BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16491 21. Wahlperiode 19.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse und Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 11.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Investitionen der Stadtreinigung – Was kostet das Senatskonzept zur zukünftigen Fernwärmeversorgung wirklich? Während der Beratungen der Drs. 21/14636 zum Rückkauf des Fernwärmenetzes im Haushaltsausschuss wurde deutlich, dass für die Senatspläne zur zukünftigen Fernwärmeversorgung inklusive Aufbau neuer Erzeugungskapazitäten sowie Erhaltung und Ausbau des Netzes bis 2030 rund 1 Milliarde Euro Investitionen getätigt werden müssen.1 Wesentliche Teile des Konzepts des rot-grünen Senats zur zukünftigen Fernwärmeversorgung Hamburgs basieren zudem auf Investitionen, die durch die Stadtreinigung Hamburg AöR (SRH) beziehungsweise ihre Beteiligungen und Tochtergesellschaften vorzunehmen sein werden. So soll beispielsweise das für 325 Millionen Euro neu zu errichtende Zentrum für Ressourcen und Energie (ZRE) in Stellingen einen deutlichen Beitrag zum Ersatz des Heizkraftwerks Wedel im westlichen Fernwärmenetz leisten. Darüber hinaus ist ein entsprechender Ausbau der Müllverbrennungsanlagen Rugenberger Damm (MVR) und Borsigstraße (MVB) geplant. Dies wurde auch in der Sitzung des Energienetzbeirats am 29.11.18 deutlich. In einer Präsentation durch die Umweltbehörde hieß es, dass „nach 2030 (…) auch die Erzeugung aus der MVR (…) auf 220 GWh“ ansteige und „die zusätzlichen Kapazitäten der MVB (…) zunächst mit der Mindestmenge (350 GWh) abgerufen (werden), ab 2030 (Tiefstack-Umstellung) deutlich darüber.“2 Den oben genannten Beratungen im Haushaltsausschuss war zu entnehmen , dass die entsprechend notwendigen Investitionen der SRH noch nicht in der eingangs erwähnten, rund 1 Milliarde Euro Investitionen enthalten sind.3 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stadtreinigung Hamburg (SRH) und Vattenfall Wärme Hamburg GmbH (VWH) wie folgt: 1 Vergleiche beispielsweise Protokoll 21/50 des Haushaltsausschusses, Seite 11 + Seite 30 i.V.m. Drs. 21/14636, Seite 3. 2 Vergleiche Präsentation der Umweltbehörde zu TOP 5 der Sitzung des Energienetzbeirats am 29.11.18, Folien 6 + 7 (https://www.hamburg.de/contentblob/11928120/ 7564dfa4346e6781c5c03d60a173d9c1/data/d-top-5-sachstand-ersatz-hkw-wedel.pdf). 3 Vergleiche Protokoll 21/50 des Haushaltsausschusses, Seite 68. Drucksache 21/16491 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Welche Maßnahmen zum Ausbau von MVR und MVB befinden sich in Prüfung beziehungsweise Planung, damit diese unter anderem auch mehr zur zukünftigen Fernwärmeversorgung Hamburgs beitragen können ? Die Müllverbrennungsanlagen Rugenberger Damm (MVR) ist eine Mehrheitsgesellschaft der Vattenfall Europe New Energy GmbH. Die Planung der zukünftigen Fernwärmeauskopplung der MVR erfolgt durch die VWH. VWH hat dazu mehrere Gespräche mit der MVR zu möglichen Potentialen der Fernwärmeerzeugung in der MVR geführt. Dabei sind sowohl technische als auch kommerzielle Machbarkeiten diskutiert worden, so auch Überlegungen, weitere Wärmepotenziale im Rauchgasstrom der MVR zu nutzen. In der aktuellen Wirtschaftsplanung der MVR sind für die Jahre 2019 bis 2023 bisher keine Investitionsmittel für einen Ausbau der Fernwärmeauskopplung vorgesehen. Wenn die Konzeptentwicklung für die Fernwärmeerzeugung durch die VWH abgeschlossen ist, würde die MVR ihre Wirtschaftsplanung entsprechend anpassen. Die MVB GmbH plant eine technische Ertüchtigung der MVB zu Verbesserung der Energieausbeute bei der Abfallbehandlung. Dadurch wird es möglich, zusätzlich bis zu 60 MW Wärme ohne Steigerung des Abfalldurchsatzes zu erzeugen und ins Wärmenetz einzuspeisen. 