BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/16675 21. Wahlperiode 02.04.19 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Peter Lorkowski (AfD) vom 27.03.19 und Antwort des Senats Betr.: „ROboB“ als erstes Blockchain/DLT-Projekt im Hamburger Hafen – Wie sehen zur Halbzeit die ersten Erfahrungen aus? Im Sommer 2018 startete im Hamburger Hafen ein erstes auf der sogenannten Blockchain- und Distributed-Ledger-Technologie basierendes Logistik- Projekt: „ROboB – Release Order based on Blockchain“. Mit dem Projekt soll unter anderem geprüft werden, ob die Blockchain-Technologie in der Praxis Vorteile für den Hamburger Hafen bringen kann. Dazu wurde als Anwendungsfall die „Freistellreferenz“ beim Seefrachtimport gewählt. Die zwischen den beim Import beteiligten Parteien auszutauschende Freistellreferenz berechtigt zur Abholung der Ware am Containerterminal. Aufgrund der hohen Warenwerte bestehen strenge Anforderungen an Sicherheit und Überprüfbarkeit . Genau hier bietet die Blockchain/DLT-Technologie Lösungen an. Neben sicherheitskritischen und kaufmännischen Gesichtspunkten sollen bei der Bewertung des Projekts auch ökologische Aspekte bewertet werden. Weiterhin soll die Blockchain/DLT-Lösung mit existierenden kommerziellen Datenbank-Lösungen verglichen werden. Das bis Januar 2010 laufende Projekt wird gemeinsam mit der Technischen Universität sowie zahlreichen assoziierten Partnern unter Federführung des von der Hafenunternehmerschaft getragenen Software-Unternehmens DAKOSY betrieben und wird bei einem Projektvolumen von knapp 1,3 Millionen Euro zu 56 Prozent durch das BMVI gefördert. In der Fachpresse – so etwa in einer Sonderveröffentlichung „Integrated Industry“ des vdi-Verlages – wird das Projekt schon als „Nachweis der Machbarkeit“ gefeiert, das „die Prozesse im Seehafen noch effizienter … gestalten (soll).“ Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Der Senat steht der Blockchain-Technologie/Distributed-Ledger-Technologie (DLT) grundsätzlich offen gegenüber und begrüßt private Initiativen und Konsortien, die Pilotprojekte in Hamburg auf- und umsetzen möchten. Die Entwicklung im Bereich Blockchain/DLT weist unverändert eine hohe Dynamik auf. Für eine abschließende Bewertung möglicher Anwendungspotenziale ist es daher zu früh. Erfahrungen zeigen , dass der Einsatz einer Blockchain-Lösung in jedem Einzelfall genau zu prüfen ist. Neben der technischen Machbarkeit geht es dabei unter anderem um Fragen der Wirtschaftlichkeit und der Rechtskonformität, die häufig noch nicht abschließend beantwortet werden können. ROboB ist ein Projekt privater Hafenunternehmen, an dem der Senat nicht unmittelbar beteiligt ist. Verbundkoordinator ist die DAKOSY Datenkommunikationssystem AG (DAKOSY), Projektpartnerin ist die Technische Universität Hamburg (TUHH), assoziierte Partnerinnen sind die EUROGATE Container Terminal Hamburg GmbH, Ham- Drucksache 21/16675 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 burger Hafen und Logistik AG, Hapag-Lloyd AG, CMA CGM Deutschland GmbH, a. hartrodt (GmbH & Co) KG, Kühne + Nagel (AG & Co) KG sowie DIHLA GmbH. Das Projekt wird über das Förderprogramm des Bundes für Innovative Hafentechnologien (IHATEC) gefördert. Informationen zu dem Projekt sind gemäß Förderrichtlinie zu veröffentlichen und auf der Internetseite des Bundes abrufbar: https://www.innovativehafentechnologien.de/schwerpunkte/transport Im Rahmen des Projekts konnten bereits viele Erkenntnisse generiert werden, DAKOSY weist jedoch darauf hin, dass es sich um ein laufendes Forschungsprojekt handelt, sodass noch keine abschließenden Ergebnisse vorliegen. Es können daher nicht alle Fragen beantwortet werden, da diese teilweise zum Forschungsgegenstand gehören. Im Übrigen siehe Projektantrag: https://www.innovativehafentechnologien.de/wp-content/uploads/2018/08/ IHATEC_Projektsteckbrief_ROboB_formartiert_2018-08-15_ma.pdf. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf Grundlage von Auskünften der DAKOSY AG wie folgt: 1. Hat „ROboB“ mittlerweile schon die rein konzeptionelle Phase verlassen und schon erste praktische Alpha- beziehungsweise Beta-Tests absolviert ? ROboB ist derzeit in der Übergangsphase zwischen konzeptionellen Arbeiten und der praktischen Implementierung. Dabei werden verschiedene Blockchain-Implementierungen (unter anderem Hyperledger, Etherium) verprobt und auf ihre Eignung untersucht. Falls ja: a) Welche ersten praktischen Erfahrungen genau liegen vor? b) Welche Akteure – etwa Reeder, Terminalbetreiber, Spediteure – sind dabei involviert? Siehe Vorbemerkung. c) Handelt es sich um ein geschlossenes („permissioned“) oder ein offenes („unpermissioned“) System? Nach derzeitigem Stand wird ein permissioned System implementiert werden. d) Werden beziehungsweise sollen im Blockchain nur die zu Validierungszwecken notwendigen Metainformationen gespeichert sein oder auch die inhaltlichen Daten selbst? e) Welche Art von Software-Lösungen werden den am Testbetrieb beteiligten Akteuren aktuell zur Verfügung gestellt? Und was ist geplant? Siehe Vorbemerkung. f) Wie ist das Blockchain-System aktuell im Testbetrieb gehostet? Wie sieht die Verteilung der Rechner aus? Funktioniert schon die sicherheitskritische Arbeitsteilung der einzelnen Datenbankknoten? Oder: Was ist geplant? Derzeit ist das System bei DAKOSY gehostet. Die endgültige Lösung ist offen und Forschungsgegenstand. g) Konnten schon erste Erfahrungen im Vergleich mit einem existierenden , traditionell-datenbankbasierten „Freistellreferenz-Projekt“ gewonnen werden und wie sehen diese ersten Erfahrungen aus? Falls nein: warum nicht? 2. Befindet sich das Projekt a) zeitlich, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/16675 3 b) kostenmäßig im Plan? Falls nein: Wo liegen die Haupt-Schwierigkeiten und ist vorgesehen, den Projekthorizont gegebenenfalls in die Zukunft auszudehnen? Werden zusätzliche Finanzmittel (in welcher Höhe) benötigt? 3. Welche Erfahrungen liegen schon vor zur den Projektzielen: - Effizienz - Sicherheit - Ökologie? (Beziehungsweise an welche „ökologischen„ Gesichtspunkte wird im Zusammenhang mit der Blockchain/DLT-Technologie konkret gedacht?) Bitte detailliert erläutern. Siehe Vorbemerkung. 4. Sollen im Rahmen des Projektes, was naheliegend wäre, auch sogenannte „Smart Contracts“ eingesetzt werden? Falls ja: Befinden sich solche schon in der praktischen Testphase? Wer „programmiert“ solche „Smart Contracts“? Ist daran gedacht, einen Standardkatalog derartiger „Smart Contracts“ bereitzustellen, dessen Parameter später einfach von den beteiligten Akteuren gesetzt werden können oder ist – immer auf Basis der aktuellen Erfahrungen – dafür besser eine zentrale Stelle vorzusehen? Bitte die dafür relevanten kaufmännischen , abwicklungstechnischen und sicherheitskritischen Aspekte erläutern. Ja, es sollen Smart Contracts eingesetzt werden, die von DAKOSY programmiert werden. Die weiteren Fragen sind Forschungsgegenstand. 5. Haben sich aufgrund erster Erfahrungen mit „ROboB“ beziehungsweise den eingesetzten Blockchain/DLT-Technologien weitere Projektideen für dem Hamburger Hafen oder andere Logistik-Systeme herausgeschält? Falls ja: welche? 6. Die Blockchain-Technologie gerät Presseberichten zufolge auch zunehmend ins Blickfeld der Wettbewerbspolitik. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob für junge Unternehmen durch die Blockchain-Technologie nicht zu hohe Zugangshürden für einen Marktzutritt errichtet werden. Welche Anstrengungen unternehmen die an „ROboB“ beteiligten Akteure , gerade junge Unternehmen und Start-ups in das Projekt einzubinden ? Siehe Vorbemerkung. 7. Als ein weiterer wettbewerbsrechtlicher Faktor – vor allem im Zusammenhang mit offenen Blockchain-Lösungen – wird von Wettbewerbs/- Kartellbehörden die Möglichkeit von über die Plattform leicht zu treffenden wettbewerbsbehindernden Absprachen genannt. Spielen diese Aspekte im Zusammenhang mit „ROboB“ eine Rolle, und falls ja, welche Vorkehrungen sollen dazu getroffen werden? Nein. 8. Abschließend: Erweist sich aufgrund erster Projekterfahrungen der Praxiseinsatz von Blockchain/DLT-Technologie im Logistik-Bereich des Hafens als voraussichtlich erfolgversprechend oder gibt es noch grundlegende Restriktionen oder Vorbehalte, die zunächst noch ausgeräumt/ beseitigt werden müssten? Falls ja: Welche sind dies? Siehe Vorbemerkung.