BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16514 21. Wahlperiode 19.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 13.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Anti-AfD-Workshop gefördert durch die Landeszentrale für politische Bildung Am 24.11.2018 fand auf dem Campus der Uni Hamburg im Westflügel des Hauptgebäudes (Edmund-Siemers-Allee 1) im Raum ESA W 221 (2. OG) der Workshop „Die Neue Rechte greift nach der Mitte. Zum richtigen Umgang mit rechtsradikalen Parolen“ unter Leitung des FDP-Politikers und Autors Christoph Giesa statt. Die Veranstaltung wurde finanziell unterstützt durch die Landeszentrale für politische Bildung. In der Veranstaltung lenkte der Referent von Beginn an das Thema auf die Partei AfD und kündigte den Teilnehmern an, ihnen nun Tipps im Umgang mit dieser geben zu wollen. In unsachlicher Weise verbreitete der Referent diverse Verschwörungstheorien. So behauptete er unter anderem, die AfD sei lediglich ein „Geschäftsmodell“ und auf maximalen Gewinn aus. Des Weiteren führte er aus, Ausländer in der AfD würden maximal den „Hampelmann “ spielen. Der Referent verstieg sich in Spekulationen darüber, was die AfD aus seiner Sicht mit „Mischlingen“ und „Juden“ vorhabe. Über die verbreitete Ansicht, dass die AfD in Hamburg ja „klein“ wäre, „könne er nur lachen“. Er diffamierte die parlamentarische Arbeit der Hamburger AfD- Bürgerschaftsfraktion und stellte die Vermutung auf, die AfD werde bald fragen , wie viele Juden es in Deutschland gebe. Außerdem behauptete der Referent, die AfD wolle eine „Revolution“, zurzeit betone sie aber noch die Gewaltfreiheit, was Teil der rechten Strategie sei, um zu einem späteren Zeitpunkt das „System zu stürzen“. Bereits am 04.10.2016 trat der Referent im Rahmen einer Lehrerfortbildung am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) auf und verbreitete in ähnlich unsachlicher Weise Verschwörungstheorien über die AfD. Giesas Buchveröffentlichungen und seine Essays dokumentieren eine unmissverständlich herablassend-kritische und menschenverachtende Einstellung gegenüber der Partei AfD und ihrer Wähler. Im Jahr 2015 veröffentlichte Giesa gemeinsam mit der CDU-Politikerin Liane Bednarz zwei Bücher, „Deutschland dreht durch – die Wahrheit über die AfD“ sowie „Gefährliche Bürger: Die neue Rechte greift nach der Mitte“. In beiden Büchern, die nicht auf wissenschaftlicher Grundlage basieren, wird in weiten Teilen offensiv gegen die AfD und ihre Wähler agitiert. Die Internetveröffentlichungen Giesas übertreffen die Anti-AfD-Rhetorik seiner Bücher noch einmal deutlich in Schärfe und Verachtung, wie der Blog-Eintrag „Ich verachte euch“ auf der Seite https://starke-meinungen.de/blog/2016/09/01/ich-verachte-euch/ (abgerufen am 12.03.2019) dokumentiert. Drucksache 21/16514 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Landeszentrale für politische Bildung fördert Veranstaltungen und Projekte anerkannter und nicht anerkannter Bildungsträger. In der „Förderrichtlinie für die politische Bildung“ wird geregelt, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um eine Anerkennung zu bekommen, und nach welchen Kriterien gefördert wird. So heißt es unter Punkt 3.1.2 der Richtlinie: „Die Arbeit der Einrichtungen muss mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung übereinstimmen und deren Prinzipien müssen offensiv vertreten werden. Die Einrichtungen müssen ein eigenes politisch-gesellschaftliches Engagement mit der Achtung anderer demokratischer Positionen verbinden und in ihrem Angebot und ihrer Arbeit die in der politischen Bildung festgelegten Grundsätze des „Beutelsbacher Konsenses“ beachten.