dynamo-Fans einen folgenschweren Unfall gegeben.2 Ein 71-jähriger Dynamo-Fan sei bei der Abreise über einen Stein gestolpert, gestürzt und habe sich schwer verletzt. Auch in der Auswertung eines Auswärtsfragebogens des „Fanprojekts Dresden e.V.“3 beschreiben Zeugen/-innen die Abreiseorganisation durch die Polizei als chaotisch. Die Fans haben sich bei schlechten Lichtverhältnissen auf polizeiliche Veranlassung auf unsicheren Wegeverhältnissen bewegen müssen. Auch sei die Versorgung des Verletzten nur schleppend erfolgt. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit die Abläufe durch die Polizei möglicherweise zu Gefährdungen der abreisenden Fans geführt haben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Spiel der zweiten Fußballbundesliga zwischen dem Hamburger Sportverein (HSV) und der Sportgemeinschaft (SG) Dynamo Dresden fand am 11. Februar 2019 um 20.30 Uhr im Hamburger Volksparkstadion statt. Die Partie wurde von etwa 47 000 Zuschauerinnen und Zuschauern besucht, von denen etwa 5 500 Gästefans waren. Das Verhältnis zwischen den Fans des HSV und der SG Dynamo Dresden wird nach polizeilichen Erkenntnissen als feindlich eingestuft. Die Verantwortlichen des HSV bewerteten die Begegnung als „Spiel mit erhöhtem Risiko“. Beim unkontrollierten Aufeinandertreffen von Angehörigen der Fanszenen war mit sofortigen körperlichen Auseinandersetzungen zu rechnen. Die Polizei hat den Einsatz aufgrund der polizeilichen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung hinreichender Vorerfahrungen ähnlicher Fußballbegegnungen in einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO) mit einem erhöhten Kräfteeinsatz durchgeführt . Dabei galt die strikte Trennung der beiden Fanlager als wesentliches polizeili- 1 https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/4190449. 2 http://www.schwarz-gelbe-hilfe.de/?p=1445. 3 https://www.fanprojekt-dresden.de/wp-content/uploads/2019/02/Auswertung-HSV-SGD.pdf. Drucksache 21/16450 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ches Ziel. Eventuell durchgeführte Fanmärsche werden nach Entscheidung des Polizeiführers im jeweiligen Einzelfall durch Polizeikräfte begleitet. Vor der Begegnung versammelten sich etwa 2 000 Dresdner Fans auf einem Parkplatz im Grandkuhlenweg in Hamburg-Lurup, darunter rund 550 Problemfans, von denen die Polizei 450 Personen der Kategorie B (gewaltbereit) und 100 Personen der Kategorie C (gewalttätig) zurechnete. Der von der Polizei begleitete Fanmarsch führte über die Marschstrecke Grandkuhlenweg – Kressenweg – Achtern Styg – Luruper Hauptstraße – Stadionstraße und Hellgrundweg zum Gästeeingang „Südwest“ des Volksparkstadions; im Übrigen siehe Pressemeldung der Polizei unter https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/4190449. Nach dem Spiel führten Dresdner Anhängerinnen und Anhänger über die gleiche Marschstrecke wie vor dem Spiel einen Fanmarsch zurück zum Parkplatz im Grandkuhlenweg durch. Nach den der Polizei am Einsatztag vorliegenden Erkenntnissen verlief dieser ohne besondere Vorkommnisse. Die Polizei Hamburg hat von dem in der Anfrage thematisierten Unfall eines Dresdner Fans im Zusammenhang mit dem Fanmarsch nach dem Spiel erst am 13. Februar 2019 durch eine fernmündliche Mitteilung eines Angehörigen Kenntnis erhalten. Aus Sicht des Senats hat der erhöhte Kräfteeinsatz der BAO sowie die konsequente Begleitung der Problemfans aus Hamburg sowie aus Dresden vor und nach dem Spiel im Wesentlichen dazu beigetragen, dass der Einsatz ohne erhebliche Störungen und Ausschreitungen rivalisierender Fangruppierungen verlaufen ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Auf welche Art und Weise und mit welchen polizeilichen Mitteln und Maßnahmen wurde die Abreise der Dynamo-Fans vom Volksparkstadion polizeilich begleitet? Siehe Vorbemerkung; darüber hinaus berührt die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der aus grundsätzlichen Erwägungen keine Angaben gemacht werden. 2. Auf welchem Weg wurden die abreisenden Dynamo-Fans von der Polizei vom Volksparkstadion eskortiert? Bitte die genauen Straßen und Wege angeben. Siehe Vorbemerkung; Dresdner Fans, die das Volksparkstadion auf anderem Weg verlassen haben, hat die Polizei nicht begleitet. 3. Trifft es zu, dass einige Fans auf Anweisung begleitender Polizisten auf dem Abreiseweg mehrfach zwischen Straße, Gehweg und Grünstreifen wechseln mussten? Der von der Polizei begleitete Fanmarsch bewegte sich ausschließlich auf der Fahrbahn . Erkenntnisse zu im Einzelfall im Sinne der Fragestellung getroffenen Anweisungen liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 4. Auf welchen der genommenen Straßen und Wege existiert eine feste, installierte Beleuchtungsanlage? Bitte Art, Umfang und Betriebszeiten der Beleuchtungsanlage angeben. Entlang der Strecke befinden sich anteilig zwei Lichtpunkte beim Volksparkstadion Ausgang Süd/West, 13 im Hellgrundweg, 15 in der Stadionstraße, zwölf in der Luruper Hauptstraße, elf am Achtern Styg, sieben im Kressenweg und zwei im Grandkuhlenweg . Alle Leuchten haben als Leuchtmittel Leuchtstofflampen oder Natrium- Dampflampen. Die Beleuchtungsanlagen wurden am 11. Februar 2019 um 17.41 Uhr eingeschaltet. 