BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16598 21. Wahlperiode 29.03.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 21.03.19 und Antwort des Senats Betr.: Bekämpfung von Betrugsdelikten – Welche Strategie verfolgt der Senat? (V) Die Anzahl der erfassten Betrugsdelikte (PKS-Straftatenschlüssel 510000) ist auch im vergangenen Jahr nochmals gestiegen, von 32 553 Taten im Jahr 2017 auf 33 173; gleichzeitig ist die Aufklärungsquote erneut gesunken: Wurden im Jahr 2017 noch 58,6 Prozent aller Fälle aufgeklärt, waren es im letzten Jahr nur noch 55 Prozent, wie der Senat in der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/15953 angibt. Insbesondere im Bereich des sonstigen Warenkreditbetrugs (PKS-Straftatenschlüssel 511200) sieht es noch schlechter aus: Hier sank die Aufklärungsquote von 50,5 Prozent auf traurige 36,1 Prozent. Wie das „Hamburger Abendblatt“ am 11. März 2019 berichtete, kommt es somit statistisch in Hamburg alle 16 Minuten zu einer Tat. Der Leiter des LKA erklärt, dass es 36 unterschiedliche Phänomene beim Betrug gebe. Am 20. Dezember 2017 hat der Leiter des LKA die Arbeitsgruppe „Betrug“ mit dem Auftrag der Durchführung einer ganzheitlichen Betrachtung der Betrugssachbearbeitung eingerichtet, um eine nachhaltige Lösung für die Betrugssachbearbeitung zu erarbeiten; seit August 2018 wurde das Umsetzungskonzept erarbeitet (Drs. 21/14575). Nun ist die Konzeption abgeschlossen . „Im Kern der Pläne steht eine Aufstockung der Ermittler im Betrugsbereich um knapp ein Drittel auf insgesamt 130 Beamte. Zudem wird die Abteilung in das LKA I verlegt, das für die Alltagskriminalität in der Fläche zuständig ist. In der Praxis sollen die Beamten so etwa regional agierenden Tätern in der Stadt besser auf die Spur kommen.“ („Hamburger Abendblatt“, 11. März 2019.) Bankmitarbeiter seien bereits sensibilisiert worden; eine nochmals verstärkte Prävention solle nun ebenfalls Teil der Offensive werden . Der BDK wies darauf hin, dass auch die Geschwindigkeit der Internetverbindung im Präsidium ein erhebliches Problem sei, da sie nicht ausreiche, um den Tätern effektiv auf die Spur zu kommen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche konkreten Maßnahmen umfasst das von der Arbeitsgruppe „Betrug “ erarbeitete Umsetzungskonzept im Einzelnen? Bitte detailliert auflisten . Das von der Arbeitsgruppe (AG) „Betrug“ seit Anfang 2018 erarbeitete Konzept für die Neuordnung des Betruges besteht aus folgenden Elementen: Drucksache 21/16598 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Anpassung der Organisationsstruktur sowie neue Zuständigkeitskriterien: Aus sieben Sachgebieten in drei Dienststellen werden acht Sachgebiete in einer neu einzurichtenden Dienststelle. Diese neue Dienststelle wird in der Abteilung „Regionale Kriminalitätsbekämpfung“ (LKA 1) als Dienststelle „LKA 1 Betrug“ angegliedert. Die Dienststellenstruktur wird mit ihren Sachgebieten nach erforderlichen Ermittlungstiefen abgestuft, um Sachgebiete mit einfach gelagerten Ermittlungssachverhalten und hohem Vorgangsdurchsatz von umfangreicheren Ermittlungen organisatorisch zu trennen. Dadurch kann eine bessere Steuerung der Anzeigenbearbeitung erreicht und einer Entwicklung von Rückständen besser begegnet werden. Das Deliktsphänomen Warenkreditbetrug wird zukünftig in drei Sachgebieten bearbeitet , wobei die Zuständigkeit anhand des regionalen Kriteriums der Lieferanschrift bestimmt wird. Vereinzelt aufgrund der jeweiligen Tatausführung bestehende Unklarheiten bei den Zuständigkeiten für die Sachbearbeitung sollen durch Verlagerungen