BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16544 21. Wahlperiode 22.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 15.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Digitale Stromzähler „Smart Meter“ 2019 2015 wurde vonseiten des Umweltsenators Kerstan verlautbart: „Stromnetz Hamburg treibt jetzt proaktiv die Energiewende voran.“ (Zitiert nach „Hamburger Abendblatt“ vom 15.09.2015.) Im März 2017 stellte die AfD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, diesbezüglich bereits die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/8419. Der damaligen Antwort des Senates zufolge seien bis zum Zeitpunkt dieser Antwort bereits 220 000 Digitale Stromzähler verbaut worden. Es sollten weiterhin „bis zu“ 100.00 weitere digitale Stromzähler pro Jahr installiert werden, deren „Einkaufspreise (…) mit denen für herkömmliche Zähler im Segment der Haushaltskunden gleichzusetzen (seien).“ Dieser Satz klingt so, als würden die neuen Stromzähler den gleichen Preis haben wie die alten, ärgerlicherweise ist dies jedoch nicht die tatsächliche Aussage dieses Satzes. Bezogen auf die gestellte Frage ergibt er sogar überhaupt keinen Sinn. Für den „Endnutzer“ sollen die digitale Stromzähler angeblich den Vorteil haben, mittels einer persönlichen Auslesepinnummer, den aktuellen Verbrauch sowie historische Lastgänge auslesen zu können, und so zum Beispiel Stromfressende Stanbygeräte zu identifizieren. Weiter heißt es: „Die aktuellen Entgelte für den Messstellenbetrieb finden sich auf dem Preisblatt der Netzentgelte 2017 der Stromnetz Hamburg GmbH, siehe https://www.stromnetz.hamburg/netznutzung/ netznutzungsentgelte.“ Den dort abrufbaren Tabellen ist zu entnehmen, dass es derzeit noch 24 verschiedene Gebühren im Zusammenhang mit dem Messtellenbetrieb und der Zählerauszählung gibt. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Die Stromnetz Hamburg GmbH (SNH) ist in ihrer Rolle als grundzuständiger Messstellenbetreiber gemäß bundesgesetzlichen Vorgaben (Messstellenbetriebsgesetz (MsbG)) für den technischen Betrieb der Messstellen im Hamburger Stromverteilnetz zuständig. Dies beinhaltet insbesondere den Einbau, den Betrieb, die Wartung und die Gewährleistung einer mess- und eichrechtskonformen Messung elektrischer Verbräuche . In der Vergangenheit wurden im Hamburger Stromverteilnetz konventionelle Messeinrichtungen (kME) eingesetzt. Hierzu gehören die sogenannten analogen elektromechanischen „Ferraris-Zähler“ sowie der digitale Zähler „EDL 21“. Der EDL21-Zähler war bislang der eingesetzte Standard-Zähler für eine digitale kME. Das MsbG unterscheidet zwischen den beiden digitalen sogenannten Modernen Messeinrichtungen (mME) und den intelligenten Messsystemen (iMSys) und statuiert vor Drucksache 21/16544 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 dem Hintergrund der Energiewende neue technologische Anforderungen, denen die oben genannten kME nicht mehr genügen. Die SNH hat aufgrund des MsbG die Pflicht, alle kMEs innerhalb von 13 Jahren ab Rollout-Beginn durch mME zu ersetzen. Die Installation von mMEs ist gemäß MsbG eine Pflichtaufgabe des grundzuständigen Messstellenbetreibers an Messstellen mit einem Jahresverbrauch von bis zu 6 000 kWh. Dies geschieht seit etwa Mitte 2017 im Haushaltskundenbereich. Das MsbG statuiert darüber hinaus auch mit Rollout-Beginn innerhalb von 13 Jahren die Pflicht des Messstellenbetreibers, iMSys bei Kunden zu verbauen, die einen größeren Jahresverbrauch als 6 000 kWh haben. Der Rollout-Beginn für iMSys steht aus. Die gesetzlichen Vorschriften sehen vor, dass dieser erst dann vorgenommen werden kann, wenn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Sinne des § 30 MsbG eine „Markterklärung“ abgibt, in der das BSI die technische Machbarkeit feststellt. Diese liegt bis heute nicht vor. Darüber hinaus ist beachtlich, dass aufgrund gesetzlicher Pflichten bei Kunden, die einen höheren Jahresverbrauch als 100 000 kWh haben, eine registrierende Lastgangmessung (RLM) durchzuführen ist. Hintergrund ist, dass diese Verbräuche beim vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber gesondert bilanziert werden müssen. Die hierfür notwendigen Zählerdaten werden mit kMEs (RLM-Zählern) ermittelt und werden fernausgelesen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der SHN wie folgt: 1. Welchen konkreten Preis haben/hatten die alten (herkömmlichen) Stromzähler? Zu den Preisen für kME siehe Preisblatt der SNH: https://www.stromnetz-hamburg.de/download/vorlaeufige-netzentgelte-2019/ ?wpdmdl=14628. 