BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16513 21. Wahlperiode 19.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 13.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Linksextremisten im öffentlich geförderten Museum für Völkerkunde (MARKK) Am 21. Januar 2019 fand in den Räumlichkeiten des öffentlich geförderten Museums für Völkerkunde (MARKK) die Veranstaltung „Der kommende Aufstand “ statt. Zu der Diskussionsveranstaltung wurden unter anderem die Linksextremisten Karl-Heinz Dellwo und Andreas Blechschmidt eingeladen.1 Das Völkerkundemuseum gehört zu den Hamburger Unterstützern der „Erklärung der Vielen“, die sich gegen angebliche „rechtspopulistische“ Tendenzen und Einflussnahmen auf die Hamburger Kultureinrichtungen wendet.2 Karl-Heinz Dellwo ist ein ehemaliger Terrorist der „Rote Armee Fraktion“ (RAF). Er war 1975 an der Geiselnahme und den Ermordungen in der deutschen Botschaft in Stockholm beteiligt und wurde zu zweimal lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.3 Andreas Blechschmidt ist „Sprecher“ der Roten Flora und Anmelder zahlreicher linksextremistischer Demonstrationen. Das Landesamt für Verfassungsschutz führt über Blechschmidts militante Einstellung aus: „Der Protagonist Andreas Blechschmidt macht auch in der Öffentlichkeit keinen Hehl aus seiner militanten Einstellung. Hierzu einige Beispiele: Nach dem „Schanzenviertelfest“ am 12. September 2009 griffen 150 Personen das Polizeikommissariat (PK) 16 an. Sie setzten einen vor dem PK abgestellten PKW in Brand und beschädigten mehrere Scheiben. In einem Abendblatt-Interview vom 17. September 2009 wird Blechschmidt wie folgt zitiert: „Gewalt als politisches Mittel schließe ich nicht aus. Die Wache ist ein Symbol für das Konzept von Innensenator Ahlhaus, 2300 Polizisten bereitzustellen .“ In einem weiteren Abendblatt-Interview vom 5. April 2011 meinte Blechschmidt , dass es die Rote Flora ohne Gewalt nicht mehr gäbe. Es sei „politisch wichtig, den Rahmen des Legalen zu überschreiten“. „Damit, dass wir uns grundsätzlich von Gewalt nicht distanzieren, ist schon alles beantwortet. Alles andere ist Teil der politischen Auseinandersetzung. Gewalt ist selbstverständlich kein Selbstzweck, wir streben ja auch Zustände an, in denen es 1 https://hamburg.carpe-diem.events/calendar/9243607-der-kommende-aufstand-at-markk/ (abgerufen am 12.03.2019). 2 https://markk-hamburg.de/2018/12/12/die-vielen/ (abgerufen am 12.03.2019). 3 https://de.wikipedia.org/wiki/Karl-Heinz_Dellwo (abgerufen am 12.03.2019). Drucksache 21/16513 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gewaltfreie Verhältnisse gibt. Aber leider sind diese Ziele nun einmal nicht gewaltfrei zu erreichen.“ In einem ARD-Report-Mainz-Interviews vom 20. Juni 2017 äußerte sich Blechschmidt: „Linker Protest ist in der ganzen Geschichte der Bundesrepublik und der neuen Linken immer auch mit Formen von militanten Widerstand verbunden gewesen.“ In der ZEIT vom 29. Juni 2017 wird Blechschmidt hinsichtlich des Mottos für die Großdemonstration „Welcome to Hell“ (geplant für den 6. Juli 2017) wie folgt zitiert: „Es ist ja klar, dass wir nicht die katholische Pfadfinderjugend versammeln. Es geht uns um eine kämpferische Demo“. „Militanz ist eine bewusste Regelüberschreitung“.“4 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Veranstaltung am 21. Januar 2019 mit dem Titel „Der kommende Aufstand“ war eine Lesung im Rahmen des Literaturfestivals „Lesen ohne Atomstrom“, http://www.lesen-ohne-atomstrom.de/. Das Museum am Rothenbaum – Kunst und Kulturen der Welt (MARKK) stellt für dieses Festival seit Jahren Räume zur Verfügung . Zur Programmfreiheit und zur institutionellen Autonomie von Kultureinrichtungen siehe Drs. 21/15134, 21/16473 und 21/16474. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stiftung Museum am Rothenbaum wie folgt: 1. Warum hat das Museum die Linksextremisten Karl-Heinz Dellwo und Andreas Blechschmidt eingeladen oder für diese Veranstaltung seine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt? 2. Welche Abteilung innerhalb des Museums hat die Veranstaltung beziehungsweise die Überlassung der Räume organisiert beziehungsweise genehmigt? 