der Deliktsbereiche Falschgeld und Skimming in das Fachkommissariat Schleusung und Dokumentenhandel (LKA 64), des Deliktes Untreue in das Fachkommissariat Spezielle Wirtschaftskriminalität (LKA 51) sowie des Deliktsbereiches der „Vertrauensdelikte“ (Callcenter -Betrug, Love Scamming, Trick in Wohnung) in das Fachkommissariat Schwerer Diebstahl/Trickdiebstahl (LKA 433) reduziert werden. Erkennung von Tatzusammenhängen/Zentrale Vorermittlungen: Es wird ein Sachgebiet Zentrale Vorermittlungen (ZVE) zur Einholung von Informationen zu vordefinierten deliktspezifischen Parametern eingerichtet, da bei Betrugsanzeigen in einer Vielzahl der Fälle die erforderlichen Informationen, die für die Erkennung von Tatzusammenhängen relevant sind, fehlen. Die erforderlichen Informationen unterscheiden sich je nach betrugsspezifischem Deliktsbereich. Aufgrund der durch die ZVE erhobenen Informationen, beispielsweise der Lieferanschrift, Bezahlarten, gegebenenfalls Kontodaten, im Deliktsbereich Warenkreditbetrug, ist von Anfang an eine kriminalistisch sinnvollere Zuschreibung von Ermittlungsverfahren an die Sachbearbeitung möglich, welche gewährleistet, dass Ermittlungsverfahren mit möglichen Tatzusammenhängen im selben Sachgebiet beziehungsweise beim selben kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen bearbeitet werden. Durch die veränderten Zuständigkeitskriterien und die Implementierung des Sachgebietes ZVE sollen ein Erkennen von Tatzusammenhängen und tatzusammenhangrelevanten Informationen zukünftig verbessert werden. Zur Entlastung der ermittelnden Kriminalbeamten und Kriminalbeamtinnen werden im Bereich der ZVE vorwiegend Tarifbeschäftigte eingesetzt. Vereinbarung zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei: Zurzeit erarbeiten die Staatsanwaltschaft Hamburg und die Polizei eine Vereinbarung zur verfahrensökonomisierten Bearbeitung minderschwerer allgemeiner Betrugsdelikte ; diese befindet sich in der finalen Abstimmung. Die Vereinbarung soll inhaltliche Standards der an die Staatsanwaltschaft Hamburg übersandten Vorgänge gewährleisten und gleichzeitig nicht erfolgversprechende, polizeiliche Ermittlungsschritte minimieren . Dadurch wird eine Effizienzsteigerung in der Sachbearbeitung angestrebt. Controllingkonzept: Die AG „Betrug“ entwickelt zur Verbesserung der Kapazitätssteuerung im Bereich des Betruges ein Controllingkonzept; dieser Prozess ist aufgrund der notwendigen Abstimmungen mit den Beteiligten derzeit noch nicht abgeschlossen. Personal: Die Neuorganisation erfolgt auf Grundlage der bestehenden Stellen- und Personalausstattung der mit dem Themenfeld Betrug befassten Bereiche im LKA 55, LKA 52 und LKA 5012. Diese Bereiche umfassen derzeit 104 Stellen. Aufgrund steigender Fallzahlen ist eine personelle Aufstockung der Betrugssachbearbeitung zur Vermeidung von Rückstellungen vorgesehen beziehungsweise auch Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16598 3 schon erfolgt, da die Auswirkungen der durch die Umorganisation angestrebten Effizienzsteigerung derzeit noch nicht abgeschätzt werden können. Hierfür wird die Polizei im LKA insgesamt 18 zusätzliche Stellen einsetzen, die für den Bereich der allgemeinen Betrugssachbearbeitung vorgesehen sind. Eine personelle Verstärkung wird bereits vorab im Zuge der regulären Personalverteilungstermine vorgenommen. 2. Wann sollen welche Maßnahmen jeweils umgesetzt werden? Die Umsetzung soll so zeitnah wie möglich erfolgen. Der Umsetzungszeitpunkt kann erst nach Abschluss der notwendigen Abstimmungen mit den Beteiligten angegeben werden; siehe Drs. 21/15659. 