2. Welchen konkreten Preis haben/hatten die neuen (digitalen) Stromzähler ? Zu den Preisen für mME siehe Preisblatt der SNH: https://www.stromnetz-hamburg.de/download/preisblatt-gmsb-2017/?wpdmdl=7319. Der von Kunden zu zahlende Preis ist reguliert gemäß § 32 MsbG. 3. Wie viele neue (digitale) Stromzähler sind seit der Entscheidung, diese zu verbauen, beschafft worden? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Ferraris-Zähler EDL21 moderne Messeinrichtung 2015 5 997 41 937 0 2016 625 51 903 0 2017 3 67 252 0 2018 1 45 469 50 369 2019 0 435 17 560 Die Ferraris- sowie der digitale EDL-21-Zähler sind sogenannte kME. 4. Wer war Zahler beziehungsweise Empfänger des Differenzbetrages, der sich aus diesen Zahlen ergibt? Zahler ist der Letztverbraucher, Empfänger die SNH als grundzuständiger Messstellenbetreiber . Die Entgelte ergeben sich aus der gesetzlichen Kostenregulierung des § 7 MsbG. Differenzbeträge, die sich aus dem Vergleich der Preisblätter für kME und mME ergeben, sind unter anderem darin begründet, dass im Preis laut MsbG auch die Abrechnung des Messentgelts gegenüber dem Letztverbraucher beinhaltet ist. 5. Wie viele der neuen (digitalen) Zähler sind bisher installiert worden? Bitte nach Jahren Aufschlüsseln. Siehe Antwort zu 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16544 3 6. Welche zusätzliche Infrastruktur, die mit den digitalen Zählern zusammenhängt , wurde installiert (zum Beispiel Smart Meter Gateways/GSM Modems)? Was hat diese Infrastruktur gekostet? Wie hoch waren die hierfür veranschlagten Installationskosten? Im Zusammenhang mit digitalen Zählern wurde bislang keine Infrastruktur zur Fernübertragung von Messwerten installiert. In technischer Hinsicht sind hierfür sogenannte Smart Meter Gateways (SMGW) erforderlich, die vom BSI zertifiziert werden müssen . Hierfür ist vom BSI eine Markterklärung erforderlich, die noch aussteht, siehe dazu auch Vorbemerkung. 7. Wie viele Stromzähler wurden installiert, seit entschieden wurde, auf digitale Zähler umzustellen? Falls es zwischen den Zahlen der in diesem Zeitraum insgesamt installierten Zähler und der installierten digitalen Zähler eine Differenz gibt, wie kam diese zustande? Bis zum Juni 2018 hat SNH den digitalen Zähler EDL21 eingesetzt. Nach diesem Zeitpunkt hat SNH entsprechend der Anforderungen des MsbG ausschließlich sogenannte moderne Messeinrichtungen als digitale Zähler, eingesetzt. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 8. Welchen Vorteil haben die digitalen Stromzähler gegenüber handelsüblichen (ebenfalls digitalen) Stromzählern, die zwischen Steckdose und Verbrauchsgerät gesteckt werden, wenn es darum geht, stromhungrige Standby-Geräte zu identifizieren? Kann der Betreiberseitig installierte Stromzähler zwischen den verschiedenen Räumen oder gar Endgeräten eines Haushaltes unterscheiden und einem so Auskunft darüber geben, welchen Verbrauch zum Beispiel der Fernseher im Vergleich zum Radiowecker hat? Der Funktionsumfang der „modernen Messeinrichtung“ ist in § 61 Absatz 3 MsbG geregelt. Die der Fragestellung zugrunde liegenden Funktionen sind dort nicht vorgesehen . 9. Sind die Ablesetarife für Kunden mit den neuen (digitalen) Stromzählern andere als für Kunden mit alten, herkömmlichen Stromzählern? Der Preis für einen herkömmlichen Zähler beträgt netto 13,11 Euro/a. Der Preis für eine moderne Messeinrichtung beträgt netto 16,81 Euro/a und beinhaltet auch schon die Abrechnung. 10. In der Gebührenübersicht von 2019, gibt es auch Tarife für Fernauslesungen von Stromzählern. In wie vielen Fällen/wie viel Prozent der installierten neuen (digitalen) Zähler sind die hierfür notwendigen Telekommunikationsanlagen (zum Beispiel Smart Meter Gateway/GSM- Modem) vorhanden? Wie viel Prozent aller Ablesungen werden derzeit per Fernablesung durchgeführt? Wie hat sich dieser Anteil in den letzten Jahren entwickelt? Smart-Meter-Gateways gemäß § 31 MsbG wurden aufgrund der ausstehenden BSI- Markterklärung gemäß § 30 MsbG noch nicht installiert (siehe oben). Mit den bislang eingebauten „modernen Messeinrichtungen“ ist keine Fernablesung verbunden. Darüber hinaus werden bei konventionellen Messeinrichtungen die Verbrauchswerte der Letztverbraucher mit einem Verbrauch von mehr als 100 000 kWh p.a. zu Abrechnungszwecken fern übertragen (siehe oben, Vorspruch). Die Anzahl der von SNH betriebenen Messungen beläuft sich auf rund 7 500. Die Anzahl verändert sich nur wenig. 