“1 Ausgeschlossen von der Förderung durch die Freie und Hansestadt Hamburg sind nach Punkt 1.2 „alle direkten politischen Aktivitäten, die zur Durchsetzung eigener politischer, sozialer oder gesellschaftlicher Ziele der Bildungseinrichtung , einer ihr nahe stehenden Partei oder gesellschaftlichen Gruppe oder der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dienen“.2 Zur Überwachung und parlamentarischen Kontrolle der Landeszentrale für politische Bildung fungiert der „Beirat für politische Bildung“, der sich unter anderem aus Vertretern von Abgeordneten aller in der Bürgerschaft vertretenen Parteien zusammensetzt. Der Beirat hat gemäß Punkt 8.4 der Förderrichtlinie die Aufgabe, „die Überwachung der Überparteilichkeit und Ausgewogenheit der Arbeit der Landeszentrale“ sicherzustellen.3 Zum Auftrag der Bundeszentrale und der Landeszentralen für politische Bildung wurde am 26. Mai 1997 ferner das „Münchner Manifest“ verabschiedet. Darin wird als leitendes Prinzip für die bildungspolitische Arbeit der Zentralen festgelegt: „Politische Bildung im öffentlichen Auftrag arbeitet pluralistisch überparteilich und unabhängig.“4 Und weiter: „Die aufgrund der jeweiligen Gesetze bzw. Erlasse überparteilich arbeitenden Zentralen bieten das ideale Forum, um alle demokratischen Kräfte zusammenzuführen. Sie erreichen auch Menschen, die dem mitverantwortlichen Handeln in Parteien und anderen gesellschaftlichen Organisationen zurückhaltend gegenüberstehen.“5 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die in Frage stehende Veranstaltung am 24.11.2018 wurde in Kooperation von einem anerkannten Träger politischer Bildung in Hamburg durchgeführt, aber ohne finanzielle Förderung durch die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg. Der Hinweis unter https://slam-gegen-rechts.blogs.uni-hamburg.de/category/umgang-mitrechtsradikalen -parolen/, dass die Veranstaltung durch die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg gefördert wurde, ist nicht korrekt. Für die Veranstaltung und die Auswahl des Referenten war somit der Träger verantwortlich und nicht die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Mit welchem Betrag wurde die Veranstaltung durch die Landeszentrale für politische Bildung gefördert? 1 „Amtlicher Anzeiger“. Teil II des Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblattes, Nummer 99, 13.09.2013, unter: http://www.hamburg.de/contentblob/4442954/ 099692a5f97a70c49e7fde49d68b0f2a/data/foerderrichtlinien2013.pdf (abgerufen am: 17.04.2018). 2 Ebenda. 3 Ebenda. 4 Münchner Manifest vom 26.05.1997, unter: https://www.lpb-bw.de/muenchner_manifest.html (abgerufen am: 17.04.2018). 5 Ebenda. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16514 3 2. Welchen Betrag erhielt der Referent Christoph Giesa? Siehe Vorbemerkung. 3. Unter welchen Umständen kann eine finanzielle Förderung durch die Landeszentrale – zum Beispiel bei gravierenden Verstößen gegen den Beutelsbacher Konsens – nachträglich zurückgefordert werden? Bitte hierzu die Rechtsgrundlage angeben und den formalen Weg der Rückforderung darlegen. Verwenden Zuwendungsempfänger Mittel nicht für die im Zuwendungsbescheid als zulässig erklärten Maßnahmen, wird die Zuwendung nicht ausgezahlt beziehungsweise zurückgefordert, Ziffer 8.1 i.V.m. Ziffer 7.1 der Anlage 2 der Verwaltungsvorschrift zu § 46 der Landeshaushaltsordnung (VV zu § 46 LHO Anlage 2 - ANBest - P -). § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (HmbVwVfG) ist zu beachten. 4. Welche Qualitätsstandards stellt die BSB beziehungsweise die ihr untergeordnete Landeszentrale für politische Bildung an Referenten von Veranstaltungen , die durch die Landeszentrale gefördert werden? Es obliegt der Verantwortung der Träger, gemäß den Vorgaben der Förderrichtlinie für die politische Bildung und den Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses Veranstaltungen zu planen und durchzuführen. 5. Der BSB war die Neigung des Referenten zu Verschwörungstheorien und abfälliger Sprache gegenüber der AfD bekannt. Warum hat sie erneut eine Veranstaltung mit diesem Referenten gefördert? Siehe Vorbemerkung. 6. Wann hat die Landeszentrale zuletzt eine Veranstaltung gefördert, die den „richtigen Umgang“ mit „linksradikalen Parolen“ thematisierte? Vorbehaltlich der Verwendungsnachweisprüfung für das Förderjahr 2018, siehe Artikel 6.7 der Förderrichtlinie für die politische Bildung, hat die Landeszentrale für politische Bildung zuletzt keine Veranstaltungen im Sinne der Fragestellung gefördert.