BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16511 21. Wahlperiode 09.04.19 Große Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver, Richard Seelmaecker, Stephan Gamm, Joachim Lenders, Dennis Gladiator (CDU) und Fraktion vom 13.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Innere und äußere Differenzierung an Hamburgs Stadtteilschulen – Oder werden „alle über einen Kamm geschoren“? In Hamburg wurde nach 2007 das „Zweisäulenmodell“ eingeführt mit – nach einer vierjährigen Grundschulzeit – einem achtjährigen Gymnasium und Stadtteilschulen, die den ersten und den mittleren Schulabschluss vermitteln sowie einen Teil ihrer Schüler in neun Jahren zum Abitur führen. Das Hamburger Schulgesetz beschreibt entsprechend den Auftrag der Stadtteilschule in § 15 (2), wonach diese eine „grundlegende und eine vertiefte allgemeine Bildung“ vermittelt, und § 17 (2) sagt für die Gymnasien, diese vermittelten „eine vertiefte allgemeine Bildung“. Deshalb ist es ein Alarmzeichen für die Anerkennung der Arbeit der Stadteilschulen , wenn ein gewisser Teil der Eltern das G9-Angebot dieser Schulform nicht als gleichwertig anerkennen will und deshalb G9 an Gymnasien fordert. Es ist also zu fragen, warum die Stadtteilschulen – trotz der engagierten Arbeit ihrer Lehrkräfte und einer deutlich besseren Lehrerversorgung – diese Anerkennung durch die Elternschaft nicht erreichen (können). Diese Fragen sind insbesondere an die Sekundarstufe I der Stadtteilschulen, und hier besonders an die Arbeit der Klassenstufen 7 – 10 zu stellen, in denen für einen Teil der Schüler die fachliche Vorbereitung auf die Arbeit in der gymnasialen Oberstufe geleistet werden soll. Die differenzierte Vorbereitung der Schüler an den Stadtteilschulen auf den ersten und den mittleren Abschluss und auf die gymnasiale Oberstufe mit dem Abschluss Abitur ist belastet durch mehrere Faktoren: - In Hamburg wechseln über 20 Prozent der Grundschulkinder nach Klasse 4 auf die Stadtteilschule, die nicht die grundlegenden Anforderungen beim Lesen, Schreiben, Rechnen erfüllen. Es ist folgerichtig eine Illusion und Überforderung der Stadtteilschulen, wenn diese nun in der Sek. I diese schwachen Schüler so gut fördern sollen, dass sie „aufholen“ könnten – während die Schüler mit sicheren Kenntnissen in diesen Grundfertigkeiten ja auch ihre Fortschritte machen wollen und werden. Dieser über viele Jahre hingenommenen Fehlentwicklung muss nun endlich durch pädagogische und organisatorische Maßnahmen vor und in der Grundschule abgeholfen werden. - Weiter erfüllen die Stadtteilschulen für Einzelfälle von Kindern mit speziellem Förderbedarf ihre Aufgabe. So kommen im Höchstfall je vier Schüler mit integrativem und/oder inklusivem Förderbedarf mit einem zum Teil Drucksache 21/16511 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 stark störenden Sozialverhalten hinzu, die den Unterricht in ihrer Klasse streckenweise unmöglich machen. Zur Bewältigung der unterschiedlichen Lernstände und Förderbedarfen einer Altersklasse wird in der Pädagogik unter anderem differenzierter Unterricht vorgesehen. Auch das Hamburger Schulgesetz hat das „Individuelles Lernen durch innere und äußere Differenzierung“ im Schulgesetz § 3 (1) verankert. Die Differenzierung soll laut § 15 und § 17 sowohl an Stadtteilschulen als auch an Gymnasien angewendet werden. In Hamburg herrscht aber offenbar ein schulpolitisches Tabu: Die „äußere Differenzierung“, also die im Zuge der Klassen 7 und 8 sinnvolle Bildung von Fachleistungsgruppen, die die Schüler auf den Abschluss hin fördern soll, der in dieser Altersgruppe erkennbar erreichbar ist, wird systematisch unterbunden . Die Hamburger Lösung ist die „Binnendifferenzierung“. Zu fragen ist, ob diese Methodik erfolgreich und überzeugend ist. Diese Praxis, wie sie offenbar aktuell in Hamburgs Stadtteilschulen die Regel ist, deckt sich nicht mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK, 1993, Folgebeschluss 2014), „an Schularten mit mehreren Bildungsgängen“ den „Unterricht entweder in abschlussbezogenen Klassen oder – in einem Teil der Fächer – leistungsdifferenziert auf mindestens zwei lehrplanbezogen definierten Anspruchsebenen in Kursen“ zu erteilen (§ 3.2.5 des KMK- Beschlusses). Die KMK fordert dies unter anderem für Mathematik und Englisch mit Beginn von Klasse 7, für Deutsch mit Beginn von Klasse 8, spätestens Klasse 9. Auch das gemeinsame Kapitel 1 der Rahmenpläne für die Stadtteilschulen Klassenstufen 5 – 11 von 2014/18 (vergleiche hierzu Frage 9.) beschreibt ausdrücklich die äußere Differenzierung. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Für das Schuljahr 2019/2020 verteilen sich die Anmeldungen für Klasse 5 erstmals fast gleichmäßig auf die beiden Schulformen Stadtteilschulen und Gymnasien. 14 358 Schülerinnen und Schüler werden nach den Sommerferien in den fünften Klassen der staatlichen Stadtteilschulen und Gymnasien eingeschult, davon 7 207 an den Gymnasien und 6 964 an den Stadtteilschulen. Die Stadtteilschulen verzeichnen damit in diesem Jahr erneut einen deutlich stärkeren Zuwachs an Schülerinnen und Schülern als die Gymnasien. Noch vor wenigen Jahren lagen die Gymnasien rund 10 Prozentpunkte vor den Stadtteilschulen. Diese Entwicklung zeigt, dass die gute Arbeit und Ausstattung von den Stadtteilschulen von den Eltern offenbar anerkannt wird. Die Stadtteilschule als junge Schulform hat es seit ihrer Gründung im Jahr 2010 geschafft, sich neben dem Gymnasium als eigenständige und gute Schulform zu etablieren . Aktuelle Untersuchungen an Stadtteilschulen belegen, dass die Schülerinnen und Schüler, die in die gymnasiale Oberstufe an Stadtteilschulen eintreten, durchschnittlich höhere Lernstände erzielen als dies bei den Schülerinnen und Schülern der dreijährigen Oberstufen der Gesamtschulen, beruflichen Gymnasien und Aufbaugymnasien der Fall war. Die Stadtteilschülerinnen und -schüler verfügen im Durchschnitt über deutlich bessere Englischkompetenzen, bessere Lesekompetenzen, eine bessere naturwissenschaftliche Grundbildung, ähnliche Orthografiekenntnisse und eine vergleichbare mathematische Grundbildung (siehe auch Antwort zu 9. a). Mit der Einführung der Stadtteilschule ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die in Jahrgangsstufe 11 übergehen und an einer anderen Schulform als dem Gymnasium ihr Abitur erwerben, deutlich angestiegen (siehe zum Beispiel Bildungsbericht 2017, Seite 128). Auch steigt die Zahl der Jugendlichen leicht an, die nach Jahrgangsstufe 10 das allgemeinbildende Schulwesen verlassen und direkt in Ausbildung übergehen (jährliche Schulabgängerbefragung der Netzwerkstelle der Jugendberufsagentur). Dies zeigt, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16511 3 gerade auch vor dem Hintergrund einer erheblichen Zahl von Jugendlichen, die aus anderen Ländern kommend erst spät in das Hamburger Schulsystem eingetreten sind, dass den Stadtteilschulen im Verlauf der Sekundarstufe I insgesamt eine erfolgreiche Integration und Förderung der Schülerinnen und Schüler gelingt. Die Feststellung im Vortext dieser Anfrage, nach der Fehlentwicklungen geduldet werden , trifft nicht zu. Um die Leistungen gerade der Schülerinnen und Schüler, die die grundlegenden Anforderungen in Deutsch und Mathematik nach Klasse 4 nicht erfüllen , zu verbessern, werden sowohl an den Grundschulen als auch an den Stadtteilschulen die Kompetenzen in den Kernfächern durch mehrere Maßnahmen deutlich gestärkt: Seit 2014 wird mit der Einführung eines Basiswortschatzes mit 785 Modellwörtern in den Grundschulen ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Rechtschreibleistungen umgesetzt, das 2017 noch einmal ergänzt wurde. Die Entwicklung der Handreichung „Hinweise und Beispiele für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Schulen“ mit Ideen und Ratschlägen zur Unterrichtsgestaltung, ein Mustercurriculum nebst Stoffverteilungsplan für den Rechtschreibunterricht (siehe „Arbeitshilfen für den Rechtschreibunterricht an Hamburger Schulen“, https://li.hamburg.de/rechtschreibung/11673322/rechtschreibung-arbeitshilfen/) sowie Klassenarbeiten zur Überprüfung der Rechtschreibleistung ab Jahrgangsstufe 2 sowie jährliche Testungen der Rechtschreibleistungen aller Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 5 und 7 mithilfe der Lernstandserhebungen KERMIT 3, 5 und 7 setzen sowohl bei den Grundschulen als auch bei den Stadtteilschulen an. Zur Stärkung des Kompetenzerwerbs im Bereich Orthografie sind Erweiterungen in den Bildungsplänen für alle Schulformen vorgenommen worden, die sicherstellen, dass der Rechtschreibunterricht einen besonderen Stellenwert im Deutschunterricht erhält und auf Rechtschreibung auch in allen anderen Fächern und Lernbereichen verstärkt geachtet wird. Bereits seit 2015 läuft ein Programm zur Verbesserung des Mathematikunterrichts (die sogenannte Mathematikoffensive), das unter anderem die Erhöhung der Mindeststundenzahl in Mathematik in den Stadtteilschulen vorsieht, den verbindlichen Einsatz von Fachlehrkräften anstelle fachfremder Lehrkräfte sowohl in Grundschulen (50 Prozent) als in Stadtteilschulen (100 Prozent), umfangreiche Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrkräfte, die Einführung von regelmäßigen Landesfachkonferenzen sowie die Veröffentlichung von Fachbriefen Mathematik und Beispielklassenarbeiten. Auf Basis der Empfehlungen einer im Oktober 2017 vom Präses der für Bildung zuständigen Behörde eingesetzten Kommission aus namhaften Bildungsexpertinnen und -experten sowie Mathematik- Didaktikerinnen und Didaktikern wird der Mathematikunterricht aktuell weiterentwickelt. An der Weiterentwicklung sind Fachleitungen, Seminarlehrerinnen und Seminarlehrer sowie Fortbildnerinnen und Fortbildner direkt beteiligt. Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung bietet umfangreiche, verpflichtende Fortbildungen für alle Sprachlernberaterinnen und -berater sowie Fachleiterinnen und -fachleiter an, der Rechtschreibunterricht wird auf den Landesfachkonferenzen Deutsch aller Schulformen regelhaft thematisiert und reflektiert. Schülerinnen und Schülern soll in Klassenarbeiten zu ihrer Rechtschreibung eine lernförderliche Leistungsrückmeldung gegeben werden, damit sie ihren Leistungsstand einschätzen und weiter verbessern können. Diese Maßnahmen haben bereits zu Verbesserungen der Leistungen in den Grundschulen und Stadtteilschulen geführt, was das Abschneiden Hamburgs bei bundesweiten Lernstandsuntersuchungen (IQB-Bildungstrends) belegt, siehe Drs. 21/10280 und die Pressemitteilung „IQB-Bildungstrend: Hamburgs Neuntklässler haben im Ländervergleich gut abgeschnitten“ unter https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/9168818/ 2017-07-18-bsb-iqb-bildungstrend/. Entgegen der Anmerkung im Vortext dieser Anfrage existiert keine Regelung, nach der der Verordnungsgeber in Hamburg der klasseninternen oder äußeren Fachleistungsdifferenzierung den Vorzug gibt. Fachleistungsdifferenzierung kann klassenintern oder Drucksache 21/16511 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 äußerlich in Fachleistungskursen organisiert werden. Entscheidet sich eine Schule für die äußere Differenzierung in Fachleistungskursen, so umfasst gemäß § 14 Absatz 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Grundschule und die Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Stadtteilschule und des Gymnasiums vom 22. Juli 2011 (HmbGVBl. S. 325 – APO-GrundStGy) der Fachleistungskurs I die mittlere und obere Anforderungsebene und der Fachleistungskurs II die erste und mittlere Anforderungsebene. Innere Differenzierung ist zu unterscheiden von Fachleistungsdifferenzierung, die sich nur auf die