3. Wie viele Bankmitarbeiter wurden in welchem Zeitraum durch Polizeibeamte geschult? Welche weiteren Schulungen Externer hat die Polizei wann durchgeführt? Statistiken im Sinne der Fragestellung werden von der Polizei nicht geführt. Schulungen im Sinne der Fragestellung werden durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LKA Fachstabs Jugend, Opferschutz und Prävention (LKA FSt 3), des LKA 433 (Trickdiebstahl) sowie der Abteilung Wirtschaftskriminalität/Betrug/Cybercrime (LKA 5) durchgeführt. Darüber hinaus wird durch das LKA 5 seit dem Jahr 2005 das sogenannte Bankentreffen organisiert, welches zur Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen der Polizei/Justiz und den Banken beitragen soll. Im Rahmen dieser Bankentreffen werden durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei Vorträge vor Vertretern verschiedenster Banken aus Hamburg und dem Bundesgebiet gehalten. Aus den der Polizei vorliegenden Unterlagen können die in der folgenden Tabelle aufgeführten Schulungen zum Themenschwerpunkt „Betrugsprävention“ (vor allem Trickbetrug zum Nachteil älterer Menschen) aus den Jahren 2017 und 2018 genannt werden: Datum Zielgruppe Teilnehmerzahl 30.03.2017 Hamburger Sparkasse AG: Schulung von Kunden und Angestellten ca. 100 14.06.2017 Hamburger Sparkasse AG: Schulung von Bereichs- und Filialleitungen ca. 50 29.11.2017 Hamburger Sparkasse AG: Schulung von Angestellten ca. 50 17.10.2018 Vertreter diverser Hamburger Banken Schulung im Rahmen des von LKA 5 organisierten sog. Bankentreffens 52 Die Zentrale Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) des LKA 54 führt im Rahmen ihrer Aufgabe regelmäßig Beratungsgespräche bei Hamburger Unternehmen durch; siehe Drs. 21/7184. Ein Thema dieser Beratungen ist der Schutz vor Betrug zum Beispiel in Form von CEO-Fraud oder Business E-Mail Compromise. Im Jahre 2018 führte die ZAC insgesamt 82 Beratungen durch. Im Übrigen wird die Thematik im Rahmen von Vorträgen der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle (LKA FSt 33) zum Beispiel bei Einzelhändlern oder Berufsschulen zum Thema „Inventurdifferenzen“ bewegt. Im Rahmen der Präventionskampagne „Miese Masche“ wurde im Jahr 2018 verstärkt für den Themenbereich Trickbetrug zum Nachteil älterer Menschen sensibilisiert. 4. Teilt die zuständige Behörde die Auffassung des BDK, dass die Internetgeschwindigkeit an den vorhandenen Arbeitsplätzen zu gering sei, um eine effektive Bekämpfung der Betrugsfälle zu ermöglichen? Falls nein, weshalb nicht? Falls ja, was wird sie dagegen tun? Die Polizei Hamburg nutzt für den Zugang mit dem „Internet für alle“ eine technische Lösung, die von Dataport für Arbeitsplätze mit hohem Schutzbedarf zur Verfügung Drucksache 21/16598 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 gestellt wird. Diese schützt zwar äußerst wirksam vor Schadcode-Übergriffen auf Computer im Polizeinetz, entspricht aus Sicht der Polizei aber nicht mehr den zeitgemäßen Bedarfen hinsichtlich der Gewährleistung einer hinreichend performanten Leistung auch bei hohem Nutzungsgrad. Insbesondere wegen dieser Defizite hat sich die Polizei für ein von der Finanzbehörde/Dataport vorgesehenes Nachfolgeprodukt („Bromium“) entschieden, das noch im zweiten Halbjahr 2019 flächendeckend zum Einsatz kommen soll. Im Übrigen besteht für die mit der Betrugsbekämpfung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Möglichkeit, zu Recherchezwecken auf separate mit dem Internet verbundene Stand-alone-Computer zurückzugreifen; diese verfügen über eine ausreichende Internetgeschwindigkeit.