BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16584 21. Wahlperiode 26.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 19.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Belastung der Hamburger Justiz – Situation am Verwaltungsgericht Hamburg? (VII) Die Belastungssituation am Verwaltungsgericht und am Oberverwaltungsgericht ist weiterhin hoch. Bei Klagen in allgemeinen Sachen betrug die Verfahrensdauer in 2018 17,2 Monate. Das war im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ein halbes Jahr länger. Für zusätzliche Belastung sorgen der Anstieg der Neuzugänge bei Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz auf nunmehr 1 0621und die anhaltend hohe Anzahl der Klagen in Asylsachen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde hält in Übereinstimmung mit der Präsidentin des Verwaltungsgerichts die Ausstattung des Gerichts und die organisatorischen Maßnahmen auch weiterhin für geeignet, mittelfristig die Bestände anhängiger Verfahren abzubauen . Die aktuelle Situation wird regelmäßig analysiert und der regelmäßige Austausch mit der Hamburger Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fortgesetzt, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen zeitnah ergreifen zu können. Auch die zuständige Behörde und das Verwaltungsgericht befinden sich in einem ständigen Austausch, in dem unter anderem Handlungsbedarfe im personellen Bereich identifiziert werden. Seit dem Jahr 2015 wurde das Verwaltungsgericht daraufhin bereits mehrfach personell deutlich verstärkt. In der Folge konnte das Verwaltungsgericht die Zahl der Erledigungen bei den Klagen in Asylsachen im Jahr 2017 gegenüber 2016 verdoppeln. Da in der ersten Jahreshälfte 2017 die Zahl der neu eingehenden Asylklagen besonders groß war, bauten sich trotzdem hohe Bestände auf. Bei mittlerweile niedrigeren Klageeingängen und gleichzeitig weiter gestiegenen Erledigungszahlen seit dem 1. Quartal 2018 hat nunmehr ein substanzieller Abbau der hohen Bestände von Klagen in Asylsachen eingesetzt. Dieser kontinuierliche Bestandsabbau in Asylverfahren setzt sich fort. Der Anstieg der Neuzugänge bei Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Verfahren im 3. Quartal 2018 ist durch die Eingänge in NC-Verfahren begründet . Diese Eingänge erhöhen typischer Weise immer im 3. Quartal die Zahl der Neuzugänge . Im mehrjährigen Vergleich lagen die Neuzugänge dieser Verfahrensart mit 2 016 um 464 niedriger als im Vorjahr und um rund 580 unter dem fünfjährigen Jahresmittelwert . Darüber hinaus hat die zuständige Behörde eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel der Änderung des Asylgesetzes zur Verfahrensbeschleunigung auf den Weg gebracht. Gegenstand des Gesetzesentwurfs ist im Wesentlichen die Einführung der dem Asylrecht bislang unbekannten Möglichkeit des Verwaltungsgerichts, Rechtsmittel gegen Entscheidungen in der Hauptsache sowie im Eilrechtsschutzverfahren – für das Ober- 1 Vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/14817 vom 06.11.2018. Drucksache 21/16584 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 verwaltungsgericht verbindlich – zuzulassen. Dem Verwaltungsgericht fehlen bislang infolge der sehr restriktiven Rechtsschutzmöglichkeiten gegen erstinstanzliche asylrechtliche Entscheidungen einheitliche obergerichtliche Maßstäbe, um der Menge an zum Teil den gleichen Lebenssachverhalt betreffenden Verfahren gerecht zu werden. Die bisherige Rechtslage hat zur Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung beigetragen und hierdurch Rechtsunsicherheit im Umgang mit tatsächlichen und rechtlichen Fragen hervorgerufen. Diese Entwicklung erschwert die prozessökonomische Erledigung asylrechtrechtlicher Verfahren. Ihr soll mit dieser Initiative begegnet und entgegengewirkt werden. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15. Februar beschlossen, den Gesetzentwurf nicht beim Deutschen Bundestag einzubringen (BR.-Drs. 51/18 (Beschluss )). Gleichwohl verfolgt die zuständige Behörde das Anliegen weiter. Auch beim Oberverwaltungsgericht wird die Situation weiterhin regelmäßig gemeinsam mit der Präsidentin des Verwaltungsgerichts und dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts bewertet, um gegebenenfalls notwendige weitere Maßnahmen zu ergreifen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele anhängige Verfahren lagen im 1. Quartal 2018 bis zum 1. Quartal 2019 am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren vor? Die Zahlen für das 1. Quartal 2019 liegen noch nicht vor. Zum Ende des Berichtsjahrs 2018 ergeben sich folgende Werte: Verwaltungsgericht Hamburg: Bestände Ende 4. Quartal 2018 Klagen in allgemeinen Sachen 3 145 Klagen in Asylsachen 4 880 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 181 Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 98 Im Übrigen siehe Drs. 21/14817. 