unterschiedlichen, abschlussbezogenen Anforderungsebenen (erste Anforderungsebene, mittlere Anforderungsebene, obere Anforderungsebene) bezieht. Gemäß § 14 Absatz 2 APO-GrundStGy ist in Hamburgs Stadtteilschulen innere Differenzierung Grundprinzip des Unterrichts in allen Lerngruppen. Diese Vorschrift gilt für die Jahrgangsstufen 5 bis 10, für alle Fächer und für alle Lerngruppen, das heißt auch für das Lernen in Fachleistungskursen. Sie betrifft ausweislich ihres klaren Wortlauts die Differenzierung nach unterschiedlichen Anforderungsebenen, nach unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Lernentwicklungsständen der heterogenen Schülerschaft . Die Aussage, dass sich Hamburg nicht an einen KMK-Beschluss hält, ist nicht korrekt. Die Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I (Beschluss der KMK vom 03.12.1993 i.d.F. vom 25.09.2014) sieht unter Ziffer 3.2.5 vor, dass aus schulstrukturellen Gründen klasseninterne Lerngruppen möglich sind. Die Stadtteilschule hat den Auftrag, Schülerinnen und Schülern des gesamten Begabungs - und Leistungsspektrums ein ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten angemessenes Bildungsangebot zu machen und sie zu den entsprechenden Abschlüssen und Übergängen zu führen. § 14 APO-GrundStGy unterscheidet daher ausdrücklich und deutlich zwischen dem Unterrichten auf unterschiedlichen Anforderungsebenen einerseits und der Frage, wie dies für die jeweilige Schülerschaft passend organisatorisch umgesetzt werden kann, andererseits. Unabhängig von der Organisationsform, die die Schule im jeweiligen Fach oder Lernbereich und in der jeweiligen Jahrgangsstufe gewählt hat, ist ab Jahrgangsstufe 7 in allen Fächern durchgängig so zu unterrichten, dass alle drei Abschluss- beziehungsweise Übergangsperspektiven Berücksichtigung finden. Innere Differenzierung ist wegen der unterschiedlichen Anforderungsebenen, unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Lernentwicklungsständen der heterogenen Schülerschaft zentrales Unterrichtsprinzip in allen Lerngruppen, da gemeinsames Lernen den Lernerfolg des ganz überwiegenden Teils der Schülerschaft begünstigt und das soziale Lernen im Klassenverband fördert. Abhängig von den schulstrukturellen Gegebenheiten entscheiden die Schulen, ob sie in einzelnen Fächern und/oder Jahrgangsstufen Klassen in verschiedene, nach Anforderungsebenen getrennte Lerngruppen (äußere Fachleistungsdifferenzierung) unterteilen. Dabei wird eine Aufteilung in höchstens zwei sogenannte Fachleistungskurse vorgegeben, die jeweils zwei der drei Anforderungsebenen umfassen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: I. Äußere Differenzierung an Hamburgs Schulen in der Sekundarstufe I (Klassenstufen 5 – 10) 1. An welchen Hamburger Stadtteilschulen fand im Schuljahr 2017/2018 äußere Differenzierung (hier verstanden als Fachunterricht auf mindestens zwei Leistungsebenen, im Stundenplan fest verankert und einer Laufzeit von mindestens einem Halbjahr) statt, in welchen Fächern, in welchen Klassenstufen? Siehe Drs. 21/13334. 2. Die Rahmenpläne der Stadtteilschulen beschreiben sehr unterschiedlich genau, welche Lernstände bezogen auf die Abschlüsse wann in den Klassenstufen 7 – 10 erreicht sein sollen. Daraus entsteht der Eindruck, dass unter dem Prinzip der Binnendifferenzierung die kontinuierliche Vorarbeit auf die Arbeit in der gymnasialen Oberstufe intensiver erst in der zehnten Klasse, vor allem aber in der Klassenstufe 11 eintreten soll. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16511 5 Ist die zuständige Behörde der Überzeugung, dass diese Aufholmanöver von Lehrern und Schülern/-innen erfolgreich geleistet werden und eine solide Grundlage für die Arbeit in der Studienstufe bilden können? Die Stadtteilschule hat die Aufgabe, Schülerinnen und Schüler im gesamten Leistungsspektrum bestmöglich zu fördern, sodass jede Schülerin und jeder Schüler einen ihren oder seinen Fähigkeiten entsprechenden Schulabschluss erreichen kann. Hieraufhin sind die in den Rahmenplänen niedergelegten Kompetenzanforderungen jeweils fachspezifisch mit Blick auf die am Ende einer Bildungsphase oder bezogen auf einen Abschluss mindestens zu erreichenden Anforderungen ausgewiesen. Dabei sind die Kompetenzanforderungen grundsätzlich kumulativ aufgebaut; in einer höheren Jahrgangsstufe zu erwerbende Kompetenzen schließen die zuvor zu erwerbenden Kompetenzen ein. Leistungsstärkeren Schülerinnen und Schülern der Stadtteilschule, die auf den Erwerb einer Hochschulzugangsberechtigung hin gefördert werden können, ermöglicht die ergänzende Vorstufe der gymnasialen Oberstufe im Rahmen dieses kumulativen Kompetenzerwerbs, sich der in der Sekundarstufe I erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vergewissern und sich gezielt auf die Anforderungen der Studienstufe vorzubereiten. 3. Ist die gewählte Form der Differenzierung jeweils in den schulinternen Curricula der Unterrichtsfächer der einzelnen Schulen abgebildet? Die Stadtteilschule ist dem Grundsatz des gemeinsamen Lernens und der Chancengerechtigkeit verpflichtet und vermittelt Schülerinnen und Schülern eine grundlegende und vertiefte allgemeine Bildung. Die schulischen Curricula verstehen sich als Umsetzung der Bildungspläne und orientieren sich an den zu erreichenden Mindestanforderungen beziehungsweise den erhöhten Anforderungen der jeweiligen Jahrgangsstufe. Die in den einzelnen Rahmenplänen beschriebenen didaktischen Grundsätze beziehen sich auf den kompetenzorientierten Unterricht im jeweiligen Fach beziehungsweise Lernbereich, nicht jedoch auf die Organisationsform. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 4. Verfügt die zuständige Behörde über Berichte aus den Schulen oder wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Komplex? An welchen Schulen findet eine Evaluation der Ergebnisse dieser Maßnahmen statt? a) Schulintern b) Mit Unterstützung des LI c) Mit Begleitung der Schulaufsicht Seit dem Schuljahr 2013/2014 erhalten Stadtteilschulen die Möglichkeit, mit Unterstützung des Instituts für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ) schulinterne Evaluationen durchzuführen, in denen das Instrumentarium der Untersuchung „Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schülern“ (KESS) eingesetzt wird. Da die Vergleichsstichprobe – die Schülerinnen und Schüler des KESS-Jahrgangs (2003 bis 2012) – ihre Schullaufbahn unter den institutionellen Rahmenbedingungen des gegliederten Hamburger Schulsystems durchlaufen haben, bieten die KESS- Werte eine relevante und methodisch abgesicherte Vergleichsbasis (Vieluf, U., Ivanov, S., Nikolova, R. (2011): KESS 10/11 – Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schülern an Hamburger Schulen am Ende der Sekundarstufe I und zu Beginn der gymnasialen Oberstufe. Münster: Waxmann). Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung ist nicht an der Beratung zu diesem Komplex beteiligt, im Übrigen siehe Antwort zu 3. 5. Mit welcher Begründung hat in der Stadtteilschule die innere Differenzierung gemäß §14 APO-GrundStGy (2) vor der äußeren Differenzierung Vorrang? Wie verträgt sich der eingeschlagene Hamburger Weg mit dem KMK-Beschluss? Siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/16511 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 6. Können Schulen, die zum Beispiel mehr äußere Differenzierung betreiben wollen, diese selbstverantwortlich einführen? Welche schulinternen Gremien sind dann zu befassen? Wie viele Beschlüsse sind für welche Jahrgangsstufe und welches Fach gefasst worden? Wie lange gelten solche Beschlüsse? Die Entscheidung, ob die Fachleistungsdifferenzierung klassenintern oder im Wege äußerer Differenzierung in Fachleistungskursen organisiert wird, trifft die Lehrerkonferenz , vergleiche § 14 Absatz 3 APO-GrundStGy i.V.m. § 57 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG). Im Übrigen siehe Drs. 21/13334. 