BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16590 21. Wahlperiode 26.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 20.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Razzia an der Hafentreppe am 14.03.2019 Wie die „Hamburger Morgenpost“ am 15.03.2019 berichtete,1 hat die Polizei am 14.03.2019 mehrere Menschen an der Balduintreppe festgenommen, denen die Polizei vorwirft, mit Drogen gedealt zu haben. Die festgenommenen Personen sollen sodann einem extra aus Brüssel angereisten Diplomaten der gambischen Botschaft vorgestellt worden sein. Diese Vorstellung hatte offensichtlich den Zweck, die Herkunft der betroffenen Personen zu identifizieren , um notwendige Papiere zu ihrer Abschiebung ausstellen zu können. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Bereich St. Pauli Hafenstraße/Balduintreppe/Bernhard-Nocht-Straße ist ein Brennpunkt der öffentlich wahrnehmbaren Betäubungsmittelkriminalität in Hamburg. Im Rahmen eines gemeinsamen Schwerpunkteinsatzes der Polizei und der Ausländerbehörde Hamburg wurden mutmaßliche Drogendealer vorläufig festgenommen und nach Abschluss der strafprozessualen Maßnahmen im Rahmen der Amtshilfe der Ausländerbehörde zwecks weiterführender ausländerrechtlicher Maßnahmen überstellt . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Personen sind am 14.03.2019 festgenommen beziehungsweise in Gewahrsam genommen und der Delegation der gambischen Botschaft vorgestellt worden? Insgesamt sind 19 Personen wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) im Bereich der Balduintreppe angetroffen und angehalten worden. Drei Personen wurde der Erwerb von Betäubungsmitteln (BtM) gemäß § 29 Absatz 1 Nummer 3 BtMG vorgehalten; diese drei Personen wurden nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen aufgrund fehlender Haftgründe vor Ort entlassen. 16 Personen wird der Handel mit BtM gemäß §§ 29 a, 30 BtMG vorgeworfen. Diese wurden zum Zwecke der Identitätsfeststellung gemäß § 163 b Absatz 1 Strafprozessordnung (StPO) festgehalten und anschließend gemäß § 127 Abs. 2 StPO vorläufig festgenommen . Im weiteren Verlauf wurden 13 Personen zur Klärung der Staatsangehörigkeit im Rahmen der Amtshilfe zur Anhörung durch eine ausländische Delegation überstellt. a. Wie viele Personen wurden zu welcher Zeit an beziehungsweise im Umfeld der Balduintreppe fest- beziehungsweise in Gewahrsam genommen? 1 https://www.mopo.de/hamburg/polizei/hafenstrasse-auf-st--pauli-drogenrazzia-mitdiplomaten -hilfe-32228068. Drucksache 21/16590 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die vorläufigen Festnahmen im Sinne der Fragestellung erfolgten im Zeitraum von 16.40 Uhr bis 17.15 Uhr. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. b. Wie viele Personen wurden zu welcher Zeit an welchen anderen Orten in Hamburg fest- beziehungsweise in Gewahrsam genommen ? Im Rahmen dieses Schwerpunkteinsatzes: keine. c. Wie viele Personen sind im Rahmen des Einsatzes fest- beziehungsweise in Gewahrsam genommen worden, ohne der Delegation der gambischen Botschaft vorgestellt worden zu sein? Siehe Antwort zu 1. 2. Welche Abteilungen der Polizei Hamburg waren an dem Einsatz am 14.03.2019 beteiligt? a. Wie viele Polizeikräfte waren beteiligt? An dem Einsatz waren insgesamt 242 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (LKA) aus den Abteilungen 1, 2, 4, 5 und 6, des LKA-Fachstabes, der Rechtsabteilung der Polizei, der Landesbereitschaftspolizei, des Polizeikommissariats 15 sowie der Verkehrsdirektion beteiligt. b. Welche weiteren (Bundes- oder Landes-)Behörden waren mit welchen Aufgaben an dem Einsatz beteiligt? An dem Einsatz waren zwei Mitarbeiter der Bundespolizei beteiligt. c. Welche (Bundes- oder Landes-)Behörden waren bei dem Einsatz vor Ort an der Balduintreppe anwesend und mit welcher Aufgabe? An der Balduintreppe waren ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei Hamburg eingesetzt. Darüber hinaus betrifft die Fragestellung die Einsatztaktik der Polizei, zu der aus grundsätzlichen Erwägungen keine Angaben gemacht werden. d. Welche Abteilung oder Einheit war mit der Einsatzleitung betraut? Die Einsatzführung lag beim LKA 1 (Regionale Kriminalitätsbekämpfung). 3. Fand der Einsatz im Rahmen der sogenannten Taskforce Drogen statt? Nein. 4. