BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1669 21. Wahlperiode 29.09.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Karl-Heinz Warnholz (CDU) vom 21.09.15 und Antwort des Senats Betr.: Nachwuchsgewinnung bei der Hamburger Polizei – Ist die Hamburger Polizei als Arbeitgeber zunehmend unattraktiv? Wie das „Hamburger Abendblatt“ am 15.9.2015 titelte, kämpft die Hamburger Polizei mit Nachwuchsproblemen. Es werde immer schwieriger, geeignete Bewerber zu finden. Man brauche jedoch 400 neue Polizeianwärter, um den Personalstand zu halten. Bereits in der Vergangenheit wurde bekannt, dass die Bewerberzahlen stetig abnehmen. Nun solle mit Betriebspraktika und einem MINI Cooper in Polizeioptik auf das Berufsbild aufmerksam gemacht werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie hoch ist das Verhältnis zwischen Einstellungen und eingegangenen Bewerbungen derzeit? Bitte auch nach Schutz-, Kriminal- und Wasserschutzpolizei sowie Laufbahngruppen aufschlüsseln. 2. Wie hat sich dieses Verhältnis seit 2013 entwickelt? Bitte auch nach Schutz-, Kriminal- und Wasserschutzpolizei sowie Laufbahngruppen aufschlüsseln. Jahr 2013 2014 2015 Bewerbungen gesamt 4.709 4.064 4.765 Laufbahnabschnitt I II I II I II Anzahl 2.293 2.416 2.660 1.404 2.694 2.071 Einstellungen gesamt 252 275 330* Verhältnis Bewerber : Stelle 18,7:1 14,8:1 14,4:1 Laufbahnabschnitt I II I II I II Anzahl 199 53 216 59 255 75* Schutzpolizei (SCH) 191 25 209 25 249 47* Kriminalpolizei (K)** - 25 - 25 - 25* Wasserschutzpolizei (WSP) 8 3 7 9 6 3* Verhältnis Bewerber : Stelle 11,5:1 45,6:1 12,3:1 23,8:1 10,6:1 27,6:1 * geplant zum 1. Oktober 2015 ** nur LA II Eine Aufschlüsselung des Bewerber-/Stellenverhältnisses nach Schutz-, Kriminal- und Wasserschutzpolizei kann nicht erfolgen, da der Bewerber beziehungsweise die Bewerberin sich zwar für einen Laufbahnabschnitt bewirbt; eine Dienstzweigzuweisung aber nach Bestenauslese im Laufe des Auswahlverfahrens durch die Polizei erfolgt. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. Drucksache 21/1669 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Wie wird die Entwicklung der Bewerberzahlen vom Senat beziehungsweise vonseiten der zuständigen Behörde erklärt und bewertet? Die Entwicklung der Bewerberzahlen wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie Anzahl der Schulabgänger, Anzahl der zu besetzenden Stellen für die Nachwuchskräfte , allgemeine Wirtschaftslage und damit einhergehende Alternativen, selbstvermitteltem Bild der Polizei nach außen, Bewerbungszeiträumen und so weiter. Die Bewerberzahlen ermöglichen die Gewinnung einer ausreichenden Zahl von Nachwuchskräften in den Laufbahnabschnitten I und II. Angesichts der weiter steigenden Bedarfe an Nachwuchskräften ist aber die Verstetigung der zielgruppengerechten Ansprache erforderlich. Siehe hierzu auch Antworten zu 5. und 6. und 8. 4. Wie viele Neueinstellungen benötigt die Polizei Hamburg in den einzelnen Bereichen und Laufbahnen in den nächsten fünf Jahren? Laufbahnabschnitt I II Dienstzweig SCH WSP SCH K WSP 2016 230 20 20 50 5 2017 275* 75* 2018 325* 75* 2019 325* 75* 2020 375* 75* * Die Differenzierung nach Dienstzweigen erfolgt im Rahmen der jährlich zu konkretisierenden Nachwuchsplanung. 5. Auf welche Weise beabsichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, mehr Bewerber zu gewinnen? 