BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16516 21. Wahlperiode 19.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Harald Feineis (AfD) vom 13.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Jungerwachsenenprojekt Nöldekestraße In Hamburg sind in den Wohnunterkünften der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU) derzeit 257 jungerwachsene Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren untergebracht (Stand: Februar 2019).1 Hieraus rekrutieren sich die Teilnehmer der beiden in Hamburg existierenden Jungerwachsenenprojekte (JEP I und II). „Die Lebenssituation von jungen Menschen ist oftmals geprägt von fehlender Stabilität in ihrer finanziellen Absicherung, Suchterkrankungen oder mangelnden Erfahrungen in Alltagsstrukturen. Es ist notwendig, diese Jungerwachsenen frühzeitig zu erreichen und zu aktivieren, damit sie die Situation der Wohnungs- beziehungsweise Obdachlosigkeit verlassen, eine Verstetigung von öffentlich-rechtlicher Unterbringung vermieden wird und die Voraussetzungen entwickelt werden, sich über eigenes Einkommen unabhängig von Transferleistungen zu machen“, begründet der Senat in seiner Antwort zur Drucksache 21/16138 Sinn und Zweck der Arbeit im JEP. Des Weiteren bedürfe dieser Personenkreis einer zielgruppenorientierten Form der Unterstützung und Betreuung“, so die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI). Kürzlich zogen 14 junge Erwachsene aus der Hinrichsenstraße (JEP I) ins JEP II, Nöldekestraße. Damit machten sie Platz für den Einzug von jungen Frauen, für den der Standort Hinrichsenstraße derzeit umgebaut wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Jungerwachsenenprogramm (JEP) ist eine Einrichtung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU) und ist in seinem Angebot speziell für junge obdach- und wohnungslose Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren ausgerichtet. Das JEP II in der Nöldekestraße hat seinen Betrieb im Februar 2019 mit dem Umzug der 14 männlichen Jungerwachsenen aus dem JEP I in der Hinrichsenstraße aufgenommen . Die Belegung erfolgt nach und nach, da eine Aufnahme in das JEP persönliche Gespräche zwischen der Einrichtung und den Bewerbern voraussetzt. Die volle Belegung von 40 Plätzen wird voraussichtlich in den nächsten Wochen erreicht sein. Die personelle Ausstattung des Angebots richtet sich nach der Belegung der 40 Sollplätze . Parallel zur schrittweisen Belegung befindet sich der Personalkörper im Aufbau . 1 https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/65644/jungerwachsene_obdachlose_ warum_hat_der_senat_versaeumt_den_jungen_menschen_zeitnah_eine_perspektive_zu_ bieten.pdf. Drucksache 21/16516 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die im Angebot vorgesehene Belegung in Einzelzimmern bietet den Jungerwachsenen eine Ruhezone mit Privatsphäre und im Falle bestehender beziehungsweise künftiger Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisse Rückzugsmöglichkeiten und eine geeignete Lernumgebung. Nur bei Kapazitätsengpässen wird eine temporäre Doppelzimmerbelegung bis maximal 49 Plätzen ermöglicht. Die Bewohnerzimmer haben größtenteils eine Größe von rund 13,5 m2. Ein Wachdienst soll außerhalb der Büro- und Präsenzzeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Ansprechpartner in Notsituationen bereit sein und den Schutz aller Betreuten sicherstellen und berücksichtigt, dass im JEP bis zu 40 Jungerwachsene mit multiplen Problemlagen untergebracht sind, die zum Teil noch nicht über die für eine konstruktive Konfliktbewältigung im Zusammenleben in einer Gruppe notwendigen Ressourcen verfügen. Im Übrigen siehe Drs. 21/16138. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von f & w fördern und wohnen AöR (f & w) wie folgt: 1. Vor der Inbetriebnahme von JEP II in der Nöldekestraße in Harburg war es erforderlich, die Räumlichkeiten zu renovieren. Wurden die Kosten dafür mittlerweile ermittelt? Wenn ja, auf welche Summe belaufen sich diese wofür konkret? Wenn nein, wann ist mit einer entsprechenden Erfassung und Bekanntgabe der Umbaukosten zu rechnen? Die Renovierungskosten belaufen sich insgesamt auf 294 000 Euro brutto. Bislang wurde über einen Betrag in Höhe von circa 147 000 Euro brutto verfügt, im Einzelnen zum Beispiel für Holzbauarbeiten, Tischlerarbeiten und Objektplanung. Zu begleichen sind noch die entstandenen Kosten in Höhe von 57 000 Euro brutto für Trockenbauarbeiten, Malerarbeiten und Bodenbelagsarbeiten. 2. Die monatliche Kaltmiete beträgt 17 340,30 Euro. Wie groß sind die genutzten Räumlichkeiten beziehungsweise wie viele Quadratmeter stehen den Bewohnern pro Kopf zu? Die gemietete Fläche umfasst inklusive Wohn-, Gemeinschaftsräumen und Kellergeschoss 2 118 m2. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wie viele junge Erwachsene wurden seit 2016 in der Hinrichsenstraße (JEP I) wie lange aufgenommen und mit welchem „Erfolg“ wohin entlassen ? Wie viele wurden/haben mithilfe der „zielgruppenorientierten Unterstützung “ a) unabhängig von Transferleistungen und wodurch? b) eigenen Wohnraum in/ohne Abhängigkeit zu Transferleistungen bezogen? c) Wie viele kehrten zurück ins Elternhaus? d) in eine Einrichtung mit Unterstützungsbedarf vermittelt (welche)? e) Wie viele verzogen mit unbekanntem Ziel aus der Unterkunft? f) in reguläre Wohnunterkünfte verlegt (welche)? g) sonstiges? Seit 2016 wurden in das JEP I 35 Jungerwachsene aufgenommen. Die Verweildauer im JEP I reichte von zwei bis zu 18 Monaten. Ohne Transferleistungen konnten acht Jungerwachsene entlassen werden; davon sieben in Arbeit beziehungsweise Ausbildung; ein Jungerwachsener besucht eine weiterführende Maßnahme (Reha). 20 Jungerwachsene konnten in eigenen Wohnraum vermittelt werden. Ein Jungerwachsener hat derzeit eine Wohnung in Aussicht, einer kehrte zurück ins Elternhaus. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16516 3 Vier Jungerwachsene sind unbekannt verzogen. Zwei Jungerwachsene wurden in die regulären Wohnunterkünfte Billbrookdeich und Holsteiner Straße vermittelt. Sechs fanden vorübergehende Unterbringungsmöglichkeiten. Ein Jungerwachsener wurde in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe aufgenommen. 4. Mit Inbetriebnahme des JEP II in der Nöldekestraße sind 14 männliche Jungerwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren aus dem Standort der Hinrichsenstraße in den Standort in der Nöldekestraße gezogen.2 Wie hoch ist die maximale Belegung und wann wird diese erreicht sein? Siehe Vorbemerkung. 5. Erklärtes Ziel des Senates ist es (Drs. 21/16138), durch eine verstärkte Vermittlung mehr wohnungslose Menschen in Wohnraum zu bringen. Daher wird das Personal in den bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle in den Bezirken aufgestockt werden. Wo ist dies in welchem Ausmaß bisher geschehen? Der Senat beabsichtigt, die Personalausstattung in den Fachstellen den gestiegenen Anforderungen und Fallzahlen anzupassen und um 15 Vollzeitäquivalente zu erhöhen. Die Verteilung auf die Bezirksämter erfolgt unter Berücksichtigung der jeweiligen spezifischen Bedarfe. Die Stellenbesetzungen sollen sukzessive beginnend im ersten Halbjahr 2019 erfolgen. 