3. Handelt es sich bei dem/den Mitarbeiter(n), welche die Veranstaltung organisiert beziehungsweise genehmigt haben, um Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes der Freien und Hansestadt Hamburg oder um Landesbeamte der Freien und Hansestadt Hamburg? Bitte den/die Status angeben. Fremdveranstaltungen unterstehen dem Vermietungsbereich. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Museums sind Angestellte der Stiftung Museum am Rothenbaum. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Gab es Rücksprache mit der Behörde für Kultur und Medien (BKM) hinsichtlich der Veranstaltung unter Beteiligung von zwei gewaltorientierten Linksextremisten? Bitte umfassend erläutern. Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Das Museum verpflichtet sich mit seiner Unterstützung der „Erklärung der Vielen“, „illegitime Versuche der Rechtsnationalen“ (genauer gesagt das, was man dafür hält), „Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren“, „abzuwehren“; gleichzeitig öffnet man gewaltorientierten Linksextremisten die Räume und bietet ihnen ein Forum. Wie passt das zusammen? 6. Handelt es sich demnach bei Veranstaltungen unter Beteiligung von Linksextremisten im Museum nicht um „illegitime Versuche“, „Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren“? 4 https://www.hamburg.de/innenbehoerde/linksextremismus/9100808/autonome-szeneorganisatoren -welcome-to-hell/ (abgerufen am 12.03.2019). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16513 3 7. Das Museum verpflichtet sich mit seiner Unterstützung der „Erklärung der Vielen“, „völkisch-nationalistische(r) Propaganda“ (genauer gesagt das, was man dafür hält) „kein Podium“ zu bieten. Hält es das Museum aus dieser Haltung heraus für ebenso illegitim beziehungsweise nicht unterstützenswert, gewaltorientierten Linksextremisten ein Podium zu bieten? Siehe Vorbemerkung. 8. Gab es vonseiten der Mitarbeiterschaft des Museums Kritik an der Einladung beziehungsweise Raumgewährung für die beiden Linksextremisten Dellwo und Blechschmidt beziehungsweise wurde den Mitarbeitern Möglichkeit zur Kritik geboten? 9. Gab es vonseiten der Mitarbeiterschaft des Museums Kritik an der Unterzeichnung/Unterstützung der „Erklärung der Vielen“ beziehungsweise wurde den Mitarbeitern Möglichkeit zur Kritik geboten? Wenn ja: Warum wurde die Unterstützung kritisiert? 10. Wer hat entschieden, der „Erklärung der Vielen“ beizutreten und gab es hierzu einen demokratischen Abstimmungsprozess unter Beteiligung der gesamten Mitarbeiterschaft? Bitte umfassend darlegen. Die Entscheidung zur Unterzeichnung der „Erklärung der Vielen“ wurde entsprechend der Organisationsstruktur des Hauses in einem erweiterten Entscheidungsgremium getroffen, in dem alle Abteilungen vertreten sind. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Museums haben jederzeit die Möglichkeit, Kritik zu üben. Zu den vom Fragesteller thematisierten Fällen ist keine Kritik bekannt. 11. Mit welchen jährlichen Beträgen wurde das Völkerkundemuseum in den Jahren 2017 und 2018 aus öffentlichen Mitteln gefördert? Siehe Hamburger Transparenzportal unter http://suche.transparenz.hamburg.de/ dataset/zuwendungsvorgaenge-2018-quartal-4?forceWeb=true. 12. Warum solidarisiert sich die BKM weiterhin mit der „Erklärung der Vielen “, deren Unterstützerinstitutionen – wie hier am Beispiel des Völkerkundemuseums dargelegt – gemeinsame Veranstaltungen mit Linksextremisten durchführen? Siehe Drs. 21/15134, 21/16473 und 21/16474. 13. Welche Erkenntnisse liegen dem Landesamt für Verfassungsschutz über extremistische Bestrebungen der beiden Diskutanten Karl-Heinz Dellwo und Andreas Blechschmidt vor? 14. Welche Erkenntnisse liegen dem Landesamt für Verfassungsschutz über verfassungsfeindliche Äußerungen der beiden Diskutanten Karl-Heinz Dellwo und Andreas Blechschmidt während der Veranstaltung im Museum für Völkerkunde vor? Der Senat kann aufgrund der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen personenbezogene Daten der Öffentlichkeit nicht übermitteln. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen dem Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg nicht vor.