7. Ist bei solchen Vorhaben die zuständige Behörde zu befassen? Wenn ja: Hat es seit dem 01.01.2017 Anfragen in diesem Sinne gegeben und wenn ja, wie viele? Nein. 8. Bewertet die Schulinspektion bei ihren periodischen Visitationen von Schulen Form und Erfolg der Differenzierung des Unterrichts bezogen auf die Erfolge bei der Vorbereitung auf die verschiedenen Abschlüsse? Die Hamburger Schulinspektion erhebt im Rahmen ihrer Unterrichtsbeobachtungen mit mehreren Items, ob die individuellen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler in der Planung und Durchführung des Unterrichts berücksichtigt werden. Dies geht in die Gesamtbewertung der Unterrichtsqualität einer Schule ein. Sowohl auf einzelschulischer Ebene als auch für das Bildungsmonitoring liefert die Schulinspektion damit Erkenntnisse über Stärken und Schwächen der Lehr- und Lernprozessgestaltung und gibt darüber hinaus Hinweise auf Möglichkeiten und Erfordernisse der weiteren Qualitätsentwicklung. Ein Bezug zu den verschiedenen Abschlüssen wird nicht hergestellt, da die Schulinspektion nicht die Ebene einzelner Schülerinnen und Schüler, sondern die der gesamten Schule in den Blick nimmt. 9. Im Allgemeinen Teil zu den Rahmenplänen der Stadteilschulen von 2014 fortfolgende und neu 2018 heißt es: „Der Unterricht muss angesichts der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Lernentwicklungen in allen Lerngruppen individualisiertes Lernen ermöglichen. Die Zuweisung der Schülerinnen und Schüler zu einem standard- bzw. anforderungsbezogenen Kursniveau erfolgt entsprechend der geltenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung. Eine äußere Fachleistungsdifferenzierung kann auf dieser Grundlage erfolgen , wenn damit nach Einschätzung der Schule eine bessere individuelle Förderung der Schülerinnen oder Schüler erreicht wird.“ (Bildung und Erziehung in der Stadtteilschule, Allgemeiner Teil, Stand HH 2014 fortfolgende und neu 2018, Seite 6.) a) Liegen der zuständigen Behörde neuere Untersuchungen vor, die überzeugend belegen, dass regelhafte Beschränkung auf die Binnendifferenzierung in den Klassenstufen 7 – 10 die angemessene Vorbereitung auf die drei Abschlüsse sicherstellt? Außerhalb Hamburgs ist auf die Ergebnisse längsschnittlicher Untersuchungen der Berliner Gemeinschaftsschulen zu verweisen. Diesen Schulen ist es gelungen, ihren Schülerinnen und Schülern über alle Kompetenzbereiche hinweg überdurchschnittliche Lernfortschritte zu ermöglichen. Der Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Berlin (Hrsg.): Wissenschaftliche Begleitung der Pilotphase der Gemeinschaftsschule – Abschlussbericht . Berlin 2016) belegt, dass das pädagogische und schulorganisatorische Rahmenkonzept des längeren gemeinsamen Lernens mit einem Schwerpunkt auf der schülerbezogenen Lern- und Förderplanung erfolgreich implementiert werden konnte. Innerhalb Hamburgs liegen aktuelle Ergebnisse aus der internen Schulevaluation mit KESS-Instrumenten vor. Es werden dort die Leistungen von Stadtteilschülerinnen und -schülern zu Beginn der Jahrgangsstufe 11 verglichen mit denen der Schülerinnen und Schülern des KESS-Jahrgangs, die vor der Reform (2009) in eine dreijährige Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16511 7 Oberstufe (Gesamtschulen, berufliche Gymnasien und Aufbaugymnasien) aufgenommen wurden und zuvor ein System mit äußerer Differenzierung durchlaufen haben. Die Stadtteilschülerinnen und -schüler verfügen im Durchschnitt über deutlich bessere Englischkompetenzen, bessere Lesekompetenzen, eine bessere naturwissenschaftliche Grundbildung, ähnliche Orthografiekenntnisse und eine vergleichbare mathematische Grundbildung. b) Berät die Schulaufsicht Schulen bei der Entscheidung für Formen der inneren oder der äußeren Differenzierung? c) Mit welcher Präferenz? Die