6. Darüber hinaus werde bei f & w fördern und wohnen AöR (f & w) ein Einzugs- und Begleitteam zur Unterstützung von anerkannt vordringlich Wohnungssuchenden bei der Integration in Mietwohnraum eingerichtet, heißt es in Bürgerschafts-Drs. 21/16138. Wie viele Einzugs- und Begleitteams wurden bisher wo eingerichtet, wie viele sind zu wann geplant und worin liegt deren konkrete Aufgabe? Das Einzugs- und Begleitteam wird seine Arbeit im 2. Quartal 2019 aufnehmen. Im Übrigen siehe Drs. 21/16427. 7. Aktuell stünden 20 potenzielle JEP-Bewohner auf der Warteliste, so die Sozialbehörde in ihrer Antwort auf Drs. 21/16138. In der Nöldekestraße sind 14 Personen untergebracht, wenngleich die Aufnahmekapazität bei 40 Personen liegt. Wann wird die Warteliste entsprechend „geleert“ beziehungsweise bis wann wird JEP II voll belegt sein? 8. Die Aufnahmekriterien zur Teilnahme am JEP sind unter anderem an eine hohe Motivation der Jungerwachsenen und an deren Eigeninitiative gekoppelt. Auch sollten keine akute Sucherkrankung und keine psychische Erkrankung vorliegen, heißt es bei f & w.3 Worin liegt der hohe Betreuungsschlüssel von 1:5 (LEB) und 1:10 (f & w) begründet? 9. Des Weiteren sieht die personelle Ausgestaltung des JEP in der Nöldekestraße bei voller Belegung folgende Stellenanteile vor: Pädagogisch qualifiziertes Fachpersonal zur Betreuung (6 VZÄ), qualifiziertes Personal zur Leitung, Verwaltung und Betrieb des Projekts (1,25 VZÄ) sowie an den Wochenenden werden mit einem zusätzlichen Stellenanteil von 1,5 VZÄ. Wird das Personal also mit jedem Neuzugang und/oder -abgang neu ermittelt und entsprechend eingesetzt? 10. Außerhalb der Präsenzzeiten (Nachtstunden und Wochenenden) wird obendrein ein Wachdienst eingesetzt, um eine 24-stündige Präsenz abzudecken. Worin sieht die Behörde hierzu die Notwendigkeit? Siehe Vorbemerkung. 11. Insgesamt wurden in den Jahren 2017 und 2018 57 Jungerwachse im Alter von 18 bis 25 Jahren untergebracht. Nur etwas über die Hälfte der Bewohner besaßen die deutsche Staatsangehörigkeit. Sind unter den 2 https://sitzungsdienst-harburg.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1006325. 3 https://www.foerdernundwohnen.de/unterkuenfte/jungerwachsenen-projekt/. Drucksache 21/16516 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 wohnungslosen Personen auch wohnberechtigte Zuwanderer mit Bleiberecht sowie Asylbewerber und Flüchtlinge ohne Bleiberecht? Wenn ja, wie hoch ist hier der jeweilige prozentuale Anteil an der Gesamtsumme der JEP-Bewohner? Unter den Bewohnerinnen und Bewohnern befanden und befinden sich keine wohnberechtigten Zuwanderer mit Bleiberecht oder Asylbewerber oder Geflüchtete ohne Bleiberecht . 12. Innerhalb des Unterbringungsangebots bildet das Unterkunfts- und Sozialmanagement (UKSM) den Kern der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU). Aus der Vereinbarung4 zwischen der BASFI und f & w über die Leistungen des UKSM vom 12.10.2018 ergibt sich, dass dieses für die reibungslose Anbindung der Bewohner an die Regelsysteme zuständig ist und die Bewohner darin unterstützen soll, ihre Lebensgrundlagen (wieder) herzustellen mit dem Ziel, die Unterkunft wieder zu verlassen. Ist JEP so zu verstehen, dass es hier im Falle des Misserfolgs aushilft und den jeweiligen Bewohner bei sich aufnimmt? Siehe Vorbemerkung. 13. Bei StepStone wirbt f & w um Mitarbeiter (m/w/d) für das UKSM in Hamburger Wohnunterkünften. Wie viele Stellen sollen zurzeit für welche Jobs besetzt werden und wie sieht die aktuelle Bewerberlage aus? Im Unterkunfts- und Sozialmanagement (UKSM) sind gegenwärtig noch zehn Stellen zu besetzen. Bereits eingegangene Bewerbungen werden derzeit geprüft. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. 4 http://daten.transparenz.hamburg.de/Dataport.HmbTG.ZS.Webservice.GetRessource100/ GetRessource100.svc/e1e8c395-49b2-4a14-a77d-e33fe2577e1b/Akte_122.30-1-2.pdf.