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden die Personen fest- beziehungsweise in Gewahrsam genommen? Bitte benennen, ob die Person im Umfeld der Balduintreppe oder an einem anderen Ort angetroffen wurde. a. Sofern der Einsatz auf § 4 Absatz 1 Nummer 2 PolDVG gestützt wird: Nach welchen Merkmalen wurden die Personen ausgewählt, die einer Kontrolle unterzogen wurden? b. Sofern der Einsatz auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt wurde : Aufgrund welcher Umstände waren die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Rechtsgrundlage gegeben? c. Sofern gegen die Betroffenen der Verdacht einer Straftat bestand: Welche Straftaten wurden den Betroffenen jeweils vorgeworfen? Siehe Antwort zu 1. 5. Auf welcher Rechtsgrundlage beziehungsweise aufgrund welcher Abkommen oder Ähnlichen fand die Kooperation mit der gambischen Botschaft statt? Es besteht eine völkerrechtliche Verpflichtung der Herkunftsstaaten, eigene Staatsangehörige zurück zu übernehmen. Liegen keine Identitätsdokumente der Herkunftsstaaten vor, aus denen sich die Staatsangehörigkeit ergibt, muss diese in Kooperation mit den Herkunftsstaaten ermittelt werden. Die betroffenen Ausländerinnen und Aus- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16590 3 länder sind hierbei gemäß §§ 48, 82 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zur Mitwirkung verpflichtet. 6. Hat die gambische Botschaft beziehungsweise Gambia finanzielle Leistungen durch die Stadt Hamburg oder den Bund für die Teilnahme an dem Einsatz erhalten? Wenn ja: a. Wie hoch war die finanzielle Leistung? b. Wonach bemisst sich die Höhe der finanziellen Leistung? 7. Aus welchen Personen bestand die gambische Delegation? a. Aus welchen Personen setzt sich eine solche Delegation aus Gambia üblicherweise zusammen (zum Beispiel gambische Regierungsmitglieder , Vertreter/-innen anderer staatlicher Institutionen, ohne staatlichen Auftrag)? b. Aus welchen Personen setzte sich in Hamburg anwesende Delegation zusammen (zum Beispiel gambische Regierungsmitglieder, Vertreter/-innen anderer staatlicher Institutionen, ohne staatlichen Auftrag)? 8. Welche Maßnahmen hat die Delegation der gambischen Botschaft ergriffen , um die Herkunft der vorgestellten Personen zu ermitteln? a. Anhand welcher Kriterien hat die Delegation der gambischen Botschaft ermittelt, welche Person ihrer Auffassung nach gambischer Herkunft war? b. Trifft es zu, dass die Betroffenen auf Mandinka beschimpft und/oder bedroht wurden, um sie zu einer verbalen Reaktion zu provozieren? Wenn ja, von wem? c. Trifft es zu, dass die Betroffenen auf Deutsch beschimpft und/oder bedroht wurden, um eine verbale Reaktion zu provozieren beziehungsweise sie zur Kooperation zu bewegen? Wenn ja, von wem? d. Wurde die Einschätzung der Delegation der gambischen Botschaft zur Herkunft der Personen verifiziert? Für den Herkunftsstaat Gambia ist gemäß § 71 Absatz 3 Nummer 7 AufenthG bundesweit die Bundespolizei für die Beschaffung von Heimreisedokumenten im Wege der Amtshilfe zuständig, siehe im Übrigen BT.-Drs. 19/4156. Die Bundespolizei wurde beteiligt, hat jedoch zu den Fragen keinen Beitrag geleistet. Der Hamburger Ausländerbehörde liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. 9. Haben auch Mitarbeiter/-innen der Ausländerbehörde Befragungen von Personen durchgeführt? Wenn ja: a. Wie viele Personen wurden durch Mitarbeiter/-innen der Ausländerbehörde befragt? b. Nach welchen Kriterien und durch wen wurde entschieden, welche Personen der gambischen Delegation oder der Ausländerbehörde vorgeführt werden? c. Welchem Zweck diente die Befragung durch die Ausländerbehörde? Nein, im Übrigen: entfällt. 10. Bei wie vielen Personen von den fest- beziehungsweise in Gewahrsam genommenen Personen wurde eine gambische Herkunft festgestellt? Zwei Personen wurden als gambische Staatsangehörige identifiziert. Drucksache 21/16590 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 a. Wie viele Personen wurden der Delegation der gambischen Botschaft vorgestellt und als nicht als aus Gambia stammend identifiziert ? Bei acht Personen wurde die Staatsangehörigkeit identifiziert. Bei drei Personen liegt noch keine endgültige Einschätzung vor. b. Welche Art von Dokument(en) wurde den Betroffenen ausgestellt und wurden sie an die Betroffenen überreicht? Es wurden keine Dokumente ausgestellt. 11. Plant der Senat beziehungsweise die Behörde weitere Einsätze mit Delegationen von Botschaften anderer Länder? Wenn ja, wann und mit welchen Staaten? Die Ausländerbehörde arbeitet regelmäßig mit Delegationen anderer Staaten zusammen , die bei der Identifizierung ihrer möglichen Staatsangehörigen unterstützen, soweit nicht gemäß § 71 Absatz 3 Nummer 7 AufenthG die Bundespolizei im Wege der Amtshilfe zuständig ist, siehe Antworten zu 5. und zu 6. bis 8. d. Aktuell gibt es keine konkreten Planungen zu weiteren Einsätzen mit Delegationen anderer Staaten.