BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1657 21. Wahlperiode 29.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 21.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Weitere Verzögerungen bei Fahrrinnenanpassung der Elbe: Vorgehen des Senats wirkt planlos und bleibt undurchsichtig! In der Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft vom 8. Juli 2015 versicherte Wirtschaftssenator Frank Horch, dass „der Hafen und seine Fahrrinnenanpassung bei diesem Senat in besten Händen“ seien. Die sich nun abzeichnenden weiteren Verzögerungen bei der Fahrrinnenanpassung der Elbe erwecken jedoch einen gegenteiligen Eindruck. Auch die Hamburger Hafenwirtschaft brachte ihre große Verärgerung über die nun bekannt gewordenen weiteren Verzögerungen zum Ausdruck. In einer entsprechenden Pressemitteilung forderte der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) die Planungsbehörden auf, umgehend tätig zu werden: „Die Hafenwirtschaft fordert von den Planungsbehörden, die notwendigen Planergänzungen zielorientiert und zügig abzuschließen.“ Zudem wird die mangelhafte Informationspolitik des Senats gegenüber den Kunden des Hamburger Hafens heftig kritisiert. Anspruch und Wirklichkeit in der Hafenpolitik scheinen zunehmend auseinanderzuklaffen . Die weiteren Verzögerungen bei der Elbvertiefung haben nicht nur erhebliche Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens, sondern für unsere gesamte Wirtschaft. Bereits seit Oktober letzten Jahres ist bekannt, dass Nachbesserungen im Planfeststellungsverfahren erforderlich sind, nachdem das Bundesverwaltungsgericht „handwerkliche Mängel“ der Hamburger Planungsbehörden kritisiert und Nachbesserungen eingefordert hatte. Dem Vorschlag der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH), das Bundesverwaltungsgericht zur Verkürzung der Verfahrensdauer laufend und frühzeitig über neue Planunterlagen zu unterrichten, erteilte das Gericht nun eine Absage. In dem Begründungsschreiben der Richter, über das zuletzt das „Hamburger Abendblatt“ berichtete, hieß es: „Die Planunterlagen sollten vollständig und geordnet mit den Planergänzungsbeschlüssen vorgelegt werden“ (vergleiche http://www.abendblatt.de/hamburg/ article205757977/Keine-Verkuerzung-des-Verfahrens-zurElbvertiefung .html). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Verfahren um die Fahrrinnenanpassung wird von Bund und Hamburg ohne Verzögerungen betrieben. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Aussetzungsund Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (7 A 14.12) beschlossen, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Auslegungsfragen der Wasserrahmenrichtlinie abzuwarten. Zugleich hat es Nachbesserungen im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Verträglichkeitsprüfung nach der Flor-Fauna-HabitatRichtlinie angeregt. Drucksache 21/1657 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Diese Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts haben verschiedene gutachterliche Fachbeiträge ausgelöst, für die teilweise auch aufwendige Datenaufnahmen erforderlich waren. Die Nachbearbeitung der Umweltuntersuchungen sowie das darauf gerichtete Beteiligungsverfahren und ein eventueller Planergänzungsbeschluss lassen sich nur in Abhängigkeit der Entscheidung des EuGH und den dort festgelegten Kriterien für das sogenannte Verschlechterungsverbot fertigstellen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Welche Gutachten wurden durch die vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Mängel innerhalb des Planfeststellungsbeschlusses nötig? 2. Wo wurden die Gutachten zu welchen Kostenvereinbarungen wann jeweils in Auftrag gegeben? 3. Wer hat die Gutachten bei wem jeweils in Auftrag gegeben? Bitte für jedes benötigte Gutachten einzeln auflisten. Für das Planergänzungsverfahren werden durch das Gutachterbüro IBL Umweltplanung GmbH (Oldenburg) folgende ergänzenden Fachbeiträge erstellt: - ergänzender Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie, - ergänzender Fachbeitrag Gefährdete Pflanzenarten, - ergänzender Fachbeitrag Artenvielfalt, - ergänzender Fachbeitrag Brutvögel, - ergänzender Fachbeitrag Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach der FFH-Richtlinie , - ergänzender Fachbeitrag zur Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung für den Schierlings -Wasserfenchel. Daneben wurde das Gutachterbüro BBS Greuner-Pönicke (Kiel) mit einem ergänzenden Fachbeitrag zu Kohärenzsicherungsmaßnahmen zugunsten des Schierlings-Wasserfenchels und das Gutachterbüro BIOCONSULT Schuchardt & Scholle GbR (Bremen ) mit der Erstellung eines ergänzenden Fachbeitrags im Hinblick auf die Fischart Finte/Sauerstoff beauftragt. Die Auftragserteilung erfolgte im 4. Quartal des Jahres 2014 durch den Bund. Die Kosten übernehmen der Bund und die Freie und Hansestadt Hamburg anteilig im Verhältnis 3:1. 