11. Kunden können über ein Onlineportal auch selbst eine Fernauslesung ihres eigenen Stromzählers durchführen. Ist es seit Einführung dieses Service zu Manipulationsversuchen der Zählerstände/Messinfrastruktur oder der Betreibersoftware durch Hacking-Angriffe gekommen? Falls ja, wie viele, welcher Art und wie und mit welchem Erfolg wurde auf diese Reagiert? Wie viele dieser Angriffe konnten verhindert werden? Drucksache 21/16544 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Wie viele Angreifer konnten ermittelt werden? Welcher Schaden ist entstanden ? Wie hoch waren die jährlichen Schadenssummen durch Manipulationen herkömmlicher Zähler? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Eine Fernauslesung kann der Letztverbraucher nicht selbst durchführen. Voraussetzung dafür ist immer die Installation der erforderlichen Infrastruktur durch den Messstellenbetreiber . Im Übrigen siehe Antwort zu 6., derzeit sind noch keine SMGW von SNH eingesetzt worden. 12. Die Bereitstellung eines historischen Lastgangs, wird von Stromnetz Hamburg mit 55 Euro veranschlagt. Können sich Endverbraucher einen derartigen Lastgang auch online oder direkt am Zähler anzeigen lassen? Falls ja, wird er dann ebenfalls mit 55 Euro veranschlagt? Welcher Unterschied besteht zwischen dem hier gemeinten historischen Lastgang und den in der Senatsantwort auf Drs. 21/8419 unter Nummer 5. beschriebenen? Bei kME sowie bei mME können die Lastgänge ohne zusätzlich Hardware-Ausstattung , die kundenseitig zu beschaffen ist, nicht online angezeigt werden. KME lassen eine direkte Ablesung der Lastgänge am Zähler nicht zu, mME dagegen schon. Hierfür werden keine zusätzlichen Gebühren berechnet. Der Unterschied zwischen historischen Lastgängen und dem in der Drs. 21/8419 beschriebenen Daten stellt sich wie folgt dar: Ein Lastgang im Sinne des Preisblatts umfasst 96-¼-Stundenwerte eines Tages. Diese ¼-Stundenwerte werden nicht am Display der mMe angezeigt, sondern nur die in Drs. 21/8419 dargestellten Werte. Die frontseitige optische Info-Schnittstelle der mMe stellt Verbrauchswerte im Sekundentakt zur Verfügung. Mithilfe zusätzlicher Hardware, die der Kunde bei Interesse im Zubehörhandel erwerben kann, kann er diese Werte zu einem differenzierten Lastgang für eigene Zwecke aufbereiten. Dafür bieten Dienstleister sowohl Online- wie Offline-Varianten an. Welche dieser vielfältigen Varianten gewählt wird, liegt in der Entscheidungshoheit des Kunden. Im Falle der Fernauslesung der Verbrauchswerte über das perspektivisch einzusetzende SMGW werden nach jetzigem Stand der Entwicklung maximal die oben genannten 96 Stück ¼-Stundenwerte, also ein „Lastgang“ im Sinne des Preisblatts, übermittelt. Die Aufbereitung für den Kunden geschieht dann über ein Onlineportal. Ein solches Onlineportal wird SNH den Kunden, bei denen ein SMGW eingesetzt wird, kostenfrei zur Verfügung stellen. Die kMe wiederum zeigt immer nur den kumulierten Verbrauch seit Einsatz des Zählers an. Eine kMe hat keine zeitbezogene Unterteilung des kumulierten Verbrauchs und stellt damit auch keinen Lastgang bereit. 13. Wie viel Personal wurde durch die Installation der neuen (digitalen) Zählerinfrastruktur bereits eingespart beziehungsweise zusätzlich eingestellt ? Wie viel Personal soll in Zukunft durch diese Infrastruktur noch eingespart werden beziehungsweise zusätzlich eingestellt werden? Wie haben sich die Personalkosten durch diese Infrastruktur verändert und wie soll sie sich in Zukunft dadurch verändern? Falls es durch die digitale Infrastruktur zu Einsparungen im Personalbereich kommt, wie werden diese an den Endverbraucher weitergegeben? Die Bereitstellung einer Zählerinfrastruktur auf Basis des MsbG ist technisch wie operativ anspruchsvoller als bei kMes. Einsparungen im Sinne von wirtschaftlichen Vorteilen werden sich durch die Bereitstellung dieser Zählerinfrastruktur nicht ergeben. Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben erfordert im Grundsatz einen zukünftig erhöhten Personalbedarf, der gegenwärtig noch nicht bezifferbar ist. Zur Erreichung der Vorgaben des MsBG, bis zum Jahre 2032 kME mindestens gegen mME auszutauschen , werden in einem höheren Maße externe Dienstleister eingesetzt.