Schulaufsicht verschafft sich regelhaft im Rahmen der Qualitätsentwicklungsgespräche einen Überblick über die Ergebnisse aus den KERMIT-Untersuchungen und die Qualität der Abschlüsse. Gemeinsam mit der Schule berät und vereinbart die Schulaufsicht geeignete Maßnahmen, die zur Verbesserung dieser Ergebnisse beitragen . Teil dieser Maßnahmen kann eine Fachleistungsdifferenzierung sein, wenn sie als zielführend erachtet wird. Eine Präferenz in der Beratung erfolgt nicht. II. Äußere Differenzierung an Grundschulen 10. Die KMK beschreibt in ihrem Beschluss zu Empfehlungen zur Arbeit in der Grundschule (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 02.07.1970 i.d.F. vom 11.06.2015) auch einen differenzierten Unterricht in Grundschulen. In dem Beschluss heißt es: „Die Grundschule trägt der Heterogenität ihrer Schülerinnen und Schüler durch einen an deren Lernausgangslage orientierten individualisierenden und differenzierenden Unterricht Rechnung.“ a) An wie vielen und welchen Grundschulen in Hamburg wird aktuell äußerlich differenziert unterrichtet? Bitte aufschlüsseln nach Schule, Jahrgangsstufe und Fach oder Kenntnisstand auf welchen Feldern. b) Werden nach Wissen der zuständigen Behörde an Hamburger Grundschulen Verfahren erprobt, schon in der ersten Klasse Gruppen zusammenzustellen für Kinder zum Beispiel mit guten Leseund Schreibkenntnissen? c) Welche Maßnahmen werden ergriffen für Kinder ohne diagnostizierten sonderpädagogischen Förderbedarf, die in der vierten Klasse so schwache Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen haben, dass eine erfolgreiche Mitarbeit in der fünften Klasse einer weiterführenden Schule ausgeschlossen scheint? Werden von den Grundschulen solche Zustände erhoben und der Schulaufsicht berichtet ? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Maßnahmen werden empfohlen? Die Grundschule ist dem Grundsatz des gemeinsamen Lernens verpflichtet. Sie vermittelt allen Schülerinnen und Schülern in einem gemeinsamen Bildungsgang grundlegende Kompetenzen. Zwar knüpfen der Unterricht und die Gestaltung der Lernprozesse an den individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler an und es werden leistungsschwächere und leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler gleichermaßen differenziert gefördert. Eine auf Dauer angelegte Trennung der Schülerinnen und Schüler in verschiedene Klassen oder Lerngruppen nach Leistung ist jedoch nicht vorgesehen. Formen äußerer Differenzierung gibt es beispielsweise bei der Einrichtung von Förderbändern im Rahmen der Sprachförderung oder im Rahmen der besonderen Förderung nach § 45 HmbSG. Grundschulen erhalten für die Sprachförderung erhebliche zusätzliche Personalmittel, die differenziert nach dem Sozialindex zugewiesen werden. Sprachförderung ist damit eine Kernaufgabe vorschulischer und schulischer Bildung und Erziehung, um die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht sicherzustellen. Seit Einführung des Hamburger Drucksache 21/16511 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 Sprachförderkonzepts im Schuljahr 2005/06 wurden die damit verbundenen Maßnahmen kontinuierlich weiterentwickelt und intensiviert (https://www.hamburg.de/ vorschule/3840436/sprachfoerderung/). Haben Schülerinnen und Schüler im Jahrgang 3 und 4 das Lernziel nicht erreicht, so tritt an die Stelle der Klassenwiederholung einer Jahrgangsstufe die verpflichtende Teilnahme an zusätzlichen Fördermaßnahmen. Auch hierfür wendet der Senat erhebliche Mittel auf (siehe Drs. 21/10810). Grundlage für die individuelle Förderung ist das schulische Förderkonzept. Die Schulaufsicht erhält regelhaft durch die KERMIT- Ergebnisse Informationen über die Leistungsstände der einzelnen Klassen und hat im Rahmen der Qualitätsentwicklungsgespräche die Möglichkeit, gezielt auf auffällige Datenlagen einzugehen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.