4. Wann sollten die jeweiligen Gutachten nach ursprünglichen Planungen des Senats jeweils vorliegen? Inwiefern kommt es bei der Erstellung der einzelnen Gutachten zu Verzögerungen? Es ergeben sich keine Verzögerungen gegenüber den bisherigen Planungen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Welche Kosten sind für die Freie und Hansestadt Hamburg durch die Nachbesserungen des Planfeststellungsverfahrens bisher entstanden? Mit welchen weiteren Kosten rechnen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden bis zu einem Abschluss des Verfahrens? Bitte sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten sowie Gutachterkosten und weitere Kosten auflisten. Da die vom Gericht angeregten Nachbearbeitungen noch nicht abgeschlossen sind, lassen sich die anfallenden Kosten derzeit nicht verlässlich beziffern. Dies betrifft auch die Anwalts- und Gerichtskosten. Die Gerichtskosten werden erst nach einer Entscheidung des Gerichts anfallen. Derzeit werden die Mehrkosten überschlägig auf insgesamt circa 1,5 Millionen Euro geschätzt. 6. Wie stellen sich konkret die Verantwortlichkeiten in Bezug auf die Ergänzungen des Planbeschlusses zwischen der Freien und Hansestadt Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1657 3 Hamburg und dem Bund dar? Wer ist für die Gesamtkoordination des Planfeststellungsbeschlusses zuständig? Der Bund und Hamburg sind gleichermaßen Adressaten der gerichtlichen Hinweisverfügung vom 2. Oktober 2014 und arbeiten gemeinsam in enger Abstimmung an den vom Gericht angeregten Nachbearbeitungen. Beide Planfeststellungsbehörden werden auf der Basis ergänzender Fachbeiträge und des darauf bezogenen Beteiligungsverfahren Planergänzungsbeschlüsse im Rahmen ihrer räumlichen Zuständigkeitsbereiche erlassen. 7. Wann genau hat das Bundesverwaltungsgericht die FFH darüber informiert , dass man von einer frühzeitigen Übersendung von Planunterlagen absehen möge? 8. Inwiefern hat die Entscheidung der Richter, sich nicht vorzeitig mit unvollständigen Planunterlagen zu befassen, Einfluss auf den vorgesehenen Zeitplan des Klageverfahrens und ergeben sich nach Einschätzung des Senats oder der zuständigen Behörden daraus weitere Verzögerungen des Verfahrens? Wie sieht der genaue Zeitplan des Klageverfahrens nach derzeitigem Stand aus? In einer gerichtlichen Verfügung vom 14. September 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass das Gericht die zuvor von Bund und Hamburg mitgeteilten zeitlichen Vorstellungen zum Fortgang des Verfahrens akzeptiert. Es hat sodann ferner mitgeteilt, dass es einer von Bund und Hamburg zuvor freiwillig angebotenen Übersendung der ergänzenden Fachbeiträge – bereits zeitglich mit dem verwaltungsbehördlichen Verfahren zur Einbindung der klagenden Umweltverbände – nicht bedarf, weil sich das Gericht nicht in das bevorstehende Verwaltungsverfahren einschalten , sondern dessen Ausgang abwarten wird. Im Anschluss an die behördlichen Planergänzungsbeschlüsse wird das gerichtliche Verfahren wieder aufgenommen werden. Dann soll nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in der genannten Verfügung zunächst den klagenden Umweltverbänden die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Planergänzungsbeschluss eingeräumt werden, der nach dem derzeitigen Stand der vom Gericht angeregten Nachbearbeitungen für das 1. Quartal 2016 erwartet wird. Ob und wann im Anschluss daran das Bundesverwaltungsgericht eine endgültige Entscheidung über die Klage der Umweltverbände trifft, liegt in der Verfahrensherrschaft des Gerichts. 9. Haben der Senat oder die zuständigen Behörden die Hafenwirtschaft über die neuen Entwicklungen innerhalb des Verfahrens informiert? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Seit Beginn der Planungen der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe informieren die Träger des Vorhabens (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und HPA) in regelmäßigen monatlichen Sitzungen den Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. als Vertretung der Hamburger Hafenwirtschaft über den Fortgang des Vorhabens.