5. Welche Maßnahmen wurden von der Polizei ergriffen, um den Abreiseweg der Dynamo-Fans auszuleuchten? 6. Der Abreiseweg der Dynamo-Fans wurde durch Wasserwerfer abgesichert . An welchen Örtlichkeiten waren Wasserwerfer aufgestellt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16450 3 a. In welche Richtung waren die Wasserwerfer jeweils aufgestellt? Bitte jeweiligen Aufstellungsort benennen. b. An welchen Örtlichkeiten hatten die Wasserwerfer während der Abreise ihre Scheinwerfer in Betrieb? c. Waren vor Ort andere Großfahrzeuge der Polizei (zum Beispiel Räumpanzer, größere Busse) im Einsatz? Wenn ja, wo? Und hatten diese ebenfalls Scheinwerfer während der Abreise in Betrieb? Die Polizei hat bei diesem Einsatz Wasserwerfer mitgeführt, auch im Rahmen der Fanbegleitung. Bei diesen waren die Beleuchtungseinrichtungen in unterschiedlicher Form in Betrieb. Da die Fahrzeuge in Bewegung gesetzt waren, ist eine Beantwortung im Sinne der Fragestellung nicht möglich. 7. In der Auswertung des Auswärtsfragebogens des „Fanprojekts Dresden e.V.“ berichten Fußballfans der SG Dynamo Dresden, dass anwesende Polizeikräfte den Abtransport des Verletzten in einem vor Ort befindlichen Rettungskraftwagen verweigert, da dieser ausschließlich für die Versorgung von Polizeikräften zuständig sei und dafür vorgehalten werden müsse. Der herbeigerufene Rettungswagen habe mindestens 15 Minuten benötigt, bis er vor Ort eingetroffen ist. a. Trifft es zu, dass ein Rettungswagen vor Ort war, aber nicht für den Abtransport des Betroffenen genutzt werden konnte/durfte? Wenn ja, aus welchen Gründen? b. Wurde der herbeigerufene Rettungswagen durch Polizeikräfte oder durch Fußballfans verständigt? c. Haben anwesende Polizeikräfte Erste-Hilfe-Maßnahmen für den Betroffenen ergriffen? Wenn ja, wann und welche? Im Einsatzprotokollsystem der Polizei Hamburg ist vermerkt, dass im Einsatzabschnitt „Gästefans“ tätige Einsatzkräfte der Polizei Schleswig-Holstein am 11. Februar 2019 kurz vor 23 Uhr eine zusammengebrochene Person im Bereich Stadionstraße/ Eingang Dahliengarten meldeten, die von den Polizeikräften erstversorgt wurde. Die am Ort dieses Geschehens eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten aus Schleswig-Holstein führten einen Notfall-Krankentransportwagen mit, der mit zwei Rettungssanitätern besetzt war. Mit diesem Fahrzeug und dessen Besatzung sollte die Erstversorgung der eingesetzten Beamtinnen und Beamten und bei Bedarf, wie in diesem Fall, auch anderer Personen sichergestellt werden. Es dient grundsätzlich nicht dem Krankentransport und ist für einen schonenden Transport auch ungeeignet. Für einen erforderlichen Krankentransport wird regelmäßig auf die regionalen Rettungsdienste zurückgegriffen. Dies gilt auch für einen erforderlichen Transport von verletzten Polizeibeamtinnen und -beamten. Auch ein Verbringen der verletzten Person für die Erstversorgung in das Fahrzeug war aufgrund des unklaren Verletzungsmusters nicht angezeigt. Durch die vor Ort befindliche polizeiliche Rettungsassistentin wurden unmittelbar folgende Maßnahmen eingeleitet: Bodycheck, Anamnese, Aufklären des Patienten über die getroffenen Maßnahmen, Betreuung in belassener Position, Wärmeerhalt, fortlaufende Kontrolle der Vitalfunktionen, Abschirmen des Patienten gegen störende Personen aus der Fangruppe. Drucksache 21/16450 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die erstversorgende polizeiliche Rettungssanitäterin forderte unverzüglich einen Rettungswagen an. Zur Absicherung des Fußballspiels war der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) mit Krankenkraftwagen im Einsatzraum. Der um 22.59 Uhr bei der Feuerwehr eingegangene polizeiliche Notruf wurde um 23.04 Uhr der Leitstelle Stadion zugeleitet. Das von dort alarmierte Rettungsmittel des ASB erreichte laut Einsatzbericht des ASB um 23.08 Uhr die Unfallstelle, verließ das Stadion um 23.27 und traf um 23.32 Uhr im AK Altona ein. Erkenntnisse darüber, ob es sich bei diesem Sachverhalt um den von der Fragestellung umfassten Vorfall handelt, liegen der zuständigen Behörde derzeit nicht vor. 8. Aus welchen Gründen wird der Vorfall, bei dem sich der Betroffene erhebliche Verletzungen zugezogen hat, nicht in der Pressemitteilung der Polizei Hamburg zum Polizeieinsatz rund um das Spiel genannt? Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Pressemitteilung der Polizei Hamburg am 12. Februar 2019 lagen Informationen im Sinne der Fragestellung nicht vor; im Übrigen siehe Vorbemerkung.