2. Wie viele Neuzugänge konnten im 1. Quartal 2018 bis zum 1. Quartal 2019 am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren verzeichnet werden? Die Zahlen für das 1. Quartal 2019 liegen noch nicht vor. Für das 4. Quartal und das Berichtsjahr 2018 ergeben sich folgende Werte: Verwaltungsgericht Hamburg: Neuzugänge 4. Quartal 2018 Berichtsjahr 2018 Klagen in allgemeinen Sachen 484 2 061 Klagen in Asylsachen 442 2 157 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 369 2 016 Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 164 749 Im Übrigen siehe Drs. 21/14817. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16584 3 3. Welche Kammer des Hamburger Verwaltungsgerichts ist bezogen auf asylrechtliche Verfahren für welche Länder zuständig? Die länderbezogene Zuständigkeit für asylrechtliche Verfahren ergibt sich aus Abschnitt V. Nummer 22 des Geschäftsverteilungsplans des VG für das Jahr 2019, abrufbar über https://justiz.hamburg.de/contentblob/4245698/ dd5fde81c56032149250cd1e1d876484/data/gvpl-2019.pdf. 4. Wie haben sich die Zahlen der Neuzugänge von Januar 2018 bis zum 1. Quartal 2019 in den einzelnen Kammern am Hamburger Verwaltungsgericht bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren entwickelt? Bitte nach der jeweiligen Kammer insbesondere der Dublin- Verfahren darstellen. 5. Wie viele anhängige Verfahren lagen vom 1. Quartal 2018 bis zum 1. Quartal 2019 in den einzelnen Kammern bezogen auf a. Klagen in allgemeinen Sachen, b. Klagen in Asylsachen, c. Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen, d. Verfahren im asylrechtlichen Eilverfahren vor? Bitte nach der jeweiligen Kammer insbesondere der Dublin- Verfahren darstellen. Siehe Drs. 21/12994. 6. Wie stellt sich die durchschnittliche Verfahrensdauer am Verwaltungsgericht und am Oberverwaltungsgericht von Januar 2018 bis zum März 2019 dar? Die Verfahrensdauern liegen nur quartals- beziehungsweise jahresweise vor. Die Werte für das 1. Quartal 2019 liegen noch nicht vor. Für das 4. Quartal sowie Berichtsjahr 2018 ergeben sich folgende Werte: Verwaltungsgericht Hamburg: Verfahrensdauer in Monaten 4. Quartal 2018 Berichtsjahr 2018 Klagen in allgemeinen Sachen 15,4 16,3 Klagen in Asylsachen 17,1 14,8 Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz in allgemeinen Sachen 2,3 2,2 Verfahren in asylrechtlichen Eilverfahren 1,2 1,9 Hamburgisches Oberverwaltungsgericht: Verfahrensdauer in Monaten 4. Quartal 2018 Berichtsjahr 2018 Klagen insgesamt 2,3 13,9 Berufungen insgesamt 7,9 7,8 Beschwerden gegen Entscheidungen über Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz 2,3 2,6 Im Übrigen siehe Drs. 21/14817. 7. Welche Vertretungsregelungen bestehen für die einzelnen Kammern? Gibt es konkrete Probleme bei einzelnen Kammern? Wenn ja, welche und warum? Drucksache 21/16584 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die Vertretungsregelung ergibt sich aus Abschnitt IV. des Geschäftsverteilungsplans 2019, abrufbar über https://justiz.hamburg.de/contentblob/4245698/ dd5fde81c56032149250cd1e1d876484/data/gvpl-2019.pdf. 8. Wie stellt sich die Entwicklung bei der Richterbesetzung beim Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht von Januar 2018 bis zum März 2019 dar? Gemäß der Personalverwendungsstatistik, die quartalsweise erstellt wird, stellt sich die Richterbesetzung wie folgt dar: Die Zahlen für das 1. Quartal 2019 liegen noch nicht vor. Im Übrigen wird auf die Drs. 21/14817 verwiesen. Richterbesetzung 3. Quartal 2018 4. Quartal 2018 Verwaltungsgericht Hamburg 63,9 64,1 Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 17,7 17,7 9. Wie viel zusätzliches Personal benötigt das Verwaltungsgericht, um die Neuzugänge, insbesondere im Asylverfahren und in asylrechtlichen Eilverfahren , besser bearbeiten zu können? Siehe Vorbemerkung und Drs. 21/14817. 10. Welche krankheitsbedingte Fehlzeitenquote ist für das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht in 2018 bis zum 1. Quartal 2019 für die Richterinnen und Richter sowie für das Personal im Servicebereich festgestellt worden, auch im Vergleich zum Durchschnitt in der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit der Freien und Hansestadt Hamburg? 11. Wie hoch ist die krankheitsbedingte Fehlzeitenquote für Servicekräfte am Verwaltungsgericht? Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Belastungssituation am Verwaltungsgericht anhand der gestiegenen Komplexität der gerichtlichen Verfahren? Die Fehlzeiten werden aus dem Personalverwaltungsverfahren „KoPers“ ermittelt. Aufgrund einer aktuellen Mitteilung gibt es Zweifel an der Validität der Ergebnisse. Die Fehlzeiten können daher zurzeit nicht geliefert werden. 12. Gibt es Planungen des Senats, einen Spezialsenat Asylsachen am OVG einzurichten? Wenn ja, wie ist dazu der Planungsstand? Wenn nein, warum nicht? Die Verteilung der Rechtsprechungsaufgaben auf die Senate des Oberverwaltungsgerichts liegt in der Zuständigkeit des Präsidiums des Oberverwaltungsgerichts.