2. Mit welchem Investitionsvolumen wird hierbei für die MVR gerechnet? a. Wann erfolgte die letzte Anpassung dieses Budgetrahmens an aktuelle Erkenntnisse beziehungsweise Kostenschätzungen? b. Wie hoch lag das prognostizierte Budget vor dieser Anpassung? Eine belastbare Kostenberechnung des Investitionsvolumens wird erst nach Abschluss der Planungen vorliegen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 3. Mit welchem Investitionsvolumen wird hierbei für die MVB gerechnet? a. Wann erfolgte die letzte Anpassung dieses Budgetrahmens an aktuelle Erkenntnisse beziehungsweise Kostenschätzungen? b. Wie hoch lag das prognostizierte Budget vor dieser Anpassung? Bisher wurden vom Aufsichtsrat der SRH nur Planungsmittel unter Angabe einer groben Kostenschätzung für die in der Antwort zu 1. genannte Maßnahme freigegeben. Eine Berechnung für ein Investitionsvolumen wird erst nach Abschluss der Planungen vorliegen. 4. Wie hat sich das Gesamtabfallaufkommen in Hamburg in den Jahren seit 2010 entwickelt? Etwa welcher Anteil davon war jeweils biogenen insbesondere pflanzlichen Ursprungs? Das Gesamtabfallaufkommen in Hamburg wird in der jährlichen Abfallstatistik der der zuständigen Behörde unter https://www.hamburg.de/recycling/4793242/statistiksiedlungsabfaelle / veröffentlicht. Von den dort aufgeführten, getrennt gesammelten Fraktionen haben Papier (nahezu 100 Prozent pflanzlich), Altholz (100 Prozent pflanzlich), Bioabfall (geringe tierische Anteile aus Essenresten) und Grünabfall (100 Prozent pflanzlich) höhere biogene Anteile. Auch Textilien enthalten einen geringen Anteil biogener Stoffe. Der Anteil biogener Stoffe im Restmüll wurde aus der SRH-Hausmüllanalyse 2016 hochgerechnet und liegt bei circa 215 000 Tonnen/a (Bio- und Grünabfälle sowie Papier im Restmüll). a. Jeweils welche Mengen des Gesamtabfallaufkommens und des biogenen insbesondere pflanzlichen Anteils sind energetisch verwertet worden? Die getrennt gesammelten Organikmengen aus der Biotonne werden mittels Vergärung und anschließender Nutzung des Kompostes und des Biogases sowohl stofflich als auch energetisch verwertet, siehe dazu auch die erwähnte Abfallstatistik. Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16491 3 getrennt gesammelten Holzmengen sowie die Abfälle zur Beseitigung (Restmüll) inklusive der darin verbliebenen Organik werden energetisch verwertet. b. Wie haben sich die hieraus jeweils abgesetzten Fernwärmemengen entwickelt? (Bitte jahresweise und für die Unterfragen nach Müllverbrennungsanlagen differenziert darstellen.) Eine Rückrechnung der Fernwärmeproduktion der Müllverbrennungsanlagen auf die spezifischen Eingangsfraktionen ist nicht möglich. Alle Eingangsfraktionen werden in den Bunkern der Anlagen vermischt um dauerhaft eine gleichmäßige Abfallqualität für die Verbrennung zu gewährleisten. Die abgesetzten Fernwärmemengen der MVA sind der folgenden Tabelle zu entnehmen: 5. Wie groß sind die Kapazitäten der SRH zur Verwertung von Abfällen aktuell und wie sollen sie sich nach den entsprechenden Investitionen in ZRE, MVR und MVB entwickeln? Wie entwickelt sich dabei insbesondere jeweils die Kapazität zur energetischen Verwertung von Abfällen? Die Kapazitäten der von der SRH belieferten Entsorgungsanlagen sind in den Abfallwirtschaftsplänen der FHH dargestellt: https://www.hamburg.de/abfall/4893574/ abfallwirtschaftsplaene/. Sowohl in der MVB und MVR (siehe Antwort zu 1.) als auch im SRH-eigenen Biogas- und Kompostwerk Bützberg soll die Energieausbeute bei unveränderter Anlagenkapazität gesteigert werden. Für das ZRE ist aktuell eine Kapazität von 240 000 t/a für Biomasse und Ersatzbrennstoffe zur energetischen Verwertung geplant. 6. Wo und wie werden seit Anfang 2019 die gemäß Konzernbericht 2017 der SRH bis dato noch an die MVA Stapelfeld gelieferten Abfallmengen verwertet? Um circa welche jährlichen Abfallmengen handelte beziehungsweise handelt es sich dabei? In 2017 sind rund 94 000 Tonnen Abfall der SRH in der MVA Stapelfeld thermisch verwertet worden. Für 2019 und optional 2020 hat die SRH über eine europaweite Ausschreibung Verwertungskapazitäten bis zu 135 000 Tonnen pro Jahr in der MVA Stapelfeld gesichert.