6. Inwiefern hilft der angeschaffte MINI Cooper in Polizeioptik dabei, Bewerber zu finden? Die Zielgruppe bezieht ihre Informationen im zunehmenden Maße über Internet und Facebook, die Polizei unternimmt daher verstärkt Werbemaßnahmen in diesem Bereich. Weiterhin sollen Werbekarten (Edgar-cards) und der Einsatz des neu angeschafften MINI Cooper bei jungen Menschen eine emotionale Bindung zum Berufsbild des Polizeibeamten aufbauen und somit die möglicherweise vorhandene Hemmschwelle, sich zu informieren und zu bewerben, abbauen. Die Identifikation mit dem Polizeiberuf soll unter anderem auch mit dem Facebook-Auftritt, der Homepage der Polizei Hamburg und durch Verteilen von Quick-Response-Codes erreicht werden. Diese Maßnahmen, die sich teilweise erst im Aufbau befinden, dürften nach Auffassung der Polizei Wirkung zeigen. Darüber hinaus versucht die Polizei durch gezieltes Marketing und verstärkte Internetwerbung Zielgruppen anzusprechen, die zurzeit im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil in Hamburg bei den Einstellungen bei der Polizei unterrepräsentiert sind (zum Beispiel bestimmte Gruppen mit Migrationshintergrund). 7. Für welche Zwecke wird dieses Fahrzeug außerdem eingesetzt? Das Fahrzeug steht allen Polizeidienststellen für Veranstaltungen zur Verfügung, bei denen eine Öffentlichkeitswirksamkeit erzielt werden soll (zum Beispiel Tage der offenen Tür, Vorträge von bürgernahen Beamten et cetera). Darüber hinaus wird mit diesem Fahrzeug das Equipment für Messestände der Polizei transportiert. 8. Wie ist das Konzept des Betriebspraktikums bei der Polizei aufgebaut und welche Wirkung verspricht sich der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde? Zielgruppe für die Berufspraktika sind Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, für die kein Praktikum im Rahmen der Schulpflicht mehr vorgesehen ist, arbeitssuchende Personen, Studenten, Bundeswehrsoldaten in der Berufsförderung und sonstige Berufswechsler im Alter von 16 bis 32 Jahren. Diese Auswahl der Zielgruppe dient der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1669 3 Gewährleistung einer auf Dauer angelegten bedarfsgerechten Nachwuchsgewinnung qualitativ geeigneter Bewerberinnen und Bewerber. Neben der Möglichkeit, den Schülerinnen und Schülern Einblicke in das Berufsfeld der Polizei zu geben, sollen durch eine interessante, berufsnahe Gestaltung, verbunden mit einer intensiven Betreuung, auch Bürgernähe demonstriert, Präventionsmaßnahmen unterstützt sowie Nachwuchswerbung betrieben werden. Dabei richtet die Polizei die Praktika grundsätzlich auf potenzielle Bewerberinnen und Bewerber aus. Das Berufspraktikum beginnt mit der Einführung in die Aufgaben und Struktur der Polizei und findet gruppenweise in der Akademie der Polizei statt, um auch einen Einblick in das Bewerbungsverfahren zu vermitteln. Die weiteren Tage finden an den Polizeikommissariaten und anderen Polizeidienststellen statt. Die Auswahl der Dienststellen orientiert sich an der Möglichkeit der Betreuung sowie der Einschätzung besonderer Gefährdungen. Möglichen Bewerberinnen und Bewerbern soll auf diese Weise Gelegenheit gegeben werden, zeitnah zur Bewerbung Einblicke in die Polizeiarbeit zu erhalten, um Ausbildungs - beziehungsweise Studiumsabbrüchen vorzubeugen. 9. Welche vergleichbaren oder alternativen Konzepte verfolgen die Polizeibehörden der andern Länder und des Bundes? Inwiefern hat sich der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde damit auseinandergesetzt ? Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) und deren Arbeitskreise befassten sich in den letzten Jahren, zuletzt in 2014, mit verschiedenen Aspekten der Personalgewinnung für die Polizeien der Länder und des Bundes. Einen Schwerpunkt der Betrachtungen und eines intensiven Erfahrungsaustausches bilden die demografischen Entwicklungen. Die Länder haben vereinbart, den Erfahrungsaustausch in der Nachwuchswerbung und -gewinnung sowie die Nutzung von Kooperationsansätzen zur Zusammenarbeit fortzusetzen und zu verstetigen. 10. Inwiefern tragen die unzähligen Überstunden und unterbesetzten Bereiche der Polizei wie in den Hundertschaften dazu bei, dass das Berufsbild Polizist in Hamburg unattraktiv ist? Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen dem Senat nicht vor.